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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des NK in B, vertreten durch Mag. Dieter Koch, Rechtsanwalt in 8600 Bruck an der Mur, Schiffgasse 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 25. Februar 2005, Zl. 247.442/0- VIII/23/04, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste am 23. Jänner 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte in der Folge die Gewährung von Asyl. Diesen Antrag begründete er im Wesentlichen damit, dass er in seinem Heimatort in Abchasien als Angehöriger der georgischen Volksgruppe ständig "schikaniert" (Wegnahme von Lebensmitteln, regelmäßige Festnahmen und Verhöre) worden sei. Er (Beschwerdeführer) habe daher eine georgische Partisanengruppe, der auch sein Bruder angehört habe, regelmäßig mit Lebensmitteln versorgt. Am 25. Dezember 2003 hätten wiederum drei Partisanen Lebensmittel abgeholt, sie seien jedoch in der Folge vor dem Heimatdorf des Beschwerdeführers vom abchasischen Militär "aufgedeckt und umgebracht" worden. Man habe gegen den Beschwerdeführer Verdacht geschöpft. Andererseits sei er aber auch von den Partisanen beschuldigt worden, die drei nach dem 25. Dezember 2003 getöteten Männer verraten zu haben. Er (Beschwerdeführer) habe mit seinem Bruder Kontakt aufnehmen wollen, um mit dessen Hilfe zu beweisen, dass er unschuldig sei. Am 6. Jänner 2004 habe er jedoch erfahren, dass der Bruder am Vortag vom abchasischen Militär gefangen genommen worden sei. Nun sei klar gewesen, dass die Situation "sehr schlimm war", weil einerseits Probleme mit den Partisanen und andererseits solche mit den Abchasen zu erwarten gewesen wären. Aus diesem Grund habe er noch am gleichen Tag mit seiner Familie die Flucht ergriffen. Er (Beschwerdeführer) fürchte, dass sein Haus bereits niedergebrannt worden sei, im Fall einer Rückkehr würden ihn die Abchasen umbringen. Er habe - so der Beschwerdeführer auf Vorhalt des Bundesasylamtes - schon mehrmals versucht, in Tbilisi Zuflucht zu suchen, doch sei ihm gesagt worden, das man für ihn "keinen Platz hätte, weil schon sehr viele Flüchtlinge aus Abchasien da wären".
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 17. Februar 2004 gemäß § 7 AsylG ab und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohungssituation sei "auf Grund der Ungereimtheiten, der Widersprüche und der vagen und unsubstantiierten Aussagen" nicht glaubwürdig gewesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. Februar 2005 gemäß §§ 7 und 8 AsylG ab. Sie verwies auf den erstinstanzlichen Bescheid - diesen dergestalt darstellend, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers für glaubwürdig erachtet worden sei - und erklärte, dass die Angaben des Beschwerdeführers, wie schon vom Bundesasylamt zutreffend und richtig ausgeführt, hinsichtlich der für die Flucht behaupteten Gründe zwar glaubwürdig seien, dass demnach jedoch kein Sachverhalt verwirklicht worden sei, der unter Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv fallen würde; der zutreffenden Beweiswürdigung der Erstbehörde sei nichts hinzuzufügen. Auch die rechtliche Beurteilung der Erstbehörde sei zutreffend, es werde daher vollinhaltlich darauf verwiesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der bekämpfte Bescheid ist mit Aktenwidrigkeit behaftet, trifft es doch nicht zu, dass das Bundesasylamt die Angaben des Beschwerdeführers für glaubwürdig erachtete. Von daher ist der bekämpfte Bescheid aber auch in sich widersprüchlich, weil er einerseits vollinhaltlich auf die Sachverhaltsfeststellungen der ersten Instanz verweist und andererseits betont, der Darstellung des Beschwerdeführers komme Glaubwürdigkeit zu. Schon auf Grund dieser Umstände ist der vorliegenden Beschwerde Folge zu geben, zumal die Relevanz der aufgezeigten Verfahrensmängel angesichts des erstinstanzlichen Vorbringens des Beschwerdeführers auf der Hand liegt.
Der Vollständigkeit halber sei freilich noch darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde auch insoweit Verfahrensvorschriften verletzte, als sie unzulässigerweise von der Durchführung einer Berufungsverhandlung absah. Die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesasylamtes erweisen sich nämlich als nicht schlüssig, was sich bereits daraus ergibt, dass die fluchtbegründenden Angaben des Beschwerdeführers schon dem Grunde nach missverstanden wurden. Während der Beschwerdeführer nämlich erklärte, einerseits von den Abchasiern (wegen Unterstützung der georgischen Partisanen) und andererseits von der georgischen Partisanengruppe (wegen der unrichtigen Beschuldigung, drei Männer verraten zu haben) Verfolgung befürchten zu müssen, fasste das Bundesasylamt seine Darstellung so zusammen, er hätte befürchtet, von den Abchasiern umgebracht zu werden, weil man ihm unterstellt hätte, dass er Partisanen an das Militär verraten hätte. Diese grobe Verkennung des Vorbringens des Beschwerdeführers ließ eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung von vornherein nicht zu, was - wie schon erwähnt - die Abhaltung einer Berufungsverhandlung erforderlich gemacht hätte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 2003, Zl. 2003/01/0509).
Nach dem Gesagten war der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand ein Ersatz von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.
Wien, am 30. August 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005010214.X00Im RIS seit
26.09.2005