TE OGH 1987/1/28 3Ob507/87

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Veröffentlicht am 28.01.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelamier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard H***, Rechtsanwalt, 4601 Wels, Rablstraße 32, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A*** + T*** Gesellschaft mbH & Co KG, Wels, Rablstraße 3, (S 51/84 des Kreisgerichtes Wels), wider die beklagte Partei A*** S*** registrierte

Genossenschaft mbH, 8330 Feldbach, vertreten durch Dr.Bernd Fritsch, Dr.Hans-Peter Benischke, Dr.Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen 165.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 14. Juli 1986, GZ 7 R 107/86-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgerichtes vom 14.April 1986, GZ 7 Cg 44/86-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 6.793,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 617,55 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der A*** + T*** Gesellschaft mbH

& Co KG wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 9.August 1984 zu S 51/84 der Konkurs eröffnet. Der Masseverwalter begehrt 165.000 S sA mit der Begründung, die beklagte Partei habe mit Kontrakt Nr. 848 vom 27.Jänner 1984 bei der Gemeinschuldnerin die Lieferung von 300 t deutsches Sojaschrot einer bestimmten handelsüblichen Qualität zum Preis von 500 S pro 100 kg mit einer Lieferzeit November 1984 bis Jänner 1985 von je 100 t monatlich bestellt. Nach den Bestimmungen des "§ 22 b" (gemeint: § 22 Abs 2) KO und den Bestimmungen über den Geschäftsverkehr an der Börse für landwirtschaftliche Produkte seien derartige Kontrakte für landwirtschaftliche Produkte in der Form abzurechnen, daß der vereinbarte Kaufpreis dem Markt- und Börsenpreis des zweiten Werktages nach Konkurseröffnung gegenüberzustellen sei. Diese Abrechnung ergebe bei einem Kontraktpreis von 500 S pro 100 kg und einem heranzuziehenden Tagespreis von 450 S pro 100 kg einen Differenzbetrag von 50 S pro 100 kg, sohin für die bestellten 300 t einen Betrag von 150.000 S, was mit 10 % Mehrwertsteuer den Klagsbetrag ergebe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die klagende Partei könne nicht Schadenersatz wegen Nichterfüllung begehren, weil keine Vertragsverletzung der beklagten Partei vorliege.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und

sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.

Die Vorinstanzen verneinten vor allem das Vorliegen eines Fixgeschäftes, weshalb die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 22 KO nicht vorlägen. Die Nichtzulassung der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Vorliegen einer einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, weil es zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Geschäfte der vorliegenden Art Fixgeschäfte sind, soweit überblickbar, an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt und nicht erkennbar ist, daß es sich um die Auslegung eines speziell formulierten Vertrages handelt, der nur für den Einzelfall Bedeutung zukommen könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß sich der Begriff des Fixgeschäftes in § 22 KO mit jenem nach § 376 HGB deckt (Bartsch-Pollak 3 Anm. 6 zu § 22 KO, Lehmann, KO, 155, Petschek-Reimer-Schiemer 280; ebenso für das deutsche Recht Jaeger, GroßKomm KO 8 , Rz 9 zu § 18). Ein Fixgeschäft liegt nur vor, wenn die Leistung des einen Teils genau zu einer fest bestimmten Zeit oder innerhalb einer fest bestimmten Zeit bewirkt werden soll und der Wille der Parteien überdies darauf gerichtet ist, daß für eine außerhalb der vereinbarten Erfüllungszeit erfolgende Leistung kein Interesse bestehe und eine solche Leistung daher nicht als Erfüllung angesehen werde (HS 10.852 f uva). Die Lieferfrist muß dabei so festgelegt sein, daß kein Spielraum für eine Lieferung außerhalb derselben offen bleibt (RZ 1985/37). Dieser Fixcharakter ergibt sich entweder aus einer ausdrücklichen Fixklausel oder aus der Natur des Geschäftes (Holzhammer, Handelsrecht 2 I 102, Schlegelberger 5 Rz 5 zu § 376 HGB, Würdinger-Röhricht, GroßKomm. HGB 3 Anm. 7 zu § 376 HGB), sie kann sich aber auch nach Handelsgewohnheiten ergeben (Schlegelberger ebendort, Würdinger-Röhricht aaO Anm. 10). Als ein geradezu klassischer Fall hiefür gilt der Kauf von Waren, die starken Preisschwankungen unterliegen und einen Gegenstand der Börsenspekulation darstellen, wenn er unter Kaufleuten erkennbar gerade im Hinblick auf den durch diese Preisschwankungen zu erzielenden Gewinn wenn schon nicht an der Börse, so doch jedenfalls mit Blick auf den Börsenhandel abgeschlossen wird (Würdinger-Röhricht aaO Anm. 10).

Dem Vorbringen der klagenden Partei und dem Inhalt des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages ist aber nicht zu entnehmen, daß die Lieferung der Ware wegen des vorgesehenen Verwendungszweckes oder wegen des wie bei einem Börsentermingeschäft anzunehmenden spekulativen Charakters nur in der vereinbarten Erfüllungszeit von Interesse sein konnte. Daß für Verträge der vorliegenden Art ein bestimmter Handelsbrauch bestehe, wurde von der klagenden Partei gleichfalls nicht behauptet; die Behauptung, derartige Kontrakte seien nach den Gepflogenheiten an der Börse in einer bestimmten Weise abzurechnen, besagt nichts über die Handelsüblichkeit für nicht an der Börse abgeschlossene Geschäfte. Mangels Vorliegens eines Fixgeschäftes muß nicht auf die von der beklagten Partei angeschnittene Rechtsfrage eingegangen werden, ob die Regeln des § 22 KO auch zugunsten des Masseverwalters anzuwenden sind, der den Geschäftsbetrieb des Gemeinschuldners nach Konkurseröffnung eingestellt hat.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10324

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00507.87.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19870128_OGH0002_0030OB00507_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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