TE OGH 1987/2/24 2Ob10/87

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Veröffentlicht am 24.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst W***, Gemeindeangestellter, Gradnitz 28, vertreten durch Dr. Kurt Strizik, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagten Parteien 1. Alfred M***, Kraftfahrer, Merzenstein 32, 2. V*** DER

Ö*** B***, Versicherungs AG, 1020 Wien,

Praterstraße 1-7, beide vertreten durch Dr. Erich Pexider, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen S 132.191,74, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26. November 1986, GZ. 16 R 251/86-61, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau vom 7. Juli 1986, GZ. 4 Cg 133/82-54, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil und das erstgerichtliche Urteil werden dahin abgeändert, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand verpflichtet sind, dem Kläger einen weiteren Betrag von S 132.191,74 samt 4 % Zinsen aus S 91.125,63 vom 9. Juli 1982 bis 30. November 1982; von S 100.640,63 vom 1. Dezember 1982 bis 14. November 1985; von S 137.130,47 vom 15. November 1985 bis 25. Februar 1986 und aus S 144.526,60 seit 26. Februar 1986 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Die beklagten Parteien haben dem Kläger zur ungeteilten Hand die mit S 112.348,80 bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten S 6.907,16 Umsatzsteuer und S 36.369,60 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagten Parteien haben dem Kläger weiters zur ungeteilten Hand die mit S 16.193,39 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 1.099,94 Umsatzsteuer und S 1.450,-- Barauslagen) und die mit S 7.577,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 514,35 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wurde bei einem am 21. April 1981 erfolgten Verkehrsunfall schwer verletzt.

Im Revisionsverfahren ist nur noch die Frage umstritten, ob hinsichtlich der vom Kläger u.a. von den beklagten Parteien begehrten Ersatzforderung von S 192.740,62 s.A. ein Teilbetrag von S 132.191,74 s.A. von den Unterinstanzen zu Recht abgewiesen wurde, weil diesbezüglich wegen einer vom Kläger bezogenen Versehrtenrente gemäß § 332 ASVG ein Forderungsübergang auf den Sozialversicherungsträger stattgefunden habe.

Der Kläger brachte hinsichtlich dieser Ersatzforderung im wesentlichen vor: Die Ehefrau des Klägers betreibe in Gradnitz eine Gastwirtschaft, in welcher er nach Beendigung seiner Dienstzeit als Gemeindeangestellter der Stadtgemeinde Zwettl vor dem Unfall praktisch täglich mitgearbeitet habe. Er habe dort alle anfallenden Tätigkeiten durchgeführt, insbesondere habe er Speisen und Getränke serviert, bei den Gästen kassiert, diverse Reparaturen durchgeführt usw. Üblicherweise habe er ab seiner Rückkehr vom Dienst bis zur Sperrstunde im Betrieb seiner Ehefrau mitgeholfen, somit wöchentlich jeweils 55 Stunden gearbeitet. Eine gleichwertige Ersatzkraft wäre mit mindestens S 50,-- pro Stunde zu entlohnen gewesen. Nach seinem unfallsbedingten Ausfall habe man Hilfskräfte einstellen müssen, zum Teil sei der Ausgleich durch Mehrbelastung des Personals erfolgt. Bis zum 6. September 1981 sei der Kläger überhaupt nicht einsatzfähig gewesen, bis zum 31. Jänner 1982 sodann zu 25 %, vom 1. Februar 1982 bis 30. April 1982 zu 50 % und seit 1. Mai 1982 zu 70 %. Solcherart errechne sich (zuletzt am 25. Februar 1986) eine Gesamtforderung von S 192.740,62.

Die beklagten Parteien, die zweitbeklagte Partei ist der Haftpflichtversicherer des Erstbeklagten, beantragten Klagsabweisung. Der Kläger habe im Betrieb seiner Ehefrau im Rahmen seiner ehelichen Beistandspflicht mitgearbeitet. In Anbetracht seiner beruflichen Tätigkeit - der Kläger sei Beamter - sei der behauptete Umfang dieser Mitarbeit aber deutlich überhöht. Er sei diesbezüglich nicht zur Sozialversicherung oder Krankenkasse angemeldet gewesen und habe keine Entlohnung für seine Mithilfe erhalten. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt habe ihm aus Anlaß des Unfalles Barleistungen von S 15.540,-- sowie eine 30 %-ige Rente von monatlich S 1.998,30 ab 7. September 1981 gewährt. Das Erstgericht stellte fest, daß der Kläger beim Unfall einen offenen Verrenkungsbruch des linken Sprunggelenkes mit Bruch des Wadenbeines über dem Knöchel und einer Köpfchenfraktur, Risse der Bandverbindungen zwischen Schien- und Wadenbein und der Außenbänder sowie Serienrippenbrüche rechts und weitere Verletzungen erlitten hat. Er befand sich bis zum 6. September 1981 im Krankenstand und mußte in der Folge noch ein Therapieprogramm absolvieren. Dennoch leidet er seither an einer beträchtlichen Gangstörung und an einer Fehlstellung und Verdickung im linken Sprunggelenk. Der Zustand entspricht einer Invalidität von 30 %. Neben seiner Beschäftigung als Gemeindeangestellter der Stadtgemeinde Zwettl war der Kläger vor dem Unfall praktisch täglich, zumindest jedoch 55 Stunden pro Woche, in der Gastwirtschaft seiner Ehefrau in Gradnitz tätig. Er kam jeweils um ca. 15 Uhr 45 nach Hause und half anschließend bis zur Sperrstunde um 1 Uhr nachts mit. Er bediente die Gäste, servierte und kassierte, besorgte den Wareneinkauf und führte auch kleinere Reparaturen, die im Gasthaus anfielen, durch. Nach dem Unfall konnte er bis zum 6. September 1981 seine Tätigkeit im Gasthaus überhaupt nicht ausüben. Bis zum 31. Jänner 1982 war seine Arbeitsfähigkeit diesbezüglich um 75 % gemindert, ab Februar 1982 lag ein Zustand vor, der seine Arbeitsfähigkeit um 30 % einschränkte. An diesem Zustand hat sich seither kaum etwas geändert. Der Kläger kann nunmehr zwar Speisen austragen und kassieren, ermüdet aber sehr rasch und muß öfters Pausen machen. Wareneinkäufe kann er nicht mehr durchführen, da er keine schwereren Lasten tragen kann, auch Reparaturen kann er nicht mehr durchführen, soweit sie die Benützung einer Leiter erfordern. Überhaupt ist längeres Gehen oder Stehen mit Beschwerden verbunden. Seit dem Jahre 1981 beschäftigt die Ehefrau des Klägers eine Hilfskraft in der Küche, welche monatlich S 7.700,-- verdient. Während der Kläger verletzungsbedingt ausfiel, war seine Ehefrau gezwungen, die Mitarbeit aller "greifbaren Verwandten" in Anspruch zu nehmen. Die Beschäftigung einer Hilfskraft für die vom Kläger geleistete Arbeit kostet in Gradnitz seit dem Jahre 1981 mindestens S 50,-- pro Stunde. Da es sich beim Unfall des Klägers um einen Arbeitsunfall handelte, wurde ihm mit Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt Wien vom 27. Jänner 1982 eine vorläufige Rente (von 30 % der Vollrente) in Höhe von S 1.998,30 und mit Bescheid vom 9. Februar 1983 eine Dauerrente (ebenfalls 30 % der Vollrente) von monatlich S 2.108,20 gewährt. Eine Nachuntersuchung ist nicht mehr vorgesehen. Die Rente gelangt vierzehnmal zur Auszahlung und wurde im Jahre 1984 auf S 2.192,50 monatlich erhöht. Der Betrag von S 15.540,-- betrifft eine Heilbehandlung für die Zeit vom 16. November 1981 bis 27. November 1981.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf die aus § 1325 ABGB hervorgehende Verpflichtung des Schädigers, dem Verletzten den Verdienstentgang zu ersetzen. Der Kläger habe Schadenersatz aus dem Titel des Verdienstentganges begehrt, da seine Arbeitsfähigkeit im Betrieb seiner Ehefrau zunächst zur Gänze und sodann teilweise gemindert worden sei. Vorliegendenfalls handle es sich nicht um einen nichtersatzfähigen Schaden eines Dritten, nämlich der Ehefrau, die für den Kläger andere Personen habe beanspruchen müssen, sondern einen eigenen Schaden des Klägers, da es ihm nicht mehr bzw. nicht mehr voll möglich sei, im Betriebe seiner Ehefrau mitzuarbeiten und damit seine Arbeitskraft, welche einen selbständigen Wert darstelle, nach Belieben einzusetzen. Die Mitarbeit sei auch im eigenwirtschaftlichen Interesse des Klägers erfolgt, weil er seine Arbeitskraft auch anderweitig hätte zur Verfügung stellen können. Der Umstand, daß sein Ausfall durch unentgeltlichen Einsatz von Verwandten seiner Ehefrau bzw. teilweisen Einsatz auch einer bezahlten Hilfskraft ausgeglichen worden sei, stehe seinem Ersatzbegehren nicht entgegen, da diese Personen nicht zur Entlastung des Schädigers tätig geworden seien. Dieser teils entgeltlich, teils unentgeltliche Einsatz Dritter stelle einen Schaden des Klägers selbst dar, ebenso sein eigener Mehraufwand von Zeit und Mühe, um seine Behinderung zu überwinden. Unerheblich erscheine es, daß der Kläger nur nebenberuflich im Betrieb seiner Ehefrau tätig gewesen sei, da er grundsätzlich die Möglichkeit gehabt habe, neben seinem Beruf einem Nebenerwerb nachzugehen. Für die im einzelnen dargestellten Perioden vom 21. April 1981 bis 28. Februar 1986 stünden dem Kläger die im einzelnen angeführten Ersatzansprüche von insgesamt S 187.790,62 zu. In Fällen, in welchen Personen den Ersatz des Schadens, der ihnen durch den Versicherungsfall erwachsen ist, auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften beanspruchen könnten, gehe der Anspruch gemäß § 332 Abs. 1 ASVG insoweit auf den Versicherungsträger über, als dieser Leistungen zu erbringen habe. Dabei sei der Deckungsfonds nach den Grundsätzen der zeitlichen und sachlichen Konkurrenz zu berechnen. Eine Unfallsrente, die für künftige Lohneinbußen, bzw. erhöhte Aufwendungen zur Erzielung eines gleichen Einkommens gewährt werde, sei einem Schadenersatzanspruch aus dem Titel des Verdienstentganges kongruent. Anders sei dies lediglich bei Ersatzansprüchen einer Ehefrau wegen Beeinträchtigung ihrer Fähigkeiten zur Erfüllung der Haushaltsarbeiten. Vorliegendenfalls sei daher der Ersatzanspruch des Klägers auf Verdienstentgang soweit auf den Sozialversicherungsträger übergegangen, als dieser Leistungen an ihn erbracht habe. Hinsichtlich der für die einzelnen Abschnitte genannten Beträge von S 18.251,10, 104.439,80 und S 9.500,84, somit insgesamt S 132.191,74 s.A. fehle dem Kläger daher die aktive Klagslegitimation, sodaß seinem diesbezüglichen Klagebegehren nicht stattgegeben werden könne.

Das vom Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angerufene Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Das Erstgericht habe tatsächlich und rechtlich zutreffend den Ersatzanspruch des Klägers berechnet und als seinen Verdienstentgang grundsätzlich zuerkannt. Der Rechtsansicht des Berufungswerbers, es mangle vorliegendenfalls für einen Übergang auf den Sozialversicherungsträger an der sachlichen Kongruenz, könne nicht gefolgt werden. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung trete der Forderungsübergang nach § 332 ASVG insoweit ein, als sich kongruente Leistungen des Sozialversicherungsträgers und Forderungen des Versicherers gegenüberstünden. Da die Versehrtenrente ihrem Wesen nach einen Ausgleich für die Minderung der beruflichen Erwerbsfähigkeit darstelle, seien alle Einnahmen, die dem Verletzten aus seinen Tätigkeiten vor dem Unfall zugekommen seien, also auch solche aus Nebenbeschäftigungen, weil sie begrifflich der Deckung des Lebensunterhaltes dienten, sachlich kongruent. Das Gleiche gelte für das vom Kläger bezogene Tag- bzw. Familiengeld, das wie das Krankengeld zum Ausgleich des Lohnausfalles diene. Nicht kongruent wären etwa Ersatzansprüche des Klägers für Leistungen, die dieser für die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten, also als "Hausmann" erbracht hätte, weil der Kläger als Erwerbstätiger und nicht als Hausmann pflichtversichert gewesen sei.

Gegen die rechtliche Beurteilung der Sache durch die Unterinstanzen wendet sich die Revision des Klägers mit dem Antrage auf Urteilsaufhebung oder Abänderung im Sinne einer vollen Klagsstattgebung.

In der Revisionsbeantwortung wird beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gerechtfertigt.

Der Revisionswerber führt aus, hinsichtlich der von ihm bezogenen Versehrtenrente und seinem in der Klage erhobenen Ersatzanspruch bestehe keine sachliche Kongruenz. Das Berufungsgericht übersehe, daß ihm aus seiner Mitarbeit im Gastwirtschaftsbetrieb seiner Ehefrau auch vor dem Unfall keine Einnahmen zugekommen seien, sondern er seine Arbeitskraft im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht "nach § 94 ABGB" zur Verfügung gestellt habe. Eine "Einnahme aus einer Nebenbeschäftigung" liege daher im gegenständlichen Fall nicht vor. Eine sachliche Kongruenz sei in der bisherigen Judikatur nur in jenen Fällen bejaht worden, wo dem Geschädigten vor dem Unfall tatsächlich ein Nebeneinkommen bzw. ein Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung zugeflossen sei. Vorliegendenfalls habe der Kläger ein derartiges Nebeneinkommen nicht bezogen. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung RZ 1972, 34, bringe klar zum Ausdruck, daß sich die Sozialversicherung grundsätzlich nicht auf den privaten Lebenskreis erstrecke, wie z.B. bei einem Ersatzanspruch einer Ehefrau, die bei der Haushaltsführung beeinträchtigt worden sei. Vorliegendenfalls sei der Kläger nur in seiner Eigenschaft als Gemeindebediensteter der Stadtgemeinde Zwettl pflichtversichert gewesen und nicht etwa im Zusammenhang mit seiner Mitarbeit im Gastwirtschaftsbetrieb der Ehefrau. Letztere Tätigkeit falle ausschließlich in den privaten Lebenskreis des Klägers. Der Ersatzanspruch des Klägers könne daher nicht als "Verdienstentgang" im Bereiche einer erwerbswirtschaftlichen Berufstätigkeit gewertet werden. Den Revisionsausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Der Kläger hat in der Klage dargelegt, in welcher Weise er vor dem Unfall im Gasthausbetrieb seiner Ehefrau mitgearbeitet habe und inwieweit er nunmehr daran gehindert sei, sodaß ihm ein diesbezüglicher Schadenersatzanspruch zustehe. Die beklagten Parteien bekämpften diesen Anspruch, weil die vom Kläger geleistete Mitarbeit im Betrieb seiner Ehefrau im Rahmen seiner ehelichen Beistandspflicht erfolgt sei.

Vom Erstgericht wurde unangefochten festgestellt und seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt, daß der Kläger vor dem Unfall außerhalb seiner Dienstzeit als Beamter der Stadtgemeinde Zwettl sich zur Gänze der Mitarbeit im Gasthausbetrieb seiner Ehefrau gewidmet hat und hiezu nunmehr nur im eingeschränkten Maße in der Lage ist. Übereinstimmend gehen die Parteien und die Unterinstanzen davon aus, daß der Kläger für seine Tätigkeit im Gasthausbetrieb tatsächlich keinen Lohn erhielt und auch keine Vereinbarung über eine Entlohnung zwischen den Ehegatten besteht. Sie legten also eine "Mitarbeit" des Klägers im Gasthausbetrieb seiner Ehefrau ohne ausdrücklich oder konkludent vereinbarten Entlohnungsanspruch (vgl. ZAS 1975, 149) zugrunde.

Mangels Entgeltvereinbarung kommt somit die Ausnahmebestimmung des § 100 ABGB hier nicht zum Tragen, vielmehr ist gemäß § 90 ABGB von der gegenseitigen Beistandspflicht der Ehegatten und ihrer Mitwirkungspflicht im Erwerb des anderen Ehegatten, soweit dies zumutbar und nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist, sowie der diesbezüglichen Sonderregelung des § 98 ABGB auszugehen. Nach letzterer Bestimmung hat ein Ehegatte, der im Erwerb des anderen Ehegatten mitwirkt, Anspruch auf eine angemessene Vergütung seiner Mitwirkung. Dabei sind die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten, insbesondere auch die gewährten Unterhaltsleistungen, zu berücksichtigen. Der Anspruch nach § 98 ABGB auf Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten gehört zu den persönlichen Rechtswirkungen der Ehe (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 98). Durch die Formulierung dieser Bestimmung wird der sich aus dem Wesen der Ehe als einer umfassenden Lebens- und Risikogemeinschaft ergebende familienrechtliche Charakter des Abgeltungsanspruches betont. Die Mitwirkung begründet daher nicht einen Vergütungsanspruch wie bei einem Arbeitsverhältnis, sondern einen Gewinnbeteiligungsanspruch ähnlich dem Anspruch aus einem Gesellschaftsverhältnis (SZ 56/95 und die dort zitierte Lehre; 3 Ob 501/84, 2 Ob 538/84, 2 Ob 662/85 ua.). Zweck der Gesetzesbestimmung des § 98 ABGB ist demnach nicht eine Entlohnung des mitarbeitenden Ehegatten oder die Sicherung des Unterhaltes, sondern eine auf die gesamten familienrechtlichen Verhältnisse Rücksicht nehmende Beteiligung am Gewinn des anderen Ehegatten (vgl. 3 Ob 510/85 = GesRZ 1985, 147). Die Pflicht zur Mitwirkung im selbständigen Erwerb des anderen Ehegatten ist eine Form der materiellen Beistandspflicht. Die Mitarbeit muß persönlich zumutbar und nach den Lebensverhältnissen üblich sein wie z.B. bei Bauern, Kleingewerbetreibenden, aber auch Beschäftigten "freier" Berufe (Pichler aaO Rz 14 zu § 90).

Besteht für die im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht geleistete Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen Ehegatten somit lediglich ein vom Gesetz besonders geregelter Abgeltungsanspruch nach § 98 ABGB, dann kann vorliegendenfalls entgegen der Ansicht der Unterinstanzen von einem "Verdienstentgang" des Klägers und einem diesbezüglichen Ersatzbegehren seinerseits nicht gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um einen aus der Verhinderung der für die Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten eingesetzten Arbeitskraft entstehenden Schaden.

Mangels eines ausdrücklichen oder konkludent vereinbarten Entgeltanspruches (§ 100 ABGB) - und auch mangels einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit - ist die Mitarbeit des Klägers im Gastwirtschaftsbetrieb seiner Ehefrau, weil im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht erfolgt, auch nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG sozialversicherungspflichtig (VfGHSlg. 8.576/A;

Gehrmann-Rudolph-Teschner, Führböck, ASVG, Manzsche Loseblattausgabe, 39.Erg.Lfg., S 108, 130 f.). Nach Gehrmann-Rudolph-Teschner-Führböck aaO 130, ist im Regelfall sozialversicherungsrechtlich davon auszugehen, daß gemäß § 90 ABGB ein Ehegatte "im Erwerb des anderen .... mitzuwirken hat, soweit ihm dies zumutbar und nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist" und daß seine Mitarbeit daher in diesen familienrechtlichen Vorschriften ihre Begründung findet; es wird sohin in diesem Fall im allgemeinen kein durch persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit (§ 4 Abs. 2 ASVG) gekennzeichnetes, sondern ein sogenanntes familienhaftes Beschäftigungsverhältnis, das keine Versicherungspflichten begründet, anzunehmen sein.

Die Tätigkeit des Klägers im Gasthausbetrieb seiner Ehefrau ist zweifellos umfangreich, nach allgemeiner Erfahrung aber dennoch nicht als unüblich anzusehen. Auch im Hinblick darauf ist somit eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers zu verneinen. Unter allen diesen Gesichtspunkten ist demgemäß aber davon auszugehen, daß der gegenständliche Schadenersatzanspruch des Klägers wegen Beeinträchtigung seiner Fähigkeit zur weiteren Erfüllung seiner im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht gegebenen, bisher erfüllten Pflicht zur Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten, in welcher Mitwirkung keine Nebenbeschäftigung liegt und woraus kein Entlohnungsanspruch resultiert, mangels sachlicher Kongruenz (hiezu JBl. 1954, 462; SZ 27/68 ua., zuletzt ZVR 1984/100; ZVR 1986/18) mit der vom Sozialversicherungsträger für die Beeinträchtigung der beruflichen Erwerbsfähigkeit des Klägers geleisteten Versehrtenrente (hiezu SZ 56/137), nicht gemäß § 332 Abs. 1 ASVG auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Es wäre auch in keiner Weise einzusehen, warum dem Sozialversicherungsträger Regreßforderungen gegen den Schädiger daraus zustehen sollten, daß der Kläger seiner Mitwirkungspflicht im Erwerb seiner Ehefrau nicht mehr voll nachkommen kann. Da der Kläger somit berechtigt ist, für seine teilweise vernichtete Arbeitskraft, die nach den zutreffenden Ausführungen der Unterinstanzen einen selbständigen Wert darstellt, Ersatz zu begehren, steht ihm die der Höhe nach nicht in Zweifel gezogene - für die zu verwertende Arbeitskraft wurde eine Gegenleistung von S 50,-- pro Stunde zugrunde

gelegt - Ersatzforderung auch hinsichtlich des Betrages von S 132.191,74 s.A. zu.

Demgemäß waren die unterinstanzlichen Urteile spruchgemäß abzuändern.

Der Ausspruch über die Prozeßkosten beruht auf § 43 Abs. 1 ZPO, jener über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10706

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00010.87.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19870224_OGH0002_0020OB00010_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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