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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des M S in H, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/1, gegen die Erledigung der Tiroler Landesregierung vom 2. Dezember 2004, Zl. Ia-21.239-6-2004, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 1. März 2004 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft.
Mit Schreiben vom 15. November 2004 gab der nunmehrige Beschwerdeführervertreter der belangten Behörde seine Bevollmächtigung bekannt. Im Folgenden bezog er sich auf ein mit einer Mitarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck geführtes Telefonat, in dem ihm mitgeteilt worden sei, dass (gemeint:
hinsichtlich der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer) "Bedenken bestünden, da er erst seit 1998 in Österreich lebt und nur im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis als Student ist, er kein eigenes Einkommen habe und keine Niederlassungsbewilligung besitze". Diesen Einwänden trat der Beschwerdeführervertreter in seinen weiteren Ausführungen entgegen und berief sich im Wesentlichen darauf, dass die in § 10 Abs. 5 Z 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) geforderte nachhaltige persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers gegeben sei. Abschließend wies er darauf hin, dass der Antrag des Beschwerdeführers bereits im Jänner 2004 eingebracht, jedoch bis dato nicht darüber entschieden worden sei. Die Frist des § 73 AVG sei bei weitem überschritten, sodass "nun um eine schriftliche Entscheidung binnen 14 Tagen ersucht" werde.
In Beantwortung dieses Schreibens erhielt der Beschwerdeführer von der belangten Behörde nachfolgende, mit 2. Dezember 2004 datierte Erledigung:
"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt!
In obiger Angelegenheit darf festgestellt werden, dass beim Antragsteller sicherlich eine nachhaltige persönliche Integration vorliegt. Dies kann jedoch keinesfalls im Hinblick auf das Erfordernis einer nachhaltigen beruflichen Integration behauptet werden. Eine solche ist neben einem Studium auch nicht denkbar. Wie Sie selbst angeben, wird der Antragsteller das Studium der Informatik in Bälde abschließen. Auch wenn er in den Sommermonaten immer wieder bei der Firma Swarovski als Hilfsarbeiter gearbeitet hat, ist dadurch noch lange keine nachhaltige berufliche Integration erreicht. Wie Sie treffend ausführen, hat der Antragsteller dadurch zweifelsohne einen Einblick in die Arbeitswelt bekommen. Im Übrigen hat der Antragsteller über seine Tätigkeit bei der Firma Swarovski lediglich eine Verdienstabrechnung über den Monat August 2003 vorgelegt. Das oben Gesagte gilt auch für die Tätigkeit des Antragstellers als Nachhilfelehrer an den Wochenenden für einige Stunden. Auch daraus ist eine nachhaltige berufliche Integration nicht ableitbar. Es ist sohin festzustellen, dass die Voraussetzung einer nachhaltigen beruflichen Integration (§ 10 Abs. 5 Ziffer 3 Staatsbürgerschaftsgesetz) beim Antragsteller nicht erfüllt ist, weshalb eine vorzeitige Einbürgerung nicht möglich ist. Mit freundlichen Grüssen
Für die Landesregierung: Dr. K."
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2004, zur Post gegeben am 13. Dezember 2004, erhob der Beschwerdeführer gegen diese Erledigung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und vertrat darin die Ansicht, das behördliche Schreiben sei als Bescheid anzusehen, mit dem die belangte Behörde seinen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abgewiesen habe.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch diesen in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Ist eine Erledigung - wie im vorliegenden Fall - weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet noch sonst in die äußere Form eines Bescheides gekleidet, kann sie nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als Bescheid qualifiziert werden, wenn in ihr eindeutig - objektiv betrachtet - die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit erfolgte. Kommt auf Grund der sprachlichen Gestaltung der normative Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, so liegt kein Bescheid vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 2003, Zl. 2002/01/0500, mwN).
Das vorliegende behördliche Schreiben erging zwar in Beantwortung eines Ersuchens um Entscheidung der Staatbürgerschaftsangelegenheit, lässt jedoch erkennen, dass die belangte Behörde damit keine bescheidmäßig Erledigung vornehmen wollte. Gegen einen normativen Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers spricht zum einen die gewählte Form der Anrede und die abschließende Grußformel, zum anderen aber auch die abschließende "Feststellung", beim Beschwerdeführer sei eine "vorzeitige Einbürgerung" nicht möglich. Schon diese Formulierung deutet darauf hin, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer(vertreter) lediglich von ihrer Rechtsauffassung in Kenntnis setzen wollte, wonach die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 Z 3 StbG, die ein Absehen von der in § 10 Abs. 1 Z 1 StbG geforderten Wohnsitzdauer von mindestens 10 Jahren ermöglichen würde, im Falle des Beschwerdeführers nicht vorlägen. Offen blieb hingegen, dass die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung solange zuwarten wollte, bis der Beschwerdeführer - auch aus ihrer Sicht - sämtliche Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt. Dass sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft somit endgültig, und zwar im Sinne einer abweisenden Entscheidung, als erledigt angesehen hätte, lässt sich ihrem Schreiben vom 2. April 2004 hingegen - objektiv betrachtet - nicht entnehmen.
Die vorliegende Erledigung der Staatsbürgerschaftsbehörde ist daher nicht als Bescheid zu werten, weshalb die dagegen gerichtete Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen war (vgl. dazu auch den ebenfalls eine Staatsbürgerschaftsangelegenheit betreffenden hg. Beschluss vom 24. Juni 2003, Zl. 2003/01/0270).
Wien, am 30. August 2005
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004010567.X00Im RIS seit
22.11.2005