Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma N.V. R*** C*** A***, Metallwarenerzeugung, Lichtervelde, Kortemarktstraat 52, Belgien, vertreten durch Dr. Friedrich Pechtold, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C***-Sportgerätebau Gesellschaft mbH, Hall i.T.,
Dr. Stolz-Straße 3, vertreten durch Dr. Karl Eppacher, Rechtsanwalt in Hall i.T., wegen DM 65.142,92 samt Anhang infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 26.November 1985, GZ 1 R 255/85-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 15.April 1985, GZ 15 Cg 73/84-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.659,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.339,95 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 14.2.1983 stellte die beklagte Partei an den Vertreter der klagenden Partei in Deutschland eine telefonische Anfrage über die Lieferung von 10 Tonnen Aluminiumrohren, die zur Herstellung von Gabelbäumen für Surfbretter bestimmt sein sollten. Der Vertreter der klagenden Partei erklärte, es könne wegen des verfügbaren Vorrates prompt geliefert werden. Am 15.2.1983 richtete der Vertreter der klagenden Partei in Deutschland fernschriftlich an die beklagte Partei ein Angebot über Aluminiumrohre. Danach bot die klagende Partei "wunschgemäß freibleibend" an: "50.000 kg ca. 30/1,25 mm 1,83 DM/m; 10.000 kg ca. 30/1,20 mm, 1,77/DM/m. Pos 1 Fixlieferung nach Ihrem Wunsch bei heutiger Auftragserteilung Lieferung ab
13. Kalenderwoche möglich. Wenn Sie nicht zu einer heutigen Entscheidung kommen können, neuer Liefertermin Kw 17 u.v. Pos 2 aus freibleibendem Vorrat. Hiezu wollten Sie uns schnellstens Bescheid geben." Am selben Tag bestellte die beklagte Partei die unter Position 2 angebotenen 10 Tonnen Aluminiumrohre. Noch am 15.2.1983 bestätigte der Vertreter der klagenden Partei die Bestellung der beklagten Partei mit Schreiben, das folgenden Wortlaut hat: "Wir beziehen uns unter anderem auf die telefonischen Unterredungen zwischen Ihnen und unserem Herrn H*** und bestätigen für Sie wie folgt vorgemerkt zu haben: Hochfrequenzgeschweißte Aluminiumrohre Ag 4 Mc Rc Festigkeit 36 - 42 Kp/mm 2 in bandeloxierter Ausführung, Silber 2800 mm lang; ca. 10.000 kg 30 x 1,20 mm. Preise: DM 1,77 per Meter eff. netto, frei LKW Ihrem Werk, unverzollt und unversteuert (dh ohne MwSt); Lieferzeit ca. 5000 kg 8. Kw 83 u.V.; ca. 5000 kg 11. Kw 83, u.V.; Zahlung 10 Tage 3 % Skonto oder 70 Tage Tratte spesenfrei. Unsere endgültige Auftragsbestätigung erhalten Sie direkt von R*** C***..." Mit Datum 21.2.1983 und 14.4.1983 übermittelte die klagende Partei der beklagten Partei Auftragsbestätigungen, mit der sie für die Bestellung, die sie gegen ihre allgemeinen Bedingungen notiert habe, dankte. Auf der Rückseite dieser Auftragsbestätigungen waren in sehr kleiner Schrift die allgemeinen Verkaufsbedingungen der klagenden Partei in englischer und deutscher Sprache enthalten. In diesen wird eingangs erklärt, ein Vertrag werde von der klagenden Partei als definitiv nur akzeptiert, wenn sich die Gegenpartei, sofern nichts anderes schriftlich vereinbart wurde, bedingungslos den Verkaufsbedingungen unterwirft. Punkt 2. und 5. haben folgenden Wortlaut: "Punkt 2. Der Liefertermin wird nur ungefähr angegeben und zwar nur, wenn der Käufer von uns eine Auskunft darüber verlangt. Wird dieses Datum mehr als zwei Monate überschritten, dann hat der Käufer das Recht, uns mittels Einschreibebriefes aufzufordern, ein Datum anzugeben, an welchem die Lieferung spätestsens effektuiert sein muß und welches Datum nur nach einem Termin verfallen kann, der mindestens so lang ist, wie die Zeit zwischen dem erstgenannten Liefertermin und dem Datum dieses Einschreibebriefes. Können wir nach diesem Termin die Lieferung noch immer nicht effektuieren, dann hat der Käufer das Recht, den Vertrag aus diesem Grunde zu kündigen, und zwar durch einen rechtzeitig abgesandten Einschreibebrief ohne Kosten für den Käufer, aber auch ohne daß dieser dafür irgendeinen
Schadenersatz von uns verlangen kann..... 5. Erfüllungsort unserer
Rechnungen ist immer Lichtervelde.... Jede am Verfalltag nicht
bezahlte Rechnung - egal aus welchem Grund - wird von Rechts wegen und ohne Inverzugsetzung mit 12 % Zinsen erhöht. Darüber hinaus wird jede Rechnung, welche ganz oder teilweise am Verfalltag noch nicht beglichen ist, - egal aus welchem Grunde - von Rechts wegen und ohne Inverzugsetzung mit einem Schadenersatz von 10 % des noch offenstehenden Saldos erhöht..." Die allgemeinen Verkaufsbedingungen der klagenden Partei waren dem Geschäftsführer der beklagten Partei bereits früher zugegangen und ihm bekannt. Die beklagte Partei hat sich gegen diese Bedingungen nicht ausgesprochen. Die erste Teillieferung über 5 Tonnen erfolgte in der achten Kalenderwoche 1983. Die Lieferung der weiteren 5 Tonnen verzögerte sich. Von der klagenden Partei erfolgte sodann eine Zusage, sich um eine entsprechende Ersatzlieferung für die 15.Kalenderwoche zu bemühen. Änderungswünsche der beklagten Partei könnten noch entgegengenommen werden. Die beklagte Partei gab solche Änderungswünsche bekannt. Ihr wurde mitgeteilt, die Lieferung werde am 18. und 19.4.1983 erfolgen. Auch an diesen Tagen erfolgte die Lieferung nicht. Die beklagte Partei urgierte unter Androhung der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen. Am 17.5.1983 wurde die von der beklagten Partei gewünschte Längenänderung seitens der klagenden Partei bestätigt und die Lieferung für den 24.5.1983 zugesagt. Am 24.5.1983, d.i. in der 21.Kalenderwoche 1983, wurden der beklagten Partei schließlich 4 Tonnen Aluminiumrohre geliefert, die letzte Teillieferung im Ausmaß von 1 Tonne wurde der beklagten Partei im Juni 1983 übergeben. Die klagende Partei übermittelte der beklagten Partei über die erfolgten Lieferungen zwei Rechnungen vom 25.2.1983 und je eine Rechnung vom 19.5.1983 und 15.6.1983 über insgesamt DM 61.439,--. Auf die Rechtsbeziehungen der Streitteile ist nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien österreichisches Recht anzuwenden.
Die klagende Partei begehrt den Zuspruch des Betrages von DM 65.142,92, d.i. der richtiggestellte Rechnungsbetrag von DM 59.220,84 zuzüglich 10 % Schadenersatz nach Punkt 5 der allgemeinen Verkaufsbedingungen. Ein Fixgeschäft läge nicht vor. Der Anbotstellung und der Bestellung wären die allgemeinen Verkaufsbedingungen der klagenden Partei, die auch auf der Rückseite der Auftragsbestätigungen enthalten seien, zugrunde gelegt gewesen. Aufgrund dieser Bedingungen könnten vereinbarungsgemäß Schadenersatzansprüche der beklagten Partei wegen verspäteter Lieferung nicht geltend gemacht werden.
Die beklagte Partei wendete ein, es habe sich um ein Fixgeschäft gehandelt, die fixe Einhaltung des Liefertermines sei, weil die Ware auf Vorrat gelegen sei, ausdrücklich zugesagt worden. Statt in der
11.
Kalenderwoche sei die zweite Teillieferung erst in der
21.
Kalenderwoche erfolgt. Durch die verspätete Lieferung sei der beklagten Partei ein die Klagsforderung übersteigender Schaden entstanden, der bis zur Höhe der Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendet wurde. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei seien nicht Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages gewesen, der bereits am 14. und 15.Februar 1983 abgeschlossen worden sei.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung zu Recht, die Gegenforderung (bis zur Höhe der Klagsforderung) nicht zu Recht bestehe, und gab dem Klagebegehren statt. Ein Fixgeschäft läge nicht vor. Die beklagte Partei habe in Kenntnis des Inhaltes der allgemeinen Verkaufsbedingungen der klagenden Partei deren Inhalt stillschweigend zur Kenntnis genommen. Die allgemeinen Verkaufsbedingungen seien dadurch Vertragsinhalt geworden. Punkt 2 dieser allgemeinen Verkaufsbedingungen sehe aber ausdrücklich einen Ausschluß von Schadenersatzansprüchen wegen verspäteter Lieferung vor. Der Käufer habe nur das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Die gerügte Mangelhaftigkeit liege nicht vor. Ein Fixgeschäft sei nicht vereinbart worden, die beklagte Partei habe überdies die verspäteten Lieferungen angenommen. Daß die allgemeinen Verkaufsbedingungen für die beklagte Partei von Relevanz gewesen wären, weil das Wesentliche des Vertrages bereits telefonisch und durch Fernschreiben vereinbart worden sei, könne nicht gesagt werden, weil dem Geschäftsführer der beklagten Partei bekannt gewesen sei, daß die klagende Partei nur auf der Grundlage dieser allgemeinen Bedingungen arbeite und Verträge schließe. Es sei zwar zuzugeben, daß diese Vertragsbedingungen, wie sie auf den Rückseiten der Rechnungsformulare und der Auftragsbestätigungen abgedruckt seien, nahezu in unzumutbarem Kleindruck gehalten seien; es sei aber gleichzeitig festzustellen, daß sowohl auf den Auftragsbestätigungen als auch auf den Rechnungen und Lieferscheinen deutlich sichtbar der Vermerk angebracht sei, daß die Lieferung aufgrund der umstehenden allgemeinen Verkaufsbedingungen der klagenden Partei erfolgt sei. Dies hätte die beklagte Partei unter Beachtung der hier zu fordernden erhöhten kaufmännischen Sorgfaltsgrundsätze veranlassen müssen, diese Lieferbedingungen entweder im allgemeinen oder in einzelnen Bestimmungen abzulehnen und diese Ablehnung der klagenden Partei gegenüber zu erklären. Das sei aber nie geschehen, obwohl der Geschäftsführer der beklagten Partei sie nach eigener Aussage schon seit Jahren gekannt habe, da sie der beklagten Partei schon aus einem früheren Anlaß und offenbar gesondert zugesendet worden seien. Die Ansicht, daß der Vertrag schon am 15.2.1983 telefonisch und durch das unmittelbar darauffolgende Schreiben geschlossen worden sei und auf diese Weise dem Vereinbarten keine weiteren Bedingungen einseitig hätten nachgereicht werden können, sei nicht richtig, weil nach dem Inhalt des Fernschreibens vom 15.2.1984 die Vertretung der klagenden Partei erst ein Anbot gestellt und im Schreiben vom selben Tag noch auf die endgültige Auftragsbestätigung der Firma R*** C*** A*** hingewiesen habe, die klagende Partei sich damit vorbehalten habe, den Vertrag zu perfektuieren. In diesen endgültigen Auftragsbestätigungen der klagenden Partei sei aber auf die allgemeinen Bedingungen, die auf der Rückseite abgedruckt gewesen seien, verwiesen worden. Damit stehe fest, daß die klagende Partei den Willen, nur unter diesen Bedingungen abzuschließen, klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht habe. Die klagende Partei habe daher mangels Widerspruchs der beklagten Partei darauf vertrauen können, daß die beklagte Partei diese allgemeinen Bedingungen anerkenne. Es gehe nicht darum, ob durch das Bestätigungsschreiben etwas ursprünglich abweichend Vereinbartes Vertragsgrundlage werden sollte, sondern nur darum, daß der Vertrag, über dessen wesentliche Teile bereits Einigung bestanden habe, noch durch allgemeine Verkaufsbedingungen näher ergänzt werden sollte. Ein Widerspruch zwischen den allgemeinen Verkaufsbedingungen und dem mündlich oder durch Fernschreiben Vereinbarten sei daraus nicht zu entnehmen. Unter diesen Umständen könne die klagende Partei nach der Verkehrssitte sowie nach Treu und Glauben davon ausgehen, daß diese Lieferbedingungen stillschweigend Vertragsbestandteil geworden seien, selbst wenn die Absicht der beklagten Partei nicht darauf gerichtet gewesen sei. Auf diese Absicht komme es nicht an, vielmehr sei der Eindruck maßgebend, den die beklagte Partei aufgrund ihres Stillschweigens zu diesen Lieferbedingungen bei der klagenden Partei erweckt habe. Lege man die in Rede stehenden allgemeinen Bedingungen der klagenden Partei dem Vertrag zugrunde, so sei es der beklagten Partei verwehrt, Schadenersatz wegen verspäteter Lieferung geltend zu machen. Nach Punkt 2 Abs 2 der Bedingungen werde bei Lieferverzug dem Käufer nur das Rücktrittsrecht eingeräumt, ein Schadenersatzanspruch wegen verspäteter Erfüllung jedoch ausgeschlossen. Die beklagte Partei, die die Lieferungen als Erfüllung angenommen habe, sei daher zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises verpflichtet, ohne daß es einer Prüfung der Höhe der aufrechnungsweise geltend gemachten Schadenersatzansprüche der beklagten Partei bedürfte.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Allgemeine Geschäftsbedinungen gelten regelmäßig nur kraft ausdrücklicher oder stillschweigender Parteienvereinbarung (EvBl 1982/87; HS 10.570/26; Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 864 a; Koziol-Welser 7 I 103; Bydlinski in FS Kastner 50). Eine stillschweigende Unterwerfung unter die von der Gegenseite aufgestellten allgemeinen Geschäftsbedingungen ist anzunehmen, wenn der Vertragspartner deutlich erkennen kann, daß der Unternehmer nur zu seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen abschließen will, und wenigstens die Möglichkeit hat, vom Inhalt dieser Bedingungen Kenntnis zu nehmen (HS 10.570/26; Koziol-Welser aaO); dies ist insbesondere anzunehmen, wenn auf Grund der allgemeinen Verkaufsbedingungen durch längere Zeit Geschäfte abgewickelt wurden. Es ist dann anzunehmen, daß auch für künftige Geschäfte die allgemeinen Verkaufsbedingungen Vertragsinhalt sind (HS 10.572; Rummel aaO). Die beklagte Partei gibt in ihrer Revision selbst zu, die allgemeinen Verkaufsbedingungen der klagenden Partei gekannt zu haben und damit sich ihrer Geltung bewußt gewesen zu sein. Sie vertritt nur die Ansicht, daß diese nicht auf den Verkauf von Vorratswaren abgestellt seien. Ganz abgesehen davon, daß dies nach dem Inhalt der allgemeinen Verkaufsbedingungen nicht zutrifft, handelte es sich nach dem freibleibenden Anbot der klagenden Partei bei der schließlich angenommenen Position 2 nicht um die Lieferung aus einem fest zugesagten vorhandenen Vorrat, sondern um die Lieferung aus einem freibleibenden Vorrat. Dies wurde auch im Schreiben der klagenden Partei vom 15.2.1983 durch die Anführung der Liefertermine u.V. (unter Vorbehalt) - schon aus diesem Grund handelt es sich, was ohnedies für die rechtliche Beurteilung irrelevant wäre, nicht um ein Fixgeschäft - eindeutig zum Ausdruck gebracht. Liegt aber die von der beklagten Partei behauptete Ausnahme von der Geltung der allgemeinen Verkaufsbedingungen nicht vor, kann sie nach Punkt 2 dieser Bedingungen Schadenersatzansprüche wegen verspäteter Erfüllung nicht stellen. Die beklagte Partei brachte in erster Instanz nur vor, die allgemeinen Verkaufsbedingungen seien nicht Vertragsbestandteil geworden, daß deren einzelne Punkte aus anderen Gründen nicht Geltung haben sollten, wurde nicht eingewendet.
Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E10105European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00691.86.0128.000Dokumentnummer
JJT_19870128_OGH0002_0010OB00691_8600000_000