TE OGH 1987/3/5 6Ob7/87

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Veröffentlicht am 05.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Schlosser und Mag.Engelmaier als Richter in der Abhandlungssache nach der am 31.Oktober 1985 verstorbenen Margarete (auch Margarethe) Rosina F***, Landwirtin, zuletzt 9062 Moosburg in Kärnten, Knasweg 7, infolge Revisionsrekurses des Legatars Siegfried Walter P***, Bankangestellter, 9020 Klagenfurt, Gabelsbergerstraße 14/40, vertreten durch Dr.Franz Müller-Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 12.Dezember 1986, GZ. 1 R 550/86-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 14.Oktober 1986, GZ. 1 A 1006/85-24, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

In ihrem am 16.September 1985 errichteten, am 16.Oktober 1985 ergänzten Testament setzte die am 31.Oktober 1985 verstorbene Margarete (auch Margarethe) Rosina F*** ihren am 7.August 1956 oder 1957 geborenen Sohn aus der zweiten Ehe, Anton Fischer, zum Alleinerben ein. Ihrem am 4.Dezember 1951 geborenen Sohn aus der ersten Ehe, Siegfried Walter P***, vermachte sie ihre vom Erben lastenfrei zu übergebende Liegenschaft in Pörtschach, Hauptstraße 188, 150 Festmeter Bauholz (Fichte) und einen binnen fünf Jahren nach ihrem Tode "zahlbaren" wertgesicherten Barbetrag von 1 Million S. Ihrem Ehemann, Anton Martin F***, vermachte sie einen im Testament näher umschriebenen "Auszug". Weiters legte sie ihrem Erben bis zum Tode seines Vaters ein grundbücherlich einzutragendes letztwilliges Veräußerungs- und Belastungsverbot bezüglich ihrer land- und forstwirtschaftlichen Besitzung in Moosburg auf. Bei dieser Besitzung handelt es sich um die rund 51 ha große Liegenschaft EZ 15 Grundbuch Gradenegg, Krauthube, die vermutlich ein Erbhof im Sinne des Kärntner Erbhöfegesetzes ist. Die Siegfried Walter P*** vermachte 1192 m 2 große Liegenschaft ist unter der EZ 52 im Grundbuch Pörtschach am See eingetragen und mit einer Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens und aus einer Urkunde vom 19. Oktober 1956 mit einem Pfandrecht von S 30.000,-- belastet. Auf der erstgenannten Liegenschaft ist kein Pfandrecht einverleibt. Am 17.Juni 1986 gab der erblasserische Sohn Anton F*** auf Grund des erwähnten Testamentes eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab, die rechtskräftig angenommen wurde.

Auf Antrag des erbserklärten Erben wurde die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses angeordnet.

Am 26.August 1986 beantragte Siegfried Walter P*** die Absonderung der Verlassenschaft im Sinne des § 812 ABGB. Als Gründe seiner Besorgnis führte er an, der Erbe habe auf der "Verlaßliegenschaft" umfangreiche Schlägerungsarbeiten durchgeführt und acht bis zehn Stück Großvieh verkauft.

Am 4.September 1986 wurde durch Besichtigung beider Liegenschaften und der Fahrnisse mit der Aufnahme des Inventars begonnen. Der erbserklärte Erbe bestritt die behaupteten Viehverkäufe; solche habe nur sein Vater aus eigenem Viebestand vorgenommen. Zu den Holzschlägerungen erklärte er, zur Vermeidung von Borkenkäferbefall seien Schnee- und Windbruch aufgearbeitet und die dabei angefallenen rund 354 Festmeter Holz um insgesamt S 289.594,62 verkauft worden. Der nach Abzug der Kosten verbliebene Nettoerlös von S 190.463,62 sei auf ein Sonderkonto zugunsten der Verlassenschaft eingezahlt worden. In seiner Äußerung zum Separationsantrag seines Halbbruders beantragte der erbserklärte Erbe am 25.September 1986, die erwähnten Maßnahmen zur Vermeidung von Schädlingsbefall, den Verkauf des dabei gewonnenen Holzes und die Abrechnung zu genehmigen, und ihm die Verwaltung des Nachlasses ab dem Todestag der Erblasserin, allenfalls ab diesem Antrag zu überlassen.

Das Erstgericht bewilligte die Absonderung der Verlassenschaft, bestellte den Notariatskandidaten Dr.Thomas Krampl zum Absonderungskurator und wies den Antrag des erbserklärten Erben auf Überlassung der Verwaltung des Nachlasses ab.

Dabei nahm es als erwiesen an, daß der erbserklärte Erbe auf der Liegenschaft EZ 15 Grundbuch Gradenegg rund 354 Festmeter Holz schlägern ließ, verkaufte und den Nettoerlös von S 190.463,62 auf ein auf die Verlassenschaft lautendes Konto einzahlte. Daß der Erbe die Schlägerung und den Holzverkauf ohne Zustimmung des Abhandlungsgerichtes vorgenommen habe, rechtfertige die Besorgnis des Legatars. Wegen der Absonderung der Verlassenschaft und der Bestellung eines Absonderungskurators sei die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an den erbserklärten Erben nicht möglich.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Absonderungsantrag abwies, die Bestellung Dr.Thomas Krampls zum Absonderungskurator aufhob und dem erbserklärten Erben die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft überließ. Nach Meinung der zweiten Instanz dürfe nicht übersehen werden, daß der Nettoerlös der Schlägerungsarbeiten auf ein zugunsten der Verlassenschaft errichtetes Konto eingezahlt worden sei. Daß die Schlägerungsarbeiten nicht notwendig gewesen wären oder das angefallene Holz verschleudert worden wäre, sei nicht behauptet worden. Ersteres müsse auch nach den gerichtsbekannten überdurchschnittlich großen Wind- und Schneebrüchen des vergangenen Winters verneint werden. Die Handlungsweise des Erben könne daher ebensowenig eine Besorgnis rechtfertigen wie im Rahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebes liegende allfällige Viehverkäufe. Daß der Erbe nicht sogleich einen Antrag auf Überlassung der Besorgung der Verlassenschaft gestellt habe, auf die er Anspruch habe, ändere nichts daran, daß der land- und forstwirtschaftliche Betrieb habe geführt werden müssen. Die vom Legatar behaupteten Handlungen des Erben könnten die Besorgnis einer Gefahr durch Vermengung des Nachlasses mit dem Vermögen des Erben nicht rechtfertigen.

Dagegen richtet sich der nach § 14 Abs.1 AußStrG zulässige Revisionsrekurs des Siegfried Walter P*** mit den Anträgen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, allenfalls durch Wiederherstellung der Entscheidung der ersten Instanz abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.

"Wenn der Erbe bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, ist ihm die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen" (§ 810 ABGB).

Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann hat der Erbe in der Regel ein subjektives Recht auf die Einräumung der Verwaltung (SZ 21/27; JBl.1968, 522; SZ 56/123; Welser in Rummel, ABGB Rz 3 zu § 810). Die Überlassung der Verwaltung schließt die Separation nicht aus, doch hat die Separation das Erlöschen der Verwaltung zur Folge (ZBl.1930/171; SZ 23/361; Welser aa0 Rz 10).

"Besorgt ein Erbschaftsgläubiger, ein Legatar oder ein Noterbe, daß er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne, so kann er vor der Einantwortung verlangen, daß die Erbschaft von dem Vermögen des Erben abgesondert, vom Gericht verwahrt oder von einem Kurator verwaltet, sein Anspruch darauf vorgemerkt und berichtigt werde..."

(§ 812 ABGB).

Diese Bestimmung will allen Gefahren vorbeugen, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben ergeben SZ 9/218), z.B. einer die Nachlaßmasse schmälernden (un-)wirtschaftlichen Gebarung (EvBl.1976/137). Daher ist "Vermengung" nicht wörtlich zu verstehen und Separation auch zulässig, wenn der Nachlaß nur aus verbücherten Liegenschaften besteht oder der Erbe vermögenslos ist (Welser aa0 Rz 2 zu § 812).

Besorgnis der Gefahr ist jedes ausreichend motivierte, auch bloß subjektive Bedenken (SZ 24/194, SZ 25/223; EvBl.1976/137; JBl.1978, 152). Der Gläubiger muß aber wenigstens konkrete Umstände behaupten, die bei vernünftiger Überlegung seine Besorgnis rechtfertigen könnten (SZ 25/215; NZ 1965,105, 1969, 156, 1971, 80; JBl.1978, 152; NZ 1986, 263). Die abstrakte Möglichkeit, daß der Erbe irgendwelche nicht näher umschriebenen Verfügungen treffen könnte, reicht ebensowenig aus (JBl.1978, 152) wie Umstände, die schon ihrer Natur nach keine Besorgnis aufkommen lassen oder die der Erbe zerstreuen kann (Welser aaO Rz 14 und 15 zu § 812; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 359).

Letzteres ist dem Erben gelungen.

Den nächsten Angehörigen der Erblasserin, insbesondere ihren beiden Söhnen und ihrem Witwer, mußte ab dem Tode der Erblasserin, dem Verlassenschaftsgericht ab der Todfallsaufnahme klar sein, daß insbesondere die land- und forstwirtschaftliche Besitzung, bei der es sich wahrscheinlich um einen Erbhof im Sinne des Kärntner Erbhöfegesetzes handelt, auch nach dem Tode der Erblasserin, die diesen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geführt hatte, einer ordentlichen Verwaltung bedurfte. Wenn der zum Alleinerben eingesetzte, auf dieser Besitzung lebende und als Jungbauer (vgl. Testament) tätige jüngere Sohn der Erblasserin, der zur Weiterführung dieses Betriebes geeignet erscheint und als Alleinerbe nach der Erbserklärung ohnehin die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft beanspruchen konnte, unter diesen Umständen den Betrieb nach dem Tode der Erblasserin einstweilen weiterführte und im Zuge dieser Betriebsführung notwendige Fahrnisverkäufe tätigte, ohne die Zustimmung des Verlassenschaftsgerichtes eingeholt zu haben, rechtfertigt dies noch nicht die von seinem Halbbruder geäußerte Besorgnis, weil sich aus den genannten Umständen und der Tatsache, daß der Testamentserbe den Nettoerlös aus dem Holzverkauf auf ein Konto der Verlassenschaft einzahlte, kein Hinweis auf eine den Nachlaß schmälernde unwirtschaftliche Gebarung ergibt. Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

Anmerkung

E10398

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00007.87.0305.000

Dokumentnummer

JJT_19870305_OGH0002_0060OB00007_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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