TE OGH 1987/3/18 9Os39/87

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Veröffentlicht am 18.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred B*** wegen Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs. 2, 86 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 19.September 1986, GZ 15 Vr 3834/85-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie gegen den Schuldspruch zu Punkt 2. des Urteilssatzes gerichtet ist, zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Nichtigkeitsbeschwerde Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Schuldspruch zu Punkt 3. des Urteilssatzes sowie demzufolge im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Manfred B*** (zu 1.) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB, (zu 2.) des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und (zu 3.) des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs. 2, 86 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in Salzburg

1. am 22.November 1985 die Susanne S***-V*** am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt, indem er ihr eine Ohrfeige versetzte, wodurch sie gegen einen Türstock stieß und sich eine Schwellung an der Unterlippe sowie eine ca. 3 cm lange Rißquetschwunde am Kopf zuzog;

2. am 19.Dezember 1985 den Alois S*** mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich zum Eingeständnis des Diebstahles von Schuhen, zu nötigen versucht, indem er ihm zwei Ohrfeigen versetzte, sodaß der Genannte mit dem Kopf gegen eine Wand stieß;

3. am 19.Dezember 1985 durch die unter Punkt 2. beschriebene Tathandlung den Alois S*** am Körper mißhandelt, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte.

Gegen die Punkte 2. (versuchte Nötigung) und

3. (Körperverletzung mit tödlichem Ausgang) dieses Schuldspruches richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die zum Teil berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Verfehlt ist sie zunächst allerdings in Ansehung des Urteilsfaktums 2., denn mit dem Einwand (Z 5), aus der Aussage des Zeugen Gian P***-N*** sei die Feststellung eines Nötigungsvorsatzes "nicht begründbar", wird die behauptete Aktenwidrigkeit - die begrifflich nur in der unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe eines Beweismittelinhalts bestehen kann - nicht dargetan. Die Mängelrüge ist aber auch unter dem Aspekt offenbar unzureichender Begründung mangels Bezugnahme auf den Inhalt der Entscheidungsgründe in ihrer Gesamtheit nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt; denn der Beschwerdeführer übergeht einerseits, daß das Schöffengericht seine Konstatierung, die Mißhandlung des S*** habe auch den Zweck gehabt, diesen gegen seinen Willen zu einem Eingeständnis des Schuhdiebstahls zu zwingen, in erster Linie aus der Verantwortung des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter ableitet und nur ergänzend hinzufügt, daß diese Interpretation im übrigen auch durch die Darstellung des Zeugen P***-N*** bestätigt wird (US 11/12); andererseits setzt sich der Beschwerdeführer über die vom Erstgericht gegebene Begründung hinweg, warum es aus der Aussage des Zeugen (auch) auf einen Nötigungs-(und nicht nur Mißhandlungs-)vorsatz des Angeklagten geschlossen hat (US 12). Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen stellen daher insgesamt in Wahrheit bloß eine im Nichtigkeitsverfahren unbeachtliche Kritik an der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar.

Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß §§ 285 d Abs. 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO sofort - kostenpflichtig (§ 390 a StPO) - zurückzuweisen. Im Recht ist der Beschwerdeführer hingegen mit seinem gegen den Schuldspruch zu Punkt 3. erhobenen Einwand (Z 5), daß sich (der Sachverständige Univ.Prof. Dr. S*** in seinem Gutachten ON 22 und S 290 ff und ihm folgend) das Gericht aus Anlaß seiner Feststellung, der Tod des S*** sei durch die schlag- und anprallbedingte Verletzung einer sogenannten Brückenvene mit nachfolgender Blutung in das Schädelinnere eingetreten (US 9, 14), mit dem damit allem Anschein nach unvereinbaren - ersichtlich zum Gegenstand einer Erörterung in der Hauptverhandlung gemachten

(S 297) - Operationsbericht der Neurochirurgischen Abteilung der Landesnervenklinik Salzburg vom 21.Dezember 1985 (ON 25, insb. S 223) überhaupt nicht auseinandergesetzt hat, wonach aber die Brückenvenen "alle in Ordnung" waren, als Blutungsquelle vielmehr ein arterielles Gefäß entdeckt worden ist. Insoweit ist also die den Schuldspruch tragende Annahme, die Schläge des Angeklagten gegen den Kopf des Opfers seien für dessen Tod kausal gewesen, mangelhaft begründet.

Bereits aus diesem Grunde war - gleichfalls schon bei der nichtöffentlichen Beratung - der gegen den Schuldspruch wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (Punkt 3.) gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde sofort Folge zu geben und ein zweiter Rechtsgang anzuordnen (§ 285 e StPO), ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.

Die Frage aber, ob und inwieweit die vom Erstgericht übernommenen gutächtlichen Ausführungen des Sachverständigen über die tatsächlichen Voraussetzungen der objektiven Zurechnung der Todesfolge (siehe zuletzt JBl. 1987, 59) auch unter Bedachtnahme auf diesen Operationsbericht Gültigkeit haben oder zumindest keine entscheidende Änderung erfahren, wird nur nach entsprechender Ergänzung (§§ 125, 126 StPO) des Gutachtens zu beurteilen sein. Infolge der teilweisen Aufhebung des Schuldspruches und auch des Strafausspruchs sind die beiderseitigen Berufungen gegenstandslos.

Anmerkung

E10434

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0090OS00039.87.0318.000

Dokumentnummer

JJT_19870318_OGH0002_0090OS00039_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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