Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5.März 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Streller als Schriftführers in der Strafsache gegen Friedrich G*** wegen des Vergehens des Betrugs nach §§ 146 f. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Krems an der Donau als Schöffengerichts vom 12.November 1986, GZ. 10 b Vr 104/86-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Stöger, und der Verteidigerin Dr. Ogris, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Schuldberufung wird zurückgewiesen.
Der Berufung wegen Strafe wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der Strafgefangene Friedrich G*** wurde des Vergehens des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z. 1 und Abs 2 StGB. schuldig erkannt. Er hat am 18.Februar 1985 aus der Strafvollzugsanstalt Stein unter Benützung einer auf den Namen Dipl.Ing. Alfred F*** lautenden und damit falschen Bestellungsurkunde bei der Firma U***-V*** Ges.m.b.H. über seine als Warenempfängerin namhaft gemachte Mutter Waren im Wert von 6.814 S angeschafft. Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z. 4, 5, 9 lit a bzw. 10 StPO. geltend.
Die Vernehmung des vom Verteidiger beantragten Vlade M*** mußte unterbleiben, weil dieser Zeuge unbekannten Aufenthalts ist und überdies ein auf die Urteilstat bezogenes Beweisthema, zu dem M*** zu hören wäre, nicht genannt worden ist (S. 93). Der Befragung auszuforschender weiterer ehemaliger Mithäftlinge und der Mutter des Angeklagten zum Nachweis, daß auch andere Personen einen Teil der vom Angeklagten beim U***-V*** bestellten Waren erhalten haben, bedurfte es nicht, weil das Erstgericht ohne diese Beweismittel zu der vom Angeklagten angestrebten Urteilsfeststellung gelangte (S. 98).
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge (Z. 5) erschöpft sich zur Gänze in einer unzulässigen Anfechtung der Beweiswürdigung. Will doch der Angeklagte damit nur seiner vom Gericht mit denkfolgerichtiger Begründung als widerlegt erachteten Verantwortung zum Durchbruch verhelfen, derzufolge er nur über Ersuchen des Mithäftlings Vlade M*** und im Vertrauen auf dessen Zusicherung, daß die bestellten Waren von dem vorgegebenen Besteller (F***) bezahlt würden, gehandelt habe. Allein mit dem Vorbringen, daß die Weitersendung der von ihm bestellten Waren (durch seine Mutter) auch an andere Personen und sogar nach Albanien dafür spreche, daß er nur im Interesse des Vlade M*** gehandelt habe und der Bestellungsmodus seine Ausforschung geradezu habe erwarten lassen, zielt der Beschwerdeführer lediglich darauf ab, darzulegen, daß aus diesen Umständen auch andere, von den Urteilsannahmen abweichende und für ihn günstigere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können. Damit behauptet er aber keinen Begründungsmangel (siehe den Wortlaut des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO.).
Die Rechtsrüge (Z. 9 lit a bzw. 10, sachlich nur Z. 10) bekämpft die Annahme eines 5.000 S übersteigenden Schadens und damit die Qualifikation des Betrugs nach § 147 Abs 2 StGB. Der Beschwerdeführer meint, daß im Betrag von 6.814 S auch ihm nicht zuzurechnende Zinsen enthalten seien, ferner sei davon die von der Lieferfirma nicht bezahlte Umsatzsteuer abzuziehen und zufolge Uneinbringlichkeit der Forderung hätte der U***-V*** auch eine Steuerabzugspost, die ebenfalls den Schaden mindere. Überdies hätte der Lieferant nach § 20 KonsumentenschutzG. keinen Anspruch auf den der nicht geleisteten Anzahlung entsprechenden Teil des Kaufpreises, das sind im vorliegenden Fall 20 % des Barzahlungspreises.
Die Behauptung, daß in dem als erwiesen angenommenen Gesamtschaden auch Zinsen enthalten seien, ist unrichtig (S. 5). Die Umsatzsteuer ist ein Teil des Kaufpreises und darum bei der Schadensermittlung zu veranschlagen (Kienapfel BT II § 128 StGB. Rz. 31 m.w.N., § 147 StGB. Rz. 89; Leukauf-Steininger 2 § 128 StGB. Rz. 22, 23, gleichfalls m.w.N.). Aus einer allfälligen Uneinbringlichkeit der Forderung der Lieferfirma sich ergebende nachträgliche (!) steuerrechtliche Folgen haben auf den im Verlust der herausgelockten Ware bestehenden Betrugsschaden ebensowenig einen Einfluß wie eine allfällige zivilrechtliche Unklagbarkeit einer nicht geleisteten Mindestanzahlung. Die privatrechtliche Regelung der Klagbarkeit vermag ja an dem durch den Verlust der Ware eingetretenen Schaden nichts zu ändern.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Die Schuldberufung war zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht zulässig ist (§ 280 StPO.).
Auch die eine Strafreduktion und die Gewährung bedingter Strafnachsicht begehrende Berufung geht fehl.
Der Angeklagte wurde nach § 147 Abs 1 StGB. zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Dabei sind als erschwerend die wiederholten Vorabstrafungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten und der Umstand, daß die prozeßgegenständliche Tat während des Strafvollzugs begangen worden ist, als mildernd hingegen der Umstand, daß der Berufungswerber sich in Haft wegen seiner geringen Mittel kaum persönliche Wünsche erfüllen konnte, gewertet worden.
Der Angeklagte unterstreicht nur den bereits angenommenen Milderungsgrund, ohne weitere Umstände nennen zu können, welche seine Tat in einem günstigeren Licht erscheinen ließen. Abgesehen davon, daß der Nichtbesitz eines Radios in Haft noch keine Notlage auslöst, hätte der Angeklagte diese selbst verschuldet. Auch aus dem Wert der Sache läßt sich kein die Freiheitsstrafe reduzierender Unrechtsgehalt ableiten.
Der Rückfall während des Strafvollzugs unterstreicht dessen bisherige Erfolglosigkeit (siehe § 20 StrafvollzugsG.) und verbietet die Gewährung bedingter Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB.).
Anmerkung
E10261European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00008.87.0305.000Dokumentnummer
JJT_19870305_OGH0002_0130OS00008_8700000_000