TE OGH 1987/3/24 2Ob540/87

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Veröffentlicht am 24.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert B***, Graben 40, 3300 Amstetten, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in Amstetten, wider die beklagte Partei Brigitte H***, Prostituierte,

Ettenberg 29, 4391 Waldhausen, vertreten durch Dr. Heinrich Maderthaner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Räumung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 7. Jänner 1987, GZ 14 R 101/86-10 , womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Grein vom 4. August 1986, GZ C 17/86-3, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird aufgetragen, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund über die Berufung der beklagten Partei zu entscheiden.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht wies die Berufung der Beklagten mit der Begründung zurück, dem Beklagtenvertreter sei der Bestellungsbeschluß zum Verfahrenshelfer samt Urteilsausfertigung am 3. Oktober 1986 zugestellt worden. Die am 6. November 1986 zur Post gegebene Berufung sei daher verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs der Beklagten ist berechtigt.

Laut Aktenvermerk des Erstgerichtes vom 19. Februar 1987 wurde dem Beklagtenvertreter am 3. Oktober 1986 wohl der Bestellungsbeschluß zugestellt, die Zustellung des Urteils erfolgte aber nach Urgenz erst später ohne Rückschein, vermutlich am 30. Oktober 1986. Die mit dem Rekurs vorgelegte Urteilsausfertigung trägt einen Eingangsvermerk der Rechtsanwaltskanzlei vom 3. November 1986. Die Annahme des Berufungsgerichtes über die Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verfahrenshelfer hat sich daher als unrichtig erwiesen.

Da die beklagte Partei innerhalb der Berufungsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Beigabe eines Rechtsanwaltes beantragt hatte, begann die Berufungsfrist gemäß § 464 Abs. 3 ZPO für sie ab Zustellung des Bestellungsbeschlusses und der Urteilsausfertigung neu zu laufen. Erforderlich ist die Zustellung beider Entscheidungen. Erfolgt diese nicht gleichzeitig, beginnt die Frist erst mit der Zustellung des zweiten Schriftstückes (Fasching, Ergänzungsband, S 56, Anm. 7; 5 Ob 596/76). Die Berufungsfrist begann daher erst mit der Zustellung der Urteilsausfertigung an Dr. Maderthaner. Die am 6. November 1986 zur Post gegebene Berufung war daher jedenfalls rechtzeitig, gleichgültig ob die Urteilsausfertigung schon am 30. Oktober oder erst am 3. November 1986 zugestellt wurde. Eine Prüfung an welchem Tag die Zustellung erfolgte, ist daher nicht notwendig.

Aus diesen Gründen mußte der Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes aufgehoben werden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E10474

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00540.87.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19870324_OGH0002_0020OB00540_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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