Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosina P***, Hausfrau, Lärchenwaldstraße 2 a, 4820 Bad Ischl, vertreten durch Dr. Otto Rolle, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei S*** L***, Hauptplatz, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, wegen 90.000 S sA und Feststellung (10.000 S), Revisionsstreitwert 88.888,89 S, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 28.Mai 1986, GZ 4 R 118/86-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20.Jänner 1986, GZ 10 Cg 220/84-11, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von 385,80 S, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin kam am 30. Jänner 1982 gegen 10,15 Uhr als Fußgängerin in Linz im Bereich des Durchganges von der Baumbachstraße zur Herrenstraße auf der vereisten asphaltierten Fläche vor dem Neuen Dom zu Sturz und wurde dabei verletzt. Wegen dieses Unfalles der Klägerin wurde zu 16 U 675/82 des Bezirksgerichtes Linz gegen Adolf W***, einen Bediensteten der Straßenmeisterei Linz-Nord, ein Strafverfahren eingeleitet; es wurde gemäß § 90 StPO eingestellt. Mit einer zu 9 Cg 316/82 des Erstgerichtes eingebrachten Klage machte die Klägerin Schadenersatzansprüche aus diesem Unfall gegen den Diözesanverein zum Dombau in Linz (in der Folge als Diözesanverein bezeichnet), den Eigentümer der Grundfläche, auf der der Unfall erfolgte, geltend; diese Klage wurde rechtskräftig abgewiesen.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 90.000 S sA (Schmerzengeld); überdies stellte sie ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten für drei Viertel ihrer künftigen Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren. Die Klägerin stützte ihr Begehren im wesentlichen darauf, daß zur Unfallszeit die Unfallstelle mit festgetretenem Schnee bedeckt und vereist gewesen sei. Die Eisfläche habe sich auf den gesamten Durchgang erstreckt. Der Weg sei nicht ausgeschaufelt und gestreut gewesen. Im Hinblick auf diese Beschaffenheit des Weges sei die Klägerin zu Sturz gekommen und verletzt worden. Der Grundeigentümer, nämlich der Diözesanverein, habe seine Verpflichtung zur Räumung und Streuung des Weges durch Rechtsgeschäft der Beklagten übertragen, sodaß diese für die Räumung und Streuung des Weges verantwortlich gewesen sei. Die Beklagte sei schuldhaft ihrer Streupflicht nicht nachgekommen und habe daher der Klägerin den ihr durch den Unfall entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Klägerin habe Verletzungen erlitten, die ein Schmerzengeld von 120.000 S rechtfertigten; der Klagsbetrag von 90.000 S ergebe sich aus der Geltendmachung von bloß drei Vierteln des Schadens (ON 9 S 48). Da weitere schädliche Folgen aus diesem Unfall nicht auszuschließen seien, stelle die Klägerin auch ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten für drei Viertel ihrer künftigen Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren. Die Beklagte wendete dem Grunde nach im wesentlichen ein, Eigentümer des Grundstückes, auf dem die Klägerin zu Sturz gekommen sei, sei der Diözesanverein, der eine an dieses Grundstück angrenzende Grundfläche an die Beklagte verpachtet habe, ohne daß damit allerdings die Verpflichtung zur Betreuung des Grundstückes, auf dem sich der Unfall ereignete, verbunden gewesen sei. Den Diözesanverein treffe keine Verpflichtung zur Betreuung dieser Landfläche nach § 93 StVO. Nach dieser Gesetzesstelle hätten daher weder der Diözesanverein noch die Beklagte für die Unfallschäden zu haften. Die Beklagte habe tatsächlich - ohne jede diesbezügliche Verpflichtung - schon seit Jahrzehnten die Betreuung dieser Grundfläche auch im Winter durch Räumung und Streuung durchgeführt, während sich der Diözesanverein darum überhaupt nicht mehr gekümmert habe. Die Beklagte sei somit als Halter dieser Verkehrsfläche im Sinne des § 1319 a ABGB anzusehen; weder sie noch ihre Leute treffe ein grobes Verschulden am Unfall der Klägerin. Jedenfalls habe die Klägerin ein Mitverschulden im Ausmaß von 50 % zu verantworten, weil sie die Gefährlichkeit des Begehens des Domvorplatzes erkennen hätte müssen. Sie hätte entweder das Begehen dieses Platzes überhaupt unterlassen oder zumindest die entsprechende Sorgfalt anwenden müssen.
Die Höhe des Schmerzengeldanspruches der Klägerin und ihr
Feststellungsinteresse ist nicht strittig.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die Klägerin, die von der Baumbachstraße kommend in Richtung Mozartkreuzung über den Domvorplatz gehen wollte, trug fast neue Schuhe mit starkem Profil ohne Absatz. Den Weg über den Domvorplatz nahm sie fast täglich. Am Unfallstag waren die übrigen Gehsteige in der Gegend des Neuen Domes vollkommen eis- und schneefrei; auf dem von der Klägerin vorher zurückgelegten Weg hatte sich nirgendwo Eis befunden.
In Gehrichtung der Klägerin gesehen erstreckt sich zwischen dem Neuen Dom und der Herrenstraße eine asphaltierte Fläche, die sich im Bereich des Querschiffes des Domes verbreitert und bis zur Herrenstraße ausdehnt. Das Erreichen der Herrenstraße im Bereich der Einmündung des Domvorplatzes ist von der Baumbachstraße her auch dadurch möglich, daß man auf Gehsteigen entlang der Baumbachstraße und Herrenstraße dorthin geht, was nur einen geringfügigen Umweg bedeutet. Die asphaltierte Fläche, auf der die Klägerin stürzte, ist in Richtung Baumbachstraße durch ein Eisengitter abgesperrt, das derart ausgebildet ist, daß es sich unmittelbar im Anschluß an die Kirchenmauer in Form eines einflügeligen Tores und weiter in Richtung zum Dompark hin in Form eines zweiflügeligen Tores öffnen läßt. Auch zur Herrenstraße besteht eine ähnliche Abzäunung. Zur Zeit des Unfalles war das einflügelige Tor offen. An beiden Absperrungen des asphaltierten Platzes waren Tafeln mit der Aufschrift "Bis auf Widerruf freiwillig gestatteter Durchgang" angebracht.
Links und rechts des längs des Domes verlaufenden Teiles der asphaltierten Fläche befinden sich durch Granitpflastersteine gebildete Abflußrinnen, in die Kanaldeckel eingelassen sind. Zwischen der asphaltierten Fläche und dem Längsschiff des Domes befindet sich eine kleine parkartige Anlage, die mit Granitleistensteinen und einem Zaun von der Asphaltfläche abgegrenzt ist. Im Bereich der östlichen Turmkapelle, an die das beschriebene einflügelige Tor anschließt, befindet sich entlang der Kapelle ein Gehsteig, der etwas in die asphaltierte Fläche einspringt und diese im Bereich der Kapelle um etwa 1,5 m verengt. Im Zug der Durchquerung des Domvorplatzes muß ein Fußgänger zunächst den beschriebenen Gehsteig betreten, der auch deutlich durch das Gewicht des Verkehrs eingesunken ist. Da sich der Gehsteig aber in Gehrichtung der Klägerin entlang des Längsschiffes fortsetzt, muß er im Zuge der Durchquerung des Domvorplatzes wieder verlassen werden. Die Einfriedung des Domparkes verläuft so, wie sie im Lageplan I im Akt 9 Cg 316/82 dargestellt ist. Auch an der schmalsten Stelle ist die asphaltierte Fläche jedenfalls nicht unter 6 m breit. Die Einfriedung des Domparkes verläuft im Bereich der Unfallstelle nicht an einer Parzellengrenze, sondern innerhalb der Parzelle 1778/1 des Diözesanvereins.
Im Unfallszeitpunkt betrug die Temperatur plus 2,1 Grad Celsius und es herrschte mäßiger Regen. Die Witterung war auch am Tag vor dem Unfall etwa gleich. Am 29. Jänner 1982 wurde in Linz-Hörsching ganztägig mit Unterbrechungen Schneeregen oder Schneefall verzeichnet. Die Niederschlagsmenge betrug 2 mm, die Gesamtschneehöhe 18 cm. Durch den Regen wurde sie bis zum 30. Jänner 1982 um 3 cm vermindert. Für das Stadtgebiet von Linz sind auf Grund des Dauerniederschlages ähnliche Verhältnisse anzunehmen. Der gesamte asphaltierte Domvorplatz war zur Unfallszeit mit festgetretenem Schnee bedeckt und vereist. Es war kein Weg ausgeschaufelt, sodaß sich eine einzige Eisschicht auf dem gesamten Bereich des Durchganges befand. Es kann nicht einmal festgestellt werden, daß Reste einer Streuung vorhanden waren.
Zwischen dem Diözesanverein und der Beklagten als Pächterin wurde am 3.Juli 1941 ein Pachtvertrag betreffend die eingefriedete Grundfläche an der Ostseite des Linzer Domes auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Dieser Vertrag legte einige Verpflichtungen für die Beklagte fest, so zum Beispiel die Überlassung des Domplatzes für besondere kirchliche Anlässe etc. Die Pflege der Anlage, ihre Beaufsichtigung und ihre Einfriedung obliegt der Beklagten. Mit Schreiben vom 27.Februar 1963 erklärte sich der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Städtisches Gartenamt, für zuständig, den Domvorplatz zu pflegen bzw. zu betreuen. Als Gegenleistung dafür könne die Anlage als öffentliche Gartenanlage benützt werden. Eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung, wonach der Magistrat der Stadt Linz für die Räumung des Durchganges zuständig ist, besteht nicht. Auch der Pachtvertrag aus dem Jahr 1941 enthält nichts betreffend die Räumung und Streuung des Durchganges. Beides wurde aber seit 1935/36 bis einschließlich Winter 1981/82 das ganze Jahr über vom Magistrat Linz durchgeführt. Dies geschah im Sommer mit Hilfe einer Kehrmaschine bzw. durch Straßenkehrung, im Winter dadurch, daß eine Kehrmaschine bzw. Streumaschine durchfuhr. Die Säuberung und Streuung erfolgte beginnend am Gehsteig des Pfarrhofes entlang des Bereiches des Domparks auf der Herrenstraße, dann durch das zur Herrenstraße bzw. Rudigierstraße führende Eisentor entlang des Bereiches neben dem Teich in Richtung Dom und von dort zwischen Dom und Park in Richtung Baumbachstraße. Üblicherweise wurde im Winter mit dem Schneepflug ein ca. 2 m breiter Weg vom Eisentor Herrenstraße zum Eisentor Baumbachstraße in einem Bogen freigemacht und auch gestreut. Der Bereich beim einflügeligen Tor zur Baumbachstraße wurde händisch freigeschaufelt. Gleichzeitig mit der Schneeräumung wurde auch Salz gestreut. An Samstagen wurde in der Regel nicht gekehrt; nur wenn Schneefall oder Minusgrade gemeldet wurden, wurde an Samstagen ein Sonderdienst eingeteilt. Am Unfallstag, einem Samstag, gab es einen Sonderdienst, weil in besonderen Straßenlagen, wie zB Pöstlingberg, Schwierigkeiten hätten auftreten können. Die jeweils diensthabenden Bediensteten legen fest, ob an Samstagen ein großer oder ein kleiner Dienst zu versehen ist. Beim "kleinen Dienst" handelt es sich um eine Art Bereitschaftsdienst. Die Arbeiter des Magistrates werden nur dann tätig, wenn eine besondere Anforderung, in bestimmten Bereichen zu räumen oder zu streuen, erfolgt. Am Unfallstag versah der Streudienstleiter Adolf W*** den sogenannten kleinen Dienst. Auf Grund von besonderen Anforderungen wurde an diesem Tag die Hohe Straße, die Samhaberstraße, Bachmayrstraße und Oberbairingerstraße geräumt und teilweise gestreut. Weiters wurde eine Kontrollfahrt im Bereich des Glöcklweges durchgeführt. Geräumt bzw. gestreut wurden auch der Parkplatz in der Samhaberstraße sowie die Höllmühlstraße. Der jeweils eingesetzte Reinigungsdienst, der im Sommer die Kehrung und im Winter die Räumung der Gehsteige durchführt, hat in seinem Bereich zu beobachten, ob tatsächlich die Gehsteige bzw. die zu reinigenden Flächen frei sind. Es hat bisher noch nie eine Veranlassung gegeben, die Arbeiter des Magistrates zur Räumung (des Domvorplatzes) aufzufordern, weil die Räumung bereits durch Jahrzehnte hindurch klaglos funktionierte.
Der Straßenmeister Franz B*** vom Tiefbauamt des Magistrates der Stadt Linz ist für die Aufsicht über die Straßenreinigung im Bereich des Domes zuständig. Er muß kontrollieren, ob tatsächlich gestreut und gekehrt wurde. Am Tag vor dem Unfall bzw. am Unfallstag selbst wurde der Bereich der Unfallstelle von ihm nicht kontrolliert. Im Einsatzplan für die Schnee- und Glatteisbekämpfung auf Gehsteigen des Magistrates Linz war der Durchgang zur Baumbachstraße über den Domplatz, also auch die Unfallstelle, enthalten. Auf Grund dieses Dienstplanes bestand für die Arbeiter des Magistrates Linz die Verpflichtung, in diesem Bereich, der als Gehsteig bezeichnet wird, zu räumen. Der Dienstplan sieht eine Reihenfolge für die Streuung je nach Dringlichkeit vor. Von insgesamt über 75 zu streuenden Gehsteigen stand dieser Durchgang von der Herrenstraße zur Baumbachstraße nach der Dringlichkeit an achter Stelle.
Die Räumung wurde etwa seit dem Jahr 1935 oder 1936 vom Magistrat der Stadt Linz durchgeführt. Ein Entgelt hiefür wurde nicht bezahlt. Von Seiten des Magistrates wurde nie darauf hingewiesen, daß die Streu- bzw. Räumungsarbeiten nicht die Aufgabe des Magistrates wären. Erst nach dem Unfall wurde die Verpflichtung der Betreuung des Durchganges bestritten und behauptet, daß die Räumung bzw. Betreuung nur auf freiwilliger Basis erfolge. Am 20. Jänner 1983 wurde schließlich in einem Amtsvermerk am Streuplan vermerkt, daß für den Bereich Herrenstraße, Durchgang zur Baumbachstraße über den Domplatz, keine Streuverpflichtung bestehe. Seit 1983 wird dieser Bereich auch nicht mehr vom Magistrat betreut. Die Klägerin stürzte ungefähr 6 m nach dem einflügeligen Tor im Bereich der Turmkapelle etwa in der Mitte des asphaltierten Platzes zwischen Dompark und Dom. Vor dem Sturz war ihr die Vereisung nicht aufgefallen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Fläche, auf der die Klägerin stürzte, eine Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 StVO sei. Der Diözesanverein habe die ihm obliegende Streupflicht gemäß § 93 Abs. 5 StVO schlüssig an die Beklagte übertragen. Da aber die Beklagte weder ein Auswahl- noch ein Organisationsverschulden treffe, hafte sie der Klägerin nicht. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 1319 a ABGB komme nicht in Betracht, weil sie nicht Halter des Domvorplatzes sei.
Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es der Klägerin einen Betrag von 80.000 S sA zusprach und ihrem Feststellungsbegehren in Ansehung von zwei Dritteln ihrer künftigen Schäden aus diesem Unfall stattgab, ihr Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von 10.000 S sA und auf Feststellung der Haftung der Beklagten für ein weiteres Zwölftel ihrer künftigen Unfallschäden aber abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, der Wert des Streitgegenstandes insgesamt jedoch nicht 300.000 S übersteigt.
Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, der Durchgang von der Baumbachstraße zur Herrenstraße an der Ostseite des Neuen Domes sei eine Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 StVO. Da auch freiwillig gestattete Durchgänge über Privatgrundstücke dem öffentlichen Verkehr dienten, sei der Diözesanverein als Eigentümer der an den Domvorplatz angrenzenden Liegenschaften von den Anrainerpflichten des § 93 Abs. 1 StVO betroffen. Gemäß § 93 Abs. 5 StVO könnten jedoch diese Verpflichtungen durch Rechtsgeschäft an Dritte übertragen werden. Der durch das Rechtsgeschäft Verpflichtete trete in diesem Fall an die Stelle des Eigentümers. Die Beklagte habe schlüssig die Räumung und Bestreuung des Domvorplatzes übernommen. Sie hafte daher so, als ob sie der Eigentümer wäre. Sie hätte dafür zu sorgen gehabt, daß der Domvorplatz zwischen 6 und 22 Uhr gesäubert und bestreut war. Zur Unfallszeit sei aber am Domvorplatz kein Weg ausgeschaufelt und der gesamte Bereich des Durchganges vereist und nicht bestreut gewesen. Damit sei die Vorschrift des § 93 Abs. 1 StVO verletzt worden. Ein gemäß § 93 StVO Verpflichteter, der seiner Streupflicht überhaupt nicht nachkomme, hafte für einen Unfall auch dann, wenn jemand außerhalb des 1 m breiten Streifens entlang der Liegenschaft stürze. Es könne als sicher gelten, daß die Klägerin auf dem bestreuten Streifen gegangen wäre, wenn ein solcher vorhanden gewesen wäre. Die Beklagte habe somit durch die Vernachlässigung der sie gemäß § 93 Abs. 5 StVO treffenden Streupflicht den Unfall der Klägerin verursacht.
Da es sich bei der Beklagten um eine juristische Person handle, hafte sie für das Verschulden ihrer leitenden Funktionäre, wenn ihre Organisation unzureichend gewesen sein sollte, um einen entsprechenden Schneeräumungs- und Streudienst sicherzustellen. Die Beklagte habe daher zu haften, wenn organisatorisch nicht dafür Sorge getragen worden wäre, daß auch tatsächlich die Gehsteige bzw. Straßenränder zeitgerecht geräumt bzw. gestreut waren. Bei der Bestimmung des § 93 Abs. 1 StVO handle es sich um eine Schutzvorschrift im Sinne des § 1311 ABGB, sodaß die Beweislast für das unverschuldete Übertreten dieser Schutznorm den Schädiger und damit die Beklagte treffe. Die Beklagte müsse daher beweisen, daß sie den Schneeräumungs- und Streudienst und dessen Überwachung gehörig organisiert habe. Dieser Beweis sei ihr nicht gelungen. Bei der Beurteilung der Frage, ob die von der Beklagten vorgesehene Organisation der Schneeräumung und Streuung sowie deren Überwachung als ausreichend angesehen werden könne, sei diese darauf zu untersuchen, ob sie geeignet sei, die Erfüllung der Pflichten des § 93 Abs. 1 StVO zu gewährleisten. Andernfalls würde durch die Übertragung der Pflichten des § 93 Abs. 1 StVO auf eine juristische Person eine nicht gerechtfertigte Verminderung der Haftung eintreten. § 93 Abs. 1 StVO verlange, daß der Straßenrand grundsätzlich in der Zeit von 6 bis 22 Uhr vom Schnee gesäubert und gestreut sei. Diese Verpflichtung gelte auch an Samstagen. Die von der Beklagten für Samstage vorgesehene eingeschränkte Schneeräumung und Streuung, im konkreten Fall der sogenannte "kleine Dienst", bei dem die Arbeiter des Magistrates in einer Art Bereitschaftsdienst nur auf besondere Anforderung hin tätig zu werden hatten, erscheine organisatorisch nicht ausreichend, um eine den strengen Pflichten des § 93 Abs. 1 StVO entsprechende Schneeräumung und Streuung sicherzustellen. Da die sich aus § 93 StVO ergebende Verpflichtung zur Schneeräumung und Streuung wegen der damit verbundenen Haftungsfolgen von nicht unwesentlicher Bedeutung für die Beklagte sei, sei deren Organisation durch einen Repräsentanten mit leitender Stellung und selbständigem Wirkungsbereich und nicht bloß durch einen Erfüllungsgehilfen zu treffen. Die Beklagte habe daher auf Grund der im Hinblick auf die Pflichten des § 93 StVO mangelhaften Organisation des Streudienstes an Samstagen für den Sturz der Klägerin zu haften.
Selbst wenn man annehme, daß die Beklagte Halter des Domvorplatzes sei, werde sie hiedurch nicht von den gemäß § 93 Abs. 5 StVO rechtsgeschäftlich übernommenen Anrainerpflichten des § 93 Abs. 1 StVO befreit. Sei nämlich der Liegenschaftseigentümer bzw. derjenige, der die Pflichten des Liegenschaftseigentümers gemäß § 93 Abs. 5 StVO rechtsgeschäftlich übernommen habe, zugleich Wegehalter, so könne der Geschädigte wählen, auf welche Bestimmung er seinen Anspruch stützen wolle. Die Beklagte könne sich daher auch unter der Annahme, sie sei Halter des Domvorplatzes, nicht auf das Haftungsprivileg des § 1319 a ABGB berufen.
Auch der Klägerin selbst falle ein Verschulden an ihrer Verletzung zur Last, auf das gemäß § 1304 ABGB Bedacht zu nehmen sei. Dieses Verschulden sei auf Grund der Tatsache, daß die Klägerin durch Wählen eines geringfügigen Umweges, der vollkommen schnee- und eisfrei gewesen wäre, die Begehung des Durchganges leicht hätte vermeiden können, mit einem Drittel zu bewerten. Ausgehend von dem der Höhe nach mit 120.000 S außer Streit stehenden Schmerzengeld ergebe sich unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteiles der Klägerin von einem Drittel der zugesprochene Betrag von 80.000 S. Da Spätfolgen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten, sei auch dem Feststellungsbegehren der Klägerin unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens stattzugeben. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft sie in ihrem klagsstattgebenden Teil aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes, allenfalls dahin abzuändern, daß der Klägerin nur ein Betrag von 45.000 S sA zugesprochen und die Haftung der Beklagten nur für drei Achtel der künftigen Schäden der Klägerin festgestellt werde; hilfsweise stellt sie schließlich einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.
Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Mit Recht wendet sich die Beklagte gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß der Diözesanverein als Liegenschaftseigentümer nach der Vorschrift des § 93 Abs. 1 StVO zur Säuberung und Bestreuung des von der Klägerin benützten Durchganges über den Domvorplatz verpflichtet gewesen wäre und diese Verpflichtung im Sinne des § 93 Abs. 5 StVO der Beklagten übertragen hätte. § 93 Abs. 1 StVO (in der zur Unfallszeit geltenden Fassung) beschränkte die dort normierten Anrainerpflichten auf Gehsteige und Gehwege, allenfalls auf den Straßenrand entlang der angrenzenden Liegenschaft. Die im § 2 Abs. 1 Z 10 und Z 11 StVO normierten Begriffsbestimmungen des Gehsteiges und des Gehweges treffen nach den Feststellungen der Vorinstanzen auf den von der Klägerin benützten Durchgang, auf dem der Unfall erfolgte, nicht zu. Wenn der Diözesanverein auch nach diesen Feststellungen den Durchgang durch sein nach allen Seiten abgegrenztes Grundstück für Fußgänger, und zwar für einen nicht weiter eingeschränkten Personenkreis, gestattete, so fehlte es doch an einer solchen Ausgestaltung des Durchganges, daß von einem "Straßenrand" im Sinne des § 93 Abs. 1 StVO gesprochen werden könnte. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß die Vorschrift des § 93 Abs. 1 StVO nicht auf - allgemein zugängliche - Hofräume eines Hauses ausgedehnt werden kann (ZVR 1965/35; ZVR 1969/17; ZVR 1974/12 ua). Aus den gleichen Erwägungen gilt dies für einen über ein nach allen Seiten abgeschlossenes Grundstück gestatteten Fußgängerdurchgang, der mangels irgendeiner besonderen baulichen Ausgestaltung oder besonderer Kennzeichnung weder als Gehsteig noch als Gehweg oder Straßenrand qualifiziert werden kann. Aus den im § 93 StVO normierten Vorschriften ist daher für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites nichts abzuleiten.
Wohl aber ist der von der Klägerin benützte Durchgang über den Domvorplatz dem Begriff des Weges im Sinne des § 1319 a ABGB zu unterstellen. Denn darunter ist nach § 1319 a Abs. 2 ABGB jede Landfläche zu verstehen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden darf. Da der Grundeigentümer die Benützung dieses Durchganges Fußgängern allgemein gestattete (vgl. SZ 53/143), treffen diese Begriffsmerkmale auf den hier zu beurteilenden Teil des Domvorplatzes zu. Gemäß § 1319 a Abs. 1 ABGB haftet, wenn durch den mangelhaften Zustand eines Weges ein Mensch verletzt wird, derjenige für den Ersatz des Schadens, der für den ordnungsgemäßen Zustand des Weges als Halter verantwortlich ist, sofern er oder einer seiner Leute den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat. Ob der Zustand eines Weges mangelhaft ist, richtet sich gemäß § 1319 a Abs. 2 ABGB danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist.
Nach ständiger Rechtsprechung (EvBl. 1979/129; RZ 1979/59; SZ 54/21 ua) gehört auch die erforderliche Bestreuung eines Weges bei Schnee- oder Eisglätte zur Betreuung eines Weges im Sinne des § 1319 a ABGB. Daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen zur Unfallszeit der Zustand des hier in Frage stehenden Weges mangelhaft war, wenn der gesamte Bereich des Durchganges von einer einheitlichen unbestreuten Eisschicht bedeckt war, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Halter eines Weges im Sinne des § 1319 a ABGB ist, wer die Kosten für die Errichtung und Erhaltung des Weges trägt und die Verfügungsmacht hat, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen (SZ 51/129; SZ 52/135; SZ 54/92 ua). Dies traf im vorliegenden Fall zunächst jedenfalls auf den Grundeigentümer, den Diözesanverein, zu. Der Halter eines Weges kann sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen anderer Personen bedienen. Es kann sich dabei um "Leute" im Sinne des § 1319 a ABGB handeln, doch muß dies nicht der Fall sein. Betraut der Wegehalter mit der Erfüllung seiner Aufgaben jemand, der nicht in einem solchen Naheverhältnis zu ihm steht, daß es dem Halter möglich wäre, im Einzelfall konkrete Anordnungen im Rahmen seiner eigenen Verpflichtung durchzusetzen, sondern der vielmehr wie ein selbständiger Unternehmer einen eigenen Organisations- und Verantwortungsbereich begründet, so gehört er nicht mehr zu den "Leuten" des Wegehalters. Eine Haftung des Wegehalters kommt dann nur mehr etwa wegen eines Auswahlverschuldens oder wegen allfälliger Verletzung einer Überwachungspflicht in Betracht; im übrigen hat dann der mit den erforderlichen Arbeiten betraute Unternehmer zu haften, und zwar ohne das im § 1319 a ABGB normierte Haftungsprivileg, zu dessen ausdehnender Auslegung kein Anlaß besteht (Koziol, Haftpflichtrecht 2 II 204; Posch in ZVR 1984, 262; SZ 52/33; ZVR 1980/301; SZ 54/92 ua). Im vorliegenden Fall ist daher zunächst zu prüfen, ob der Diözesanverein seine Verpflichtung zur Betreuung des von ihm eröffneten Durchganges über den Domvorplatz im Unfallszeitpunkt an die Beklagte übertragen hatte. Die Beklagte wäre dadurch entgegen ihrem Rechtsstandpunkt nicht zum Wegehalter geworden, weil zumindest die Verfügungsmacht über die Gestattung des Durchganges und die Instandhaltung und Ausgestaltung des Weges beim Diözesanverein geblieben wäre. Im Sinne der dargestellten Rechtslage hätte dann aber die Beklagte, die keineswegs zu den "Leuten" des Diözesanvereines im Sinne des § 1319 a ABGB zählt, ohne das in dieser Gesetzesstelle normierte Haftungsprivileg, also auch im Falle nur leichter Fahrlässigkeit bei der Erfüllung der von ihr übernommenen Pflichten, gegenüber der Klägerin für die Unfallsfolgen zu haften.
Nach ständiger Rechtsprechung können auch juristische Personen konkludente Vereinbarungen treffen, wenn das zum Abschluß der Vereinbarung berufene Organ jenes Verhalten setzt, das den Voraussetzungen des § 863 ABGB entspricht (SZ 43/213; SZ 49/142 ua); um so mehr können bereits getroffene, allenfalls unter einem Formmangel leidende Vereinbarungen durch nachträgliches Verhalten dann wirksam werden, wenn kein Zweifel an der Einhaltung der getroffenen Vereinbarung durch die zuständigen Repräsentanten der juristischen Person bestehen (8 Ob 581/85). Im vorliegenden Fall hat nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Beklagte seit 1935 oder 1936 die erforderliche Betreuung des vom Diözesanverein eröffneten Weges über den Domvorplatz durch Räumung und Streuung im Winter durchgeführt. Dieser Weg war im Einsatzplan für die Schnee- und Glatteisbekämpfung der Beklagten ausdrücklich aufgenommen und stand darin hinsichtlich der Dringlichkeit der erforderlichen Maßnahmen unter 75 im Einsatzplan enthaltenen Örtlichkeiten an achter Stelle. Dazu kommt noch, daß sich der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Städtisches Gartenamt, mit Schreiben vom 27.Februar 1963 uneingeschränkt zur Pflege und Betreuung des Domvorplatzes für zuständig erklärte. Unter diesen Umständen konnte beim Diözesanverein kein Zweifel darüber aufkommen, daß sich die Beklagte zur Durchführung der erforderlichen Betreuung des Fußgängerdurchganges im Bereich des Domvorplatzes verpflichtet erachtete. Schon die Tatsache der anstandslosen Betreuung durch einen derart langen Zeitraum konnte nach Treu und Glauben nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte in jeder Konsequenz und demnach auch durch ihre zuständigen Organe zu einer derartigen Verpflichtung stand, die eindeutig im bestehenden Einsatzplan der Beklagten für die Schnee- und Glatteisbekämpfung zum Ausdruck kam; daß dieser Einsatzplan etwa nicht von den zuständigen Repräsentanten der Beklagten erstellt bzw. zumindest genehmigt worden wäre, wurde nicht einmal behauptet. Auch das erwähnte Schreiben vom 27.Februar 1963 deckt die Annahme der Anerkennung der Verpflichtung der Beklagten zu der bereits seit 1935 oder 1936 ausgeübten Betreuung des Fußgängerdurchganges im Bereich des Domvorplatzes durch ihre zuständigen Repräsentanten.
Es besteht daher im Sinne des § 863 ABGB mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln, daß die Beklagte vom Grundeigentümer und Wegehalter, dem Diözesanverein, die Verpflichtung übernommen hatte, den Fußgängerdurchgang im Bereich des Domvorplatzes, auf dem sich der Unfall der Klägerin ereignete, durch die erforderliche Räumung und Streuung im Winter zu betreuen. Daß die Beklagte objektiv dieser Verpflichtung nicht nachkam, ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen über den Zustand des Weges im Unfallszeitpunkt.
Nach ständiger Rechtsprechung haftet die Beklagte als juristische Person für eigenes Verschulden ihrer leitenden Funktionäre, wenn ihre Organisation unzureichend war, um einen ihrer Verpflichtung entsprechenden Schneeräumungs- und Streudienst sicherzustellen (EvBl. 1977/99; SZ 44/187; SZ 51/80; 8 Ob 581/85 ua). Dies trifft im vorliegenden Fall deshalb zu, weil sich die Beklagte durch die von den Vorinstanzen festgestellte Art des am Unfallstag angeordneten "kleinen Dienstes" trotz höchst bedenklicher Witterungsverhältnisse (Regen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt) außerstande setzte, die Notwendigkeit allfälliger Räumungs- und Streumaßnahmen durch eigene Beobachtung entsprechend qualifizierter Bediensteter zu beurteilen, sondern sich damit begnügte, sicherzustellen, daß bei allfälligen Anforderungen Außenstehender Räum- und Streumaßnahmen durchgeführt werden konnten. Zieht man in Betracht, daß am Unfallstag der gesamte Domvorplatz mit festgetretenem Schnee bedeckt war (dieser Zustand muß demnach schon durch längere Zeit bestanden haben) und daß dieser an sich rutschige Belag infolge des herrschenden Regens vereiste, was zu einer weiteren Erhöhung der Gefährlichkeit führte, dann muß dem gegenüber am Unfallstag bei den herrschenden Witterungsverhältnissen die Anordnung des "kleinen Dienstes" durch die Beklagte, der ein Einschreiten ihrer Bediensteten nur auf den Fall besonderer Anforderungen beschränkte und eine selbständige Beurteilung der Notwendigkeit von Maßnahmen durch die Bediensteten der Beklagten ausschloß, als eindeutiges Organisationsverschulden angesehen werden, das sie nach der dargestellten Rechtslage zum Schadenersatz gegenüber der Klägerin verpflichtet.
Soweit die Beklagte in ihrer Revision darzutun versucht, daß bei ihrer Meinung nach richtiger rechtlicher Beurteilung der Klägerin ein Mitverschulden im Ausmaß von 50 % (statt der vom Berufungsgericht angenommenen Mitverschuldensquote von einem Drittel) anzulasten wäre, kann darauf nicht eingegangen werden, weil die Ausmessung des der Klägerin anzulastenden Mitverschuldensanteiles nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles keine Rechtsfrage des materiellen Rechtes betrifft, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zukommt (§ 503 Abs. 2 ZPO); eine wesentliche Verkennung der Rechtslage ist dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht anzulasten. Wenn die Beklagte letztlich darauf verweist, daß im Falle einer Teileinklagung eines Schadens ohne Einräumung eines Mitverschuldens dann, wenn den Kläger ein Mitverschulden trifft, der eingeklagte Teilschaden um die vom Kläger zu tragende Mitverschuldensquote zu kürzen ist, macht sie in Wahrheit den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (Übertretung der Vorschrift des § 405 ZPO) geltend und entsprechen ihre Ausführungen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (siehe dazu ZVR 1985/24 mwN). Allein von einer derartigen Teileinklagung kann im vorliegenden Fall deswegen nicht gesprochen werden, weil die Klägerin in ihrem Feststellungsbegehren nur die Feststellung der Haftung der Beklagten für drei Viertel ihrer künftigen Unfallschäden anstrebte. Wenn die Klägerin daher auch nicht ausdrücklich erklärte, ein eigenes Mitverschulden in einem Ausmaß von einem Viertel einzuräumen, ist doch zumindest aus der Formulierung ihres Feststellungsbegehrens eindeutig zu schließen, daß sie dies tatsächlich zu tun beabsichtigte. Unter diesen Umständen ist aber auch darin, daß die Klägerin nur den Zuspruch von drei Vierteln des von ihr als angemessen erachteten Schmerzengeldes von 120.000 S begehrte, nicht eine Teileinklagung, sondern ein Begehren auf Zuspruch eines um eine zugestandene Mitverschuldensquote verminderten Schadenersatzbetrages zu erblicken. Eine Übertretung der Vorschrift des § 405 ZPO durch das Berufungsgericht liegt unter diesen Umständen nicht vor.
Der Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E10804European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00066.86.0312.000Dokumentnummer
JJT_19870312_OGH0002_0080OB00066_8600000_000