TE OGH 1987/2/26 6Ob501/87

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Veröffentlicht am 26.02.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*** T*** Gesellschaft m.b.H., Graz, Am Köglerweg 80, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Z*** S***

Gesellschaft m.b.H., Graz, Alte Poststraße 391, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen 1,285.398,20 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 1. Oktober 1986, GZ 4 R 132/86-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. Juni 1986, GZ 15 Cg 114/86-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 17.818,52 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 1.619,87 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Beide Streitteile sind inländische Gesellschaften m.b.H. Nach den Behauptungen in der am 10. März 1986 bei Gericht eingelangten Klage habe die Klägerin im Jahre 1981 im Auftrag der Beklagten Warentransporte aus dem Ausland in das Inland durchgeführt und die nach der Verzollung vorgeschriebenen Zölle und Einfuhrabgaben bezahlt. Die Beklagte gestand ausdrücklich als richtig zu, daß die Klägerin im Jahre 1981 im Rahmen ihres Unternehmens auf Grund entsprechender Werkverträge Zölle (Einfuhrabgaben) für sie geleistet hat. In dem 1981 über das Vermögen der Beklagten anhängig gewesenen gerichtlichen Ausgleichsverfahren hat die Klägerin den Klagsbetrag von nahezu 1,3 Mio S gleichzeitig mit einem nahezu ebenso großen weiteren Betrag als bevorrechtete Forderung angemeldet. Die Beklagte hat nach dem Klagsvorbringen eine Zahlungsaufforderung der Klägerin vom Februar 1986 mit dem Schreiben vom 5. März 1986 wegen behaupteter Verjährung abgelehnt. Diesem bereits in dem dem Rechtsstreit vorangegangenen Schriftverkehr geltend gemachten Verjährungseinwand hielt die Klägerin die Ansicht entgegen, als Frachtführer nicht selbst Abgabenschuldner in Ansehung der Zölle und Einfuhrumsatzsteuer gewesen zu sein, die für die für die Beklagte als Empfängerin eingeführten Waren vorgeschrieben worden seien; die Klägerin vertrat die Ansicht, die Abgaben ohne eigene Haftung der Republik gegenüber gezahlt zu haben. Daraus folgerte sie in erster Instanz, daß ein Forderungsübergang nach § 1358 ABGB nicht in Betracht käme. Die Klägerin machte aber geltend, ihr sei als Übernehmerin der einer fünfjährigen Einhebungsverjährung nach § 238 BAO unterliegenden Abgabenforderungen nicht nur der diesen im Insolvenzverfahren zugekommene Rang zugestanden, sondern ihr käme auch die abgabenrechtliche Verjährungsfrist von fünf Jahren zustatten. In erster Linie stützte die Klägerin ihren Ersatzanspruch auf § 1042 ABGB.

Die Beklagte wendete auch im Rechtsstreit ausdrücklich die Verjährung ein. Die zwischen den Streitteilen bestandenen Vertragsbeziehungen hätten einen der langen Verjährung unterliegenden Anspruch nach § 1042 ABGB ausgeschlossen, ein Forderungsübergang nach § 1422 ABGB aber auch nach § 1358 ABGB scheitere am Fehlen der Förmlichkeiten nach der Dienstanweisung des Bundesministeriums für Finanzen über die Einhebung, Eintreibung und Sicherung der Abgaben und Beiträge (DAE) Z 59.000-8/1955 P 399. Der von der Klägerin geltend gemachte Ersatzanspruch sei nach Privatrecht der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1486 ABGB unterworfen.

Die Klägerin machte in ihrer Klage wörtlich geltend, sie sei "berechtigt, für den Fall der Vorauszahlungen von Zöllen für ...Kunden sowohl nach den CMR-Bestimmungen als auch nach den Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen 12 % Zinsen p.a. zu verrechnen".

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Anspruchsverjährung

ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Dabei übernahm es aus den erstrichterlichen Feststellungen, daß die Klägerin im Ausgleich der Beklagten Forderungen auf Erstattung von Zöllen im Gesamtbetrag von 2,520.831 S angemeldet und die Beklagte in der Ausgleichstagsatzung vom 29. Juni 1981 davon einen Teilbetrag in der Höhe der Klagsforderung anerkannt habe. Diese Anerkennungserklärung wurde - ebenso wie jene des Ausgleichsverwalters - in das Anmeldungsverzeichnis aufgenommen. Nach der Annahme des Ausgleichsvorschlages in der Tagsatzung vom 30. Juli 1981 wurde das Ausgleichsverfahren mit dem Beschluß vom 30. Dezember 1981 aufgehoben.

Das Erstgericht hatte gefolgert, bei den klageweise erhobenen Forderungen handle es sich um vertragliche Ansprüche (der Klägerin auf Erstattung der von ihr bezahlten Abgaben), die der dreijährigen Verjährung nach dem § 1486 Z 1 ABGB unterlegen seien und ungeachtet des Ausgleichsverfahrens jedenfalls bereits vor der Klagseinbringung im März 1986 verjährt gewesen seien.

Das Berufungsgericht wertete die erstrichterliche Tatsachenannahme, die Klägerin habe die Abgabenbeträge "im Rahmen entsprechender Werkverträge" gezahlt, als aktenwidrig. Es erachtete das Unterbleiben von Feststellungen über die Anführung der Beklagten als Warenempfängerin in den Zollpapieren als unerheblich. Das Berufungsgericht ging von der zollrechtlichen Verfügungsberechtigung der Klägerin als einer Gewahrsamsinhaberin der beförderten Waren und demgemäß von einer Zollschuld aus, die jedenfalls die Klägerin getroffen habe. Weiters legte das Berufungsgericht seinen Ableitungen zugrunde, daß die abgabenrechtlichen Verpflichtungen, sei es der Klägerin allein oder beider Streitteile zur gesamten Hand, durch Entrichtung seitens der Klägerin zum Erlöschen gebracht worden seien. Das Berufungsgericht hat damit, ohne es ausdrücklich auszusprechen, einen Übergang der (öffentlich-rechtlichen) Abgabenforderung von der Republik auf die Klägerin ausgeschlossen.

Auf dieser Grundlage folgerte das Berufungsgericht weiter, eine (privatrechtliche) Aufwandersatzforderung sei, auf welchen denkbaren Rechtsgrund nach den in Betracht zu ziehenden tatsächlichen Fallgestaltungen sie auch gestützt werden möge, der kurzen Verjährung nach § 1486 Z 1 ABGB unterworfen gewesen, und zwar nicht nur im Falle einer vertraglich begründeten Erstattungspflicht (etwa im Sinne des § 26 AÖSp), sondern auch im Falle eines Verwendungsanspruches nach dem § 1037 ABGB oder nach § 1042 ABGB. Nach dem im Sinne des § 1486 Z 1 ABGB qualifizierten Innenverhältnis zwischen den Streitteilen bestimmte sich auch ein Rückgriff gemäß § 896 ABGB. Die Verjährungsfrist hätte spätestens mit der am 15. Juni 1984 erfolgten Forderungsanmeldung im Ausgleich der Beklagten zu laufen begonnen. Nach jeder denkmöglichen Ableitung eines Ersatzanspruches aus den von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen wäre dieser Ersatzanspruch bereits vor der Klagserhebung verjährt gewesen.

Die Klägerin ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit einem Abänderungsantrag im Sinne des Klagebegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die in der Revision gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Ob der angefochtenen Entscheidung Feststellungsmängel anhaften, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

Auch die Rechtsrüge ist nicht stichhältig.

Die Revisionswerberin hat nach ihrem eigenen Vorbringen als Transport- und Speditionsunternehmer im Auftrag der Beklagten Waren aus dem Ausland an den inländischen Ort befördert, an dem die Beklagte ihren Sitz hat. In ihrer Revision geht die Klägerin selbst davon aus, daß sie die Zölle und Einfuhrumsatzsteuern in Erfüllung einer eigenen abgabenrechtlichen Zahlungsverpflichtung geleistet habe. Sie unterstellt mit ihren Revisionsausführungen auch, daß die Beklagte Warenempfängerin im zollrechtlichen Sinne gewesen ist. Sie hat allerdings im gesamten Verfahren keine Behauptungen darüber aufgestellt, daß die Beklagte im Sinnne des § 174 Abs 4 erster Satz, zweiter Halbsatz ZollG als Warenempfängerin genannt worden wäre. Sie hat auch nicht behauptet, der Zollbehörde die Übernahme der eingeführten Waren durch die Beklagte als einer im Sinne des § 174 Abs 4 ZollG genannten Warenempfängerin nachgewiesen zu haben, vielmehr in der Revision das Gegenteil unterstellt. Es ist daher zunächst davon auszugehen, daß die Revisionswerberin als Verfügungsberechtigte (im Sinne des § 51 Abs 1 ZollG) in Ansehung der Zölle und Einfuhrumsatzsteuern, deren Ersatz sie nun von der Beklagten fordert, Abgabenschuldnerin geworden war (§ 174 Abs 2 ZollG, § 19 Abs 6 und § 24 UStG) und als solche eine eigene Schuld bezahlt hat. Mit dieser Entrichtung erloschen aber die Abgabenschulden gemäß § 176 Abs 1 ZollG. Diese grundlegende Beurteilung hat bereits das Berufungsgericht zutreffend allen weiteren Ableitungen vorangestellt. Schon danach scheidet die Erfüllung der in den §§ 1422 und 1358 ABGB umschriebenen Tatbestände aus, ohne daß zur Abtretbarkeit einer Zoll- und Umsatzsteuerforderung Stellung genommen werden müßte (vgl. dazu insbesondere Stoll, Das Steuerschuldverhältnis, 191 ff, der in dem als rein privatrechtlich gesehenen Akt der Abtretung einen Fall der Einhebung sieht (206), wobei mit der Zahlung durch den Dritten das Abgabenschuldverhältnis zwischen Schuldner und Behörde erlösche (205); wesentlich deutlicher dazu Gassner, Das Schuldverhältnis im Steuerrecht, Referat auf der dritten Tagung der Gesellschaft zum Studium und zur Erneuerung der Struktur der Rechtsordnung, Wien 1972, S 7 ff, insbesondere 28, der ausdrücklich hervorhebt, der Ausdruck Übergang der Forderung sei möglicherweise nicht ganz richtig, denn eines stehe fest: Die Steuerschuld gehe mit der Abtretung und der Einlösung oder Leistung eines Gesamtschuldners, des Haftenden, Bürgen oder Pfandbestellers unter).

Ist die Zollschuld durch Entrichtung der von der Revisionswerberin geschuldeten Beträge gemäß § 176 Abs 1 ZollG untergegangen, könnte der Revisionswerberin aus diesen ihren Leistungen gegen die Beklagte nur ein privatrechtlicher Anspruch zustehen. Einem solchen ist nach der Art seiner Geltendmachung und Eintreibung das Institut der Einhebungsverjährung fremd. Dem materiellen Gehalt dieser verfahrensrechtlichen Einrichtung des öffentlichen Rechtes mag im Privatrecht die Anspruchsverjährung entsprechen.

Die Revisionswerberin hat in erster Instanz keine konkreten Tatsachen behauptet, aus denen in Ansehung der von ihr entrichteten Abgaben eine abgabenrechtliche Verpflichtung der Beklagten zu folgern gewesen wäre. Deshalb können auch die in der Mängelrüge der Sache nach gerügten Feststellungsmängel nicht vorliegen. Die Revisionswerberin hat vielmehr im Sinne ihres Schriftsatzes ON 4 in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. Juni 1986 vorgebracht, "daß zwischen den vertragsschließenden Parteien ein Vertragsverhältnis bestand" und bereits in der Klage gefolgert, sie sei "berechtigt, für den Fall der Vorauszahlungen von Zöllen für ..... Kunden sowohl nach den CMR-Bestimmungen als auch nach den Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen 12 % Zinsen p.a. zu verrechnen". Im Zusammenhang dieser Vorbringen liegt die Tatsachenbehauptung, durch die Aufträge zum Warentransport sei einerseits die Geltung der Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen vereinbart worden und andererseits hätten die Verträge solche Transporte zum Inhalt gehabt, daß sie den Bestimmungen der CMR unterlegen seien.

Aber selbst wenn die Transportaufträge der Beklagten weder einen ausdrücklichen Auftrag zur Abgabenentrichtung noch eine Ermächtigung im Sinne des § 26 AÖSp zum Inhalt gehabt haben sollten, ist doch nach den zugrundezulegenden Tatsachen offenkundig, daß die Revisionswerberin die Abgabenzahlungen aus keinem anderen Grund als der mit der Ausführung der Transportaufträge notwendig verbundenen Stellung einer zollrechtlich Verfügungsberechtigten geleistet hat. Der Ersatz von Zahlungen des Frachtführers (oder selbsteingetretenen Spediteurs) zur Tilgung der ihm in Erfüllung der Aufträge notwendigerweise entstandenen Abgabenschulden muß nach Treu und Glauben im Transport- (Speditions-)Auftrag als vereinbart gelten. Als - zumindest stillschweigend - vereinbarter Aufwandersatz unterlag er der kurzen Verjährung nach § 1486 Z 1 ABGB, weil die Revisionswerberin als Frachtführerin den für den Auftraggeber getätigten Aufwand im Rahmen ihres Gewerbebetriebes geleistet hat. Diese vertragliche Rechtsbeziehung schließt die Anwendung der Regeln über eine Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach § 1042 ABGB aus. (Der Sachverhalt in dem SZ 51/141 entschiedenen Fall unterschied sich in seiner abgabenrechtlichen Seite von dem hier zu beurteilenden Sachverhalt wesentlich dadurch, daß die Revisionswerberin Zollschuldnerin, der Kläger in dem zu SZ 51/141 entschiedenen Fall aber nur mittelbarer Erwerber einer mit der Sachhaftung nach § 178 ZollG behafteten Sache gewesen war, der durch seine Zahlung die Abgabenforderung des dortigen Beklagten zur Tilgung brachte.)

Das Berufungsgericht hat im übrigen zutreffend ausgeführt, daß auch im Falle einer abgabenrechtlichen Solidarhaftung der Streitteile der bürgerlich-rechtliche Ausgleichsanspruch nach § 896 ABGB durch das erwähnte Vertragsverhältnis inhaltlich bestimmt worden und daher ebenfalls der kurzen Verjährung nach § 1486 Z 1 ABGB unterlegen wäre.

Die Beklagte hat die im Ausgleich von der Revisionswerberin angemeldete Ersatzforderung in dem nun klageweise geltend gemachten Ausmaß ebenso wie der Ausgleichsverwalter anerkannt. Diese Erklärungen wurden auch in das Anmeldungsverzeichnis eingetragen. Dadurch wurde kein Exekutionstitel im Sinne des § 53 a AusglO geschaffen (vgl. SZ 39/167) und auch die Verjährung nicht im Sinne der JMV RGBl. Nr. 105/1858 beeinflußt. Die teilweise Anerkennung durch die Beklagte war (konstitutives) Anerkenntnis (vgl. EvBl 1982/144), das zwar die Verjährungsfrist neu in Gang setzte, aber ihren Charakter nicht veränderte. Zur Zeit der Klagsanbringung im März 1986 war die durch das Anerkenntnis im Jahre 1981 neu in Lauf gesetzte dreijährige Verjährungsfrist abgelaufen (umso mehr eine einjährige Frist nach Art. 32 CMR).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10386

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00501.87.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19870226_OGH0002_0060OB00501_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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