TE OGH 1987/2/24 5Ob302/87

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Veröffentlicht am 24.02.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Helmut K***, Kaufmann, Seidengasse 30, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Ludwig Hötzl und Dr. Manfred Michalek, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Walter P***, Rechtsanwalt, Mahlerstraße 7, 1010 Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Ing. Wolfgang S***, Angestellter, Laxenburgerstraße 119, 1100 Wien, wegen Feststellung einer Konkursforderung von S 19.862,38, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 11. Dezember 1986, GZ. 3 R 233/86-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 5. September 1986, GZ. 25 Cg 146/86-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger erhob zunächst am 11. Juni 1985 gegen Ing. Wolfgang S*** beim Bezirksgericht Favoriten, bei welchem dieser seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte, die Klage auf Zahlung von S 17.604,98 als Entgelt für die Überlassung eines Mietwagens vom 4. April 1985 bis 8. Mai 1985. Das Bezirksgericht erließ nach § 448 Abs 1 ZPO noch am 11. Juni 1985 den bedingten Zahlungsbefehl GZ. 4 M 2047/85-1. Auf dem Rückschein beurkundete der Postzusteller nach § 22 Abs 1 ZustG, daß die Sendung beim Postamt hinterlegt wurde, weil dem Empfänger beim ersten Zustellversuch am 13. Juni 1985 und beim angekündigten zweiten Zustellversuch am 14. Juni 1985 nicht zugestellt werden konnte. Die hinterlegte Sendung werde am 14. Juni 1985 erstmals zur Abholung bereit gehalten. Die Sendung wurde nicht abgeholt und dem Bezirksgericht zurückgestellt. Dieses bestätigte am 9. Juli 1985, daß der Zahlungsbefehl vollstreckbar sei.

Am 9. Oktober 1985 langte beim Bezirksgericht ein mit "Fortsetzungsantrag und Klagsänderung" überschriebener Schriftsatz ein: Über das Vermögen des Beklagten sei am 13. Juni 1985 der Konkurs eröffnet worden. Der Prozeß sei unterbrochen, die Rechtskraftbestätigung "nichtig". Der Kläger habe seine Forderung im Konkurs mit S 19.862,38 angemeldet. Der Masseverwalter habe die Forderung bestritten. Das Konkursgericht habe die Frist nach § 110 Abs 4 KO bis 9. Oktober 1985 bestimmt. Der Kläger beantrage die Fortsetzung des Verfahrens nach § 7 Abs 2 KO und modifiziere sein Begehren dahin, daß es auf Feststellung der Richtigkeit der angemeldeten Forderung mit S 19.862,38 gerichtet werde. Das Bezirksgericht stellte fest, daß das Verfahren mit dem Tag der Konkurseröffnung (13. Juni 1985) unterbrochen sei, hob die irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehles auf und beraumte für den 2. Dezember 1985 eine Tagsatzung an. Dem Masseverwalter wurde nur eine Ausfertigung dieses Beschlusses und die Ladung zugestellt, nicht aber die für den Beklagten bestimmte Ausfertigung des Zahlungsbefehles und die Gleichschrift des Aufnahmeantrages des Klägers. Der Masseverwalter gab dem Gericht am 28. November 1985 bekannt, daß er einen "Widerspruch" (richtig Einspruch) gegen den Zahlungsbefehl nicht erhebe und die Tagsatzung nicht besuchen werde. Keine der Parteien ist zu der Tagsatzung gekommen.

Am 28. März 1986 machte der Kläger, dessen angemeldete Forderung in Ansehung der Richtigkeit streitig geblieben war, mittels Klage gegen den Masseverwalter deren Feststellung nach § 110 Abs 1 KO beim Erstgericht als dem Konkursgericht (§ 111 Abs 1 KO) geltend. Der beklagte Masseverwalter erhob rechtzeitig die Einreden der Streitanhängigkeit, der sachlichen und örtlichen Unzuständigkeit und der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil der unterbrochene Rechtsstreit AZ. 4 M 2047/85 beim Bezirksgericht Favoriten nach § 113 KO fortzusetzen gewesen wäre.

Das Erstgericht sprach seine sachliche Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück. Es liege zwar weder Streitanhängigkeit vor, weil diese im Verfahren AZ. 4 M 2047/85 noch nicht eingetreten sei, solange die Klageschrift an den Beklagten nicht zugestellt wurde (§ 232 Abs 1 ZPO), noch eine örtliche Unzuständigkeit, doch bleibe das Bezirksgericht Favoriten nach § 29 JN sachlich zuständig, weil der Rechtsstreit dort vor der Konkurseröffnung anhängig gemacht wurde. Dieser durch die Konkurseröffnung unterbrochene Rechtsstreit werde unter Umstellung des Leistungsbegehrens in das Begehren auf Feststellung der Konkursforderung aufzunehmen sein, weil der Masseverwalter die Forderung in der Prüfungstagsatzung bestritten hat.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß in die Abweisung der Einreden der Streitanhängigkeit, der Unzulässigkeit des Rechtsweges und der Unzuständigkeit ab. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht war gleich dem Erstgericht der Ansicht, daß die Einrede der Streitanhängigkeit verfehlt sei, weil eine Zustellung der Klage zu AZ. 4 M 2047/85 des Bezirksgerichtes Favoriten bisher ausstehe und daher die Rechtshängigkeit der Streitsache noch nicht eintrat. In diesem Fall stehe dem Kläger die Wahl frei, ob er für seine Klage nach § 110 Abs 1 KO die Zuständigkeit des Konkursgerichtes nach § 111 Abs 1 KO in Anspruch nehme oder unter Umstellung des Begehrens das vor dem Eintritt der Streitanhängigkeit unterbrochene Verfahren beim Bezirksgericht gegen den Masseverwalter aufnehme. Das eingewendete Prozeßhindernis stünde der Erhebung der Klage beim Konkursgericht nur entgegen, wenn im unterbrochenen Rechtsstreit Streitanhängigkeit vorläge. Es bedürfe daher nicht der Erörterung, ob wegen der Besonderheiten des Mahnverfahrens eine Umstellung nach Erlassung des Zahlungsbefehles und vor dessen Außerkrafttreten mit rechtzeitiger Einspruchserhebung überhaupt möglich sei. Eine Unzulässigkeit des Rechtsweges für die Klage nach § 110 Abs 1 KO sei sicher nicht gegeben. Mit seinem Revisionsrekurs strebt der beklagte Masseverwalter die Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung in die Wiederherstellung der Stattgebung seiner Einrede der sachlichen Unzuständigkeit an.

Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Soweit der Beklagte meint, der Beschluß des Rekursgerichtes sei mangelhaft, weil es in Abänderung der Stattgebung seiner Einrede der sachlichen Unzuständigkeit auch die Prozeßeinreden abwies, über die das Erstgericht gar nicht ausdrücklich entschieden habe, geht er von der unrichtigen Annahme aus, das Rekursgericht habe sich mit den weiteren Einreden nicht befassen dürfen. Das Erstgericht hat nach Eintritt der Streitanhängigkeit in diesem Rechtsstreit seine sachliche Unzuständigkeit ausgesprochen und schon deshalb die Klage zurückgewiesen. Wenn das Rekursgericht zur Ansicht kam, die Zurückweisung der Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit sei nicht berechtigt, hatte es zu prüfen, ob die weiteren Einreden zur Zurückweisung der Klage führen, und kam dabei gleich dem Erstgericht zum Ergebnis, daß weder Streitanhängigkeit, noch Unzulässigkeit des Rechtsweges der Rechtsverfolgung entgegenstehe.

Nach der Entscheidung über die Prozeßeinreden kann der Beklagte diese nicht mehr zurücknehmen. Seine Erklärung im Revisionsrekurs, er "halte die Einreden der Unzulässigkeit des Rechtsweges und der Streitanhängigkeit nicht aufrecht und ziehe diese zurück", ist deshalb so zu verstehen, daß er die Verwerfung dieser Einreden unangefochten läßt und den Beschluß des Rekursgerichtes nur insoweit bekämpft, als damit seine Prozeßeinrede abgewiesen wurde, der angerufene Gerichtshof sei sachlich unzuständig.

Nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, sind nach § 45 JN idF nach Art. II Z 14 Zivilverfahrens-Novelle 1983 nicht anfechtbar. Solche, mit denen es seine sachliche Unzuständigkeit ausspricht nur dann, wenn das Gericht, das nach dieser Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz nicht in derselben Gemeinde hat. Das erklärte Ziel dieser Neufassung des § 45 JN, der schon in seinem Absatz 1 der bis zum 30. April 1983 geltenden Fassung angeordnet hatte, daß Entscheidungen eines Gerichtshofes erster Instanz über seine sachliche Zuständigkeit nicht deshalb angefochten werden können, weil für die Rechtssache die Zuständigkeit eines anderen Gerichtshofes oder eines Bezirksgerichtes begründet ist, war die weitere Zurückdrängung von Zuständigkeitsstreitigkeiten (RV 669 BlgNR 15. GP zu § 45 JN). Der Justizausschuß hat durch eine Neuformulierung der Bestimmung noch klarer ausdrücken wollen, daß die Bejahung der sachlichen Zuständigkeit des Gerichtes nie angefochten werden kann (AB 1337 BlgNR 15. GP zu § 45 JN). Diese Unanfechtbarkeit gilt auch dann, wenn die zweite Instanz die sachliche Zuständigkeit bejaht. Der Beschluß, mit welchem das Rekursgericht die Zuständigkeit des Erstgerichtes nach § 111 Abs 1 KO bejaht hat, unterliegt daher, auch wenn sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichtshofes als Konkursgericht erst aus der individuellen Zuständigkeit ergibt, keiner Anfechtung. Die gegen diese Regelung geäußerten Bedenken (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 232) kommen hier nicht zum Tragen, weil der Gerichtshof ohnedies nach § 179 Z 2 KO die Bestimmungen über das Verfahren vor den Bezirksgerichten anzuwenden hat. Das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes, mit der die sachliche Zuständigkeit des Konkursgerichtes bejaht wurde, ist nach § 45 JN unzulässig. Der angefochtene Beschluß kann auch nicht darauf geprüft werden, ob nicht schon der Rekurs des Klägers nach § 45 Fall 2 JN unzulässig gewesen wäre.

Da der Kläger in seiner nach § 521a Abs 1 Z 3 ZPO erstatteten Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses des Gegners nicht hingewiesen hat, war sein Rechtsmittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig. Kostenersatz steht ihm daher nach § 41 ZPO nicht zu. Er hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung nach den §§ 40 und 50 ZPO selbst zu tragen.

Anmerkung

E10555

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00302.87.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19870224_OGH0002_0050OB00302_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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