TE OGH 1987/1/13 2Ob67/86

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Veröffentlicht am 13.01.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Doris V***, Angestellte, 8624 Au bei Aflenz 109, vertreten durch Dr. Thaddäus Kleisinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** W*** V***, Lobkowitzplatz 1, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Hans Kreinhöfner, Dr. Thomas Mader, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 247.637,45 s.A. und Feststellung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 24. September 1986, GZ. 17 R 215/86-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. April 1986, GZ. 13 Cg 720/86-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag, die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu überweisen, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat der beklagten Partei die mit S 11.333,85 (darin enthalten S 1.030,35 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt wegen eines Verkehrsunfalles, den ein Versicherungsnehmer der G*** W*** V***

verschuldet hat, Schadenersatz. Die Klage ist gegen die G*** W*** V***, Filialdirektion Wien, Lobkowitzplatz 1, 1010 Wien, gerichtet.

Die Beklagte wendete örtliche Unzuständigkeit ein. Sie habe ihren Sitz in Graz, in Wien befinde sich lediglich eine Filialdirektion. Die "Verwaltung des Versicherungsvertrages" sei durch die Generaldirektion in Graz erfolgt. Eine Zuständigkeit sei auch nicht nach § 20 EKHG gegeben, weil sich der Unfall in der Steiermark ereignet habe.

Die Klägerin stellte keinen Überweisungsantrag und brachte noch vor, gemäß § 87 JN sei es nicht erforderlich, daß das Geschäft von der Niederlassung abgeschlossen worden sei.

Das Erstgericht wies die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit zurück. Es vertrat die Ansicht, der Gerichtsstand des § 87 Abs 1 JN sei gegeben, weil sich in Wien eine Filialdirektion der Beklagten befinde.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß die Klage zurückgewiesen wurde. § 87 Abs 1 JN verstehe unter Niederlassung oder Betriebsstätten nur die Hauptniederlassung oder die einzige Niederlassung, weshalb die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes nicht auf diese Bestimmung gegründet werden könne. § 87 Abs 2 JN umfasse nur streitige Rechtssachen, die sich auf die in Anspruch genommene Niederlassung bezögen. Da ein Überweisungsantrag fehle, sei die Klage zurückzuweisen. Der Wert des Streitgegenstandes übersteige S 300.000-.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin, in welchem die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes beantragt und hilfsweise die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz beantragt wird. Die beklagte Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben und den Überweisungsantrag zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, der Gerichtsstand des § 87 Abs 2 JN komme zwar nicht in Betracht, wohl aber jener des § 87 Abs 1 JN. gemäß § 75 Abs 1 JN bestimme sich der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten nach ihrem Sitz, im Zweifel gelte als Sitz der Ort, wo die Verwaltung geführt werde. Da die Beklagte auch in Wien einen Sitz habe, seien die Voraussetzungen für die Begründung des Wahlgerichtsstandes des § 87 Abs 1 JN gegeben. Hiezu ist jedoch zu sagen, daß aus § 75 Abs 1 JN keine örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes abgeleitet werden kann, weil sich der Sitz der beklagten Partei in Graz befindet. Durch eine Filialdirektion an einem anderen Ort wird kein zusätzlicher Sitz geschaffen. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann aus der Vorschrift des § 66 Abs 3 JN, wonach für eine physische Person, die ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Sprengel desselben Gerichtes hat, oder die in den Sprengeln mehrerer Gerichte einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, bei jedem dieser Gerichte ein allgemeiner Gerichtsstand begründet ist, nicht abgeleitet werden, daß eine juristische Person auch am Ort einer Filialdirektion einen Sitz hat. Eine Filialdirektion könnte nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 87 JN eine örtliche Zuständigkeit begründen. Sowohl nach Abs 1 als auch nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle ist jedoch ein ursächlicher wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb der Zweigniederlassung erforderlich (SZ 38/18 = EvBl 1965/289, EvBl 1972/335, Fasching I 437; Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 297). Da im vorliegenden Fall keinerlei Bezug zur Filialdirektion Wien besteht, ist § 87 JN nicht anwendbar. Zutreffend gelangte daher das Rekursgericht zu dem Ergebnis, daß das angerufene Erstgericht örtlich unzuständig ist. Die Klägerin hätte nach Einwendung der Unzuständigkeit durch die beklagte Partei gemäß § 261 Abs 6 ZPO Gelegenheit gehabt, einen Überweisungsantrag zu stellen, hat dies jedoch nicht getan. Im Revisionsrekurs kann sie den Überweisungsantrag nicht mehr nachholen. Dieser Antrag mußte daher zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E09971

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00067.86.0113.000

Dokumentnummer

JJT_19870113_OGH0002_0020OB00067_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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