TE OGH 1987/2/24 2Ob523/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Amela T***, geboren am 30. September 1984, wonhaft 4531 Kematen/Krems, Brandstatt 52, vertreten durch den Vormund Luzia T***, Hausfrau, ebendort, diese vertreten durch Dr. Günther Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, infolge Rekurses des Vormundes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Steyr als Rekursgerichtes vom 30.Dezember 1986, GZ R 117/86-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neuhofen/Krems vom 2.Mai 1986, GZ P 8/86-14, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung:

In ihrem am 24.1.1986 beim Vormundschaftsgericht eingelangten Antrag stellte Luzia T*** als Mutter und Vormund der mj. Amela T***, geboren am 30.9.1984, das Ersuchen, die vom Mündel wegen Tötung seines ae. Vaters gegen die Republik Österreich einzubringende Amtshaftungsklage (betreffend ein Rentenleistungsbegehren) im Sinne des angeschlossenen Klagsentwurfes vormundschaftsbehördlich zu genehmigen. Gleichzeitig verwies die Vormünderin auf die von ihr "dem gefertigten Rechtsanwalt" erteilte Vollmacht, welche hiemit dem Pflegschaftsgericht zur Kenntnisnahme vorgelegt werde. Diese dem Antrag angeschlossene Vollmacht hat folgenden Wortlaut: "Hiermit bevollmächtige ich, Luzia T***, wohnhaft in...Herrn Rechtsanwalt Günther S***, Giesela Kai 51, 5020 Salzburg, mich hinsichtlich aller mir aus dem Tod des Herrn Enver H*** erwachsenen Ansprüche behördlich sowie außerbehördlich zu vertreten. Ich unterschreibe nur unter der Bedingung, daß die Kosten von dritter Seite, wie mir versichert wurde, getragen werden. Luzia T***."

Mit seinem Beschluß ON 14 vom 2.5.1986 versagte das Vormundschaftsgericht der beabsichtigten Klagsführung aus sachlichen Gründen die Genehmigung.

Gegen die erstgerichtliche Entscheidung erhob das Mündel, vertreten durch die Vormünderin, das Rechtsmittel der Vorstellung und des Rekurses, wobei auf der Vorderseite des vom einschreitenden Rechtsanwalt gezeichneten Schriftsatzes der Hinweis "Vollmacht erteilt" angebracht und der Rekursantrag gestellt wurde, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die vom Mündel beabsichtigte Klagsführung pflegschaftsbehördlich genehmigt werde. Das Erstgericht legte den Rekurs ohne Erledigung der Vorstellung dem Rekursgericht vor. Dieses trug mit Beschluß vom 5.12.1986 der Antragstellerin mj. Amela T***, vertreten durch die Vormünderin, diese (allein) vertreten durch Dr. Günther S*** und Dr. Leopold H***, Rechtsanwälte in Salzburg, auf, binnen 14 Tagen a) eine Vollmacht der Antragstellerin, vertreten durch die Vormünderin, diese vertreten durch die genannten Rechtsanwälte, vorzulegen, wonach diese bevollmächtigt sind, namens der Antragstellerin den Antrag auf vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Klagsführung zu stellen und die Antragstellerin im Verfahren über diesen Antrag zu vertreten; b) eine Erklärung der Vormünderin namens der Antragstellerin, wonach sie die zu a) genannte Antragstellung und das Verfahren genehmige, vorzulegen.

Hierauf legte Rechtsanwalt Dr. Günther S*** mit Schriftsatz vom 19.12.1986 dem Rekursgericht eine Vollmacht der Luzia T*** vom 30.6.1985 zur Kenntnisnahme vor. In dieser ermächtigt sie als Vormünderin der mj. Amela T*** den Rechtsanwalt Dr. Günther S***, die Ansprüche des Mündels aus der Tötung seines Vaters gegen die Republik Österreich durchzusetzen.

Mit Beschluß ON 19 vom 30.12.1986 hob das Rekursgericht das Verfahren über den Antrag auf vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Klagsführung der mj. Amela T*** als nichtig auf und wies den Antrag zurück.

Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, dem bisher ohne Vollmacht eingeschrittenen Vertreter der Vormünderin sei nicht nur die Vorlage einer Vollmacht, sondern auch einer Erklärung der Vormünderin, daß sie die Antragstellung und das (bisher abgeführte) Verfahren genehmige, aufgetragen worden. Da eine solche Genehmigung durch den Vormund noch immer nicht vorliege, sei das Verfahren vollmachtlos eingeleitet und fortgeführt worden, weshalb "spruchgemäß zu entscheiden" gewesen sei. Ergänzend fügte das Rekursgericht bei, aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde ergebe sich keine ausdrückliche Genehmigungserklärung des Vormundes. Zwar sei die Ausstellung der Vollmacht vom 30.6.1985 vor der gegenständlichen Antragstellung erfolgt, doch erscheine dieses Datum bedenklich. Allein aus diesem Datum ergebe sich jedenfalls nicht, daß das Vollmachtsverhältnis tatsächlich zu diesem Zeitpunkt begründet worden sei. Somit erscheine für das Gericht das verfahrensrechtliche Vollmachtsverhältnis erst im Zeitpunkt der Vorlage der Vollmachtsurkunde begründet, gegebenenfalls zu dem Zeitpunkt, zu welchem sich der Vertreter hierauf berufen habe. Durch die vorgenannte Vollmacht erscheine der vorangegangene Verfahrensabschnitt somit nicht "gedeckt". Der Vormund müsse daher, zulässigerweise auch durch seinen Vertreter, eine diesbezügliche Erklärung abgeben. Im weiteren verwies das Rekursgericht darauf, daß die seinerzeit mit dem Antrag vorgelegte Vollmacht kein Datum außer jenem der Beglaubigung (23.1.1986) aufweise. Wohl ergebe sich aus dem dem Antrag beigelegten Aufforderungsschreiben vom 18.6.1985, daß sich der Rechtsvertreter des Vormundes bereits hierin auf eine Vollmacht des Vormundes berufen habe, welche allenfalls mündlich erteilt worden sein könnte. Auf welche Weise es zur Ausstellung der Vollmacht vom 30.6.1985 gekommen sei, könne jedoch nicht geklärt und somit nicht ausgeschlossen werden, ob erst auf Grund des Beschlusses des Rekursgerichtes vom 5.12.1986 und daher lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen das Datum 30.6.1985 gewählt worden sei. Der vom Rekursgericht versuchten Sanierung habe die Antragstellerin nicht entsprochen.

Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhebt die Vormünderin Rekurs mit dem Antrage, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gerechtfertigt.

Die Rekurswerberin verweist darauf, ihr Rechtsvertreter habe sich bereits anläßlich der Antragstellung vom 24.1.1986 auf die ihm erteilte Vollmacht berufen. In der Judikatur werde überwiegend auch für das Außerstreitverfahren die Anwendung des § 30 Abs 2 ZPO bejaht, welchem Standpunkt das Erstgericht offenbar gefolgt sei. Die Ansicht des Rekursgerichtes, die Vertreterstellung werde erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde begründet, sei unrichtig. Die Berufung eines Anwaltes auf die Vollmacht schließe in sich, daß diese nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes tatsächlich erteilt worden sei. Im Vormundschaftsverfahren müsse das Gericht auch von Amts wegen das Vorliegen einer mündlichen Vollmacht und einer nachträglichen Genehmigung sowie das tatsächliche Ausstellungsdatum einer schriftlichen Vollmacht - hier durch Genehmigung der Vormünderin - prüfen. Aus dem in Kopie angeschlossenen Schreiben der Vormünderin vom 30.6.1985 ergebe sich das Datum der Übersendung der schriftlichen Vollmacht. Den Rekursausführungen ist im Ergebnis zu folgen.

Zunächst sei darauf verwiesen, daß das Erstgericht den gegen seinen Beschluß erhobenen Rekurs dem Rekursgericht vorlegte, ohne über die mit diesem verbundene Vorstellung zu entscheiden. Durch diese Vorlage hat es jedoch hinreichend zum Ausdruck gebracht, daß es die Voraussetzungen für die von ihm begehrte Stattgebung als nicht gegeben erachtete (vgl. NZ 1968, 187).

Der rekursgerichtlichen Ansicht, die bereits am 24.1.1986 vorgelegte Vollmacht habe Luzia T*** im eigenen Namen und nicht als Vormünderin der mj. Amela T*** ausgestellt, ist beizutreten. Nicht gebilligt werden kann jedoch der Standpunkt des Rekursgerichtes, bisher sei es zu keiner Genehmigung des Antragsverfahrens durch die Vormünderin, insbesondere auch nicht durch die am 19.12.1986 erfolgte Vorlage der von ihr ausgestellten Vollmacht vom 30.6.1985, gekommen. Der Oberste Gerichtshof hat in den Entscheidungen 5 Ob 13/85 = EvBl 1985/132, 5 Ob 72/85 und 8 Ob 588/86 ausführlich begründet, warum entgegen der auf § 2 Abs 2 Z 3 AußStrG verweisenden Entscheidung 6 Ob 657/84 auch im Außerstreitverfahren die Bestimmung des § 30 Abs 2 ZPO anwendbar ist, die Berufung des Vertreters auf die erteilte Vollmacht also genügt. Unter Hinweis auf den Bericht des Justizausschusses zur Zivilverfahrens-Novelle 1983, 1337 BlgNR 15.GP 8 und die Entscheidung des erkennenden Senates 2 Ob 42/84 führte er aus, daß dem Rechtsanwalt oder Notar grundsätzlich vertraut wird, wenn er ein Vollmachtsverhältnis behauptet, zumal der genannte Personenkreis einer strengen standesrechtlichen Verantwortung unterliegt und ein Einschreiten ohne Bevollmächtigung schwere disziplinäre Folgen hätte. Die Bestimmung des § 30 Abs 2 ZPO diene der vom Gesetzgeber mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 ganz allgemein angestrebten Verfahrensvereinfachung und Beschleunigung.

Vorliegendenfalls hat der Rechtsvertreter der Vormünderin über Auftrag des Rekursgerichtes eine von dieser ausgestellte Vollmacht vom 30.6.1985 vorgelegt, nach welcher sie ihn ermächtigt, die Ansprüche des Mündels aus der Tötung seines Vaters gegen die beklagte Partei durchzusetzen. Hieraus folgt aber zwangsläufig, daß die Vormünderin auch den zu dieser Durchsetzung erforderlichen ersten Verfahrensschritt der Einholung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung der Klagsführung genehmigte. Dabei ist dem einschreitenden Rechtsanwalt im Sinne der vorstehenden Ausführungen mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - das Rekursgericht hat hinsichtlich der Echtheit der Urkunde selbst keine Bedenken geäußert - durchaus zu vertrauen, daß die Vollmachtserteilung zum genannten Zeitpunkt erfolgte. Selbst wenn dies erst nach dem diesbezüglichen rekursgerichtlichen Auftrag der Fall gewesen wäre, würde hierin aber im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Vollmacht eine eben nachträglich erfolgte Genehmigung bereits eingeleiteter Verfahrensschritte abzuleiten sein. Einer weiteren nachträglichen Genehmigung durch die Vormünderin bedarf es somit entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht.

Demgemäß war dem Rekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Anmerkung

E10307

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00523.87.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19870224_OGH0002_0020OB00523_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten