Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 4.Jänner 1971 geborenen Andreas W*** infolge Revisionsrekurses der Mutter Helga W***, Hausfrau, Schönkirchen-Reyersdorf, Sportplatzgasse 15, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 9.Dezember 1986, GZ. 5 R 298/86-303, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gänserndorf vom 1.Oktober 1986, GZ. P 36/81-291, bestätigt und ein Nachhang zum Rekurs zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des ehelichen Vaters Franz U*** dem Minderjährigen gegenüber für den Zeitraum vom 1.Juni bis 6.Juli 1987 von S 2.400,-- auf S 2.700,-- und enthob den Vater dieser Verpflichtung ab 7.Juli 1986 zur Gänze. Es stellte fest, der Minderjährige beziehe seit diesem Zeitpunkt als Koch- und Kellnerlehrling neben der mit etwa S 2000,-- zu veranschlagenden freien Station eine monatliche Lehrlingsentschädigung von S 3.097,14 netto zuzüglich der Sonderzahlungen. Daraus schloß das Erstgericht auf die Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge. Sie bekämpfe zwar nicht die erstinstanzlichen Feststellungen, sei aber der Auffassung, daß der Minderjährige bei diesem Einkommen noch nicht selbsterhaltungsfähig sei. Der Regelbedarf für einen nahezu Sechzehnjährigen betrage S 3.300,--; diesen könne der Minderjährige unter Bedachtnahme auf die freie Station selbst bestreiten, wenn er bloß die halbe Lehrlingsentschädigung hiefür verwende, sodaß ihm die halbe Entschädigung für zusätzliche Aufwendungen verbleibe. Daher habe das Erstgericht zutreffend die Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen bejaht. In einem Nachhang habe die Rekurswerberin zwar ihr Vorbringen zur Höhe der Lehrlingsentschädigung und der Fahrtkosten des Minderjährigen ergänzt, doch widerspreche ein solcher Nahhang dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels und sei deshalb als unzulässig zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Mutter gegen diesen Beschluß beim Erstgericht zu Protokoll erklärte Revisionsrekurs ist zwar zulässig, weil sich die Rechtsmittelwerberin - wenngleich fälschlich unter dem Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit - gegen die Zurückweisung ihres ergänzenden Vorbringens vom 11.November 1986 (ON 302 a) durch das Rekursgericht wendet und demnach dessen Ausspruch über die Unzulässigkeit des ergänzenden Vorbringens und damit die Lösung einer verfahrensrechtlichen Frage bekämpft (Jud 60 neu; EvBl 1974/127 uva). Er ist aber nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung steht jeder Partei nur eine einzige Rechtsmittelschrift zu; nach deren Einbringung (hier durch Erklärung des Rekurses zu Protokoll des Erstgerichtes) ist das Rechtsmittelrecht somit verbraucht (JBl 1979, 373 uva). Der Grundsatz der Einmaligkeit der Rechtsmittelhandlung gilt auch für das Verfahren außer Streitsachen (NZ 1973, 77 ua). Ob und inwieweit die Zivilverfahrens-Novelle 1983 diesen Grundsatz geändert hat (vgl § 84 Abs.3 ZPO nF) und für das Verfahren außer Streitsachen insoweit Analogie geboten ist, kann im vorliegenen Fall auf sich beruhen, weil selbst bei Bejahung der Zulässigkeit von Rechtsmittelnachträgen die ursprüngliche Rechtsmittelfrist jedenfalls zu wahren ist (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1693); andernfalls könnte diese Frist jederzeit umgangen werden. Der erstinstanzliche Beschluß wurde der Mutter am 2.Oktober 1986 zugestellt, den Rekurs gegen diesen Beschluß hat sie schon am nächsten Tag - somit fristwahrend - beim Erstgericht zu Protokoll erklärt (ON 293). Den Nachtrag zu ihrem Rekurs erklärte sie dagegen erst am 11.November 1986 - somit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist (§ 11 Abs.1 AußStrG) - zu erstgerichtlichem Protokoll. Die Bedachtnahme auf den verspäteten Nachtrag wäre dem Rekursgericht aber schon deshalb verwehrt gewesen, weil die erstinstanzliche Entscheidung nicht mehr ohne Nachteil für den Vater abgeändert hätte werden können (§ 11 Abs.2 AußStrG).
Dem Revisionsrekurs der Mutter ist deshalb ein Erfolg zu
versagen.
Das Erstgericht wird allerdings das Vorbringen vom 11. November 1986 als neuen Unterhaltsfestsetzungsantrag zu behandeln haben.
Anmerkung
E10686European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00545.87.0325.000Dokumentnummer
JJT_19870325_OGH0002_0010OB00545_8700000_000