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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2004/01/0498 E 30. August 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der K W in W, vertreten durch Kraft & Winternitz, Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Nibelungengasse 11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. April 2004, Zl. MA 61/IV-W 45/04, betreffend Zusicherung der Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine von einem österreichischen Ehepaar adoptierte russische Staatsangehörige, stellte am 25. März 2004, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter, diese vertreten durch die Beschwerdeführervertreterin, bei der belangten Behörde den Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.
Die belangte Behörde erließ daraufhin den angefochtenen Bescheid, mit dem der Beschwerdeführerin gemäß § 20 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert wurde, dass für sie binnen zwei Jahren der Nachweis über das Ausscheiden aus dem russischen Staatsverband erbracht wird. Eine Begründung enthielt dieser Bescheid nicht.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 28. September 2004, B 765/04-6, ab und trat sie - über Antrag der Beschwerdeführerin - dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof darüber erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, die belangte Behörde habe mit dem angefochtenen Bescheid dem Antrag der Beschwerdeführerin auf (unbedingte) Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht in vollem Umfang stattgegeben, ohne diese Vorgangsweise entsprechend § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, woraus sich "die Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens" ergebe. In der Sache wäre der Beschwerdeführerin die österreichische Staatsbürgerschaft ohne weitere Bedingung zu verleihen gewesen, weil ihr das Ausscheiden aus dem bisherigen (russischen) Staatsverband - aus in der Beschwerde näher dargestellten Gründen - unzumutbar sei.
Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen, sie habe "das gesetzlich vorgesehene Verfahren durchgeführt und den vom Gesetz vorgeschriebenen Zusicherungsbescheid erlassen." Da von ihrer Seite "somit im Hinblick auf den Standpunkt der Partei die erforderlichen Verfahrensschritte unternommen" worden seien, sei "dem Standpunkt der Beschwerdeführerin auch vollinhaltlich stattgegeben" worden und habe eine Begründung des Zusicherungsbescheides entfallen können.
Dieser Argumentation der belangten Behörde ist zu erwidern, dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gerichtet war, während ihre Einbürgerung im angefochtenen Bescheid von der (zeitlich befristeten) Vorlage eines Nachweises über das Ausscheiden aus dem russischen Staatsverband abhängig gemacht wurde. Mag diese Vorgangsweise in Fällen, in denen einem Fremden die Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit möglich und zumutbar ist, auch dem Gesetz entsprechen (§ 10 Abs. 3 iVm § 20 Abs. 1 StbG), kann nicht gesagt werden, dass dadurch einem auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gerichteten Ansuchen inhaltlich bereits zur Gänze entsprochen wird. Ausgehend davon bedarf ein solcher Bescheid jedoch gemäß § 58 Abs. 2 AVG einer Begründung, die von der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht gegeben wurde (vgl. zur Begründungspflicht bei bedingter Antragsstattgebung im Allgemeinen etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. November 1995, Zl. 94/10/0180, und zuletzt vom 8. Juni 2005, Zl. 2001/03/0203; zur Begründungspflicht von Zusicherungsbescheiden gemäß § 20 StbG im Speziellen die hg. Erkenntnisse vom 3. Mai 2000, Zl. 99/01/0414, und vom 25. März 2003, Zl. 2001/01/0290).
Da in Ermangelung jeglicher Begründung des Bescheides die Partei an der Verfolgung ihrer Rechte und der Verwaltungsgerichtshof an der Kontrolle der angefochtenen Entscheidung gehindert ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 30. August 2005
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004010497.X00Im RIS seit
31.10.2005