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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BetriebsO 1994 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MR in G, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 10. März 2005, Zl A14-30/1439-05/2, betreffend Entziehung eines Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 25. Jänner 2005 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 iVm § 6 Abs 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) der "Taxiausweis Nr VA/T-418/97, ausgestellt am 12.11.1997", für die Dauer eines Jahres mit der Begründung entzogen, er sei rechtskräftig wegen einer Übertretung des § 20 Abs 2 StVO bestraft worden, weil er am 23. November 2004 in Heiligenkreuz im Ortsgebiet die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 42 km/h überschritten habe. Auf Grund dessen sei ihm die Lenkberechtigung vorübergehend auf die Dauer von zwei Wochen entzogen worden. Wegen dieses Sachverhalts erscheine er nicht mehr vertrauenswürdig.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass ihm die erforderliche Vertrauenswürdigkeit fehle:
Er habe die Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet gravierend überschritten und dadurch die Sicherheit der Personen im Straßenverkehr gefährdet. Von einem bloßen geringfügigen Versehen bzw einer einmaligen Fehlleistung könne keine Rede sein. Vielmehr lasse das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers nicht auf die vom Gesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit schließen, zumal er laut Auszug aus der Verwaltungsstrafdatei bereits mit drei Verwaltungsstrafen nach der StVO bestraft worden sei, wobei die letzte Verwaltungsstrafe ebenfalls nach § 20 Abs 2 StVO vom 10. Dezember 2003 datiere.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl Nr 951/1993 idF BGBl II Nr 440/2003 (BO 1994), lauten auszugsweise:
"§ 6. (1) Der Ausweis ist auszustellen, wenn der Bewerber
...
3. vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muss zumindest in den letzten 5 Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein,
...
§ 13. (1) Der Ausweis wird ungültig und muss bei der Behörde abgegeben werden, wenn
1. die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den führerscheinrechtlichen Vorschriften erlischt oder
2. eine der sonstigen im § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.
Kommt der Inhaber dieser Verpflichtung nicht nach, so ist der Ausweis von der Behörde abzunehmen.
(2) Der Ausweis ist von der Behörde nur für einen angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zu entziehen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, jedoch angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird. Der Ausweis ist nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Verlangen wieder auszufolgen, wenn die vorübergehend weggefallene Voraussetzung wieder gegeben ist.
..."
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde hätte sich nicht dem Hinweis auf die einmalige, wenn auch erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung, derentwegen ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen worden war, begnügen dürfen. Sie wäre vielmehr verpflichtet gewesen, sich mit dem der verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt konkret auseinander zu setzen und ausgehend von bestimmten Tatsachen Schlüsse auf die charakterlichen Eigenschaften des Beschwerdeführers zu ziehen, aus denen die Vertrauensunwürdigkeit abgeleitet werde. Der Hinweis auf die einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung rechtfertige auch im Zusammenhalt mit drei früheren Verwaltungsstrafen, mit denen sich die belangte Behörde ebenso wenig auseinander gesetzt habe, nicht die Annahme, die Vertrauenswürdigkeit zum Lenken von Taxifahrzeugen sei nicht mehr gegeben.
Dieses Vorbringen ist zielführend:
Wie der Verwaltungsgerichtshof - zuletzt etwa in seinem Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl 2004/03/0219, - ausgeführt hat, kommt dem in der BO 1994 nicht näher definierten Begriff der Vertrauenswürdigkeit unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs inhaltlich die Bedeutung von "sich verlassen können" zu. Durch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der je nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten - wobei das Gesamtverhalten zu würdigen ist - auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes obliegt. Die Frage, ob eine Person vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens dieser Person zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgt, feststeht. Im Falle der Begehung einer Straftat oder Verwaltungsübertretung ist maßgeblich für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 das dem Urteil bzw dem Bescheid, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zu Grunde liegende Verhalten.
Aus einem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann nicht in jedem Fall auf einen Mangel an Vertrauenswürdigkeit des Taxilenkers geschlossen werden. Aus einer einzigen Geschwindigkeitsüberschreitung kann der Mangel an Vertrauenswürdigkeit nur unter besonderen Umständen, beispielsweise auf Grund der dadurch hervorgerufenen konkreten Gefährdung von Verkehrsteilnehmern oder auf Grund des (absoluten und relativen) Ausmaßes der Überschreitung, abgeleitet werden (vgl das bereits zitierte Erkenntnis vom 31. März 2005 mwN).
Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf Grund einer erheblichen, sowie einer weiteren allerdings nicht näher festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung im Zusammenhalt mit zwei nicht näher bestimmten Übertretungen der StVO auf das Nichtvorliegen der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit geschlossen, ohne dass sie hinreichend begründet hätte, auf Grund welcher besonderen Umstände im konkreten Fall auf Grund dieser Übertretungen ein Persönlichkeitsbild vorliegt, welches nicht auf die vom Gesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit schließen lässt. Aus der mit dem Verwaltungsstraferkenntnis festgestellten beträchtlichen Geschwindigkeitsübertretung lässt sich auch in Zusammenhalt mit den übrigen Übertretungen ein derartiges, die Neigung des Beschwerdeführers zur Nichtbeachtung von im Interesse der Verkehrssicherheit gelegenen Verwaltungsvorschriften manifestierendes Persönlichkeitsbild nicht ableiten, weil keine Feststellungen über das diesen Verwaltungsstrafen zu Grunde liegende Verhalten getroffen wurden.
Da die belangte Behörde es unterlassen hat, die im konkreten Fall für die Beurteilung, ob und für welchen Zeitraum die Entziehung des Taxilenkerausweises berechtigt war, erforderlichen näheren Feststellungen hinsichtlich des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers zu treffen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 333. Wien, am 6. September 2005
Schlagworte
Verfahrensbestimmungen DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005030123.X00Im RIS seit
05.10.2005