TE OGH 1987/3/10 2Ob529/87

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Veröffentlicht am 10.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Verlassenschaft nach Franz Josef S***-S***, verstorben am 29.Juni 1986, vertreten durch die erbserklärten Erben 1.) Marie Valerie StU***, 1130 Wien, Pröllgasse 1, 2.) Marie-Antoinette G***-S***, 8130 Fronleiten, Schloß Pfannberg, 3.) Maria Christine W***, 1090 Wien, Rooseveltplatz 13, 4.) Marie-Sophie S***, 1040 Wien, Prinz Eugenstraße 68, sämtliche vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Ing. Friedrich Salvator H***-L***, 3683 Ysper, Schloß Roregg,

2.) Dr. Michael Salvator H***-Lothringen, 3680 Persenbeug, Schloß Persenbeug, 3.) Ing. Franz Salvator H***-L***, 3313 Wallsee, Schloß Wallsee, 4.) Leopold H***-L***, 3683 Ysper, Schloß Roregg, 5.) Radbot H***-L***,

I-80187 Rom, Via Barberini 91-93, 6.) Georg H***-L***, 5026 Salzburg, Schwarzenbergpromenade 28, 7.) Franz Josef W***-Z***, 6845 Hohenems, 8.) Dr. Josef W***-Z***,

D-7989 Argenbühl-Emgenes, Schloß Syrgenstein, 9.) Vitus W***-Z***, D-7989 Argenbühl-Emgenes, Schloß Syrgenstein, sämtliche vertreten durch Dr. Peter Fiegl, Dr. Franz Riel, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wegen Regelung der Jagdnutzung, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 26. November 1986, GZ 1 a R 414/86-7, womit der Beschluß des Beziksgerichtes Persenbeug vom 19.September 1986, GZ Nc 21/84-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind Miteigentümer des Habsburg-Lothringen'schen Gutes Persenbeug.

Die Antragstellerin begehrt die Regelung zur Ausübung der Jagdrechte und der Jagdnutzung durch den Außerstreitrichter. Die Erben nach Franz Josef S***-S*** beabsichtigten nicht, die Jagdrechte auszuüben, und strebten daher einen Ausgleich an. Bei einer Verpachtung der Jagd könnten jährlich 7 Mill S erzielt werden, hievon würde auf die Antragstellerin entsprechend ihrem Miteigentumsanteil ein Betrag von 1,390.050 S entfallen. Die Antragsgegner wendeten ein, das Erstgericht sei sachlich unzuständig, weil ein Schiedsvertrag der Miteigentümer vorliege. Überdies bestehe ohnedies eine Vereinbarung über die Jagdnutzung. Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Die Miteigentümer hätten eine Vereinbarung über den Zweck der Gemeinschaft, die Ausübung der Miteigentumsrechte sowie die Verwaltung und im Zusammenhang damit einen schriftlichen Schiedsvertrag errichtet, wonach für alle Streitigkeiten aus der Miteigentümervereinbarung ein Schiedsgericht vereinbart werde. Auch der Streit über das Jagdrecht sei der Beurteilung durch das Schiedsgericht unterworfen. Daß diese Außerstreitsache eine schiedsfähige Rechtsangelegenheit sei, ergebe sich aus § 577 Abs.1 ZPO, wo auf die Vergleichsfähigkeit des Gegenstandes abgestellt werde.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Gericht zweiter Instanz teilte die Ansicht des Erstgerichtes, daß es sich um eine schiedsfähige Sache handle, gelangte jedoch zu dem Ergebnis, daß, da gemäß § 10 der Miteigentümervereinbarung die Jagdrechte gesondert geregelt werden sollten, kein Streit aus der Miteigentümervereinbarung vorliege, weshalb der Schiedsvertrag nicht anwendbar sei. Die Einwendung der sachlichen Unzuständigkeit sei daher nicht berechtigt, sodaß die Zurückweisung des Antrages unzutreffend sei. Das Erstgericht werde zu prüfen haben, ob die von den Antragsgegnern behauptete Vereinbarung über die Ausübung der Jagd bestehe. Stelle sich die Richtigkeit dieser Behauptung heraus, wäre der Antrag abzuweisen. Andernfalls wäre über den Antrag nach den §§ 834, 835 ABGB zu entscheiden.

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes gerichtete Revisionsrekurs der Antragsgegner ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerber führen aus, aus der Miteigentümervereinbarung ergebe sich, daß das Gut gemeinschaftlich verwaltet werden solle. Da die Jagdrechte ein Ausfluß des Grundeigentums seien, sei es die Absicht der Eigentümer gewesen, auch die Jagdrechte gemeinsam nach den Grundsätzen der Miteigentümervereinbarung zu verwalten. Durch alle Bestimmungen der Miteigentümervereinbarung ziehe sich "wie ein roter Faden" der Gedanke, daß die Vermögenswerte des Gutes gemeinsam und in erster Linie durch den zu bestellenden Generalbevollmächtigten zu verwalten seien, der Generalbevollmächtigte sollte auch die Funktion des Guts- und Jagdherrn ausüben. § 10 der Miteigentümervereinbarung, wonach Jagd- und Fischereirechte der Mitegeintümer besonders geregelt werden, sollte nach Absicht der Miteigentümer die Ausübung der Jagd durch die Miteigentümer zum Inhalt haben. Seit unvordenklichen Zeiten sei es nämlich den Miteigentümern gestattet gewesen, unabhängig von der Größe ihres Anteiles selbst zu jagen und zu fischen. Im § 10 der Miteigentümervereinbarung sei nur die Regelung der persönlichen Jagd- und Fischereiausübung durch die Miteigentümer vorbehalten worden. Die Antragstellerin begehre aber nicht die Regelung der persönlichen Jagdausübung, sondern die Regelung und Nutzung des gesamten Jagdrechtes. Die Richtigkeit der angeführten Auslegung könne der (bereits in erster Instanz beantragte) Verfasser des Gedächtnisprotokolls über die Miteigentümervereinbarung, Rechtsanwalt Dr. Friedrich W. Mosing, bestätigen.

Hiezu ist folgendes zu erwägen:

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in EvBl. 1985/52 ausgesprochen, daß für gewisse Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens eine Schiedsvereinbarung zulässig ist. Die Antragstellerin begehrt die Regelung und Ausübung der Jagdrechte und der Jagdnutzung, somit eine Benützungsregelung, über die die Parteien einen Vergleich abschließen könnten (§ 577 Abs.1 ZPO). Die Parteien könnten durch eine Vereinbarung die Sache in das streitige Verfahren verlegen. Es besteht daher kein Grund, die Sache als nicht schiedsfähig anzusehen (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 2178). Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht ist jedoch dem Rekursgericht beizupflichten, daß der Antrag keine Sache betrifft, für die ein Schiedsgericht vereinbart wurde. Den Antragsgegnern ist zuzugeben, daß durch die Miteigentümervereinbarung offenbar eine gemeinschaftliche Verwaltung des Gutes erreicht werden sollte. Im § 1 der Vereinbarung wird als Zweck angeführt, bei Erhaltung der Vermögenswerte im Familienbeisitz zumindest real gleichbleibende Erträge zu erzielen; das Gut sei ein Forstbetrieb und solle als geschlossener Wirtschaftskörper geführt werden. In der Miteigentümervereinbarung sind mehrere Organe vorgesehen, so gemäß § 4 die Miteigentümerversammlung als oberstes Organ, das in allen Angelegenheiten beschließt, die ihm von einem Miteigentümer, einem Mitglied des Verwaltungsrates oder dem Generalbevollmächtigten vorgelegt werden. Gemäß § 6 kann ein Verwaltungsrat bestellt werden, dem eine beratende Funktion zukommt, überdies bedürfen gewisse Verwaltungsagenden des Generalbevollmächtigten der Genehmigung des Verwaltungsrates oder der Miteigentümerversammlung. Gemäß § 7 ist schließlich ein Generalbevollmächtigter zu bestellen, der die Miteigentümer nach außen vertritt und die Geschäfte führt. Er ist das Vollzugs- und unmittelbare Verwaltungsorgan der Miteigentümer und diesen verantwortlich. Sofern der Generalbevollmächtigte Miteigentümer ist, obliegt ihm die Ausübung der Funktion des Jagdherrn. Ist er nicht Miteigentümer, obliegt diese Funktion dem Miteigentümer, der auf Schloß Persenbeug oder Schloß Roregg residiert. Im Schiedsvertrag wurde die ausschließliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes für alle Streitigkeiten, die aus der im § 1 der Miteigentümervereinbarung entstehenden Streitigkeiten entstehen, festgelegt.

Betrachtet man die bisher angeführten Bestimmungen der Miteigentümervereinbarung, dann wäre sicherlich die Annahme gerechtfertigt, daß die in der Miteigentümervereinbarung angeführten Organe über Fragen des Jagdrechtes zu entscheiden haben und im Streitfall das Schiedsgericht zuständig sei. Bedacht zu nehmen ist jedoch auf § 10, der die Überschrift "Jagd und Fischerei" trägt und folgenden Wortlaut hat: "Die Jagd- und Fischereirechte der Miteigentümer werden gesondern geregelt". Dafür, daß damit nur die persönliche Ausübung der Jagd und der Fischerei durch Miteigentümer gemeint war, ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung keinerlei Ahhaltspunkt. Entscheidend ist wohl der Wille der Parteien (SZ 55/89 ua), der äußere Wortlaut der Vereinbarung bildet aber auf jeden Fall die Grenze für die Auslegung. Das Erfordernis der Schriftlichkeit des Schiedsvertrages (§ 577 Abs.3 ZPO) schließt eine im Widerspruch zum Wortlaut der schriftlichen Vereinbarung stehende Auslegung aus (7 Ob 631/82). Eine Auslegung dahin, daß die Jagdrechte der Schiedsvereinbarung unterliegen, stünde aber zum Wortlaut des § 10 der Miteigentümervereinbarung, auf die der Schiedsvertrag Bezug nimmt, in Widerspruch. Die von den Antragsgegnern begehrte Vernehmung über die Absicht der Parteien wäre daher nicht geeignet, eine Zuständigkeit des Schiedsgerichtes darzutun. Dem Umstand, daß dem Generalbevollmächtigten bzw. dem Miteigentümer, der auf Schloß Persenbeug oder Schloß Roregg residiert, die Ausübung der Funktion des Jagdherrn zukommt, kann für die Frage, ob die Regelung des Jagdrechtes vom Schiedsvertrag umfaßt ist, keinerlei Bedeutung beigemessen werden.

Zutreffend hat daher das Rekursgericht den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes aufgehoben. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß eine Vereinbarung der Miteigentümer über die Ausübung des Jagdrechtes einer rechtsgestaltenden Entscheidung des Außerstreitrichters entgegenstehen und zur Antragsabweisung führen könnte, entspricht der ständgen Rechtsprechung (Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 5, 11 und 12 zu § 835 mwN).

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E10488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00529.87.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19870310_OGH0002_0020OB00529_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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