Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Maria F***, Geschäftsfrau, derzeit Hausfrau, Gartenstraße 1/45, 9330 Treibach, vertreten durch Dr. Georg Pertl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider den Gegner der gefährdeten Partei Rudolf F***, Geschäftsmann, Landstraße 1, 9131 Grafenstein, Poggersdorf, vertreten durch Dr. Günther Karpf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen einstweiliger Verfügung (S 500.000,--) infolge Revisionsrekurses des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 17. Dezember 1986, GZ 6 R 209-212/86-121, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. Oktober 1986, GZ 23 Cg 219/85-115, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die gefährdete Partei hat dem Gegner der gefährdeten Partei die Kosten der Rekursbeantwortung von S 13.237,95 (darin die Umsatzsteuer von S 1.203,45) sowie die mit S 22.901,45 bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin die Barauslagen von S 10.000,-- und die Umsatzsteuer von S 1.081,95) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Das seit November 1980 zwischen den Parteien anhängige Ehescheidungsverfahren, das seit 16. April 1986 ruht, wurde auf beiderseitige Eheverfehlungen und auf Ehebruch gestützt. Den mit der Klage verbundenen Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Sicherung ihres Anspruches auf Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse und ihres Unterhaltsanspruches auf den dem Gegner der gefährdeten Partei gehörenden Liegenschaften EZ 173 KG Leibsdorf, EZ 90 KG Mieger, EZ 215 KG Leibsdorf, EZ 18 KG Klagenfurt, V. Bezirk, EZ 112 KG Pubersdorf und EZ 89 KG Pubersdorf, alle Gerichtsbezirk Klagenfurt, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleiben zu lassen, zog die Klägerin - den Antrag auf Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse gemäß § 81 ff EheG hatte das Erstgericht mit seinem Beschluß vom 26. August 1981 zurückgewiesen - im Zusammenhang mit ihrem am 9. Juli 1986 eingebrachten Antrag auf Erlassung der nachstehenden einstweiligen Verfügung zurück:
Zur Sicherung des Anspruches der gefährdeten Partei wider dem Gegner der gefährdeten Partei auf Unterlassung der entgeltlichen oder unentgeltlichen Veräußerung, Belastung oder Verpfändung der Liegenschaften EZ 18 KG Klagenfurt 5. Bezirk, EZ 89 KG Pubersdorf, EZ 112 KG Pubersdorf, EZ 173 KG Pubersdorf, EZ 173 KG Leibsdorf, EZ 215 KG Leibsdorf und EZ 90 KG Mieger alle Gerichtsbezirk Klagenfurt, werde dem Gegner der gefährdeten Partei
1.
verboten, die Liegenschaften EZ 18 KG Klagenfurt
5.
Bezirk, EZ 89 KG Pubersdorf, EZ 112 KG Pubersdorf, EZ 173 KG Pubersdorf, EZ 173 KG Leibsdorf, EZ 215 KG Leibsdorf und EZ 90 KG Mieger
a.
entgeltlich oder unentgeltlich zu veräußern,
b.
zu belasten,
c.
zu verpfänden und
2. aufgetragen, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution die einzigen Beschlußausfertigungen der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung hinsichtlich aller Liegenschaften beim Landesgericht Klagenfurt zu hinterlegen oder den Namen und die Anschrift seines Vertreters, in dessen Händen sich die Rangordnungsanmerkungsbeschlüsse befinden namhaft zu machen und diesem den Auftrag zu erteilen, die Hinterlegung der Beschlußausfertigungen der Rangordnungen für die
beabsichtigte Veräußerung hinsichtlich der Liegenschaften beim Landesgericht Klagenfurt zu hinterlegen.
Die Untersagung der Veräußerung, Belastung und Verpfändung werde bei den Liegenschaften EZ 18 KG Klagenfurt 5. Bezirk, EZ 89 KG Pubersdorf, EZ 112 KG Pubersdorf, EZ 173 KG Pubersdorf, EZ 173 KG Leibsdorf, EZ 215 KG Leibsdorf und EZ 90 KG Mieger, alle Gerichtsbezirk Klagenfurt gemäß § 384 Abs 2 EO von amtswegen angemerkt.
Die gefährdete Partei begründete ihren Antrag damit, daß zwischen ihr und dem Antragsgegner eine bürgerlich-rechtliche Erwerbsgemeinschaft begründet und während der Ehe im Rahmen dieser Gesellschaft Liegenschaften mit einem derzeitigen Verkehrswert von mindestens S 15,000.000 erworben worden seien, der Antragsgegner weigere sich aber, ihre durch unentgeltliche Mitarbeit und Mithaftung für die Kreditverbindlichkeiten bestandene Stellung als Gesellschafterin bürgerlichen Rechtes aufrecht zu erhalten. Er beabsichtige, alle Liegenschaften zu veräußern und habe bereits die Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung anmerken lassen. Der Antragsgegner beantragte die Abweisung dieses Antrages. Die Heiratsgutforderung der Antragstellerin sei grundbücherlich sichergestellt. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe mit ihr nie bestanden. Allfällige Ansprüche der Klägerin seien äußerst fraglich. Der Antragsgegner komme seinen Unterhaltsverpflichtungen nach. Im Falle der Veräußerung der Liegenschaften würde deren Erlös an deren Stelle treten. Die Ranganmerkungsbeschlüsse dienten lediglich der Erschwerung allfälliger exekutiver Maßnahmen von Gläubigern und der Vorbereitung von Vermögensübertragungen an die ehelichen Kinder.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Dem Antragsgegner sind als Eheverfehlungen ehewidrige Beziehungen zu Sophie B*** im Jahre 1963, zu Edeltraud L*** im Oktober 1967 und zu Ingrid J*** seit 1979 sowie die Fälschung einer Unterschrift zum Nachteil der Antragstellerin anzulasten.
Am 7. Mai 1958 errichteten die Streitteile und deren Väter einen Ehepakt, in welchem der Vater der Antragstellerin dem Antragsgegner als Heiratsgut für die Klägerin die Zahlung von S 100.000,-- bis 31. Dezember 1958 in Anrechnung auf den Erbteilsanspruch versprach. Der Vater des Antragsgegners trat dessen Verpflichtung zur seinerzeitigen Rückzahlung des Heiratsgutes an die Antragstellerin als Bürge und Zahler bei und bestellte für die Heiratsgutforderung seine Liegenschaft EZ 173 KG Leibsdorf zum Pfand. Mit der Eheschließung am 7. Juli 1958 wurde der Ehepakt wirksam. Am 18. Jänner 1959 übergab der Vater der Antragstellerin dem Antragsgegner Holz im Werte von S 100.000,--, das dieser in seinem Holzhandelsunternehmen verwendete, in welchem die Antragstellerin in der Buchhaltung arbeitete. Ebenfalls am 7. Mai 1958 übertrug der Vater des Antragsgegners diesem die Liegenschaften EZ 173 KG Leibsdorf und EZ 89 KG Pubersdorf.
Die Antragstellerin besuchte beim Wirtschaftsförderungsinstitut in Klagenfurt mehrere Kurse zur beruflichen Fortbildung, und zwar einen Koch- und Servierkurs und einen Kurs "Die alte Küche" im Jänner und Februar 1963, einen Lohnverrechnungskurs und einen Buchhaltungskurs für Fortgeschrittene von Oktober bis Dezember 1968, einen Maschinschreibkurs für Anfänger und Fortgeschrittene im Wintersemester 1973/74 und einen Stenographiekurs von September bis Dezember 1976.
Am 11. Juli 1963 wurde der Antragstellerin die Konzession zum Betrieb des Gast- und Schankgewerbes mit dem Standort Poggersdorf-Neubau erteilt. Ab 1965 wurde diese Konzession nacheinander an verschiedene Pächter verpachtet. Mit Bescheid vom 4. Oktober 1979 wurde die Betriebsart auf Espresso geändert. Für den gleichen Standort, nunmehr mit der Bezeichnung Poggersdorf 50 wurde am 29. Oktober 1979 eine Gewerbeberechtigung für den Betrieb eines Espressos an den Antragsgegner erteilt. Beide Gewerbeberechtigungen sind noch aufrecht.
Am 22. November 1968 räumte die Antragstellerin hinsichtlich ihrer Heiratsgutforderung von S 100.000,-- zur Sicherung einer Darlehensforderung von S 500.000,-- s.A. der Kärntner Landes-Hypothekenanstalt den Satz- und Pfandvertrag bei den Liegenschaften EZ 173 KG Leibsdorf und EZ 89 KG Pubersdorf ein. Am 16. Mai 1979 quittierte die Kärntner Landes-Hypothekenanstalt die Rückzahlung dieses Darlehens und bewilligte die Einverleibung der Löschung ihres Pfandrechtes.
Am 23. Mai 1972 beantragten beide Parteien bei der Waren- und Autokreditbank-GesmbH einen Kredit von S 20.000,--, der am selben Tage dem Antragsgegner bewilligt wurde. Am 28. Mai 1973 nahmen die Parteien bei der B*** einen Kontokorrentkredit von S 100.000,-- auf, dessen Laufzeit von den Parteien mehrmals verlängert wurde. Zur Besicherung dieses Kredites traten beide Parteien in offener Form die gesamten Einnahmen aus der Tankstelle und Servicestation ab und unterfertigten einen Blankowechsel als Annehmer. Der Kredit wurde von den Parteien am 6. Oktober 1975 auf S 200.000,-- und am 18. Februar 1977 auf S 300.000,-- erhöht. Am 4. April 1979 wurde die Laufzeit vom Antragsgegner mehrmals, zuletzt bis 31. März 1983 verlängert.
Am 13. April 1978 nahmen die Antragstellerin und der Antragsgegner bei der B*** einen Kredit von S 400.000,-- zum Kauf eines Hauses auf. Zur Besicherung dieses Kredites wurde die Liegenschaft EZ 18 KG Klagenfurt V. Bezirk verpfändet. Außerdem unterfertigten beide Parteien zwei Blankowechsel zur Sicherstellung und Abdeckung aller der B*** gegen sie zustehenden derzeitigen und künftigen wie immer gearteten Forderungen.
Die Errichtung des Gasthauses im Jahre 1962 beruhte auf einer Idee des Antragsgegners und sollte der Antragstellerin eine Betätigung ermöglichen. Die Parteien führten das Gasthaus etwa 1 1/2 Jahre persönlich bis Ende 1964. In dieser Zeit war der Antragsgegner im Holzhandel nicht tätig, sondern widmete sich ebenfalls dem Gasthaus. Die Antragstellerin galt gegenüber der Steuerbehörde als Inhaberin des Betriebes. Ab 1. Jänner 1965 verpachteten der Antragsgegner das Gasthaus und die Antragstellerin die dazu gehörende Konzession.
In den Jahren darauf betrieb der Antragsgegner das von seinem Vater übernommene Sägewerk. Die Antragstellerin arbeitete in diesem Betrieb ohne Entlohnung mit. Sie leistete Büroarbeiten, verkaufte Ware, wirkte beim Holzmessen mit, erledigte Amtswege, führte die Lohnverrechnung und kümmerte sich beim Wiederaufbau des Sägewerkes nach einem Brand um die Handwerker. Diese Mitarbeit währte bis 1979 oder 1980. Außerdem arbeitete sie Ende der Sechzigerjahre zwei Jahre lang als Tankwart in der unmittelbar neben dem Gasthaus befindlichen Tankstelle. Der Antragsgegner meldete während dieser Zeit die Antragstellerin als Angestellte, später als Arbeiterin zur Sozialversicherung bei der Gebietskrankenkasse, dann zur Selbständigenkrankenkasse und schließlich wieder zur Gebietskrankenkasse an.
Der Antragsgegner erwarb mit dem Übergabsvertrag vom 7. Mai 1958 die Liegenschaften EZ 173 KG Leibsdorf und EZ 89 KG Pubersdorf, mit Kaufvertrag vom 14. Jänner 1959 die Liegenschaft EZ 112 KG Pubersdorf, mit Kaufvertrag vom 14. Juli 1960 die Liegenschaft EZ 215 KG Leibsdorf, mit Kaufvertrag vom 5. September 1960 die Liegenschaft EZ 90 KG Mieger und im Wege der Versteigerung am 22. Juni 1979 die Liegenschaft EZ 18 KG Klagenfurt V. Bezirk. In allen Liegenschaften mit Ausnahme der EZ 89 KG Pubersdorf ist die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis 1. April 1987 angemerkt. Der Antragsgegner ist nicht Eigentümer der Liegenschaft EZ 173 KG Pubersdorf. Die Liegenschaften sind ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmungen des Antragsgegners. Er bezieht Einnahmen aus dem Holzhandel und dem Sägewerksbetrieb, aus der Verpachtung der Tankstelle und des Gasthauses, alle auf der Liegenschaft EZ 173 KG Leibsdorf, sowie aus der Geschäftsvermietung auf der Liegenschaft EZ 18 KG Klagenfurt V. Bezirk. Die Liegenschaften EZ 90 KG Mieger, EZ 215 KG Leibsdorf und EZ 112 und 89 KG Pubersdorf dienen zur pfandrechtlichen Sicherstellung von Krediten, die der Antragsgegner für betriebliche Zwecke aufnahm. Der Wert seines Vermögens wurde im Verfahren 19 C 85/80 des Bezirksgerichtes Klagenfurt im Gutachten vom 9. Juni 1982 mit S 9,5 Millionen ermittelt.
Die am 27. Juni 1961, 28. April 1964 und 11. Dezember 1967 geborenen ehelichen Kinder stehen nach ihrem Alter und ihrer bisherigen Ausbildung kurz vor dem Eintritt in das Berufsleben. Es wird notwendig sein, daß der Antragsgegner neben der Leistung des Unterhaltes für den am 28. Mai 1954 geborenen Sohn Rudolf weiterhin für die Beendigung der Berufsausbildung seiner Kinder in finanzieller Hinsicht sorgt. Wenn die Erträgnisse seiner Unternehmen hiefür nicht ausreichen, werden weitere Kreditaufstockungen unvermeidbar sein, denn ein Abbruch der Ausbildung wäre bei einer solchen Vermögenslage des Vaters nicht zu verantworten. Der Antragsgegner ist darüber hinaus bestrebt, seine Kinder durch Vermögensübertragungen beim Eintritt in das Erwerbsleben zu fördern. Der Antragsgegner gab bei seiner Vernehmung am 15. Mai 1984 an, alle seine Unternehmungen der ehelichen Tochter Maria übergeben zu haben; ein bindender Übergabsvertrag ist noch nicht abgeschlossen. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß zwischen den Parteien eine Erwerbsgemeinschaft bestanden habe, aus der ihnen nach Auflösung der Gemeinschaft ein Teilungsanspruch nach § 1215 ABGB erwachse. Da aber der Unterhaltsanspruch der Kinder gegenüber dem Antragsgegner dem Anspruch der Antragstellerin auf Sicherung des Teilungsanspruches vorgehe und bei Bewilligung der einstweiligen Verfügung der Unterhalt der Kinder und der Antragstellerin gefährdet wäre, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge und bewilligte zur Sicherung des Anspruches der Antragstellerin gegen den Antragsgegner auf Aufteilung des Vermögens aus dem bestehenden Gesellschaftsverhältnis bürgerlichen Rechts die beantragte einstweilige Verfügung hinsichtlich der Liegenschaft EZ 18 KG Klagenfurt. Es trug der Antragstellerin auf, binnen drei Monaten nach Rechtskraft seines Beschlusses die Einbringung der Klage auf Aufteilung des Vermögens aus dem bestehenden Gesellschaftsverhältnis bürgerlichen Rechts nachzuweisen und bewilligte die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des anhängig zu machenden Verfahrens, längstens jedoch bis 31. Dezember 1988. Das Mehrbegehren insbesondere auf Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der übrigen Liegenschaften wies es ab. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
Nach Ansicht des Rekursgerichtes sei für die Bewilligung der einstweiligen Verfügung gemäß § 387 Abs 2 EO zwar das Bezirksgericht zuständig gewesen; da sich der Antragsgegner jedoch, ohne die Einrede der Unzuständigkeit zu erheben, in die Sache eingelassen habe, sei die Unzuständigkeit geheilt, denn aufgrund der Verweisungen in den §§ 402 Abs 2, 78 EO, §§ 514 Abs 2, 477 Abs 1 Z 3 ZPO sei die Bestimmung des § 104 Abs 3 JN auch im Exekutionsverfahren anzuwenden. Nach Art. XVII § 2 Abs b der Zivilverfahrens-Novelle 1983 sei § 104 Abs 3 JN auf Verfahren anzuwenden, in denen die Klage bzw. der Antrag auf Einleitung des Verfahrens nach dem 30. April 1983 bei Gericht eingelangt ist. Der Gültigkeitsbeginn müsse bei einstweiligen Verfügungen, auch wenn sie im Zuge eines schon vor dem 30. April 1983 anhängigen Verfahrens beantragt werden, auf den Tag der Antragstellung bezogen werden, da es sich beim Provisorialverfahren um einen Zwischenstreit handelt. Auch unter Ehegatten könne formlos und konkludent eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vereinbart sein, wenn sie ihr Kapital (oder Einkommen) und ihre Arbeitskraft zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Zweckes vereinigt haben, die Leistungen über das Ausmaß der ehelichen Beistandspflicht hinausgegangen sind und gleichzeitig Mitentscheidungsrechte bestehen, insbesondere wenn eine gemeinsame gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Ein solcher Fall liege hier insoweit jedenfalls vor, daß der Anspruch auf Teilung des Gesellschaftsvermögens als bescheinigt angenommen werden könne. Die Gefährdung eines allfälligen Auseinandersetzungsanspruches ergebe sich schon aus dem Vorbringen des Antragsgegners selbst, der bestimmte Teile oder überhaupt das gesamte Unternehmen seinen Kindern bzw. der Tochter zukommen lassen wolle. Die Erwirkung von Ranganmerkungsbeschlüssen allein weise auf eine Veräußerungsabsicht hin, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen, was hier aber nicht der Fall sei. Der Auftrag zur Klagseinbringung innerhalb angemessener Frist sei aufgrund der Bestimmung des § 391 Abs 2 EO zu erteilen gewesen.
Gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners, in welchem er unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen oder den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Der Rechtsmittelwerber stellt sich auf den Standpunkt, daß die beiden Vorinstanzen zur Behandlung der beantragten einstweiligen Verfügung nicht zuständig gewesen seien. Außerdem hätte das Rekursgericht das Begehren der gefährdeten Partei überschritten, indem es sich zur Anspruchssicherung ausdrücklich auf die Aufteilung des Vermögens aus dem bestehenden Gesellschaftsverhältnis bürgerlichen Rechtes bezog. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts hätte nie bestanden. Die Gefährdung des Anspruches der Antragstellerin sei nicht bescheinigt. Die einstweilige Verfügung gefährde den Unterhalt der Kinder und der Antragstellerin.
Dazu war zu erwägen:
Das Rekursgericht hat die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichtes aus den von ihm näher dargelegten Gründen bejaht. Unter diesen Umständen erübrigt sich ein Eingehen auf diesen damit abschließend behandelten Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung schon deshalb, weil § 528 ZPO auch im Exekutions- und Provisorialverfahren und daher auch für die Anfechtung von Beschlüssen gilt, mit welchen das Rekursgericht die vom Erstgericht in Anspruch genommene sachliche Zuständigkeit bejahte und damit dessen insoweit implicite gefaßten Beschluß über seine Zuständigkeit bestätigte (vgl. Fasching IV, 451; 4 Ob 90,91/81; 4 Ob 52,53/84 ua). Wie das Rekursgericht im Ergebnis zutreffend darlegte, handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine einstweilige Verfügung im Sinne des § 382 Z 3 lit c EO, weil der Antrag der gefährdeten Partei seinem wesentlichen Inhalt nach nicht die Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, sondern unzweideutig gemäß § 381 Z 2 EO die Sicherung der Aufteilung des Vermögens aus dem zwischen den Parteien behaupteten Gesellschaftsverhältnis bürgerlichen Rechtes zum Gegenstand hat. Das Rekursgericht beging daher keinen Verstoß gegen § 405 ZPO, wenn es dem durch die Behauptungen der Antragstellerin inhaltlich klar umschriebenen Begehren die entsprechende Fassung gab.
Mit der Behauptung, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zwischen den Ehegatten nicht bestanden habe, wendet sich der Antragsgegner gegen die vom Rekursgericht angenommene Bescheinigung des Anspruches der gefährdeten Partei. Es ist jedoch ständige Rechtsprechung, daß dann, wenn die Ehegatten einen über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen und durch den Einsatz von Arbeitsleistungen und Vermögenswerten eine gemeinsame gewerbliche Tätigkeit ausüben, grundsätzlich ein Gesellschaftsverhältnis zwischen ihnen angenommen werden muß (BGH in NJW 1974, 2278; EvBl 1976/271; vgl. auch Strasser in Rummel Rdz 24 zu § 1175 ABGB). Davon ist im vorliegenden Fall aufgrund der oben dargestellten Bescheinigungsergebnisse jedenfalls auszugehen. Demnach liegt auf der Hand, daß die gefährdete Partei unter den gegebenen Umständen die Aufteilung des diesfalls nicht den Regeln des § 81 ff. EheG unterliegenden Gesellschaftsvermögens gemäß § 1215 ABGB mit durchaus gegebenen Erfolgsaussichten begehren kann. Ihr Sicherungsantrag beruht daher auf einer ausreichenden Bescheinigung ihres Aufteilungsanspruches. Im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichtes kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß die konkrete Gefährdung des Anspruches der Antragstellerin gemäß § 381 Z 2 EO bescheinigt worden wäre. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung im Sinne des § 381 EO jeweils auf die Umstände des einzelnen Falles an. Im Hinblick auf die vom Gesetz gebrauchten Ausdrücke "besorgen" (§ 381 Z 1 EO) und "drohen" (§ 381 Z 2 EO) wird das Vorliegen von Umständen gefordert, die ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung eine Beeinträchtigung des Anspruches oder des Anspruchsberechtigten als wahrscheinlich erscheinen lassen; es wird die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung gefordert. Demnach kann nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer in § 381 EO erwähnten Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens eine Anspruchsgefährdung im Sinne dieser Gesetzesstelle begründen (EvBl 1964/371; JBl 1970, 322; SZ 42/135; EvBl 1974/153;
EvBl 1981/188; 1 Ob 12,13/75; 5 Ob 516/77; 5 Ob 571/80 uva;
Heller-Berger-Stix 2722 f). Die Behauptungslast für die konkrete Gefährdung liegt gemäß § 389 Abs 1 EO bei der Antragstellerin (MietSlg 30.862; 3 Ob 567/81 ua).
Im vorliegenden Fall hat sie jedoch bloß allgemeine Behauptungen dahin aufgestellt, daß sie in ihrem Teilungsanspruch aufgrund der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft durch die beabsichtigten Veräußerungen des Antragsgegners und seinen aufwendigen Lebenswandel gefährdet erscheine (vgl. AS 282, 295, 296, 297). Es fehlen aber Behauptungen und insbesondere Bescheinigungsergebnisse in die Richtung, inwieweit sie etwa damit rechnen müsse, letztlich keine einvernehmliche Lösung des Teilungsproblemes zu erreichen (vgl. Strasser in Rummel Rdz 6 zu § 1215 ABGB) oder inwieweit ihr im Falle der Teilungsklage kein Geldäquivalent für ihren Gesellschaftsanteil zukäme, weil der Antragsgegner etwa insolvent oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage sein sollte, einen berechtigt erkannten Teilungsanspruch zu befriedigen. Die abstrakt immer gegebene Möglichkeit einer Gesetzesverletzung reicht für eine Gefahrbescheinigung zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 2 EO ebensowenig aus wie die unbescheinigt gebliebene Behauptung, daß der Antragsgegner mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin im Gegensatz zu früher aufwendiger lebe (vgl. AS 296).
Da die fehlende Bescheinigung der Gefährdung nicht durch Sicherheitsleistung ersetzt werden kann (Heller-Berger-Stix 2837; SZ 42/135; 3 Ob 567/81 uza), muß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Gefahrenbescheinigung abgewiesen werden, was zur Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes führt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 402, 78 EO, 50, 41 ZPO.
Anmerkung
E10586European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00541.87.0312.000Dokumentnummer
JJT_19870312_OGH0002_0080OB00541_8700000_000