TE OGH 1987/1/15 6Ob609/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Schlosser und Mag.Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** E***- UND P***, reg. Genossenschaft mbH, 8940 Liezen, vertreten durch Dr.Roger Haarmann, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagte Partei Ö*** A*** ÖAF-G*** & S*** Aktiengesellschaft, 1210 Wien, Brünnerstraße 72, vertreten durch Dr.Walter Brachtel, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei C***-B***, 1010 Wien, Schottengasse 6-8, vertreten durch Dr.Paul Doralt, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2,635.747,02 S, infolge Revision der klagenden, beklagten Partei sowie des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 11. März 1986, GZ 4 R 36/86-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 29.Oktober 1985, GZ 4 Cg 130/84-33, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben. Das angefochtene Teilurteil, das in seinem das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt aufhebenden Teil unberührt bleibt und in seinem das Klagebegehren abweisenden Teil bestätigt wird, wird in dem dem Klagebegehren stattgebenden Teil dahin abgeändert, daß es einschließlich des bestätigten Teiles insgesamt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 2,635.747,02 samt 4 % Zinsen aus je S 61.647,48 ab 5.11.1979, 5.12.1979 und 5.1.1980, aus je S 64.481,40 ab 5.2.1980, 5.3.1980, 5.4.1980, 5.5.1980, 5.6.1980, 5.7.1980, 5.8.1980, 5.9.1980, 5.10.1980, 5.11.1980 und 5.12.1980 und aus je S 65.403,96 ab 5.1.1981, 5.2.1981, 5.3.1981, 5.4.1981, 5.5.1981, 5.6.1981, 5.7.1981, 5.8.1981, 5.9.1981, 5.10.1981, 5.11.1981, 5.12.1981, 5.1.1982, 5.2.1982, 5.3.1982, 5.4.1982, 5.5.1982, 5.6.1982, 5.7.1982, 5.8.1982, 5.9.1982 und 5.10.1982 und aus je S 47.325,60 ab 5.11.1982, 5.12.1982, 5.1.1983, 5.2.1983 und 5.3.1983 zu bezahlen, wird abgewiesen." Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 44.197,74 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 3.254,33 S Umsatzsteuer und 8.400 S Barauslagen) sowie der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei die mit 26.639,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.767,22 S Umsatzsteuer und 7.200 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht stellte fest:

Die Firma Brüder F*** KG (im folgenden F*** KG) errichtete im Jahre 1973 auf der ihr gehörenden Liegenschaft EZ 372 KG Reithal Grundbuch Liezen eine Werkshalle mit abgeschlossenem Büro und Sozialtrakt. Dieser Neubau wurde mit Mietvertrag vom 30.Mai 1973 auf die Dauer von 25 Jahren an die beklagte Partei als Kfz-Reparaturwerkstätte vermietet. Zur Herstellung dieser Baulichkeiten waren umfangreiche Kreditaufnahmen einerseits bei der Hausbank der F*** KG, der nunmehrigen klagenden Volksbank, andererseits auch bei der I*** und A*** erforderlich gewesen, wobei die klagende Partei hinsichtlich der bei den genannten Banken aufgenommenen Darlehen die Haftung übernahm. Da die F*** KG mit der nunmehrigen klagenden Partei in ständiger Geschäftsverbindung stand, und es im Rahmen dieser Verbindung zur Aufnahme einer Reihe von Kontokorrentkrediten durch die F*** KG gekommen war, trat diese mit Schreiben vom 19.August 1974 der klagenden Partei zur Sicherstellung aller ihr aus diesem Kontokorrentverhältnis zustehenden und in Zukunft erwachsenden Ansprüche bis zur vollständigen Tilgung die ihr gegen die beklagte Partei zustehende Mietzinsforderung einschließlich der sich aus der vereinbarten Wertsicherungsklausel ergebenden Erhöhungen ab. Diese Abtretung erfolgte zur Besicherung sämtlicher Forderungen der klagenden Partei, unmittelbarer Anlaß hiefür war jedoch lediglich die Überziehung des Kontokorrentrahmens. Die klagende Partei nahm das Abtretungsanbot der F*** KG an. Die beklagte Partei wurde sowohl von seiten der klagenden Partei als auch durch die F*** KG mit Schreiben vom 18.September 1974 von der erfolgten Abtretung in Kenntnis gesetzt und darauf hingewiesen, daß sie Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung nur mehr an die klagende Partei, und zwar auf das von der F*** KG bei dieser geführte Konto Nr. 20278 leisten könne. Die beklagte Partei leistete von diesem Zeitpunkt an die Mietzinszahlungen auf das ihr genannte Konto bei der klagenden Partei.

Ende des Jahres 1975 begab sich Dipl.Ing.Othmar F***, der damalige Geschäftsführer und Komplementär der F*** KG, zu Direktor Erwin H*** von der klagenden Partei, um mit ihm über die Einräumung eines längerfristigen Kredites zu sprechen, mit welchem er die Kredite bei der I*** und der A*** ebenso wie die Überziehung des Kontokorrentkredites abdecken wollte. Mit der klagenden Partei als Hausbank der F*** KG bestanden regelmäßige Geschäftsbeziehungen und fanden monatliche Besprechungen hinsichtlich der finanziellen Situation des Unternehmens statt, so daß der klagenden Partei die wirtschaftliche Lage der F*** KG bestens bekannt war. Seitens der klagenden Partei wurde jedoch die begehrte Krediteinräumung nicht gewährt, weil sich zu diesem Zeitpunkt die Verbindlichkeiten der F*** KG bei der klagenden Partei bereits im Rahmen der Einzelhöchstkreditgrenze, die damals rund 17 Mill S betrug, bewegte, und somit eine weitere Krediteinräumung auf Grund der Satzungen der klagenden Partei nicht möglich war. Bei diesem Gespräch wurde über die Zession der Mietzinsforderungen nicht gesprochen, sondern nur global über eine Umschuldung. Äußerungen, daß einer Abtretung der Mietzinse an die C***-B*** (künftig: CA-BV) nicht zugestimmt werde, wurden von Direktor Erwin H*** nicht gemacht. Auf Grund der abschlägigen Mitteilung der klagenden Partei setzte sich Dipl.Ing. Othmar F*** daraufhin mit Zustimmung der klagenden Partei mit der CA-BV, und zwar mit Direktor G*** von der "CA L***" zwecks Gewährung des begehrten Kredites in Verbindung. Mit Schreiben vom 30.Dezember 1975 bot er als Besicherung nach vorheriger Lastenfreistellung eine erstrangige Absicherung im Grundbuch und gleichzeitig die Zession der wertgesicherten Mieteinnahme an. Mit Schreiben vom 2.Jänner 1976 teilte die F*** KG der klagenden Partei mit, daß sie eine Kreditzusage erhalten habe, und ersuchte um die von den Darlehensgebern hiefür geforderte erstrangige Grundbuchsabsicherung. Zu diesem Zweck war die Zustimmung der klagenden Partei zu einer Satzweichung erforderlich, da die Liegenschaft durch Pfandrechte der klagenden Partei auf Grund der gewährten Darlehen in den vordersten Rängen belastet war. In diesem Schreiben wurde auch, bezugnehmend auf die abgetretenen monatlichen Mietzinseinnahmen erwähnt, daß dieses CA-BV-Darlehen die F*** KG nicht zusätzlich belasten würde, "weil die Tilgung durch die monatlichen Mieteinnahmen erfolgen würde". Am 21.Jänner 1976 fand hierauf eine Vorstandssitzung der klagenden Partei statt, bei der beschlossen wurde, daß diese Satzvorrangseinräumung gewährt wird. Zu diesem Zeitpunkt lag der klagenden Partei bereits das Schreiben vom 2.Jänner 1976 vor und war dieses mit Grundlage für die Entscheidung des Vorstandes. Ob bei dieser Sitzung die Mietzinseinnahmen ebenfalls im Gespräch waren, konnte vom Erstgericht nicht festgestellt werden.

Die CA-BV räumte der F*** KG schließlich unter der Bedingung der Satzweichung der klagenden Partei im Grundbuch und auch gegen Zession der Mietzinseinnahmen von der beklagten Partei ein Darlehen von 6,300.000 S ein. Mit Schreiben vom 26.März 1976 wurde zwischen der F*** KG und der CA-BV sodann die Abtretung der seitens der beklagten Partei zu leistenden Mietzinse vereinbart, dies der beklagten Partei mitgeteilt und von dieser anerkannt. Dipl.Ing. Othmar F*** hat sich in der Folge offensichtlich darauf verlassen, daß die wesentlichen Bedingungen, zu welchen auch die zugunsten des CA-BV-Darlehens abgetretene Mietzinsforderungen zählten, zwischen den beiden Bankinstituten geregelt werden, wie dies auch tatsächlich hinsichtlich der Vorrangeinräumung der Fall war. Die tatsächliche Zuzählung des Kredites erfolgte im Sommer 1976. Unwidersprochen durch die klagende Partei hat sodann die beklagte Partei diese Mietzinse, die jährlich zumindest einen Betrag von 500.000 S ausmachten, an die CA-BV überwiesen. Die F*** KG verfügte bei der CA-BV über zwei Konten, über ein sogenanntes laufendes Konto und ein Darlehenskonto. Auf dem laufenden Konto gingen nach der Abtretungsmitteilung vom 22.Juli 1976 zuerst in Leoben und ab Ende 1976 in Liezen die Mietzinszahlungen seitens der beklagten Partei ein und wurden im Einzugsverfahren auf das Darlehenskonto überwiesen. Nach Gewährung des Darlehens durch die CA-BV richtete Dipl.Ing. Othmar F*** ein Schreiben an die klagende Partei, in welchem er einen Verwendungsvorschlag für diese Gelder unterbreitete und gleichzeitig um eine Erhöhung des Kreditrahmens auf 5 Mill S ersuchte. Mit dem "CA-Kredit" sollten vor allem jene Kredite abgedeckt werden, für die die klagende Partei die Haftung übernommen hatte, somit eine Haftungsbefreiung der klagenden Partei erreicht werden, was auch Bedingung für die Vorrangeinräumung seitens der klagenden Partei gewesen ist. Der F*** KG wurde am 4. Juli 1975 von der klagenden Partei ein Kredit in Höhe von 3 Mill S mit einer Laufzeit bis 31.Dezember 1977 eingeräumt, welche am 30. Juni 1977 bis 30.Juni 1982 verlängert wurde. Mit Kreditvertrag vom 4.Dezember 1978 wurde der Kreditrahmen auf 5 Mill S aufgestockt und die Laufzeit am 30.Juni 1982 bis 31.Dezember 1982 verlängert. In allen diesen Formularen scheint weiterhin als Sicherstellung die Abtretung der Mietzinsforderung gegen die beklagte Partei auf. Mit Beschluß des Kreisgerichts Leoben vom 7.Juni 1982, Sa 27, 28, 29/82, wurde über das Vermögen der F*** KG das Ausgleichsverfahren eröffnet. Am 30.Juni 1982 erschienen Dipl.Ing. Othmar F*** und Dipl.Ing. Karl F***, der damalige Prokurist der Firma, bei der klagenden Partei und erklärten dem Leiter der Kreditabteilung, Karl S***, daß eine Unterfertigung der Krediturkunde nicht erfolgen könne, da die als Sicherstellung enthaltenen Mietzinsforderungen bereits an "die CA" abgetreten seien. Karl S*** teilte dies Direktor Erwin H*** mit, worauf dieser erklärte, daß bei einer Nichtunterfertigung der Urkunde auch keine Prolongation erfolgen könne und dann, wenn die Mietzinsforderung an jemand anderen zediert sei, dieser Kredit seitens der klagenden Partei fällig gestellt werden müsse. Ein Vorhalt wegen des Nichteinlangens der Mietzinse, welche Tatsache zu diesem Zeitpunkt der klagenden Partei bereits bekannt war, erfolgte nicht. Die beiden Brüder begaben sich daraufhin zum Ausgleichsverwalter Dr. P*** sowie zu ihrem Anwalt Dr. K***, die ihnen erklärten, daß es sich hiebei nur um eine nachrangige Zession hinter der CA-BV handeln könne, worauf schließlich eine Unterfertigung der Krediturkunden vorgenommen wurde. Seitens der klagenden Partei wurde das ordnungsgemäße Einlangen der Mietzinseinnahmen nur "in den Anfängen" kontrolliert. Auf dem von der F*** KG bei der klagenden Partei gehaltenen Konto herrschten ständig hohe Geldbewegungen mit einem Umsatz von rund 70 Mill S pro Jahr. Nach der Umstellung auf EDV im November 1981 wurde im Februar oder März 1982 durch Karl S*** eine Überprüfung der verschiedensten Konten durchgeführt, unter anderem auch des Kontos der F*** KG, und zwar für einen Monat. Im Zuge dieser Überprüfung stellte Karl S*** fest, daß die Mietzinszahlungen der beklagten Partei nicht eingehen, und verständigte davon Direktor Erwin H***, welcher, ohne einen weiterreichenden Überprüfungsauftrag zu erteilen, erklärte, daß er sich darum kümmern würde. Die Außenstandslisten der F*** KG wurden seitens der klagenden Partei ca. alle zwei Monate überprüft. Mit Schreiben vom 19.Juli 1982 richtete die klagende Partei an die beklagte Partei die Aufforderung, die monatlichen Mietzinszahlungen umgehend wiederum auf das Konto der F*** KG zu überweisen, welche sowohl von der beklagten Partei als auch der CA-BV in der Weise beantwortet wurde, daß die Mietzinsforderungen wirksam an die CA-BV zediert worden seien.

Mit Klage vom 20.Oktober 1982 begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei die Nachzahlung von 1,703.721,60 S sA aus dem Titel der ihr zedierten Mietzinsforderung von monatlich 47.325,60 S für die Zeit vom November 1979 bis Oktober 1982. Mit Schriftsatz vom 16. April 1984 dehnte die klagende Partei ihr Begehren auf den Zeitraum bis März 1983 aus und machte nun auch die Zinserhöhung aus der Wertsicherung von November 1979 bis März 1983 geltend. Der Klagsbetrag umfaßte nunmehr 2,741.144,70 S sA.

Die beklagte Partei und die ihr beigetretene Nebenintervenientin CA-BV beantragten Klageabweisung und wendeten ein, die klagende Partei habe der Zession der Mietzinsforderung durch die beklagte Partei an die CA-BV im Jahre 1976 zumindest stillschweigend zugestimmt. Eine solche Zustimmung sei auch in der Nichteinforderung der Mietzinse durch fast sieben Jahre zu erblicken. Die Geltendmachung von Nachzahlungen für fast sieben Jahre verstoße gegen Treu und Glauben. Die durch die Mieteingänge abzusichernde Kreditforderung sei längst abgedeckt, so daß auch die dafür bestellte Sicherheit erloschen sei. Die Wertsicherung sei überhöht berechnet und hinsichtlich des Zeitraumes bis Mai 1980 verjährt. Für den Fall des Bestehens einer Klagsforderung stehe der beklagten Partei eine Schadenersatzgegenforderung in mindestens gleicher Höhe zu, weil es die klagende Partei nach dem Ausbleiben der Mietzahlungen seitens der beklagten Partei in Verletzung einer ihr oblegenen Sorgfaltspflicht unterlassen habe, die beklagte Partei auf den aufrechten Weiterbestand der ersten Zession aufmerksam zu machen. Ausgehend vom eingangs wiedergegebenen, von ihm festgestellten Sachverhalt wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die klagende Partei habe der Zession der Mietzinsforderung durch die F*** KG an die CA-BV zwar nicht ausdrücklich, aber stillschweigend zugestimmt und hiemit auf ihre Rechte aus der ersten Zession verzichtet. Dies sei daraus zu erschließen, daß sie auf die Bitte der F*** KG, der Abtretung der Mietzinsforderung an die CA-BV zuzustimmen, nicht widersprochen und sodann durch fast sechs Jahre zum Unterbleiben von Mietzinszahlungen an sie geschwiegen habe. Die klagende Partei hätte nicht nur auf das Ersuchen der F*** KG hin bereits auf den nach ihrem Standpunkt aufrechten Bestand der ersten Zession ausdrücklich hinweisen müssen, sondern auch im Frühjahr 1982 nach Entdeckung des Nichteinganges der Mietzinszahlungen sofort und nicht erst nach Monaten auf der Nachzahlung bzw. Wiederaufnahme der Zahlung bestehen müssen. Die klagende Partei habe ihre nach Treu und Glauben, der Verkehrssitte, aber auch auf Grund ihrer besonderen bankmäßigen Sorgfaltspflichten bestehende Pflicht, zu reden, verletzt, so daß alle sonstigen Beteiligten eine stillschweigende Zustimmung zur zweiten Zession hätten annehmen dürfen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge, änderte das Urteil des Erstgerichtes mit Teilurteil dahingehend ab, daß es die beklagte Partei schuldig erkannte, 1,940.349,60 S samt gestaffelten Zinsen zu bezahlen, wies das aus der Wertsicherung bis Oktober 1982 sich ergebende Mehrbegehren von 695.397,42 S sA ab und hob das Ersturteil hinsichtlich eines Betrages von 105.397,68 S sA (Wertsicherung ab November 1982) und im Kostenpunkt ohne Rechtskraftvorbehalt auf. Es übernahm mit Ausnahme der als rechtsunerheblich bezeichneten Feststellungen, daß zwischen der klagenden Partei und der F*** KG monatliche Besprechungen über die finanzielle Situation letzterer stattgefunden haben und sich der Geschäftsführer der F*** KG offenbar darauf verlassen habe, daß unter anderem die Abtretung der Mietzinsforderung zwischen der klagenden Partei und der CA-BV direkt geregelt werden würde, die Feststellungen des Erstgerichtes und legte sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde.

Danach habe die klagende Partei unbestritten den Rechtsgrund der ersten Zession für sich. Weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Zustimmung der klagenden Partei zur Umschuldung und Tilgung des CA-BV-Kredites durch die monatlichen Mieteingänge sei gegeben. Bei der ersten Zession handle es sich um keine Sicherungszession, sondern um eine Vollzession zahlungshalber. Dabei scheide die Forderung aus dem Vermögen des Überträgers aus und sei nur mehr der Übernehmer über sie verfügungsberechtigt. Eine Rückzession der Forderung von der klagenden Partei an die F*** KG sei nicht erweislich, was zu Lasten der beklagten Partei gehe. Ein Antrag, die Mietzinsforderung rückzuzedieren, sei aus dem Schreiben vom 2.Jänner 1976 nicht zu entnehmen. Daher habe die klagende Partei darauf auch nicht antworten müssen, denn die Warn- und Aufklärungspflicht ende dort, wo, wie hier, der Massenbetrieb im Bankgeschäft es der Kreditunternehmung nicht ermögliche, die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer nur angedeuteten Absicht des Kunden zu erfassen, zu beurteilen und davor zu warnen. Das Schweigen der klagenden Partei zu diesem Schreiben sei daher nicht als Zustimmung zu irgendwelchem Vorhaben der F*** KG zu werten. Auch bestehe keine Pflicht des Gläubigers, bei Ausbleiben der Zahlungen des Schuldners die Forderung einzumahnen, da sonst Verjährungsbestimmungen überflüssig wären. Damit erledige sich auch der Einwand der Schadenersatzgegenforderung. Andererseits habe die Nichtgeltendmachung von Mietzinserhöhungen aus Wertsicherungsvereinbarungen im langjährigen vertraglichen Kontakt nach Tun und Glauben für die abgelaufene Zeit die Bedeutung des stillschweigenden Verzichtes auf die Erhöhung. Dies treffe auf den Zeitraum bis Oktober 1982 zu.

Für die Zeit ab Klagseinbringung sei der Werterhöhungsbetrag noch nicht spruchreif, weil über die bestrittene Höhe der vereinbarten Wertsicherung keine Erörterung und Aufforderung zur Beweisanbietung und Sachverhaltsfeststellung durch das Erstgericht erfolgt sei. Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Streitteile und der Nebenintervenientin. Die klagende Partei ficht das Urteil in seinem klagsabweisenden Teil aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung an und beantragt, das Teilurteil des Berufungsgerichtes dahingehend abzuändern, daß die beklagte Partei schuldig erkannt werde, den weiteren Betrag von 695.397,42 S sA zu bezahlen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei und die Nebenintervenientin fechten das Teilurteil in seinem klagsstattgebenden Teil aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung, die beklagte Partei auch aus dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit an und beantragen, das Urteil des Berufungsgerichtes im klagsabweisenden Sinne abzuändern, hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Streitteile jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt, wohl aber die Revision der beklagten Partei.

Die von beiden Parteien und der Nebenintervenientin geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Hingegen ist die Rechtsrüge der beklagten Partei begründet. Entscheidend für den Rechtsstreit ist allein die Frage, welche Bedeutung dem Schweigen der klagenden Partei auf das Schreiben der F*** KG vom 2.Jänner 1976 im Zusammenhang mit der Tatsache zukommt, daß die klagende Partei in der Zeit von Mitte 1976 bis 19.Juli 1982 weder der F*** KG gegenüber noch gegenüber der beklagten Partei das Ausbleiben der Mietzinszahlungen beanstandet hat. Es ist zwar richtig, daß bei der Beurteilung einer Handlung oder Unterlassung auf ihre konkludente Aussage größte Vorsicht geboten ist, weil die Gefahr besteht, daß dem handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinne sind. Es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, daß ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt (Koziol-Welser Grundriß 7 I 81; Rummel in Rummel ABGB I Rz 14 zu § 863; SZ 50/99; SZ 54/163; JBl 1985, 620 uva). Ob ein bestimmtes Verhalten als konkludente Willenserklärung zu werten ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern welche Schlüsse der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung abzuleiten berechtigt war. Es entscheidet nicht die innere Absicht sondern das objektive Verhalten, wie es der Empfänger der Erklärung verstehen konnte (JBl 1985, 620 mwN). Bei Prüfung der Frage, welcher Erklärungswert dem Verhalten der klagenden Partei zukam, ist davon auszugehen, daß es sich bei der klagenden Partei um ein Kreditinstitut und bei der F*** KG um einen Großkunden der klagenden Partei handelt, wobei im Zeitpunkt des Schreibens vom 2.Jänner 1976 der der F*** KG von der klagenden Partei gewährte Kredit die zulässige Höchstgrenze erreicht hatte. Die Aufnahme eines weiteren Kredites der F*** KG, nunmehr bei der CA-BV, erfolgte mit Kenntnis der klagenden Partei und lag auch nicht im alleinigen Interesse der F*** KG sondern bis zu einem gewissen Grad auch im Interesse der klagenden Partei, sollte doch mit einem Teil des neuen Kredites eine Verbindlichkeit der F*** KG abgedeckt werden, für welche die klagende Partei die Haftung übernommen hatte. Das Interesse der klagenden Partei an der Gewährung dieses Kredites durch die CA-BV an die F*** KG ging so weit, daß sie sogar einer Vorrangeinräumung zugunsten der CA-BV zustimmte. Der klagenden Partei lag im Zeitpunkt der entscheidenden Sitzung ihres Vorstandes das Schreiben der F*** KG vom 2.Jänner 1976 vor, in welchem diese nicht nur um Zustimmung zur vorrangigen Grundbuchsabsicherung des neuen Darlehensgebers ersuchte, sondern zunächst darauf hinwies, daß die Rückzahlungsraten des bei der I*** aufgenommenen Kredites (für den die klagende Partei die Haftung übernommen hatte) "unsere Mieteinnahmen überschreiten". In der Folge heißt es in diesem Schreiben im Zusammenhang mit dem neu aufzunehmenden Kredit:

"Abgesehen davon würde uns dieses Darlehen in keiner Weise zusätzlich belasten, weil die Tilgung durch die monatliche Mieteinnahme erfolgen würde". Dies konnte für den Empfänger des Schreibens, also die klagende Partei, bedeuten, daß die F*** KG beabsichtigt, die der klagenden Partei abgetretenen Mietzinse in Hinkunft zur Abdeckung des neuen Darlehens zu verwenden. Wäre die klagende Partei mit dieser künftigen Verwendung der Mietzinse nicht einverstanden gewesen, hätte sie dies in Anbetracht der zwischen ihr und der F*** KG bestehenden geschäftlichen Beziehungen und des Umstandes, daß der neue Kredit auch in ihrem Interesse lag, der F*** KG mitteilen müssen. Wenn das Berufungsgericht meinte, die Aufklärungspflicht der Kreditunternehmung ende dort, wo - wie hier - der Massenbetrieb im Bankgeschäft oder die möglicherweise bewußt undeutlich gehaltene Mitteilung des Kunden es der Kreditunternehmung nicht ermöglichen, die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer nur angedeuteten Absicht des Kunden zu erfassen, so übersah es, daß es sich im vorliegenden Fall keineswegs um ein Massengeschäft, sondern um ein solches ganz besonderer Art und noch dazu in Millionenhöhe gehandelt hat. Die klagende Partei war daher verpflichtet, Schritte zu unternehmen, um die möglicherweise undeutliche Mitteilung über die Mietzinse aufzuklären. Sie hat aber dazu nicht nur geschwiegen sondern in der Folge durch sechs Jahre hindurch das Ausbleiben der Mietzinse in der bedeutenden Höhe von etwa einer halben Million Schilling jährlich weder gegenüber der beklagten Partei noch gegenüber der Firma F*** KG beanstandet. Dieses nach Empfang des Schreibens vom 2.Jänner 1976 gesetzte Verhalten konnte von der F*** KG nur so verstanden werden, daß die klagende Partei ungeachtet der zu ihren Gunsten bestehenden Zession der Mietzinse damit einverstanden war, daß diese bis zur Abdeckung des bei der CA-BV aufgenommenen neuen Darlehens von der beklagten Partei an die CA-BV überwiesen werden.

Daß auch in späteren schriftlichen Darlehensvereinbarungen zwischen der klagenden Partei und der F*** KG die Abtretung der Mietzinse an die klagende Partei enthalten ist, ändert daran nichts, sondern konnte nur bedeuten, daß auch für diese neuen Forderungen der klagenden Partei die Mietzinse zwar abgetreten werden, die Wirksamkeit der Abtretung aber von der vorherigen Begleichung der Forderung der CA-BV abhängig war.

Damit erweist sich aber das Klagebegehren als nicht berechtigt, weshalb in Stattgebung der Revision das angefochtene Teilurteil dahin abzuändern war, daß das Klagebegehren, soweit es den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet, zur Gänze abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 52 Abs 2 und 392 Abs 2 ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Eingabengebühr für die Revisionen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin beträgt je 7.200 S (§ 3 Abs 1 und TP 1 GJGebGes 1962 idF des Art. X der Zivilverfahrens-Novelle 1983; AnwBl 1971, Nr. 71).

Anmerkung

E10023

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00609.86.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19870115_OGH0002_0060OB00609_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten