TE OGH 1987/3/26 8Ob540/87

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Veröffentlicht am 26.03.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Barbara S***, geboren am 29. Dezember 1975, und Daniela S***, geboren am 3. April 1978, infolge Revisionsrekurses der Mutter Anna B***, Volksschullehrerin, Keßlastraße 9, 4722 Peuerbach, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 3.Dezember 1986, GZ R 1218/86-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 25.September 1986, GZ 2 P 42/85-18, zum Teil aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der mj. Barbara und Daniela S*** ist geschieden. Die Elternrechte stehen der Mutter zu, in deren Haushalt die Kinder aufwachsen. Das Besuchsrecht des Vaters wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 8.Mai 1985 (ON 11) in der Weise geregelt, daß dem Vater das Recht eingeräumt wurde, beide Kinder an jedem ersten Wochenende im Monat von Freitag 17 Uhr bis Sonntag 18 Uhr, an jedem dritten Wochenende im Monat am Samstag von 9 bis 18 Uhr, am Stefanitag, Ostermontag und Vatertag eines jeden Jahres von 9 bis 18 Uhr und während eines Zeitraumes von jährlich 14 Tagen während des Urlaubs zu sich zu nehmen.

Mit einem am 7. Juli 1986 beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz stellte die Mutter den Antrag, ab 1.September 1986 das dem Vater zustehende Besuchsrecht dahin abzuändern bzw. einzuschränken, daß er - unter Beibehaltung der für Stefanietag, Ostermontag und Vatertag getroffenen Regelung und der Regelung des Urlaubsbesuchsrechtes - nur mehr berechtigt sei, die Kinder an jedem ersten Wochenende im Monat von Samstag 17 Uhr bis Sonntag 18 Uhr und an jedem dritten Wochenende im Monat am Sonntag von 9 Uhr bis 18 Uhr zu sich zu nehmen. Die Mutter begründete dieses Begehren im wesentlichen damit, daß die mj. Barbara ab dem Schuljahr 1986/87 auch am Samstag die Schule zu besuchen haben werde, was der Beibehaltung der bisherigen Besuchsrechtsregelung entgegenstehe. Für die mj. Daniela werde die gleiche Besuchsrechtsregelung wie für die mj. Barbara zu treffen sein, obwohl sie nach wie vor am Samstag schulfrei haben werde; es sei nicht tunlich, die beiden Kinder auseinanderzureißen.

Der Vater sprach sich gegen eine Abänderung der bisherigen Besuchsrechtsregelung aus.

Das Erstgericht entschied im Sinne der Stattgebung des Antrages der Mutter.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die mj. Barbara besucht seit Anfang September 1986 das Privatgymnasium in Dachsberg. Sie wird täglich um 6,50 Uhr mit dem Schulbus abgeholt und zur Schule gebracht. Mittags kommt sie gegen 13 Uhr, am Samstag schon gegen 12 Uhr, heim. Sie ist musikalisch begabt, nimmt Flötenunterricht und muß täglich üben. Sie ist auch im Turnen begabt und gehört einem Turnverein an, bei dem sie zweimal wöchentlich je 2 bis 3 Stunden trainiert. Fallweise findet ein solches Training auch an Samstagnachmittagen statt. In der Schule Dachsberg ist es üblich, daß Lehrkräfte Schulaufgaben an einem der Schultage nahe vor dem Wochenende mit einer Erledigungsfrist bis Dienstag oder Mittwoch der Folgewoche auftragen. Da dies in verschiedenen Unterrichtsfächern und nahezu täglich geschieht, stauen sich über das Wochenende Hausübungen auf. Daher ist es notwendig, daß Barbara auch am Wochenende Schulaufgaben erledigt. Dies geschieht unter Aufsicht und Kontrolle ihrer Mutter. Der Vater hat sich bisher um diese Angelegenheiten nicht angenommen. Im Juni 1986 waren beide Kinder einvernehmlich eine Woche lang im Haushalt des Vaters. Nach dieser Woche fragte die Lehrerin der mj. Daniela die Mutter, was los sei, das Kind mache seine Aufgaben nicht mehr ordentlich. Während dieser Woche war eine tägliche Kontrolle der Hausaufgaben des Kindes nicht vorgenommen worden. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß das Besuchsrecht des Vaters entsprechend dem Antrag der Mutter einzuschränken sei. Die Mutter müsse ihren Erziehungsaufgaben auch am Wochenende nachkommen. Daß auch der Vater dazu in der Lage sein könnte, sei unbeachtlich, weil ihm das Erziehungsrecht nicht zustehe. Insoweit sei es ein Zugeständnis der Mutter, daß sie die Kinder an einem Wochenende beim Vater übernachten lassen wolle. Eine Aufspaltung des Besuchsrechtes in der Weise, daß die ältere Tochter bei der Mutter bleibe, die jüngere jedoch den Vater besuche, komme nicht in Betracht, weil dies nicht im Interesse der Kinder liege. Die getroffene Regelung genüge dem Zweck des Besuchsrechtes.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des Vaters gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es hob die Entscheidung des Erstgerichtes, die im übrigen unbekämpft geblieben war, im Umfang der Einschränkung des Besuchsrechtes des Vaters an jedem ersten Wochenende im Monat um den Zeitraum Freitag 17 Uhr bis Samstag 17 Uhr auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, es könnten nur triftige Gründe, die die seelische oder körperliche Gesundheit des Kindes gefährdeten, zur Einschränkung des Besuchsrechtes führen. Zur Erreichung des Besuchszweckes sei ein zumindest zweimaliger monatlicher Kontakt von ausreichender und zusammenhängender Dauer erforderlich. Beide Elternteile wohnten in Peuerbach; Dachsberg sei von Peuerbach nicht allzuweit entfernt. Die mj. Barbara lege den Schulweg mit einem Schulbus zurück. Es sei kein Grund ersichtlich, warum sie gehindert sein sollte, den Schulbus von der väterlichen Wohnung aus in gleicher Weise zu benützen wie von der Wohnung der Mutter aus. Das weitere Argument, die Kinder dürften nicht getrennt werden, sei in der vorliegenden Form haltlos. Die Trennung werde nämlich schon durch den Schulbesuch der mj. Barbara am Samstag bedingt. Gleichgültig, ob die mj. Daniela bei der Mutter oder beim Vater sei, sei sie am Samstagvormittag jedenfalls von ihrer älteren Schwester getrennt, weil diese eben die Schule besuche. Es bestehe unter diesen Umständen grundsätzlich kein Anlaß, das Besuchsrecht des Vaters abweichend von der bisherigen Regelung einzuschränken.

Es sei aber nicht geprüft worden, ob der Vater am Samstagvormittag berufstätig sei oder nicht. Wäre er berufstätig, dann wäre das Besuchsrecht in diesem Zeitraum wenig sinnvoll. Außerdem sei nicht geprüft worden, ob der Schulbesuch der mj. Barbara auch dann gesichert sei, wenn sie, wie bisher, den Vater schon am Freitag ab 17 Uhr besuche. Es wäre zu klären, ob der Vater bereit sei, den Schulbesuch seiner älteren Tochter am Samstag zu sichern, indem er sie etwa zum Schulbus oder zur Schule bringe und allenfalls von der Schule abhole, sofern hier nicht eine andere Möglichkeit (Schulbus) bestehe. In diesem Sinne werde das Beweisverfahren zu ergänzen sein. Sollte sich ergeben, daß der Schulbesuch der mj. Barbara am Samstag auch dann gesichert sei, wenn sie den Vater, wie bisher, ab Freitag 17 Uhr besuche, bestünden keine Bedenken gegen die bisherige Regelung und kein Anlaß zu einer Einschränkung des väterlichen Besuchsrechtes. Triftige Gründe, die die seelische oder körperliche Gesundheit des Kindes gefährden würden, seien dann nämlich nicht ersichtlich.

Dem Argument der Mutter, die mj. Barbara sei durch ihren Musikunterricht und durch ihre Teilnahme an Turnveranstaltungen ausgelastet, sei zu entgegnen, daß dies keinesfalls zum Nachteil ihrer Kontakte zum Vater gehen dürfe. Ein möglichst intensiver Kontakt zum Vater stehe im Stellenwert noch immer über einer musikalischen oder sportlichen Betätigung des Kindes. Im übrigen könne das Kind aber derartige Veranstaltungen auch von der Wohnung des Vaters aus besuchen.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Besuchsrecht eines Elternteiles zu seinem Kind kann nur aus wichtigen im Wohl des Kindes gelegenen Gründen eingeschränkt werden; nur triftige Gründe können zur Einschränkung des Besuchsrechtes führen (EFSlg 38.271, 43.251, 43.253, 45.766 uva). Das im vorliegenden Fall dem Vater mit der im Jahr 1985 getroffenen gerichtlichen Regelung eingeräumte Besuchsrecht entspricht seiner zeitlichen Ausdehnung nach durchaus seinem Zweck, nämlich der Aufrechterhaltung eines persönlichen Naheverhältnisses und der Verhinderung der gegenseitigen Entfremdung zwischen dem nicht erziehungsberechtigten Elternteil und den Kindern.

Entscheidend für die im vorliegenden Fall zu treffende Entscheidung sind in keiner Weise die Vorstellungen der Mutter über die Ausgestaltung des Besuchsrechtes des Vaters, auf die sie in ihrem Rechtsmittel verweist; maßgebend ist einzig und allein, ob durch die Beibehaltung der bisherigen Regelung eine Beeinträchtigung wichtiger Interessen der Kinder zu befürchten ist.

Dies ist, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, dann zu verneinen, wenn der ungefährdete Schulbesuch der mj. Barbara von der Wohnung des Vaters aus auch an dem einen Samstag im Monat, der in den Zeitraum des dem Vater bisher eingeräumten Besuchsrechtes fällt, sichergestellt ist. Im übrigen wird es Sache der erziehungsberechtigten Mutter sein, ihre Kinder zur Erfüllung ihrer Schulaufgaben und zu allfälligen außerschulischen musischen und körperlichen Aktivitäten in solcher Weise anzuleiten, daß dadurch der erforderliche Kontakt des Vaters zu seinen Kindern nicht beeinträchtigt wird. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß die Kinder, falls dies notwendig sein sollte, ihre Hausaufgaben auch während ihrer Besuche bei ihrem Vater machen können. Insgesamt bestehen gegen die Beibehaltung der bisherigen Besuchsrechtsregelung keine Bedenken, wenn der Vater in der Lage ist, zu den ihm eingeräumten Zeiten sein Besuchsrecht auszuüben und wenn sichergestellt ist, daß die mj. Barbara auch während dieser Besuchszeiten die Schule ungefährdet besuchen kann, soweit sie dazu verpflichtet ist.

Wenn das Rekursgericht, ausgehend von dieser zutreffenden rechtlichen Beurteilung, das Verfahren in tatsächlicher Hinsicht für ergänzungsbedürftig hielt, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten (EFSlg 44.569 ua).

Dem Revisionsrekurs der Mutter muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E10797

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00540.87.0326.000

Dokumentnummer

JJT_19870326_OGH0002_0080OB00540_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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