Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton D***, Pensionist, Wien 11.,Geiselbergstraße 60/8/1/8, vertreten durch Dr.Kurt Kreissl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Wilhelm N***, Rechtsanwalt, Wien 17.,Hernalser Hauptstraße 116, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma A*** Gesellschaft mbH, wegen S 600.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 12.Juni 1986, GZ. 3 R 253,255/85-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 17.Juli 1985, GZ. 33 Cg 119/83-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.122,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.465,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Firma A*** Gesellschaft mbH (im Folgenden: Firma A***), über deren Vermögen mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 4.Mai 1977 zu S 54/77 der Konkurs eröffnet wurde, war im wesentlichen als Kreditvermittler tätig. Im Zusammenhang damit stellte ihr der Kläger ab 1971 laufend Geldbeträge zur Verfügung.
Die Firma A*** bestätigte dem Kläger mit Schreiben vom 15.Dezember 1974, daß dieser einen Betrag von S 500.000,--
einbezahlt und sie beauftragt habe, diesen Betrag weiter zu vermitteln. Das Kapital sollte ein Jahr mit einer Kündigungsmöglichkeit für beide Teile drei Monate vor Ablauf des Jahres gebunden sein. Sollte nicht gekündigt werden, werde sich der Vermittlungsauftrag stillschweigend um ein Jahr verlängern. Der Kläger sollte gegenüber den Darlehensnehmern anonym bleiben. Sämtliche Eintreibungsschritte würden vom Inkassobüro der Firma A*** durchgeführt werden. Der Kläger erhielt nie eine Mitteilung, an welche Kreditnehmer die von ihm der Firma A*** übergebenen Gelder als Kredit gegeben worden waren. Von der Firma A*** erfolgte nicht die Zahlung bestimmter Gelder bestimmter Einleger an bestimmte Kreditnehmer. Weder die von der Firma A*** verwendeten Formulare noch die sonstigen Geschäftsunterlagen ließen einen Schluß zu, wer Geldgeber für einen konkret gewährten Kredit gewesen sei. Eine Kartei, aus der ersichtlich wäre, an welche Kreditnehmer das Geld der Einleger konkret vermittelt worden sei, befand sich nicht bei den dem Masseverwalter übergebenen Unterlagen. Bei Übergabe eines bestimmten Bargeldbetrages an die Firma A*** durch einen Einleger wurde für diesen Betrag bei der Gemeinschuldnerin ein Treuhandkonto eröffnet. Der Betrag wurde auf ein Sammelkonto der Gemeinschuldnerin gelegt. Erst ab 1975 wurde von der Firma A*** eine Darlehensnehmerkartei aufgebaut. Weder der Geschäftsführer Herbert B*** noch der beklagte Masseverwalter konnten einen bestimmten Geldfluß der Gelder des Klägers an bestimmte Kreditnehmer feststellen. Bei Verzug der Darlehensnehmer wurden diese gemahnt und schließlich auch geklagt, die Firma A*** trat dabei als Klägerin auf. Eingehende Beträge wurden in die Treuhandkasse eingebracht. Das Geld in dieser Treuhandkasse wurde für Zahlungen an die Darlehensgeber verwendet. Die Firma A*** hatte ein eigenes Konto zur Durchführung ihrer Geschäftstätigkeit. Über dieses Konto wurde der Geschäftsbetrieb abgewickelt. Aus den vorhandenen Geschäftsunterlagen mußte der Eindruck gewonnen werden, daß wahllos die Gelder der Anleger an die verschiedensten Kreditnehmer ohne Bezug auf einen bestimmten Geldgeber vermittelt oder für Zinsenzahlungen verwendet worden waren.
Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von S 600.000,-- samt Anhang, in eventu stellt er das Begehren, der beklagte Masseverwalter sei schuldig, ihm alle Ansprüche und Kreditunterlagen herauszugeben, sodaß er in die Lage versetzt werde, seine Ansprüche gegen die betreffenden Kreditnehmer direkt durchzusetzen. Die Gelder seien der Firma A*** treuhändig in Form einer Ermächtigungstreuhand zur Darlehensvermittlung übergeben worden, sodaß er zur Aussonderung berechtigt sei. Vor der Konkurseröffnung habe die Firma A*** Forderungen aus abgeschlossenen Darlehensverträgen in der Höhe von 30 Mill. S gehabt; diese Ansprüche hätten einzig und allein aus den treuhändig verwalteten Geldern resultiert. Sollten die Darlehensnehmer noch keine Rückzahlungen geleistet haben, sei der Beklagte verpflichtet, ihm alle Unterlagen herauszugeben, aus denen sich der Anspruch des Klägers gegen die Darlehensnehmer ergebe. Der beklagte Masseverwalter wendete ein, die der Firma A*** übergebenen Gelder seien unterschiedslos an Darlehenswerber vergeben worden. Die Konkursmasse verfüge weder über treuhändig verwaltetes Geld des Gemeinschuldners noch über treuhändig verwaltete Forderungen des Klägers.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Gegenstand der Aussonderung könne nicht ein Geldbetrag schlechthin, sondern nur der konkret in der Masse noch vorhandene und individualisierbare Leistungsgegenstand sein. Sei der Aussonderungsgegenstand Geld, das mit anderem Geld in der Masse bereits ununterscheidbar vermengt worden sei, könne es gemäß § 371 ABGB nicht mehr Gegenstand der Eigentumsklage und damit auch nicht mehr Gegenstand der Aussonderung sein. Da nach dem vorliegenden Sachverhalt von einer abgesonderten unterscheidbaren Verwahrung des übergebenen Geldbetrages oder von einer Vermittlung dieses Geldbetrages des Klägers konkret an einzelne Kreditnehmer nicht die Rede sein könne, habe sich schon bei Konkurseröffnung in der Masse ein vom übrigen Geld unterscheidbarer individualisierter Geldbetrag des Klägers nicht befunden. Da dem Kläger kein dingliches Recht zustehe, sei auch das Eventualbegehren verfehlt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der nicht in einem Geldbetrag bestehende Streitgegenstand (Eventualbegehren) S 300.000,-- übersteige. Der Treugeber könne im Konkurs des Treuhänders aussondern. Es gelte das Surrogationsprinzip. § 371 ABGB stünde dem Erfolg der Klage nicht entgegen. Ob eine Aussonderung von Geldern möglich sei, sei nach der Vorschrift des § 415 ABGB zu beurteilen, die im Falle einer Vereinigung abgegrenzter Mengen gleichartiger Sachen dem Eigentümer eine Eigentumsklage auf die bestimmte, von ihm stammende Quantität gewähre (Quantitäts- oder Mengenvindikation), die auf Abtrennung eines entsprechenden Teiles des Gemenges gerichtet sei. Ein Aussonderungsanspruch des Klägers könne also nur an den von seinen Darlehensnehmern der Gemeinschuldnerin zurückgezahlten Darlehensraten bestehen. Welchen Personen unter Verwendung der Einlage des Klägers Darlehen gewährt worden seien, lasse sich aber nicht feststellen. Damit sei dem Kläger der ihm obliegende Nachweis mißlungen, daß sich in der Konkursmasse ein zu seinem Vermögen gehörender abgrenzbarer Geldbetrag befinde. Das Erstgericht habe das Hauptbegehren zutreffend abgewiesen. Aber auch das Eventualbegehren müsse schon an der mangelnden Möglichkeit festzustellen, gegen welche Personen sich allfällige Forderungen des Klägers richten könnten, scheitern.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Der Treugeber kann im Konkurs des Treuhänders das Treugut oder dessen Surrogate (SZ 49/49), wenn es nicht bloß Sicherungszwecken dient, aussondern (SZ 50/150; SZ 50/42; Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 42 zu § 1002; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 2 26;
Petschek, Das österreichische Insolvenzrecht 450;
Koziol-Welser 7 II 129 f.). Dem Kläger ist aber der ihm obliegende Beweis nicht gelungen, daß sich in der Masse das von ihm der Firma A*** übergebene Treugut oder dessen Surrogate (Forderungen gegen Kreditnehmer der Firma A***) befänden. Nach dem vorliegenden Sachverhalt wurden die von verschiedensten Treugebern zur Verfügung gestellten Gelder unterschiedlos an bestimmte Kreditnehmer vermittelt. Eine Zuordnung von Forderungen oder Bargeld als Treugut des Klägers ist nicht möglich, weil die Firma A*** offensichtlich laufend Gelder von Treugebern hereinnahm, und das Geld zur Gänze an Kreditnehmer ausbezahlte, aber nicht feststeht, von wem und in welchem Umfang Darlehensrückzahlungen erfolgten, sodaß sich eine Ermittlung eines bestimmten Mengeneigentums an Bargeld oder Forderungen nicht durchführen läßt. Es wäre Sache des beweispflichtigen Klägers gewesen, den Nachweis zu führen, daß sich das von ihm der Firma A*** zur Verfügung gestellte Treugut zumindest zum Teil noch in der Konkursmasse befände. Einen solchen Beweis trat der Kläger nicht einmal an.
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor. Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
E09931European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00698.86.0128.000Dokumentnummer
JJT_19870128_OGH0002_0010OB00698_8600000_000