TE OGH 1987/1/21 9Os187/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ida und Wilhelm J*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 12 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Ida J*** und Wilhelm J*** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 27.Oktober 1986, GZ 12 Vr 651/85-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der beiden Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurden die 47-jährige Ida J*** und ihr 49-jähriger Ehemann Wilhelm J*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB, Wilhelm J*** auch in der Erscheinungsform des § 12 StGB, schuldig erkannt. Darnach haben sie - zusammengefaßt wiedergegeben - im Herbst 1983 in Zeltweg teils im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter, teils Ida J*** allein und teils Wilhelm J*** als Bestimmungstäter durch Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt, und zwar beide gemeinsam durch Ankauf verschiedener Gastronomieeinrichtungsgegenstände im Gesamtwert von rund 200.000 S und den Bezug von Gas im Gesamtwert von rund 85.000 S (Punkt A I 1 und 2 des Urteilssatzes), Ida J***

allein durch den Ankauf von Einrichtungsgegenständen inclusive der damit verbundenen Handwerkerarbeiten sowie durch Überziehung eines Kontos zur Gewährung eines Überziehungskredites (Gesamtschaden rund 485.000 S; A II 1-4) und schließlich Wilhelm J*** seine Ehefrau als Buchhalter ihres Gastbetriebes durch Anraten, Aneifern und Auffordern zu den vorgenannten (A II) strafbaren Betrugshandlungen bestimmt.

Die dagegen von Ida J*** aus der Z 10 und von Wilhelm J*** aus den Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden entbehren zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Zur Beschwerde der Ida J***:

Dieser Angeklagten genügt es zu erwidern, daß sie mit ihren weitwendigen, im Ergebnis auf eine Bestreitung des vom Schöffengericht als erwiesen angenommenen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes hinauslaufenden Rechtsmittelausführungen den fundamentalen Grundsatz außer Acht läßt, daß die Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes ein striktes Festhalten am tatrichterlich konstatierten Sachverhalt voraussetzt. So besehen handelt es sich beim gesamten Beschwerdevorbringen dieser Angeklagten um eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung, die sich im Nichtigkeitsverfahren einer argumentativen Erwiderung entzieht.

Zur Beschwerde des Wilhelm J***:

Entgegen der in der Verfahrensrüge vertretenen Ansicht setzt die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO voraus, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde. Die Unterlassung der amtswegigen Beiziehung eines Buchsachverständigen kann daher mit diesem Nichtigkeitsgrund nicht gerügt werden. Es scheidet insoweit aber auch eine Anwendbarkeit der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aus, weil eine Nichtigkeit des Urteils nach dieser Gesetzesstelle nur dann gegeben ist, wenn das Gericht die erhobenen Beweise unvollständig gewürdigt, nicht aber wenn es die Möglichkeit, weitere Beweise abzuführen, unvollständig ausgeschöpft hat (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO 2 § 281 Abs. 1 Z 5 Nr 82 ff). In der (teilweise auch im Rahmen der Rechtsrüge ausgeführten) Mängelrüge (Z 5) bemüht sich der Beschwerdeführer zunächst darzutun, daß die Urteilskonstatierungen in Ansehung der inneren Tatseite undeutlich und unvollständig begründet seien.

Rechtliche Beurteilung

Auch in diesem Punkt ermangelt das Rechtsmittel einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Auszugehen ist davon, daß die vom Erstgericht angeführten Prämissen - Bestellungen und Kreditaufnahmen in der Gesamthöhe von rund einer dreiviertel Million Schilling ohne einen Finanzierungsplan zu haben; keine Kreditübernahme auch nur eines einzigen Kreditinstituts; alte Schulden von rund 200.000 S per 31.3.1986; Wissen um eine bevorstehende zweijährige Strafhaft, kaufmännische Ausbildung als Bilanzbuchhalter - den denkrichtigen und mit der Lebenserfahrung im Einklang stehenden Schluß zulassen, der Beschwerdeführer habe eine Schädigung seiner Gläubiger ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden und sei dabei vom Vorsatz erfüllt gewesen, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern (US 2, 12 und 15).

Grundlegend ist ferner, daß mit der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nur die fehlende Erörterung tatsächlicher Verfahrensergebnisse gerügt werden kann, nicht aber das Unterbleiben einer Auseinandersetzung mit derart hypothetischen, auf konkrete Verfahrensergebnisse nicht rückführbaren Sachverhaltsalternativen, wie sie die Beschwerde mit ihren Hinweisen auf "allfällige Kredite von dritter Seite", einen "möglichen Erlös des Angeklagten aus einem eventuell positiven Gasthausbetrieb", der "Möglichkeit, aus den diesfalls zu erwartenden Einnahmen die Verpflichtungen bei den Gläubigern abzudecken", der "Eignung der vom Angeklagten in Auftrag gegebenen Bestellungen, den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb - falls eingeleitet - zu gewährleisten" releviert. Denn eine konkrete Kreditzusage von Dritten wurde vom Angeklagten J*** niemals behauptet und in Ansehung des "positiven Gasthausbetriebes" mit allen daraus resultierenden wirtschaftlichen Konsequenzen wird von ihm geflissentlich neglegiert, daß die Tatrichter seinen (bedingten) Schädigungsvorsatz - abgesehen von den gewichtigen Vorbelastungen - insbesondere auch aus der bevorstehenden (den Gläubigern verschwiegenen) Strafverbüßung im Ausmaß von zwei Jahren herleiteten, während welcher er (teilweise gemeinsam mit seiner Ehefrau, die zu eineinhalb Jahren verurteilt worden war), als Betriebsführer zwangsläufig nicht zur Verfügung stehen konnte.

Der Einwand der Beschwerde, es sei dem Urteil nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Erwägungen das Gericht zur Ansicht gelangte, die Angeklagten hätten bei Aufgabe der Bestellungen über keinerlei eigene oder fremde finanzielle Mittel zur Bezahlung verfügt, übergeht ebenso wie die Beschwerdebehauptung es werde im Urteil lediglich konstatiert, daß weitere Eigenmittel des Angeklagten nicht feststellbar gewesen wären, die dieser Urteilspassage vorausgehenden Ausführungen (US 6), in denen die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten detailliert dahin klargestellt werden, daß sich aus ihnen unmißverständlich nicht nur das Fehlen von Eigenkapital sondern darüberhinaus eine massive Vorbelastung durch Altkredite ergibt.

Ob endlich eine tatsächliche Bereicherung des Beschwerdeführers erfolgte, betrifft keinen rechtlich relevanten Umstand; denn beim Tatbestand des Betruges kommt es allein auf den (ohnehin konstatierten) Bereicherungsvorsatz, nicht aber auf den tatsächlichen (späteren) Eintritt der bezweckten Bereicherung an (vgl Leukauf-Steininger, Komm 2 § 146 RN 44).

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist aber auch die sich auf die Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO berufende Rechtsrüge des Angeklagten.

Soweit darin der Sache nach Begründungsmängel in Ansehung der subjektigen Tatseite behauptet werden, wird auf das hiezu oben bei Behandlung der Mängelrüge Gesagte verwiesen.

Soweit die Beschwerde aber behauptet, Feststellungen zur subjektiven Tatseite seien gar nicht getroffen worden, übergeht sie die darauf bezüglichen, bereits oben wiedergegebenen tatrichterlichen Konstatierungen.

Nach dem Gesagten waren mithin beide Nichtigkeitsbeschwerden als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Als Konsequenz dessen wird über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E10206

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0090OS00187.86.0121.000

Dokumentnummer

JJT_19870121_OGH0002_0090OS00187_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten