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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des HG in A, Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 7. Mai 2001, Zl. uvs-2001/K6/005- 3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger mit näher bezeichneten amtlichen Kennzeichen (D), am 17. Juli 2000 von Italien kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Deutschland durchgeführt. Dabei habe der Beschwerdeführer weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwachabteilung Brenner/MÜG am 17. Juli 2000 um
22.35 Uhr an der Hauptmautstelle Schönberg i. St. auf der A 12 (gemeint A 13) bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg i. St. festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil der im LKW angebrachte Umweltdatenträger für die Durchreise durch Österreich unberechtigterweise auf ökopunktebefreite Fahrt gestellt gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a und b sowie Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnungen (EG) Nr. 1524/96, Nr. 609/2000 und Nr. 2012/2000 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (EUR 1.453,46), Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, dass der Beschwerdeführer eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich von Italien kommend nach Deutschland durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt habe, wie anlässlich der näher bezeichneten Kontrolle festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil der im LKW angebrachte Umweltdatenträger für die Durchreise durch Österreich unberechtigterweise auf ökopunktebefreite Fahrt gestellt gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Dass der Beschwerdeführer die ökopunktepflichtige Transitfahrt als ökopunktebefreite Fahrt deklariert habe, sei ein nicht nur geringer Sorgfaltsverstoß. Aus den glaubwürdigen Angaben des Zeugen Gr.Insp. E. ergebe sich, dass der Beschwerdeführer bei der Einreise nicht gesehen habe, welche Farbe am Ecotag aufgeleuchtet habe, was ein sorgfaltswidriges Verhalten darstelle.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer lässt in seiner Beschwerde unbestritten, dass er eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch Österreich durchgeführt hat, und wendet gegen den angefochtenen Bescheid zunächst ein, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides durch die Ergänzung von lit. b (der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der zitierten Fassung) unzulässigerweise erweitert worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass schon der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, wonach der Beschwerdeführer weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt habe und durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag (...) keine Abbuchung von Öko-Punkten erfolgt sei, klar erkennen lässt, welche Gebotstatbestände der zitierten Verordnung (EG) der Beschwerdeführer übertreten hat. Zufolge dieser Umschreibung des Tatbildes begegnet die Beurteilung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes als Übertretung des Art. 1 Abs. 1 lit. a und b der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der zitierten Fassung und die von der belangten Behörde vorgenommene Konkretisierung der übertretenen Normen keinen Bedenken.
Zur subjektiven Tatseite führt der Beschwerdeführer aus, dass ihn kein Verschulden treffe, weil er von einem ordnungsgemäßen Funktionieren des Ecotag ausgegangen sei. Er habe das Gerät auch korrekt auf ökopunktpflichtige Fahrt gestellt. Die tatsächliche Entrichtung der Ökopunkte sei für ihn nicht überprüfbar. Warum es zu keiner Entrichtung gekommen sei, entziehe sich seiner Kenntnis; in Betracht komme ein Defekt am Ecotag genauso wie an der Enforcementstation. Es sei ihm nicht bekannt gewesen bzw. habe ihm nicht bekannt sein können, dass keine Ökopunkte abgebucht worden seien, weil er sich vor Fahrtantritt von der Funktionsfähigkeit des Ecotag und auch noch kurz vor Grenzübertritt von der Deklaration überzeugt habe. Der Beschwerdeführer sei jedenfalls davon ausgegangen, dass eine ökopunktpflichtige Fahrt eingestellt gewesen sei. Er habe auch gewusst, dass ein ausreichendes Guthaben an Ökopunkten vorhanden sei. Dass die Ökopunkte tatsächlich nicht abgebucht worden seien, könne ihm nicht als Verschulden zur Last fallen. Die Sorgfaltsanforderungen an den Normunterworfenen dürften nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht überspannt werden.
Mit diesem Vorbringen entfernt sich der Beschwerdeführer von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, der gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zu Grunde zu legen ist. Nach den Feststellungen der belangten Behörde war die Nichtabbuchung der Ökopunkte nicht auf einen Funktionsfehler des Gerätes zurückzuführen, sondern hatte ihren Grund darin, dass der Beschwerdeführer keine Transitdeklaration durchführte und die Transitfahrt als ökopunktbefreite Fahrt deklarierte. Bei dieser Sachlage kann aber von einem mangelnden Verschulden des Beschwerdeführers an der Nichtentrichtung der Ökopunkte keine Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 2000/03/0234). Vor diesem Hintergrund konnten Feststellungen dahingehend, ob sich der Beschwerdeführer von der Deklaration des Ecotag vor Grenzeintritt überzeugt habe, ein ausreichendes Guthaben an Ökopunkten vorhanden gewesen sei und ob der Beschwerdeführer die Absicht gehabt habe, bei Grenzeintritt eine ökopunktpflichtige Transitfahrt zu deklariere, unterbleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl. 2002/03/0106).
Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er meint, dass dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, wann er die vermeintliche Verwaltungsübertretung begangen habe. Der Spruch des Bescheides bezieht sich auf die Transitfahrt des Beschwerdeführer am 17. Juli 2000 von Italien kommend nach Deutschland, bei der um 22.35 Uhr an der Hauptmautstelle Schönberg i. St. auf der A 13 bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg i. St. eine Kontrolle stattfand. Die Tatzeit der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt ist mit der Angabe dieses Zeitpunktes der Kontrolle ausreichend konkretisiert. Es besteht - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - weder die Gefahr der Doppelbestrafung noch wird er durch diese Umschreibung der Tatzeit in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0373).
Auch der Hinweis, "konkrete Beweisanträge" über einen "allfälligen Defekt des Ecotag-Gerätes bzw. der Enforcement-Station" seien unerledigt geblieben, kann die Beschwerde nicht zum Erfolg führen, weil es sich hiebei mangels konkreter Behauptungen über bestimmte Fehlerhaftigkeiten um einen unzulässigen Erkundungsbeweis handelt.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe ihm keine Möglichkeit gegeben, sie durch persönliche Einvernahme von seiner Schuldlosigkeit zu überzeugen und die mündliche Verhandlung kurzfristig vom 26. April auf den 7. Mai 2001 verlegt. Auf Grund eines kurzfristigen Fahrerausfalles sei es notwendig gewesen, dass er ersatzweise tätig geworden sei, um einen größeren wirtschaftlichen Schaden für seinen Arbeitgeber zu verhindern.
Die neuerliche Ladung zur verlegten Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer am 6. April 2001, somit einen Monat vor dem Verhandlungstermin, zu Handen seines Rechtsvertreters zugestellt. Von einer "relativ kurzfristigen" Verlegung der Verhandlung durch die belangte Behörde kann daher keine Rede sein. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes befreit der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Dieser Mitwirkungspflicht ist der Beschwerdeführer jedoch nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet und bewiesen, dass er völlig unvorhergesehen beruflich in Anspruch genommen wurde und keine rechtzeitige Abhilfe schaffen konnte, oder dass er für die im Zeitpunkt der Vernehmung unbedingt erforderliche berufliche Tätigkeit keine Vertretung erreichen konnte und die Nichtverrichtung seiner Arbeit während der Zeit der vorgesehenen Vernehmung vor der belangten Behörde zwingend eine Gefährdung von Gesundheit oder Leben von Menschen oder eine besondere Gefahr für Vermögenswerte nach sich gezogen hätte. Zutreffend hat daher die belangte Behörde die Entschuldigung für sein Nichterscheinen als nicht hinreichend angesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1993, Zl. 92/03/0264).
Dennoch liegt eine - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01 u. a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof nämlich fest, dass die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf die Z 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung daher nicht mehr anzuwenden, sodass eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/03/0002, mwH).
Der angefochtene Bescheid war daher in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 6. September 2005
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2001030211.X00Im RIS seit
04.10.2005