Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt K***, Pensionist, Graz,
Goethestraße 21/1, vertreten durch Dr. Othmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei KommRat Hermann S***, Großkaufmann, Graz, Hilmteichstraße 107, vertreten durch Dr. Leopold Kaltenbäck, Dr. Hans-Peter Pausch und Dr. Elisabeth Simma, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung und Abgabe von Erklärungen infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 18. Juli 1986, GZ 1 R 110/86-10, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7. April 1986, GZ 24 Cg 66/86-5, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß ihm das alleinige und ausschließliche Benützungsrecht an einem nicht näher bezeichneten Urnengrab zustehe, ferner die Verurteilung des Beklagten zur Abgabe aller erforderlichen Erklärungen gegenüber der G*** S*** AG, Bestattung-Urnenfriedhof, zwecks Einräumung des erwähnten Benützungsrechtes an der Grabstelle; das Streitinteresse bewertete er mit S 400.000,-.
Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, setzte den Streitwert gemäß § 7 RAT und § 60 JN mit S 30.000,- fest, sprach seine Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache auf Antrag des Beklagten an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz. Den lediglich gegen den auf § 60 JN gestützten Ausspruch über die Festsetzung des Streitwertes mit S 30.000,- und die Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz erhobenen Rekurs des Klägers wies das Gericht zweiter Instanz zurück; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes zwar S 15.000,-, nicht aber S 300.000,- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. § 60 JN sehe eine amtswegige Überprüfung des Wertes des Streitgegenstandes im Rahmen der Beurteilung der Zuständigkeit bzw der Senatsbesetzung des angerufenen Gerichtshofes vor. Der Erstrichter sei nach dieser Bestimmung vorgegangen, indem er die Rechtssache unter Herabsetzung des Streitwertes an das danach sachlich zuständige Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz überwiesen habe. Durch die Neufassung des § 45 JN habe die Zivilverfahrens-Novelle 1983 die Anfechtung von Zuständigkeitsentscheidungen weiter zurückgedrängt. Nun sei auch der Ausspruch über die Verneinung der Zuständigkeit nicht mehr anfechtbar, wenn das zuständige Gericht seinen Sitz in derselben Gemeinde habe. Diese Voraussetzung treffe hier zu, so daß der Ausspruch des Erstgerichtes über seine sachliche Unzuständigkeit und die damit verbundene Überweisung nicht bekämpft werden könne. Konsequenterweise müsse dann aber auch die Anfechtbarkeit der damit unmittelbar zusammenhängenden Streitwertfeststellung gemäß § 60 JN verneint werden. Aber selbst wenn man diesen unmittelbaren Zusammenhang leugnen wollte, müsse dem Rechtsmittel gegen die Entscheidung nach § 60 JN das Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden, weil der Zuständigkeitsausspruch jedenfalls unanfechtbar sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß gerichtete Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil zu der hier aufgeworfenen Frage des Verfahrensrechtes Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist aber nicht berechtigt.
Schon die Rechtsprechung zu § 45 JN in der alten Fassung hat die im § 60 Abs 1 und 3 JN vorgesehene amtswegige Herabsetzung des Wertes des Streitgegenstandes und die damit verbundene Abtretung der Rechtssache an das örtlich zuständige Bezirksgericht bzw die Ablehnung einer solchen Streitwertberichtigung als Fälle der Entscheidung des Gerichtshofes erster Instanz über seine sachliche Zuständigkeit behandelt und - entsprechend der früheren Rechtslage - die Anfechtung von Beschlüssen, mit welchen die Herabsetzung des Streitwertes abgelehnt wurde, als die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtshofes bejahende Entscheidungen gemäß § 45 JN als unanfechtbar angesehen (MietSlg 18.647; JBl 1964, 521; 1 Ob 122/64, 7 Ob 148/64 u.a.). An dieser Auffassung ist gerade nach der Neufassung des § 45 JN festzuhalten, durch die die Anfechtung von Entscheidungen über die sachliche Zuständigkeit weiter eingeengt werden sollte (RV 669 BlgNR 15. GP 32). Zweck der Bestimmung des § 60 JN ist es, die Erschleichung der Gerichtshofzuständigkeit (bzw. der Senatsbesetzung) hintanzuhalten. Durch die Richtigstellung des Streitwertes wird der Gerichtshof in die Lage versetzt, seine sachliche Unzuständigkeit wahrzunehmen bzw. durch Ablehnung der begehrten Streitwertherabsetzung auf seiner sachlichen Zuständigkeit zu beharren. Damit wird deutlich, daß die Entscheidung über die Herabsetzung des Streitwertes und die Abtretung der Rechtssache an das Bezirksgericht in Wahrheit nur ein Bestandteil der Entscheidung des Gerichtshofes über seine sachliche Zuständigkeit (§ 45 JN) ist und demnach deren Anfechtungsbeschränkungen unterworfen ist. Soweit sich der Kläger auf Fasching in seinem Kommentar (I 365), der den Beschluß auf Überweisung für anfechtbar hielt, beruft, übersieht er, daß nach der dort kommentierten früheren Rechtslage Beschlüsse, mit welchen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtshofes verneint wurde, jedenfalls anfechtbar war (SpR 265 u.a.) und die Abtretung nach § 60 Abs 3 JN als ein solcher Beschluß anzusehen ist. Durch die Neufassung des § 45 JN sind nun aber nach Eintritt der Streitanhängigkeit (wie hier) getroffene Entscheidungen auch dann unanfechtbar, wenn das Gericht, das nach der Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz in derselben Gemeinde hat. Das trifft im vorliegenden Fall zu, weil das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz die Rechtssache nach Herabsetzung des Streitwertes auf S 30.000,- an das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz abgetreten hat.
Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
Die Revisionsrekursbeantwortung ist nicht zulässig und zurückzuweisen, weil keiner der im § 521 a ZPO vorgesehenen Fälle des zweiseitigen Rekurses zutrifft. Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist nicht etwa die Zuständigkeit des Erstgerichtes, sondern die Zulässigkeit des Rechtsmittels an die zweite Instanz, so daß auch eine sinngemäße Anwendung der genannten Bestimmung (etwa der Z 3) nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
Anmerkung
E10109European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00505.87.0218.000Dokumentnummer
JJT_19870218_OGH0002_0010OB00505_8700000_000