TE OGH 1987/1/22 6Ob18/86

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Veröffentlicht am 22.01.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Handelsregistersache der W*** Taxi- und Mietwagen Gesellschaft m. b.H. mit dem Sitz in Wien infolge Revisionsrekurses der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22. Oktober 1986, GZ. 5 R 63/86-18, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2. April 1986, GZ. 7 HRB 26.976-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die W*** Taxi- und Mietwagen Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Wien und einem Stammkapital von S 100.000 ist seit 3. Dezember 1980 im Handelsregister des Erstgerichtes eingetragen. Am 28. Juni 1985 beantragte ihr einziger Geschäftsführer, Josef K***, die Eintragung der Umwandlung der Gesellschaft durch Übertragung ihres gesamten Vermögens auf die gleichzeitig errichtete Gesellschaft nach bürgerlichem Recht Margarete V*** - Wilhelm K***. Hiezu brachte er vor, den Beiden seien mit Abtretungsvertrag vom 12. Juni 1985 die Geschäftsanteile der übrigen Gesellschafter übertragen worden. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 28. Juni 1985 sei u.a. beschlossen worden, die W*** Taxi- und Mietwagen Gesellschaft m.b.H. im Sinne des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 320/1980 durch Übertragung ihres Vermögens auf die beiden Gesellschafter Margarete V*** und Wilhelm K*** je zur Hälfte unter gleichzeitiger Errichtung einer nicht eintragungsfähigen Gesellschaft nach bürgerlichem Recht auf der Grundlage der Bilanz zum 31. Dezember 1984 unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen gemäß Art. IV § 1 des genannten Gesetzes und Art. II StruktVG umzuwandeln.

Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien (in der Folge kurz Wiener Handelskammer) äußerte sich zu dem Antrag, mangels eines entsprechenden Betriebes sei die Umwandlung der W*** Taxi- und Mietwagengesellschaft m.b.H. in eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht nicht möglich. Diese sei nämlich bloß Komplementärin der K*** KG und gehe keiner eigenen Tätigkeit nach. Die Büroräume befänden sich bei der erwähnten Kommanditgesellschaft; nur der Geschäftsführer Wilhelm K*** sei für die Komplementärgesellschaft als Angestellter gemeldet. Deren Einnahmen beschränkten sich auf die Geschäftsführerentschädigung und einen Gewinnanteil und hätten sich 1983 auf rund S 997.000 und 1984 auf rund S 992.000 belaufen. 1985 seien auch diese Einnahmen entfallen. Das Erstgericht verfügte die Eintragung des Beschlusses der Generalversammlung vom 28. Juni 1985 über die Umwandlung der Gesellschaft durch Übertragung des Unternehmens auf die beiden Gesellschafter, die das Unternehmen nicht protokolliert als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes Margarete V*** - Wilhelm K*** mit dem Sitz in Wien betreiben.

Infolge Rekurses der Wiener Handelskammer bestätigte das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluß. Es führte aus, Art. III § 10 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 320/1980 (im folgenden GmbHNov. 1980) ermögliche wieder unter bestimmten Voraussetzungen die Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht. Danach könne eine Gesellschaft, die kein Vollhandelsgewerbe oder kein Handelsgewerbe betreibe und gemäß Art. III §§ 2 bis 4 GmbHNov. 1980 zur Einzahlung des Fehlbetrages auf S 250.000 oder zur Kapitalerhöhung verpflichtet sei, ihre Umwandlung in sinngemäßer Anwendung des Umwandlungsgesetzes durch Übertragung des Unternehmens auf einen Gesellschafter (Nachfolgeunternehmer) oder auf eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht (Nachfolgeunternehmen) beschließen; der Beschluß sei bis längstens 31. Dezember 1986 zum Handelsregister anzumelden. Das Stammkapital der W*** Taxi- und Mietwagen Gesellschaft m.b.H., die am 1. Jänner 1981 bereits bestanden habe, sei geringer als S 500.000, sodaß sie gemäß Art. III § 4 GmbHNov. 1980 verpflichtet gewesen wäre, bis 31. Dezember 1986 eine Kapitalerhöhung auf mindestens diesen Betrag durchzuführen, den Gesellschaftsvertrag anzupassen und beides zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Für solche Fälle bestimme Art. III § 10 GmbHNov. 1980, die Gesellschaft könne unter der Voraussetzung, daß sie kein Vollhandelsgewerbe bzw. kein Handelsgewerbe betreibe, der Erhöhung des Stammkapitals auf mindestens S 500.000 und der sonst drohenden amtswegigen Auflösung dadurch entgehen, daß sie ihre Umwandlung in sinngemäßer Anwendung des Umwandlungsgesetzes beschließe. Während § 1 Abs 1 UmwG die Umwandlung von Kapitalgesellschaften ermögliche, wenn sie länger als zwei Jahre bestünden und überdies ein Handelsgewerbe im Sinne des Handelsgesetzbuches betrieben, ermögliche Art. III § 10 GmbHNov. 1980 die Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die kein Vollhandelsgewerbe oder Handelsgewerbe betreibe, durch Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter oder auf eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht. Die W*** Taxi- und Mietwagen Gesellschaft m.b.H. betreibe kein Handelsgewerbe, weil sie nach den Erhebungen der Wiener Handelskammer bloß als Komplementär der K*** KG tätig sei und abgesehen von Geschäftsführungsentschädigungen und Gewinnanteilen keine Einnahmen erziele. Die nach dem Umwandlungsgesetz vorausgesetzten Erfordernisse des zweijährigen Bestandes und einer diesem Gesetz entsprechenden Umwandlungsbilanz träfen zu. Das bezweifle die Wiener Handelskammer auch nicht. Ihrer Ansicht nach entspreche aber die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft, "die weder Betrieb noch Unternehmen besitzt bzw. führt", nicht dem Gesetz. Sie übersehe dabei aber, daß das Registergericht nur die Einhaltung der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen zu prüfen habe. Diese seien im Art. III § 10 GmbHNov. 1980 geregelt, der eine Betriebsübergabe nicht vorsehe. Das Erfordernis, daß "im Rahmen der Umwandlung ein Betrieb übertragen wird", sei für die handelsrechtlichen Wirkungen einer solchen Umwandlung (vor allem die Übertragung des Vermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Ausschluß der Abwicklung) ohne Bedeutung; dabei handle es sich vielmehr um ein im Art. IV § 1 Abs 2 GmbHNov. 1980 zusätzlich geregeltes, bloß abgabenrechtliches Erfordernis. Während die im Art. III § 10 dieses Gesetzes vorgesehene gesellschaftsrechtliche Umwandlungsmöglichkeit die Umwandlung von kapitalanpassungspflichtigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung auch zulasse, wenn sie bloß Mantel-, Holding-, Besitz- bzw. Komplementärgesellschaften seien, setze die Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen (insbesondere nach Art. IV § 1 Abs 1 und 2 GmbHNov. 1980) überdies eine Betriebsübertragung im Rahmen der Umwandlung voraus. Der Begriff "Betrieb" sei bloß im abgabenrechtlichen Sinne zu verstehen. Besitze die umzuwandelnde Gesellschaft mit beschränkter Haftung keinen Betrieb im abgabenrechtlichen Sinne (wie etwa eine Komplementärgesellschaft), so sei zwar eine Umwandlung gesellschaftsrechtlich möglich, aber abgabenrechtlich nicht begünstigt. Die ausschließlich für die abgabenrechtlichen Begünstigungen erhebliche zusätzliche Voraussetzung, daß "im Rahmen der Umwandlung ein Betrieb übertragen wird" (Art. IV § 1 Abs 2 GmbHNov. 1980), sei somit nicht vom Registergericht zu prüfen. Das Erstgericht sei auch zu Recht auf die im Generalversammlungsbeschluß vom 28. Juni 1985 und in der Anmeldung geltend gemachte Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen aufgrund von Art. IV § 1 GmbHNov. 1980 und Art. II StruktVG nicht eingegangen. Nach Art. V GmbHNov. 1980 sei nämlich ausschließlich der Bundesminister für Finanzen mit der Vollziehung des Art. IV dieses Gesetzes betraut.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Wiener Handelskammer - der an sich bei Eintragungsverfügungen des Registergerichtes das Rekursrecht zuzubilligen ist (EvBl 1979/228 uva.) - ist nicht zulässig. Rechtsmittel gegen bestätigende rekursgerichtliche Entscheidungen sind im Verfahren außer Streitsachen - und damit auch im Registerverfahren - nur so weit zulässig, als sie sich auf die im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe stützen können. Die Wiener Handelskammer beruft sich auf offenbare Gesetz- und Aktenwidrigkeit. Zum Anfechtungsgrund der offenbaren Aktenwidrigkeit finden sich im Revisionsrekurs allerdings keine Ausführungen, so daß auf ihn nicht weiter einzugehen ist.

Als offenbar gesetzwidrig rügt die Wiener Handelskammer die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, das Registergericht habe die allein für die abgabenrechtlichen Begünstigungen erhebliche Voraussetzung, daß im Rahmen der Umwandlung ein Betrieb übertragen wird, nicht zu prüfen, so daß kapitalanpassungspflichtige Gesellschaften mbH selbst dann gemäß Art. III § 10 GmbHNov. 1980 umgewandelt werden könnten, wenn sie bloß Mantel-, Holding-, Besitz- oder - wie hier - Komplementärgesellschaften sind. Die Revisionsrekurswerberin wendet sich gegen diese Rechtsansicht des Rekursgerichtes mit dem Argument, nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (Art. III § 10 GmbHNov. 1980 - aber auch infolge Bezugnahme auf das Umwandlungsgesetz - könnten Gesellschaften mit beschränkter Haftung nur durch Übertragung des Unternehmens auf einen Gesellschafter oder eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht umgewandelt werden. Da die W*** Taxi- und Mietwagen Gesellschaft m. b.H. nach den dem Registergericht mitgeteilten Erhebungen der Wiener Handelskammer bloß Komplementärgesellschaft sei und keinen eigenen Betrieb führe, sei sie gar nicht in der Lage, das Unternehmen im Sinne des Art. III § 10 GmbHNov. 1980 auf das Nachfolgeunternehmen zu übertragen. Bei diesen Ausführungen übersieht die Wiener Handelskammer jedoch, daß der Gesetzgeber selbst zwischen Unternehmen und Betrieb unterscheidet; denn im Art. III § 10 GmbHNov. 1980 ist - in Übereinstimmung mit § 1 Abs 1 UmwG - von der Übertragung des Unternehmens die Rede, wogegen Art. IV § 1 Abs 2 dieses Gesetzes, der die abgabenrechtliche Seite der im Art. III vorgesehenen Anpassungsvorgänge regelt, ausdrücklich anordnet, daß Abs 1 (über abgabenrechtliche Begünstigungen von Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz bei Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses bis längstens 31. Dezember 1986) auch auf Gesellschaften anzuwenden ist, auf die die Voraussetzungen des Art. III § 10 des Gesetzes zutreffen, wenn im Rahmen der Umwandlung ein Betrieb übertragen wird. Damit wird klargestellt, daß das Gesetz selbst auch Umwandlungen im Sinne seines Art. III § 10 als zulässig voraussetzt, bei denen kein Betrieb - und zwar im abgabenrechtlichen Sinne (vgl. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 779) - übertragen wird. Versteht man - im Gegensatz zum Betrieb als einer rein technisch-wirtschaftlichen Produktionsstätte - als Unternehmen eine Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit (vgl. hiezu auch § 1 Abs 2 KSchG) und kann ein Unternehmen auch durch Einräumung einer organisatorischen Verfügungsmacht des Besitzers, durch die die Unternehmerstellung eingeräumt wird, übertragen werden (DREvBl 1943/105), so erscheint die mit dem Schrifttum (Arnold, GmbH-Handbuch, 69, 71; Reich-Rohrwig aaO) übereinstimmende Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, daß die im Art. III § 10 GmbHNov. 1980 vorgesehene Umwandlungsmöglichkeit auch Komplementärgesellschaften zugute kommen kann, die Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen der Umwandlung indessen auch die Übernahme eines Betriebes voraussetzt, jedenfalls nicht gemäß § 16 Abs 1 AußStrG offenbar gesetzwidrig, zumal der Begriff des Unternehmens im Übergangsrecht der erwähnten Novelle keine derart eindeutige Regelung erfahren hat, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers (und zwar im Sinne der Auffassung der Revisionsrekurswerberin) aufkommen könnte. Liegt der Rüge offenbarer Gesetzwidrigkeit eine Auslegungsfrage zugrunde, so reicht es nicht hin, so wie die Wiener Handelskammer Argumente vorzutragen, die eine andere Auslegungsmöglichkeit aufzeigen sollen; es müßte vielmehr dargetan werden, daß die rekursgerichtliche Auslegung bestehenden Interpretationsregeln widerspricht bzw. unlogisch oder mit den Regeln der Sprache unvereinbar ist (NZ 1986, 64, 111, 206 und 213 uva.). Davon kann aber nach den vorangestellten Erwägungen keine Rede sein.

Der Revisionsrekurs war deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E10161

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00018.86.0122.000

Dokumentnummer

JJT_19870122_OGH0002_0060OB00018_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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