Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Jänner 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helmut T*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148, zweiter Fall, und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 6. Juni 1986, GZ 15 Vr 867/81-231, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Kodek als Vertreter der Generalprokuratur, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Pallauf zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen, soweit sie das Strafausmaß betreffen, wird nicht Folge gegeben; im übrigen wird der Berufung des Angeklagten dahin Folge gegeben, daß die verhängte Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.Mai 1934 geborene österreichische Staatsbürger Helmut (Franz) T*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148, zweiter Fall, und § 15 StGB schuldig erkannt. Dem Inhalt des Schuldspruchs nach liegt ihm zur Last, in verschiedenen Orten der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit vom 11.Jänner bis 22.Oktober 1974 in insgesamt 90 Fällen in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit (in der Bundesrepublik Deutschland) gesondert verfolgten und bereits rechtskräftig abgeurteilten Personen als Beteiligten (§ 12 StGB) mit Bereicherungsvorsatz und auf gewerbsmäßige Begehung schweren Betruges gerichteter Absicht Kaufleute, die von verschiedenen Firmenvertretern bereits durch die Vorgabe, ein gewinnbringendes und völlig risikoloses Geschäft einzugehen, ohne sie über die eingegangenen Verpflichtungen aufzuklären, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Unterzeichnung einer "Vereinbarung" über die Aufstellung und den Betrieb eines Warenautomaten "Coccode" verleitet worden waren, zum Ankauf dieses Warenautomaten zu einem wesentlich überhöhten Kaufpreis durch die Vorgabe, daß sie sich aus der abgeschlossenen Vereinbarung am günstigsten lösten, wenn sie den Automaten sogleich kauften, verleitet zu haben, wobei die Getäuschten hiedurch an ihrem Vermögen in einem insgesamt 100.000 S übersteigenden Betrag, und zwar um zusammen mindestens 192.398,43 DM, geschädigt wurden. Mit einem weiteren Betrag von insgesamt 92.020 DM blieb die Tat nach den Urteilsannahmen beim Versuch. Das Verfahren wegen fünfzehn gleichartiger Anklagefakten wurde gemäß dem § 57 StPO ausgeschieden (S 88/XXVII). Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Die Verfahrensrüge wendet sich gegen die Abweisung eines Teiles der in der Hauptverhandlung (S 83 ff/XXVII) gestellten Beweisanträge. Die Begründung dieses abweisenden Zwischenerkenntnisses des Schöffensenates (S 88/XXVII) wurde im Urteil nachgetragen (US 190 ff).
Der erste dieser Anträge war auf die Vernehmung der in der Anklageschrift zu 1. bis 105. genannten (durchwegs in Deutschland wohnhaften) geschädigten Personen unter Gegenüberstellung mit jenen Vertretern gerichtet, die mit ihnen Aufstellungsverträge abgeschlossen hatten, zum Beweis dafür, daß den angeblich Geschädigten keine anderen Erklärungen als der schriftlichen Vereinbarung entsprechende gegeben wurden; daß es sich bei ihnen um Vollkaufleute handle; daß bei geeigneter Werbung und Aufstellung der Automaten ein gewinnbringender "Absatz der Geräte" (gemeint wohl: Einsatz der Geräte mit Verkauf von Füllungen) möglich gewesen wäre, und daß ihnen schließlich die Bedeutung der Ausdrücke Akzept und Sicherheitsakzept als Wechsel bekannt gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge versagt.
Zunächst kann dem Schöffengericht nicht entgegengetreten werden, wenn es die Auffassung vertritt, daß die Vorladung der im Ausland wohnhaften Zeugen nach den Umständen des Falles - schon wegen des entfernten Aufenthaltes - füglich nicht zu bewerkstelligen war; überdies war die Gegenüberstellung mit den besagten Vertretern teils entbehrlich, weil die Zeugen Karl Heinz R*** und Peter P*** ihre betrügerische Vorgangsweise im Kern eingestanden, teils undurchführbar, weil die übrigen Vertreter der Ladung nach Österreich nicht Folge leisteten, Zwangsmittel gegen sie aber nicht zu Gebote stehen. Zur Frage nach der Kaufmannseigenschaft der Zeugen, ihrer Kenntnis der Ausdrücke Akzept und Sicherheitsakzept und der Möglichkeit besserer Nutzung der Automaten hätte eine ergänzende Vernehmung im Rechtshilfeweg ausgereicht, doch bestand dazu kein Anlaß, weil der Beweisantrag, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, jeder Relevanz entbehrte: Ob die Betrogenen Voll- oder Minderkaufleute waren, ist nicht entscheidend. Diesem Teil des Beschwerdevorbringens, das im wesentlichen auf der - verfehlten - Rechtsmeinung beruht, an Vollkaufleuten könne wegen ihrer größeren Fähigkeit zur "Diligenz" kein Betrug begangen werden, ist nämlich entgegenzuhalten, daß der Tatbestand des Betruges einerseits nicht etwa eine besonders raffinierte Vorgangsweise erfordert, und daß anderseits ein Mitverschulden des Opfers der Annahme betrügerischer Täuschung keineswegs entgegensteht (Kienapfel BT II RN 93 zu § 146 StGB; SSt. 43/25 ua). Daß die Opfer des Betruges durch aufmerksames Lesen des Bestellscheines die wirkliche Art des Geschäftes, auf das sie sich einließen, allenfalls hätten erkennen können, schließt die Tatbildmäßigkeit der Täuschung also nicht aus (Leukauf-Steininger StGB 2 RN 12 zu § 146). Soweit der Beweisantrag auch auf den Nachweis gerichtet war, die Automaten hätten durch Werbung und bessere Aufstellung nutzbringend eingesetzt werden können, handelt es sich um einen reinen Erkundungsbeweis, vermag doch der Beschwerdeführer selbst konkrete Angaben in dieser Richtung nicht zu nennen. Inwiefern die einzelnen Tatopfer eine - jedenfalls weitere Kosten verursachende - Werbung für die Automaten hätten betreiben sollen, liegt völlig im Dunkeln. Schließlich gründet der Betrugsvorwurf gegen den Angeklagten auch nicht in der Verwendung des Wortes Akzept; vielmehr ist er in der geschickten Verschleierung jeder finanziellen Verpflichtung der von den Vertretern zum Abschluß von Aufstellungsvereinbarungen verleiteten Kaufleute gelegen. Auf die Kenntnis der Ausdrücke Akzept oder Sicherheitsakzept bei diesen Personen kommt es sohin nach Lage des Falles gleichfalls nicht an.
Ferner beantragte der Angeklagte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß die von ihm eingehaltene Vorgangsweise (Abschluß von Aufstellungsverträgen und anschließende Umwandlung in Kaufverträge) zur Tatzeit übliche Geschäftspraxis gewesen sei, daß der von ihm vertretene Automat Coccode nur über Vertreter (und daher wegen des größeren Aufwandes des Verkäufers nur zu einem höheren Preis) abgesetzt werden konnte, daß der Kaufpreis des Automaten normaler kaufmännischer Gebarung entsprach und nicht überhöht war und daß es schließlich ganz allgemein nicht üblich sei, die Summe der vom Vertragspartner eingegangenen Verpflichtung im Text einer Vereinbarung auszuweisen (vgl. S 84, 85/XXVII).
Der Beschwerdeführer verkennt jedoch bei seinen Einwendungen gegen die Abweisung auch dieses Antrages den Kern des gegen ihn ergangenen Schuldspruchs: Nicht die Täuschung über den wahren Wert des Münzautomaten wird ihm entscheidend angelastet, sondern ua die Irreführung der Kunden (durch seine Mittäter) über die bei Abschluß der Aufstellungsverträge eingegangene Verpflichtung, die so hoch war, daß der Abschluß eines Kaufvertrages für die Getäuschten jedenfalls das geringere Übel darstellte als die Erfüllung der erwähnten - sich auf rund 11.000 bis 15.000 DM belaufenden - Pflicht zur Abnahme von (in dieser Menge unverkäuflichem) Füllmaterial. Daß im Grundkonzept ähnliche Methoden des Vertriebs auch von anderen Firmen angewendet wurden, könnte den Angeklagten selbst dann nicht entlasten, wenn auch hier betrügerisch vorgegangen worden wäre, schon gar nicht aber, wenn sie - wovon zunächst ausgegangen werden muß - (anders als im vorliegenden Fall) auf die Anwendung von List verzichtet haben sollten. Demgemäß ist nicht entscheidend, ob auch andere Firmen davon absahen, in Vertragsformularen das Ausmaß der vom Kunden eingegangenen Verpflichtung zu beziffern; auf diese (gewollte) Undeutlichkeit der schriftlichen Vereinbarung allein ist der Schuldspruch nicht abgestellt.
Den betrügerischen Abschluß der Aufstellungsvereinbarung stellte das Gericht jedoch - wie schon jetzt im gegebenen Zusammenhang zu betonen ist - eindeutig und mängelfrei fest. Diese Urteilsfeststellungen sind nicht etwa, wie in der Mängelrüge unter
2.3. ausgeführt, wegen Fehlens einer Erörterung des Textes der Aufstellungsvereinbarungen unvollständig. Dieser Textinhalt wurde vielmehr durch Aufnahme in das Urteil (US 23 a) in extenso festgestellt. Zu einem Eingehen auf die den Kunden (zum Schein) begünstigenden Bestimmungen, die in der Beschwerdeschrift zitiert werden, bestand kein Anlaß, weil die Kunden schon über das Entstehen einer Verpflichtung zur Abnahme von Füllmaterial getäuscht wurden, dessen Absatz bei realistischer Betrachtung auch in sechs Jahren nicht möglich war. Im Gegensatz zu diesem Teil der Beschwerdeausführungen war der Angeklagte selbst bemüht, dem ursprünglichen Plan entsprechend, den Kunden sodann die Ungünstigkeit der abgeschlossenen Vereinbarung und die relativen Vorteile des Kaufs des Münzautomaten klarzumachen. Eben auf eine solche Ausnützung der Vereinbarung waren sein Tatplan und daher auch sein Vorsatz gerichtet (US 25).
Soweit aber der Beschwerdeführer die - in den bereits erörterten Punkten nicht gegebene - Relevanz seines Beweisantrages aus der Bewertung des vertriebenen Münzapparates ableitet, welcher Frage er auch unter 2.2. der Nichtigkeitsbeschwerde breiten Raum gibt, ist ihm zu erwidern, daß es sich dabei um keine entscheidende Tatsache handelt. Der Wert des Apparates (keinesfalls der von den Firmen W*** bzw. P*** verlangte [Verkaufs-]Preis) ist nur dann von Bedeutung, wenn man ihn im Sinn der vom Erstgericht übereinstimmend mit der Staatsanwaltschaft angewendeten Differenztheorie vom Betrag der von den Kunden erbrachten Leistungen abzieht. Nun trifft es zwar zu, daß sich nach ständiger Judikatur bei erschlichenen Warenbestellungen der Schaden in der Regel nach dem Unterschied zwischen dem Kaufpreis und dem für den Geschädigten mit Rücksicht auf die (ihm zugängliche) Verwertungsmöglichkeit aus der Ware erzielten oder erzielbaren Erlös bestimmt (SSt. 37/52 uva). Dies setzt allerdings voraus, daß die Sache nicht wertlos oder gänzlich unverwertbar ist. Eben diese Verwertbarkeit war aber nach der Eigenart der urteilsgegenständlichen Geschäfte hier nicht gegeben. Im Hinblick darauf, daß der - wie der gesamte Tatplan des Angeklagten und seiner Komplizen beweist - schwierige Absatz derartiger Münzautomaten dem einzelnen in Irrtum geführten Kaufmann gänzlich unmöglich war, kam dem Getäuschten durch Lieferung der Geräte ein realer Vorteil nämlich gar nicht zu (vgl. Leukauf-Steininger StGB 2 RN 28 f zu § 147).
Es versagt auch jener Teil der Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO Punkt 3.1.), worin die Auffassung vertreten wird, vom Schaden, den die Betrogenen erlitten oder den sie erleiden sollten, wäre der Wert der Münzautomaten in der vom Beschwerdeführer errechneten Höhe abzuziehen. Über das dazu schon Gesagte hinaus ist dem Beschwerdeführer hiezu noch - verdeutlichend - zu entgegnen, daß die von ihm auf den Automatenwert aufgeschlagenen Kosten seines (sehr aufwendigen) Vertriebssystems, die ihm eine Handelsspanne von 300 % angemessen erscheinen lassen, den Wert des Automaten für die Tatopfer naturgemäß in keiner Weise erhöhten. Selbst bei Anwendung der Differenzschadenstheorie - für die es hier, wie schon gesagt, bereits an der Voraussetzung der Verwertbarkeit aus Sicht des Opfers fehlt - ist vom Wert des Gerätes für den Bezieher, nicht aber von der Preiskalkulation des Verkäufers auszugehen. Nicht die Angemessenheit des von der Firma W*** verlangten Preises für den Münzautomaten Coccode stünde dann zur Debatte, sondern der Vorteil, den die Besteller aus der ungewollten Ware allenfalls noch ziehen konnten, wie es der opferbezogenen, individuelle Faktoren berücksichtigenden (Liebscher, WK, RN 23 zu § 146) Differenzschadenstheorie entspricht.
Soweit der Beschwerdeführer in der Mängelrüge unter 2.4. und 2.6. als weiteren Vorteil für die Betrogenen den von ihnen durch den Betrieb der Automaten erzielten Gewinn ansieht und daher - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Schadensberechnung - das Unterbleiben von Feststellungen über die Höhe des mit dem Automaten erzielten Umsatzes bemängelt, ist er ebenfalls nicht im Recht. Ein (vom Erstgericht übergangener) Hinweis darauf, daß durch den Einsatz der Automaten den Tatopfern insgesamt ein solcher Gewinn zugeflossen wäre, der die Feststellung des Gesamtschadens in einer die maßgebliche Wertgrenze nicht übersteigenden Höhe rechtfertigen könnte oder welcher der Annahme eines Schadenseintrittes bei einzelnen der Getäuschten überhaupt entgegenstünde, ist den Verfahrensergebnissen nicht zu entnehmen. Nur der Vollständigkeit halber sei dem Beschwerdeführer zu dem von ihm unter 2.6. konkret erörterten Urteilsfaktum 3./ (Fred H***) entgegengehalten, daß dieser Zeuge schon am 3.April 1974 der Firma W*** die Stillegung seines Geschäftes mitteilte und um Rücknahme des defekten und unverkäuflichen Gerätes ersuchte (S 133/V). Wenn der Zeuge nach der Erfolglosigkeit seiner Bemühungen bei der vom Beschwerdeführer vertretenen Firma andere Wege suchte, um seinen Schaden zu mindern, so ist das für die Schadensberechnung von vornherein irrelevant. Maßgebend hiefür ist nämlich - was der Beschwerdeführer auch in seiner auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Rechtsrüge unter 4.1. verkennt - der Zeitpunkt der vermögensschädigenden Verfügung (Kienapfel BT II RN 173 zu § 146), vorliegend also der Abschluß der Kaufvereinbarung. Eine spätere (Schadens-) Minderung, ob durch teilweise Gutmachung seitens des Täters oder durch Bemühungen des Geschädigten, bleibt für die Berechnung des betrügerischen Vermögensschadens, wie er den Wertqualifikationen zugrundezulegen ist, grundsätzlich unerheblich. Zu berücksichtigen ist vielmehr nur eine allfällige unmittelbare - dh zugleich mit der irrtumsbedingten Verfügung stattfindende - Schadenskompensation.
Wenn der Beschwerdeführer unter 2.6. seiner Ausführungen einen inneren Widerspruch der Urteilsfeststellungen darin erblickt, daß bei einzelnen Fakten, in denen die Betrogenen nur einen Teil des Kaufpreises bezahlten, sich ihrer weiteren Verpflichtung aber durch verschiedene Gegenmaßnahmen entzogen, von dem als tatsächlich eingetretener Schaden beurteilten Betrag nicht (wie in den anderen Fällen) der Wert des Gerätes abgezogen worden sei, so ist ihm einerseits zu entgegnen, daß ein Widerspruch deshalb nicht besteht, weil für die restliche, von den Tatopfern nicht erfüllte Verpflichtung versuchter Betrug bejaht, hier aber der Schade ohnedies unter Abzug des angenommenen Wertes des Gerätes von der offenen Verpflichtung festgestellt wurde. Anderseits ist auf das Vorgesagte zu verweisen, wonach eine relevante Schadensminderung durch Lieferung der Münzautomaten überhaupt nicht vorlag. Ist somit dargetan, daß bei Prüfung des äußeren Tatbestandes die in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Schadenshöhe angestellten Erwägungen keine entscheidende Tatsache betreffen und verfehlt sind, so folgt daraus, daß auch die Frage, wie weit die diesen Erwägungen zugrundeliegenden Umstände vom Vorsatz des Täters umfaßt waren, nicht von rechtlicher Bedeutung ist.
Scheitern muß auch der Versuch der Beschwerde, sowohl eine Unvollständigkeit im Sinn eines Begründungsmangels (2.5.) als auch einen die rechtliche Beurteilung hindernden Feststellungsmangel (3.1.) insofern darzutun, als das Erstgericht zu den vom Angeklagten im erstinstanzlichen Verfahren angeführten und von Zeugen teilweise bestätigten, im Urteil übrigens auch erwähnten (US 173) etwa 100 Stornierungen keine Feststellung getroffen habe:
Abgesehen davon, daß das Schöffengericht von diesen (unbestrittenen) Stornierungen ersichtlich ohnehin ausging und sie im Urteil auch ausdrücklich anführte (US 173), sind die in der Beschwerde genannten Fälle, in denen Vertreter Aufstellungsverträge abgeschlossen hatten, der Angeklagte diese Vereinbarungen aber sodann stornierte und die Vertragspartner nicht zum Abschluß eines Kaufvertrages über den Münzautomaten bewog, nicht Gegenstand des Schuldspruchs. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sind auch tragfähige Rückschlüsse auf den vom Erstgericht mit denkmöglicher Begründung festgestellten, auf Irreführung und Schädigung gerichteten Vorsatz bei Begehung der 90 abgeurteilten Fakten allein aus der auf vielfältige Weise erklärbaren Vorgangsweise in jenen anderen Fällen nicht möglich, so daß auch im Rahmen der Beweiswürdigung eine Auseinandersetzung mit diesem Teil der Verantwortung des Angeklagten nicht geboten war. Die im gegebenen Zusammenhang unter Hinweis auf die teilweise vom Angeklagten veranlaßten Stornierungen bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes, wonach die mangelhafte Information der jeweiligen Kunden über die Höhe der von ihnen in der ursprünglichen Vereinbarung eingegangenen finanziellen Verpflichtungen wesentlicher Teil des auch vom Vorsatz (des Angeklagten) umfaßten Gesamtplanes war, um die spätere Aufklärung über den tatsächlichen Umfang der Verpflichtungen als Druckmittel bei den Verkaufsverhandlungen nützen zu können, sind entgegen den Beschwerdeausführungen - abgesehen von den im Urteil angeführten Belegstellen (Urteil S 177 ff) - gerade durch die den Urteilskonstatierungen mitzugrundegelegten Aussagen der zu diesem Punkt in der Beschwerde erwähnten Zeugen Karl Heinz R*** (S 57 ff, insbes. S 60, 68, 69 des HV-Protokolls) und Peter P*** (S 69 ff, insbes. S 71, 72, 75, 76, 77 und 79 des HV-Protokolls) gedeckt. Die Aussage des von der Beschwerde gleichfalls relevierten Zeugen Peter Albert W*** wurde in dem den Angeklagten entlastenden Teil ausdrücklich für unglaubwürdig erklärt (US 184). Insoweit der Beschwerdeführer daher nicht auf sein vom Schöffengericht festgestelltes Gesamtverhalten abstellt, ihn belastende Umstände aus den angeführten Zeugenaussagen unberücksichtigt läßt bzw. Teile dieser Aussagen aus dem Zusammenhang löst und ihnen damit eine nur bei isolierter Betrachtung zuschreibbare Relevanz beimißt, bringt er den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Nicht zielführend ist schließlich die weitere Rüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO - 2.7. der Nichtigkeitsbeschwerde), das Erstgericht habe übergangen, daß der Zeuge P*** die in bezug auf den Tatplan, insbesondere die beabsichtigte spätere Umwandlung der Aufstellungsverträge in Kaufverträge im Vorverfahren abgelegte und im Urteil verwertete Aussage in der Hauptverhandlung widerrufen habe. Wohl sagte der Zeuge in der Hauptverhandlung aus, das Ziel seiner Tätigkeit sei der Abschluß von Aufstellungsverträgen gewesen (S 72/XXVII), was mit den Urteilsfeststellungen auch im Einklang steht. Er deponierte aber unmittelbar anschließend auch, daß die Firma die von ihm abgeschlossenen Verträge umschreiben (dh in Kaufverträge umwandeln) wollte (S 73, siehe auch S 75/XXVII). Ein vom Erstgericht mit Stillschweigen übergangener Widerspruch in den Aussagen des Zeugen im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung, der Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO begründen könnte, liegt daher nicht vor.
Die bisher nicht erörterten Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO unter 3.2. übergehen in einer bei Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise die Urteilsfeststellung, daß die Tätigkeit der Vertreter im Einvernehmen mit dem Angeklagten von vornherein auf den Abschluß von Aufstellungsverträgen zum Zweck der späteren Umwandlung in Kaufverträge gerichtet war. Die auf angebliche (in Wahrheit aber nicht vorliegende) Ergebnisse des Beweisverfahrens gestützte Rechtsrüge ist daher insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO unter 4.1. der Nichtigkeitsbeschwerde bestreiten die Rechtsrichtigkeit der Annahme, daß in jedem der Deliktsfälle der tatsächliche oder gewollte Schaden 5.000 S überschritt. Damit wird allerdings in Wahrheit nicht die - zufolge Zusammenrechnung aller Schadensbeträge gemäß dem § 29 StGB - zweifelsfrei gegebene Qualifikation nach dem § 147 Abs. 3 StGB bekämpft, sondern der Sache nach das Vorliegen des zweiten Falles des § 148 StGB (gewerbsmäßiger schwerer Betrug). Auch dies aber zu Unrecht. Der schon in diesem Ansatz verfehlten Rechtsmeinung des Beschwerdeführers zuwider erfordert die strengere Qualifikation des § 148 StGB zwar, daß der Angeklagte mit der Absicht handelt, gewerbsmäßig (für sich allein, nicht bloß infolge Zusammenrechnung) schwere Betrügereien zu begehen, nicht aber, daß alle von ihm zu verantwortenden Fakten tatsächlich solche darstellen. Das Vorliegen einzelner nicht qualifizierter Fakten kann vielmehr die Annahme der zweiten Strafstufe des § 148 StGB nicht hindern (vgl. Leukauf-Steininger StGB 2 RN 4 zu § 148 iVm RN 14, 15 zu § 130). Hier stellt sich diese Frage aber gar nicht, denn der Beschwerdeführer vermag kein einziges Faktum aufzuzeigen, das nicht schweren Betrug nach § 147 Abs. 2 StGB verwirklichen würde. Seine Einwände gegen die Schadensermittlung unter Außerachtlassung des Nutzens aus dem Automatenbetrieb wurden bereits erörtert, sodaß auf das dazu Gesagte verwiesen werden kann.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich eine Prüfung der Anwendbarkeit der §§ 197 ff StG im Hinblick auf die Tatzeit im Jahr 1974 vor Inkrafttreten des StGB vermißt, ohne konkret zu behaupten, daß das zur Tatzeit geltende Recht das günstigere gewesen wäre (§ 61 StGB), ist ihm lediglich zu erwidern, daß Maßstab des Günstigkeitsvergleichs vor allem die gesetzlichen Strafdrohungen sind. Danach war aber die in Betracht kommende des § 203 StG mit fünf bis zehn Jahren schwerer Kerker im Hinblick auf die höhere Untergrenze eindeutig strenger, keineswegs also günstiger als die nach dem StGB zur Anwendung gelangende des § 147 Abs. 3 oder des § 148, zweiter, Fall. Andere Abweichungen des geltenden vom Tatzeitrecht, die dieses Recht in seinen Gesamtauswirkungen günstiger erscheinen ließen, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen; sie liegen auch nicht vor.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über Helmut T*** nach dem
2. Strafsatz des § 148 StGB eine Freiheitsstrfe in der Dauer von zwei Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es eine (vom Amtsgericht Bremen mit Urteil vom 9.Oktober 1973 zum AZ 39 Ls 5/73 ausgesprochene) Vorstrafe (wegen eines Finanzdeliktes), den die Qualifikationsgrenze des § 147 Abs. 3 StGB weit übersteigenden hohen Schaden, die "zweifache Betrugsqualifikation" und die führende Position des Angeklagten bei der Tatplanung und Ausführung als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber den Umstand, daß die Taten teilweise beim Versuch blieben und das Wohlverhalten des Angeklagten seit einem langen Zeitraum als mildernd.
Während die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung eine Erhöhung des Strafausmaßes anstrebt, begehrt Helmut T*** die Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe nach dem § 43 Abs. 2 StGB. Was zunächst die Frage der Strafhöhe anlangt, so fand das Erstgericht für den Mitinitiator und wesentlichen Mitausführenden des äußerst raffinierten betrügerischen Vertriebssystems nach Lage des Falles ein Ausmaß, das nur im Hinblick auf das bereits mehrjährige Zurückliegen der 90 Tathandlungen und eine gewisse Leichtfertigkeit der Mehrheit der Geschädigten nicht als zu milde angesehen werden kann und sohin im Ergebnis in keiner Richtung hin zu einer Abänderung Anlaß bietet.
Insoweit war daher den Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft der Erfolg zu versagen.
Das mehr als 12-jährige Wohlverhalten des Angeklagten seit der Tat und seine - nach der eingeholten Strafregisterauskunft - anzunehmende Unbescholtenheit bieten allerdings berechtigten Grund zur sicheren Annahme, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe genügen wird, um Helmut T*** trotz des Ausmaßes seiner Verfehlungen von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Generalpräventive Erwägungen fallen im Hinblick auf die seit dem Tatzeitraum verstrichene Zeit nicht mehr entscheidend ins Gewicht. Abweichend von der Auffassung des Schöffengerichtes war dem Angeklagten daher im Sinn seines diesbezüglichen Begehrens die bedingte Strafnachsicht nach dem § 43 Abs. 2 StGB zu gewähren. Die Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren erschien angemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E10240European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00156.86.0127.000Dokumentnummer
JJT_19870127_OGH0002_0110OS00156_8600000_000