Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Hule, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertrude O***, Buchhalterin, Wien 20., Salzachstraße 27, vertreten durch Dr. Felix Weigert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Fritz B***, Gewerbepensionist, Wien 2., Kleine Sperlgasse 8, wegen Nichtigerklärung und Wiederaufnahme des Rekursverfahrens zu 6 Ob 614/84 (42 Nc 5/78 des Landesgerichtes für ZRS Wien) in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Anträge der Gertrude O*** vom 13.Oktober 1986, der Oberste Gerichtshof möge sich von Amts wegen für die Behandlung des Rekurses vom 5.Mai 1981 für unzuständig erklären, die Beschlüsse des Obersten Gerichtshofes vom 12.Juli 1984, 6 Ob 614/84, und vom 9. September 1986, 6 Ob 526/85, als nichtig aufheben, in eventu das Verfahren 42 Nc 5/78 des Landesgerichtes für ZRS Wien für nichtig erklären und ihr zur Verbesserung ihrer Eingabe vom "26.10.1986" (offensichtlich gemeint: der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage vom 26.Oktober 1984) einen Verfahrenshelfer zu bestellen, werden abgewiesen.
Die gegen den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 12.Juli 1984, 6 Ob 614/84, erhobene Nichtigkeitsklage der Gertrude O*** vom 26.Oktober 1984 wird zurückgewiesen.
Aus Anlaß der gegen den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 12. Juli 1984, 6 Ob 614/84, von Gertrude O*** erhobenen, auf § 530 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützten Wiederaufnahmsklage wird im Sinne des § 539 Abs. 1 ZPO die Einleitung des strafgerichtlichen Verfahrens gegen Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger sowie gegen die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier, welche Richter den genannten Beschluß gefaßt haben, durch Übersendung der Akten an die Staatsanwaltschaft Wien veranlaßt.
Text
Begründung:
Mit der am 14. Mai 1973 zu 34 C 307/73 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingelangten Klage begehrte Fritz B*** von Gertrude O*** die Zahlung eines Werklohns von 3.500 S samt Anhang. Mit der am 10.September 1975 zu 25 C 735/75 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingelangten Widerklage begehrte Gertrude O*** von Fritz B*** die Herausgabe einer Bettbank und die Rückzahlung einer Angabe von 2.000 S samt Anhang. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien verband die beiden Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung; mit Urteil vom 16.Februar 1977, 34 C 307/73-43, verurteilte es Gertrude O*** zur Zahlung von 3.000 S samt Anhang an Fritz B***; dessen Mehrbegehren und die Widerklage der Vorgenannten wies es ab. Das Landesgericht für ZRS Wien verwarf die gegen dieses Urteil aus dem Anfechtungsgrund der Nichtigkeit erhobene Berufung der Gertrude O*** mit Beschluß und gab deren Berufung im übrigen mit Urteil nicht statt (Berufungsentscheidung vom 3.Mai 1978, 42 R 82/78). Dagegen erhob Gertrude O*** mit Schriftsatz vom 1. Juni 1978 Rekurs, Nichtigkeitsklage und "Wiedereinsetzungs-" (richtig: Wiederaufnahms-)Klage. Das Landesgericht für ZRS Wien wies den Rekurs und die Rechtsmittelklagen mit Beschluß vom 2.April 1981, 42 Nc 5/78-12, zurück. Gegen diese Entscheidung erhob Gertrude O*** einen am 5.Mai 1981 verfaßten, an das Landesgericht für ZRS Wien adressierten Rekurs an das Oberlandesgericht Wien. Soweit sich dieser Rekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 3.Mai 1979 (wohl richtig: 1978) wendete, wurde er mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 27.November 1981, 18 R 203/81, zurückgewiesen; im übrigen wurde diesem Rekurs mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 12.Juli 1984, 6 Ob 614/84, nicht stattgegeben.
Gegen diesen Gertrude O*** am 12.Oktober 1984
zugestellten Beschluß richtet sich deren am 29.Oktober 1984 zur Post gegebene Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage (Punkt VII 21 des Schriftsatzes vom 26.Oktober 1984, der zufolge Verbesserungsauftrages vom 9.September 1986, 6 Ob 526/85, von dem Rechtsanwalt Dr. Felix W*** als dem gemäß § 10 Abs. 3 RAO bestellten und von Gertrude O*** am 10.Oktober 1986 bevollmächtigten Vertreter am 13.Oktober 1986 anwaltlich unterfertigt wurde).
In den an den Obersten Gerichtshof gerichteten Schriftsätzen vom 13. Oktober 1986 lehnte Gertrude O*** unter anderem die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. R***, Dr. J***, Dr. Z*** und Dr. K*** als Verfasser des Beschlusses vom 9. September 1986, 6 Ob 526/85, ab; sie beantragte ferner unter anderem, der Oberste Gerichtshof möge sich von Amts wegen für die Behandlung des Rekurses vom 5.Mai 1981 für unzuständig erklären, den vorerwähnten Beschluß sowie den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 12.Juli 1984, 6 Ob 614/84, als nichtig aufheben, in eventu das Verfahren 42 Nc 5/78 des Landesgerichtes für ZRS Wien für nichtig erklären und ihr zur Verbesserung der Eingabe vom "26.10.1986" (offensichtlich gemeint: der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage vom 26.Oktober 1984) einen Verfahrenshelfer bestellen. Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 25.November 1986, 11 Ns 21/86-4, wurde den in den Schriftsätzen vom 13.Oktober 1986 enthaltenen Ablehnungsanträgen der Gertrude O*** nicht Folge gegeben.
Der Antrag der Gertrude O*** vom 13.Oktober 1986, den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 9.September 1986, 6 Ob 526/85, als nichtig aufzuheben, ist im Hinblick auf den vorerwähnten Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 25.November 1986 abzuweisen.
Der Antrag der Gertrude O*** vom 3.Oktober 1986, ihr zur Verbesserung ihrer Eingabe vom "26.10.1986" (offensichtlich gemeint: ihrer Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage vom 26.Oktober 1984) einen Verfahrenshelfer zu bestellen, ist abzuweisen, weil sie dem ihr mit Beschluß vom 9.September 1986 erteilten Verbesserungsauftrag ohnedies bereits dadurch nachgekommen ist, daß sie ihre Eingabe durch Rechtsanwalt Dr. Felix W*** unterfertigen ließ. Die gegen den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 12.Juli 1984, 6 Ob 614/84, gerichtete Nichtigkeitsklage stützt Gertrude O*** auf § 529 Abs. 1 Z 1 ZPO. Sämtliche Richter, die diesen Beschluß gefaßt hätten (Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. S***, Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. S***, Dr. R***, Dr. S*** und Mag. E***), seien wegen der
unheilbaren Unzuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Entscheidung über den Rekurs gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2.April 1981, 42 Nc 5/78-12, von der Ausübung des Richteramtes in dem Rechtsstreit kraft Gesetzes ausgeschlossen gewesen. Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. S*** sei überdies deswegen gemäß § 20 Z 5 JN ausgeschlossen gewesen, weil er an der Beschlußfassung des Oberlandesgerichtes Wien vom 27.November 1981, 18 R 203/81, beteiligt gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen wird kein gesetzlicher Anfechtungsgrund geltend gemacht, sodaß die Nichtigkeitsklage gemäß § 538 Abs. 1 ZPO als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurückzuweisen war: § 529 Abs. 1 Z 1 ZPO setzt voraus, daß hinsichtlich eines erkennenden Richters einer der im § 20 JN erschöpfend aufgezählten Ausschließungsgründe vorgelegen war (Fasching, Kommentar IV 488; Fasching, Lehrbuch Rz 2046); der Ausschließungsgrund des § 20 Z 5 JN ist dann verwirklicht, wenn ein Richter der Rechtsmittelinstanz in die Lage kommt, über ein Rechtsmittel gegen ein Urteil oder einen Beschluß zu entscheiden, an dessen Erlassung durch das untergeordnete Gericht er teilgenommen hat (Fasching, Kommentar I 203 f; Fasching, Lehrbuch Rz 163). Da Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. S*** an der zu 6 Ob 614/84 angefochtenen Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2.April 1981 nicht teilgenommen hat, ist der Ausschließungsgrund des § 20 Z 5 JN nicht gegeben. Die unheilbare Unzuständigkeit des Gerichtes, das die mit der Nichtigkeitsklage bekämpfte Entscheidung gefällt hat, ist kein Nichtigkeitsklagegrund. Im übrigen war der Oberste Gerichtshof ohnehin gemäß § 535 ZPO zur Entscheidung über den Rekurs gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2.April 1981 zuständig (Fasching, Kommentar IV 536; SZ 8/58, 22/8; JBl. 1950, 293 uva).
Damit entbehren auch die Anträge der Gertrude O*** vom 13. Oktober 1986, der Oberste Gerichtshof möge sich von Amts wegen für die Behandlung des Rekurses vom 5.Mai 1981 für unzuständig erklären, den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 12.Juli 1984, 6 Ob 614/84, als nichtig aufheben, in eventu das Verfahren 42 Nc 5/78 des Landesgerichtes für ZRS Wien für nichtig erklären, jeglicher Grundlage, weshalb sie abzuweisen waren.
Die gegen den vorerwähnten Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 12.Juli 1984, 6 Ob 614/84, erhobene Wiederaufnahmsklage stützt Gertrude O*** auf § 530 Abs. 1 Z 4 ZPO. Sie macht in ihren Schriftsätzen vom 26.Oktober 1984 und 13.Oktober 1986 zusammengefaßt geltend, die Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, die diesen Beschluß gefaßt haben, hätten dadurch Täuschung, Betrug, Urkundenunterdrückung und Amtsmißbrauch begangen.
Gemäß § 539 Abs. 1 ZPO ist in den Fällen, in denen die Wiederaufnahme unter anderem wegen einer der in § 530 Abs. 1 Z 4 ZPO angeführten strafbaren Handlungen begehrt wird, ohne daß ihrer wegen bereits eine rechtskräftige Verurteilung stattgefunden hätte, ohne vorgängige mündliche Verhandlung die Einleitung des strafgerichtlichen Verfahrens behufs Ermittlung und Feststellung der behaupteten strafbaren Handlung zu veranlassen.
Es war daher zunächst im Sinne dieser Bestimmung vorzugehen, wobei insbesondere auch auf § 539 Abs. 2 letzter Satz ZPO verwiesen wird.
Die Zustellung der gegenständlichen Entscheidung an die Parteien im Wege des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wird erst zusammen mit der seinerzeit gemäß § 539 Abs. 2 ZPO über die Wiederaufnahmsklage zu fällenden Entscheidung vorgenommen werden.
Anmerkung
E10394European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00526.85.0120.000Dokumentnummer
JJT_19870120_OGH0002_0060OB00526_8500000_000