TE OGH 1987/3/24 2Ob37/86

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Veröffentlicht am 24.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** U***, 5010 Salzburg, Dr. Franz Rehrlplatz 5,

vertreten durch Dr. Anna Jahn, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Walter M***, Glasbau, 6890 Lustenau, Alpstraße 17, vertreten durch Dr. Clemens Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 293.506,80 und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 30. April 1986, GZ. 5 R 115/86-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 29. Jänner 1986, GZ. 6 Cg 2138/85-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat dem Beklagten die mit S 13.036,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.185,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 3. Juni 1982 stürzte der im Glasbaubetrieb des Beklagten Walter M*** als Dienstnehmer beschäftigte Raiko N*** bei Verglasungsarbeiten auf dem Flachdach der Firma E*** B*** durch die zu verglasende Dachluke sechs Meter tief in eine Halle, prallte dort auf eine Maschine auf und erlitt hiedurch tödliche Verletzungen.

Die klagende Partei hat als Sozialversicherer aus Anlaß dieses Unfalles bis zum 31. August 1985 Leistungen in der Höhe von S 283.506,80 erbracht. In der vorliegenden Klage behauptet sie ein grob fahrlässiges Verhalten sowohl des im Betrieb des Beklagten Walter M*** beschäftigten Schlossermeisters Hubert M*** als auch des Beklagten selbst am Eintritt des Unfalles und fordert, gestützt auf die Bestimmung des § 334 Abs 1 ASVG, im Regreßweg von den beiden Genannten die Zahlung des vorangeführten Betrages sowie die Feststellung ihrer Haftung für die von der klagenden Partei in Zukunft wegen dieses Unfalles zu erbringenden Leistungen. Die beiden Beklagten bestritten das Klagebegehren.

Hinsichtlich des Beklagten Hubert M*** erging ein klagsabweisendes erstgerichtliches Urteil, welches in Rechtskraft erwuchs.

Der Beklagte Walter M*** wendete gegen die Klagsforderung Verjährung ein und brachte weiters vor, der Verunglückte sei selbst Partieführer an der gegenständlichen Baustelle gewesen, wiederholt über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen belehrt worden und es sei ihm bewußt gewesen, daß Schächte abzudecken oder Sicherheitsgurte zu tragen seien. Das Anlegen von Sicherheitsgurten sei vorliegendenfalls mangels Befestigungsmöglichkeit nicht, wohl aber eine Abdeckung der Schachtöffnung durch die vorhandenen Schalbretter möglich gewesen. Als der Beklagte am Morgen an der Baustelle gewesen sei, habe er nicht erkennen können, daß der Verunglückte den Schacht nicht abdecken würde. Der Unfall sei während einer Arbeitspause passiert, in welcher keine Verpflichtung zum Tragen von Schutzgurten bestanden habe.

Das Erstgericht wies auch die gegen Walter M*** erhobene Klage ab. Sein Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 300.000,-- übersteige.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die klagende Partei eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung. Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Das erstgerichtliche Urteil beruht auf folgenden Sachverhaltsfeststellungen: Walter M*** betreibt in Lustenau schon seit Jahren einen Glasbaubetrieb. Zum Zeitpunkt des Unfalles hatte er rund 12 Beschäftigte, davon zwei Montagegruppen aus je zwei oder drei Mann. Für Sicherheitsvorkehrungen stehen im Betrieb des Beklagten vor allem Schal- oder Gerüstbretter in ausreichendem Maße zur Verfügung, außerdem sind zwei Garnituren Sicherheitsgeschirre mit dazu passenden Seilen lagernd. Jener Montagetrupp, der Sicherheitseinrichtungen benötigt, kann sie jederzeit vom Betrieb mitnehmen. Der Beklagte erklärt bei der Einstellung eines jeden Monteurs, was in bezug auf Sicherung von Baustellen zu tun sei. Dabei kann der Beklagte nur generelle Anweisungen geben, daß eben bei gefährlichen Baustellen auf Dächern usw. die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind. Bei horizontalen Öffnungen auf Dächern, Schächten, Luken wird üblicherweise eine Sicherung so vorgenommen, daß der Schacht oder die Luke soweit mit Brettern abgedeckt wird, daß keine Absturzgefahr vorliegt. Bei Steildächern, wo Bretterabdeckungen nicht möglich sind, muß mit Seilsicherung gearbeitet werden. Im Betrieb des Beklagten haben sich die Arbeitnehmer in der Regel an die Sicherheitsvorschriften gehalten. Nur in Ausnahmefällen ist es vorgekommen, daß Sicherheitsvorschriften von den Arbeitnehmern nicht befolgt wurden. Im gegenständlichen Fall hat der Beklagte keine besonderen Anweisungen über die Absicherung der Baustelle erteilt. Am Tag vor dem Unfall gegen 15 Uhr kam Raiko N*** zum Leiter der Schlosserei, Hubert M***, und erklärte ihm, er müsse am nächsten Tag Arbeiten auf der Halle der Firma E*** B*** durchführen. Die beiden besprachen sodann die technische Abwicklung des Projektes und die Pläne und Hubert M*** sagte zu N***, er möge Bretter zum Abdecken der Dachöffnung mitnehmen. Es ist allgemein öfters vorgekommen, daß die Leiter der Montagetrupps den Hubert M*** über die Baustelle und diese betreffende Sicherheitsmaßnahmen fragten, weil Hubert M*** meistens die Baustellen kannte, zumal er dort die Maße abgenommen hatte. Hubert M*** hatte von der betriebsinternen Stellung her den Vorarbeitern der Montagetrupps aber keine Weisungen zu erteilen und war nicht ihr Vorgesetzter. N*** erklärte Hubert M***, daß er schon an diesem Tage alles mitnehme, allerdings keine Bretter, da er noch bei der Firma E*** B*** vorbeifahre und schaue, ob Bretter nicht ohnehin dort seien. Nötigenfalls nehme er solche von zu Hause mit, wo er gerade dabei sei, ein Haus zu bauen. Am nächsten Morgen fuhr dann Raiko N*** mit seinem Mitarbeiter Ivo T*** an die Baustelle, an welcher er Vorarbeiter war. Er hatte nur zwei Gerüstbretter mitgenommen. Auf der Baustelle, dem Flachdach über einer Betriebshalle der Firma E*** B***, waren weitere Bretter vorhanden. Die Dachluke, über der das Satteldach errichtet werden sollte, war mit einer Plane abgedeckt und es befanden sich unterhalb dieser Bretter und Balken, damit sie nicht durchsacken konnte. N*** und T*** deckten die Dachluke ab und legten die Plane und die Bretter beiseite. Der geplante Arbeitsvorgang war so, daß die beiden Arbeiter zuerst "die Attika um diese Dachluke" einzufassen hatten und dann zeltförmig die Stahlsprossen über die Luke bauen mußten, um später Glasscheiben zwischen den Sprossen einzusetzen. N*** und T*** konnten mit der Arbeit nicht gleich beginnen, weil sich nach der Abdeckung der Dachluke technische Schwierigkeiten ergaben. Die Betonierungsarbeiten an der Attika waren nämlich nicht exakt durchgeführt worden. T*** telefonierte in den Betrieb und gleich danach erschienen der Beklagte und Hubert M*** auf der Baustelle. Zu diesem Zeitpunkt lag die Dachluke völlig offen da, weil ja bei der Einfassung der Betonattika eine Abdeckung dieser Luke nicht möglich war und die Arbeitnehmer von außen, vom Flachdach her, arbeiteten. Neben der Luke lagen auch die Bretter, die unter der Plane gewesen waren. Der Beklagte war ca. zehn Minuten auf der Baustelle und besprach die technischen Probleme. Trotz der schlechten Betonierungsarbeiten konnte dann die Arbeit, allerdings mit Mehraufwand, gleich begonnen werden. Bei dieser Besprechung wurde über Sicherheitsmaßnahmen nicht geredet. Als N*** und T*** begannen, die Sprossen für das Satteldach zu montieren, deckten sie rechts und links ihres Standortes den Schacht nicht mit den vorhandenen Brettern ab, sondern legten nur ein Gerüstbrett über den Schacht, um hin- und hergehen bzw. in der Mitte montieren und nieten zu können. Jeder der beiden Arbeiter benützte dabei auch eine Homogenplatte, die genau auf das Glasmaß zugeschnitten war, sodaß der genaue Abstand der zu montierenden Sprossen festgelegt werden konnte. N*** und T*** hatten vor, über die Mittagszeit durchzuarbeiten und nur eine kurze Arbeitspause zu machen. T*** hatte schon mit der Arbeit aufgehört und war um die Dachluke herum zu N*** gegangen, als dieser noch von außen auf dem Flachdach die montierten Sprossen ausrichten wollte. Dort, wo er sich niederbeugte, war zwischen den Sprossen noch die Homogenplatte eingelegt. N*** beugte sich über die Öffnung, verlor das Gleichgewicht, wollte sich an einer Sprosse halten, griff aber daneben und fiel auf die Homogenplatte. Diese brach aus und N*** stürzte hierauf durch die Dachöffnung mit dem Kopf auf eine unterhalb dieser Öffnung in der Halle stehende Maschine. Zum Zeitpunkt des Unfalles war es auf dem Dach der Firma E*** B*** sehr heiß. Die klagende Partei erbrachte den Hinterbliebenen des tödlich Verunglückten Raiko N*** bis zum 31. August 1985 Leistungen in Höhe von S 293.506,80. Ab 1. September 1985 hat die klagende Partei monatlich eine Waisen- und Witwenrente in Höhe von je S 3.248,-- zu erbringen. Der Erstbescheid von der klagenden Partei erging am 24. August 1982. Am 31. Mai 1985 verzichtete der Beklagte Walter M*** gegenüber der klagenden Partei auf den Einwand der Verjährung bis zum 31. Dezember 1985. In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf die für einen Regreßanspruch nach § 334 Abs 1 ASVG von der Judikatur hinsichtlich des Erfordernisses der groben Fahrlässigkeit aufgestellten Grundsätze. Es vertrat die Ansicht, nach den jeweils maßgebenden Umständen des Einzelfalles könne hier dem Beklagten die unterlassene Kontrolle nicht schon als schwerer Sorgfaltsverstoß angelastet werden, weil es einem Betriebsinhaber unmöglich sei, auf jeder Baustelle laufend zu kontrollieren, und einem Vorarbeiter auch eine gewisse Eigenverantwortlichkeit zukomme. Anläßlich der Besichtigung der Baustelle sei nicht erkennbar gewesen, daß Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten würden. Für die zunächst durchzuführenden Arbeiten habe keine Notwendigkeit einer Abdeckung bestanden, für die späteren Arbeiten seien aber die erforderlichen Bretter auf dem Dache ausreichend vorhanden gewesen. Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellung noch die Rechtsrüge der klagenden Partei für gerechtfertigt. Der Unfall habe sich nicht während einer freistehend über der Luke durchgeführten Arbeit vom schmalen Gerüstbrett aus ereignet, vielmehr sei der sodann Verunglückte N*** vor seinem Absturz auf dem Flachdach gestanden, das zum Schacht durch einen kleinen Betonfuß abgegrenzt gewesen sei. Daß ein Arbeiter in einer solchen Position das Gleichgewicht verlieren und vom Flachdach aus in den Schacht stürzen würde, sei zwar als möglich, aber nicht als sehr wahrscheinlich vorherzusehen. Am Morgen sei während der Anwesenheit des Beklagten der Schacht zwar nicht abgesichert gewesen, doch hätten die beiden Arbeiter rund um den Schacht Arbeiten vorgenommen. Für die später durchzuführenden Arbeiten am Gerüstbrett über dem Schacht seien hinreichend Bretter und Balken im Dachbereich vorhanden gewesen. Unter diesen Umständen könne in der Unterlassung der sofortigen Anordnung von Absicherungsmaßnahmen durch den Beklagten noch kein ungewöhnlicher Sorgfaltsverstoß erblickt werden. Der Verunglückte sei auch kein Anfänger, sondern schon jahrelang Mitarbeiter im Betrieb des Beklagten gewesen, sodaß dieser erwarten habe können, daß er in Gefahrensituationen die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen treffen und sich nicht leichtfertig in Gefahr begeben werde. Die Behauptung der Berufungswerberin, in der Mitte des 13 m langen Schachtes sei eine Betonstrebe vorhanden gewesen, an welcher Sicherungsseile hätten befestigt werden können, stelle eine Neuerung dar. Abgesehen davon wäre bei Vorhandensein einer solchen Betonstrebe in der Mitte des Schachtes, also jeweils 6,5 m von seinem Ende entfernt, eine Seillänge gleichen Ausmaßes erforderlich gewesen, damit sich die Arbeiter frei hätten bewegen können. Ein derartiges Seil hätte den Unfall im Hinblick auf die Tiefe des Schachtes von lediglich 6 m somit nicht verhindert. In der Revision wird vorgebracht, der Betrieb des Beklagten sei ein kleiner bis mittlerer Handwerksbetrieb, in welchem dem Beklagten die Beaufsichtigung der einzelnen Baustellen durchaus möglich und zumutbar gewesen sei. Dennoch habe er im vorliegenden Fall keine konkreten Anweisungen über die Absicherung der Baustelle erteilt. Als Unternehmer habe er besondere Sachkenntnisse hinsichtlich der Notwendigkeit von Sicherheitsvorkehrungen und über bestehende Schutzvorschriften haben müssen und nicht auf spätere Maßnahmen der Dienstnehmer vertrauen dürfen. Im Hinblick auf die Art der gegenständlichen Baustelle habe die große Gefahr des Absturzes eines Arbeiters bestanden, welcher der Beklagte, der am Morgen des Unfallstages selbst auf der Baustelle gewesen sei, hätte Rechnung tragen müssen. Er habe auch gewußt, daß die Arbeiter keine Seile und Sicherungsgeschirre bei sich gehabt hätten. Der Schacht sei zwar 13 m lang, aber nur 2,5 m breit gewesen und die Arbeiten seien an der Längsseite des Schachtes auszuführen gewesen. Ein an der "Mittelstrebe des Schachtes" angebrachtes Seil hätte daher bei einer Länge von 2 m den Arbeitern genügend Bewegungsfreiheit gewährt. Tatsächlich habe der Beklagte keine Anordnungen über die vorzunehmenden Sicherungsmaßnahmen getroffen und deren Vornahme nicht überwacht. Für die Gefährlichkeit der Arbeiten sei nicht entscheidend, daß sich der Verunglückte vor seinem Absturz nicht über dem Schacht, sondern auf dem Flachdach befunden habe, zumal er jedenfalls über dem Schacht einen Rahmen für die Verglasung angebracht und somit über diesem Schacht gearbeitet habe. Solcherart sei aber ein Unglück leicht vorhersehbar gewesen. Dem Beklagten wäre es gemäß § 43 Abs 1 Bauarbeiterschutzverordnung oblegen, entsprechende Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Ihre Unterlassung stelle eine grobe Fahrlässigkeit dar. Daß allenfalls ein Schwindelanfall des N*** zu seinem Absturz geführt habe, könne den Beklagten nicht entschuldigen, weil er auch eine solche Möglichkeit auf Grund seiner Erfahrung hätte vorhersehen können. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Um dem Sozialversicherungsträger nach § 334 ASVG ersatzpflichtig zu werden, muß der Dienstgeber (bzw. der ihm gemäß § 333 Abs 4 ASVG Gleichgestellte) selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben (Arb. 9.115; ZVR 1982/364; 2 Ob 162/81; JBl 1985, 111 ua.). Ob ein Arbeitsunfall auf grober Fahrlässigkeit beruht, ist im Sinne der ständigen Judikatur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist zu prüfen, ob der Betreffende ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat. Grobe Fahrlässigkeit ist daher anzunehmen, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vorliegt und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich vorhersehbar war (EvBl 1973/265; ZAS 1975, 24 uva., zuletzt 7 Ob 33/85, 2 Ob 44/85). Für die Einhaltung der Dienstnehmerschutzvorschriften, so insbesondere auch der Vorschriften der Bauarbeiterschutzverordnung, hat der Betriebsinhaber entweder durch unmittelbare Beaufsichtigung oder dadurch zu sorgen, daß die die Arbeiten ausführenden Personen vorher über diese Vorschriften belehrt werden (2 Ob 282/71, 2 Ob 119, 120/73, 1 Ob 730/76 ua.).

Vorliegendenfalls steht fest, daß der Beklagte grundsätzlich jedem Monteur über die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen Belehrung und generelle Anweisung erteilt hatte sowie, daß die notwendigen Sicherungsbehelfe stets vorhanden waren, horizontale Öffnungen auf Dächern und bei Schächten üblicherweise mittels Brettern abgedeckt und die Sicherungsvorschriften im Betrieb des Beklagten von den Arbeitnehmern in der Regel eingehalten wurden.

Am Tage vor dem Unfall wurde Raiko N***, der die Stellung eines Vorarbeiters und Leiters des Montagetrupps innehatte, dazu aufgefordert, Bretter zum Abdecken der Dachöffnung mitzunehmen. Er erklärte, er werde solche mitnehmen, falls er nicht vorher feststellen würde, daß bei der Firma E*** B*** ohnehin solche Bretter vorhanden seien. Tatsächlich waren dort auf dem Flachdach hinreichend Balken und Bretter zum Abdecken der Dachöffnung vorhanden. Die Dachöffnung war tatsächlich auch mit Brettern zugedeckt, doch wurden diese von N*** und T*** zur Seite gelegt, weil zunächst eine Einfassung der Dachluke vorgenommen werden mußte. Mit diesen Arbeiten konnte nach Erteilung der entsprechenden Anweisungen durch den herbeigerufenen Beklagten begonnen werden. Während der Anwesenheit des Beklagten war die Dachöffnung daher notwendigerweise nicht abgedeckt. Für die späteren Arbeiten über der Dachöffnung lagen Bretter aber neben der Luke. Daß der Beklagte damals nicht ausdrücklich erklärte, nach Beendigung der Einfassungsarbeiten müsse die dann mögliche Abdeckung vorgenommen werden, ist im Hinblick auf seine grundsätzlich gegebenen und bekannten Anweisungen keinesfalls schon als eine Unterlassung vom Gewicht einer groben Fahrlässigkeit zu qualifizieren. Da eine solche Abdeckung mittels der vorhandenen Bretter leicht möglich war, konnte er wohl damit rechnen, daß sie auf Grund seiner generellen Anweisung von einem erfahrenen Mitarbeiter jedenfalls vorgenommen werden würde. Eine Notwendigkeit, Sicherungsgeschirr mit Seilsicherung zu tragen, war unter diesen Umständen, nämlich bei der einfach vorzunehmenden Abdeckung, nicht gegeben.

Auch aus der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung 8 Ob 161/82 ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall wurde die leicht vorhersehbare, besondere Gefährlichkeit der Situation darin erblickt, daß auf einem Dach nicht weniger als 300 Öffnungen vorhanden waren und die Arbeiter bei ihren Kabelarbeiten rückwärts schritten, ohne auf solche Öffnungen zu achten, welche Tatsache dem Aufsichtspflichtigen bekannt gewesen war. Das Gewicht einer derartigen Fahrlässigkeit ist mit der dem Beklagten hier anzulastenden Unterlassung einer ausdrücklichen neuerlichen Belehrung über die Notwendigkeit der Abdeckung der Dachöffnung mittels Brettern keinesfalls vergleichbar.

Ohne Rechtsirrtum haben die Unterinstanzen somit aber eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten und damit eine wesentliche Voraussetzung für den klagsgegenständlichen Regreßanspruch verneint. Demgemäß war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10496

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00037.86.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19870324_OGH0002_0020OB00037_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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