Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Ferdinand D*** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 26.Juni 1985, GZ 7 a Vr 725/83-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.Mai 1937 geborene technische Angestellte Ferdinand D*** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, im September 1982 in Steyr einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger geschmälert zu haben, indem er ihnen und dem Masseverwalter im Konkurs den Besitz von etwa 350.000 S in deutscher Währung in der Bundesrepublik Deutschland verschwieg, sohin sein Vermögen zum Schein verringerte, wodurch er einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeiführte.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen wurde über das Vermögen des Angeklagten Ferdinand D*** am 13.August 1974 unter AZ S 15/74 des Kreisgerichtes Steyr der Konkurs eröffnet. Dieser Konkurs wurde am 4.Oktober 1983 aufgehoben, nachdem die Gläubiger der ersten Klasse zu 100 %, die 19 Gläubiger der zweiten Klasse zu 8,6 % und die zahlreichen Gläubiger dritter Klasse überhaupt nicht aus der Konkursmasse hatten befriedigt werden können (S 324 f dA). Noch während der Anhängigkeit des Konkursverfahrens wollte der Angeklagte in der ersten Hälfte des Jahres 1982 für sich in der Bundesrepublik Deutschland (Augsburg) eine eigene selbständige Personalleasingfirma unter der Bezeichnung "U***-Hoch-, Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH" gründen. Weil die Eintragung einer Firma dieses Wortlauts auf Schwierigkeiten stieß, kam es statt dessen mit Vertrag vom 23.August 1982 zur Gründung der "D*** Hoch- Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH" - später in "D*** Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH" umbenannt - als Einmanngesellschaft, die am 15.Dezember 1982 in das Handelsregister Augsburg eingetragen wurde. Ferdinand D*** hatte den bereits Jahre vorher mit einer eigenen Personalleasingfirma in Konkurs gegangenen Karl A*** überreden können, für ihn als Strohmann die erwähnte Gesellschaft zu gründen und (zum Schein) als deren einziger Gesellschafter zu figurieren, wodurch der Angeklagte - der selbst nur als einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer Erwähnung fand - zu verschleiern vermochte, daß die Firma ausschließlich von ihm kontrolliert wurde. In Punkt 3 des Gesellschaftsvertrages ließ er bestimmen, daß die vor Eintragung in das Handelsregister durch die Gesellschaft abgewickelten Geschäfte als für deren Rechnung getätigt gelten sollten. Beim Gewerbeamt der Stadt Augsburg meldete er die Firma "D*** Hoch- Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH in Gründung" zum 1.Mai 1982 (angegebener Tätigkeitsbeginn; vgl. Blg. 22 b zum HV-Protokoll) an. Zu diesem Termin hatte er tatsächlich die Arbeit mit der Firma aufgenommen (S 327 dA).
Am 9.September 1982 entnahm der Angeklagte der Firmenkasse einen eingegangenen Barscheck über 15.000 DM, hob von einem auf die Gesellschaft lautenden Konto bei der B*** H***- UND W***-B*** AG 35.000 DM ab und zahlte den Gesamtbetrag von 50.000 DM auf das (bis dahin den Kontostand Null aufweisende) Konto bei der B*** V***, Filiale Augsburg, lautend auf
"D*** Hoch- Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH in Gründung" mit der Scheinwidmung "Stammeinlage Karl A***" ein, um den für die Eintragung in das Handelsregister erforderlichen Beleg über die Einzahlung der Stammeinlage zu erhalten. Bereits am folgenden Tag behob er jedoch vom letzterwähnten Konto wieder mit Scheck den Betrag von 45.000 DM, den er auf einem Devisenkonto in Österreich mit der Widmung "Für Arbeiten im Rahmen des Werkvertrages" gutschreiben ließ (S 327 f dA).
Der Angeklagte hatte seine Geschäftstätigkeit, insbesondere was die Firma "D*** Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH" in Augsburg (auch kurz: "D*** Augsburg") anlangt, in die Bundesrepublik Deutschland verlegt, um sich dem Zugriff seiner österreichischen Gläubiger zu entziehen. Er tarnte seine tatsächliche alleinige Beteiligung an der "D*** Augsburg" und die durch ihn besorgte Entnahme von 50.000 DM, die er ebenfalls vor seinen österreichischen Gläubigern zu verschleiern suchte, durch Vorschieben eines Strohmannes. Mitteilungen über diese Umstände machte er weder dem Masseverwalter noch dem österreichischen Konkursgericht. All(e) diese Manipulationen unternahm er in der "Absicht", Vermögenswerte (insbesondere die erwähnten 50.000 DM) vor seinen Gläubigern zu verheimlichen und dadurch eine - wenngleich nur
teilweise - Befriedigung dieser Gläubiger zu verhindern (S 328, 337 f dA).
Gegen dieses Urteil erhob der Angeklagte eine auf die Z 4, 5, 9 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Generalprokuratur in ihrer beim Obersten Gerichtshof am 5.Dezember 1986 eingelangten Stellungnahme vertretenen Auffassung, wonach die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen sei, vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen. Er erachtet dieses Rechtsmittel vielmehr aus nachstehenden Erwägungen für begründet:
Zunächst ist davon auszugehen, daß nach dem Tenor und auch nach der Begründung der Anklageschrift - ihrem klaren Wortlaut zufolge - lediglich die Verheimlichung eines 50.000 DM etwa entsprechenden Vermögensteiles gegenüber den Gläubigern und dem Masseverwalter im Konkurs (AZ S 15/74 des Kreisgerichtes Steyr) inkriminiert ist, welcher Betrag am 9.September 1982 bei der B*** V*** AG Augsburg für Karl A*** als
Stammeinlage eingezahlt wurde. Alle anderen wirtschaftlichen Manipulationen und vermögensrechtlichen Transaktionen, seien sie vor oder während des Konkursverfahrens vorgenommen worden, bleiben somit für das vorliegende Strafverfahren als mögliche Tathandlungen vorerst ohne Relevanz.
Entscheidend ist daher weiters, ob jener Betrag, der nach den Urteilsfeststellungen am 9.September 1982 auf das eingangs näher bezeichnete Konto der Fa. "D*** Hoch- Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH in Gründung" eingezahlt wurde (50.000 DM), überhaupt aus dem einem Zugriff der inländischen Gläubiger zugänglichen Vermögen des Angeklagten stammt. Denn nur unter dieser Voraussetzung wäre eine Verheimlichung eines solchen Vermögensteiles tatbildlich im Sinn des § 156 StGB. Setzt doch dieser Tatbestand den effektiven Eintritt einer Schlechterstellung zumindest eines der mehreren Gläubiger voraus (vgl. Kienapfel, Grundriß des österr. Strafrechtes, BT II RN 4 zu § 156).
Zu dieser Frage wurde aber im Urteil nicht eindeutig Stellung genommen. Den getroffenen Feststellungen zufolge setzte sich der fragliche Betrag von 50.000 DM aus einem der Firmenkasse der "D*** Hoch- Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH in Gründung" entnommenen Barscheck über 15.000 DM und aus einem von einem Bankkonto der B*** H***- UND W***, lautend auf "D***
Hoch- Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH in Gründung", behobenen (Rest-)Betrag von 35.000 DM zusammen. Die nähere Herkunft dieser Barmittel blieb im Urteil unerörtert. Zieht man die Bezeichnung der hier in Rede stehenden Bankkonten und den Umstand in Betracht, daß der Barscheck der Firmenkasse entstammte, ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß ausschließlich (selbst erwirtschaftete) Mittel der "D*** Hoch- Tiefbau- und Planungsgesellschaft mbH in Gründung" den Gegenstand des Transfers bildeten. Dies wäre insofern bedeutsam, als nach hier maßgeblichem deutschen Recht - ungeachtet des Umstandes, daß die Gesellschaft mit beschränkter Haftung erst durch Eintragung in das Handelsregister Rechtspersönlichkeit erlangen konnte (§ 11 Abs. 1 dGmbHG) - davon auszugehen wäre, daß das Vermögen einer im Gründungsstadium befindlichen Gesellschaft als Sondermasse gilt, deren Träger zwar der Gründer ist, die aber rechtlich und wirtschaftlich von seinem sonstigen Vermögen klar getrennt dem Zugriff der Gläubiger der Vorgesellschaft" offensteht, wogegen sie für den Gründer und dessen Gläubiger fremdes Vermögen darstellt (vgl. ua Hueck, Gesellschaftsrecht 18 , 317, 329;
Baumbach-Hueck, GmbHG 14 § 11 RN 37; Rowedder, GmbH Komm., § 11, RN 6, 13, 137, 138; Fischer-Lutter, GmbHG, Komm. 11 , § 11 Anm. 12;
Bartl-Henkes, GmbH-Recht 2 , § 11, RN 219 zur "Fiktion der Rechtsfähigkeit der Einmann-Vor-GmbH"). Durch die Handlungen des Angeklagten wäre dann solcherart eine Verschlechterung in den Befriedigungsmöglichkeiten seiner inländischen Gläubiger nicht eingetreten.
Schon daraus erhellt, daß im Urteil Tatsachen nicht festgestellt sind, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes dem Erkenntnis zugrundezulegen wären. Da somit infolge dieses Feststellungsmangels (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) eine neue Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen, wobei auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden brauchte.
Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß selbst die Einbeziehung des Vorgehens des Angeklagten vom 10.September 1982 (Überweisung eines Betrages von 45.000 DM auf das Konto eines inländischen Geldinstitutes) in die Betrachtung zu keinem anderen Ergebnis führen könnte, weil auch insoweit über das innere Vorhaben des Angeklagten bei dieser Geldüberweisung und über das weitere Schicksal des bezüglichen Guthabens im Urteil Feststellungen fehlen.
Anmerkung
E09906European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00044.86.0121.000Dokumentnummer
JJT_19870121_OGH0002_0110OS00044_8600000_000