TE OGH 1987/3/12 8Ob699/86

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Veröffentlicht am 12.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Vinzenz S***, Angestellter, 6322 Kirchbichl, Oberndorf 235, vertreten durch Dr.Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Elisabeth T***, geschiedene Senoner, kaufmännische Angestellte, D-6053 Obertshausen, Hanauer Straße 6, vertreten durch Dr.Harald Meder und Dr.Max Ellinger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Nichtigerklärung eines Beschlusses infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 6. November 1986, GZ 1 a R 415/86-35, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 20.Mai 1986, GZ 1 C 29/84-29, und das diesen vorangegangene Verfahren teilweise als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgeweisen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung mit der Maßgabe bestätigt, daß der Ausspruch über die Nichtigerklärung des Verfahrens zu entfallen hat.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 3.397,35 (darin keine Barauslagen und S 308,85 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 18.März 1981, Sch 10/81, geschieden. Bei der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung wurde am 18.März 1981 auch eine Vereinbarung gemäß § 55 a Abs 2 EheG vorgelegt und unterfertigt. Sowohl den Scheidungsbeschluß als auch die Vereinbarung gemäß § 55 a Abs 2 EheG bekämpft der Kläger mit Nichtigkeitsklage. Er macht geltend, daß sich erst nach der Scheidung durch die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens, welches seinem Vertreter am 10.Juli 1984 zugestellt worden sei, herausgestellt habe, daß er am 18.März 1981 aufgrund einer tiefgreifenden Schizophrenie weder geschäfts- noch handlungsfähig gewesen sei, und überdies unter Medikamenteneinfluß gestanden sei. Er fechte daher den Scheidungsbeschluß sowie die abgeschlossene Vereinbarung gemäß § 55 a Abs 2 EheG aus dem Nichtigkeitsgrund des § 529 Abs 1 Zahl 2 ZPO an. Es wird das Begehren gestellt, den Beschluß sowie die Vereinbarung für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein, daß der Kläger zum Zeitpunkt der Ehescheidung voll geschäfts- und prozeßfähig gewesen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, da der Kläger im Scheidungsverfahren prozeßfähig gewesen sei und keines Vertreters bedurft habe.

Aus Anlaß der Berufung des Klägers hob das Gericht zweiter Instanz mit Beschluß das Urteil des Erstgerichtes insoweit, als das Klagebegehren, der Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 18. März 1981, Sch 10/81-3, sei nichtig, abgewiesen wurde, sowie das vorangegangene Verfahren über dieses Klagebegehren als nichtig auf und wies in diesem Umfang die Klage zurück.

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidung und Rückverweisung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung; hilfsweise wird Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung beantragt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Kläger führt in seinem Rechtsmittel aus, gemäß § 220 AußStrG seien im Verfahren über die Scheidung einer Ehe nach § 55 a EheG die für das streitige Eheverfahren geltenden Bestimmungen über die Prozeßfähigkeit und über die Notwendigkeit der Vertretung von Parteien, denen die Prozeßfähigkeit mangelt, sinngemäß anzuwenden. Aus dieser Bestimmung sowie aus allgemeinen Rechtsschutzerwägungen und Verfahrensgrundsätzen ergebe sich aber die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage gegen einen Beschluß auf Scheidung der Ehe nach § 55 a EheG.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes können die Vorschriften über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Außerstreitverfahren nicht analog angewendet werden (NotZ 1962, 62, EvBl 1965/77, EvBl 1967/274, SZ 39/130, 2 Ob 606/85 uva.). In der Entscheidung SZ 53/127 hat der Oberste Gerichtshof mit eingehender Begründung, auf die verwiesen wird, und der sich der erkennende Senat anschließt, die gegenteilige Auffassung von Böhm in JBl 1973, 360 und von Fasching im Kommentar IV 481 f. (derselbe nunmehr auch in ZPR Rz 2042 unter Berufung auf Böhm a.a.O. und Konecny in JBl 1983, 20) abgelehnt und an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Was die Erhebung von Rechtsmittelklagen gegen einen Beschluß auf Scheidung der Ehe nach § 55 a EheG anlangt, hat der Oberste Gerichtshof bezüglich einer Wiederaufnahmsklage - allerdings im Rahmen der Entscheidung über einen Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG - in der E.NotZ 1983, 105 die Auffassung vertreten, daß das Gesetz hinsichtlich der Scheidung der Ehe im Einvernehmen zusätzliche, teilweise vom Außerstreitgesetz abweichende Verfahrensregelungen (§§ 220 bis 228 AußStrG) getroffen habe. Es könne wohl ausgeschlossen werden, daß bei der Gesetzwerdung nicht auch die Frage der Ermöglichung einer Wiederaufnahme des Verfahrens erwogen wurde. Das Fehlen einer diese Frage lösenden Bestimmung könne nur dahin verstanden werden, daß den Ehegatten, die sich einvernehmlich scheiden lassen, nach Rechtskraft des Beschlusses darüber keine Möglichkeiten mehr geboten werden sollten, die ausgesprochene Scheidung der Ehe wieder beseitigen zu können. Diese Erwägungen sind auch bezüglich einer Nichtigkeitsklage anzuwenden. In der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen einen Beschluß über die Scheidung der Ehe nach § 55 a EheG unzulässig und daher in diesem Umfang das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben und die Klage zurückzuweisen war, kann daher keine Fehlbeurteilung erblickt werden; allerdings hat beim Fehlen der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage zwar eine Zurückweisung der Klage, jedoch keine Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und des vorangegangenen Verfahrens zu erfolgen (vgl. JBl 1954,98, Fasching, Kommentar IV, 558, Anm.1 zu § 543 ZPO und derselbe in ZPR Rz 2091). Dem Rekurs war daher im Ergebnis ein Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO (Streitwert S 60.000,--).

Anmerkung

E11013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00699.86.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19870312_OGH0002_0080OB00699_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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