Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 6. November 1975 verstorbenen Franz M***, Bauernpensionist, zuletzt wohnhaft 3383 Hürm, Löbersdorf 2, infolge der Revisionsrekurse des 1.) Franz W***, Landwirt in Fohrafeld 4, 3233 Kilb, 2.) Hubert M***, Landwirt, Winkel 3, 3384 Großsierning, 3.) Franz M***, Landwirt, Rosenau 3, 3252 Petzenkirchen, alle vertreten durch Dr. Hans Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, 4.) Dipl.Ing.Dr. Johann M***, Geschäftsführer, 3385 Prinzersdorf, Gerersdorf, Geroldstraße 7, vertreten durch Dr. Ernst Kasa, öffentlicher Notar in Scheibbs, und
5.) Josef M***, Pensionist, 3233 Kilb, Kettenreith 12, vertreten durch Dr. Johann Billeth, öffentlicher Notar in St. Pölten, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 17. September 1986, GZ. R 265, 266, 267/86-252, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mank vom 1. April 1986, GZ. A 162/75-247, bestätigt und die Beschlüsse ON 237 und 246 aufgehoben wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revisionsrekurse des Dipl.Ing. Dr. Johann M***, Franz W***, Hubert M*** und Franz M*** werden zurückgewiesen. Hingegen wird dem Revisionsrekurs des Josef M*** Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Beschlüsse des Erstgerichtes ON 237 und 246 wieder hergestellt werden.
Text
Begründung:
Der am 6.November 1975 verstorbene ledige und kinderlose Bauernpensionist Franz M*** hinterließ unter anderem einen landwirtschaftlichen Betrieb in Löbersdorf Nr. 2, über welchen er letztwillig nicht verfügt hatte und bei dem es sich um einen Erbhof im Sinne des § 1 Abs 1 AnerbenG handelt. Aufgrund des Gesetzes sind als Erben berufen der Bruder des Verstorbenen Josef M*** und die Neffen und Nichten des Verstorbenen Maria S***, Josefa S*** und Franz W*** als Kinder einer vorverstorbenen Schwester sowie Franziska H***, Franz M***, Hubert M*** und Dipl.Ing. Dr. Johann M*** als Kinder eines vorverstorbenen Bruders. Mit Beschluß vom 18.10.1979, ON 102, hat das Erstgericht gemäß § 10 Abs 1 AnerbenG den Erbhof dem erblasserischen Bruder Josef M*** als Anerben zugewiesen. Mit Beschluß vom 29.5.1984, ON 192, wurde der Übernahmspreis des Erbhofes mit S 2,100.000 bestimmt. Beide Beschlüsse sind in Rechtskraft erwachsen.
Mit einem beim Verlassenschaftsgericht am 7.Jänner 1985 eingelangten Schriftsatz, ON 225, beantragten die Miterben Dipl.Ing. Dr. Johann M***, Franz W***, Franz M*** und Hubert M*** die Bestellung eines anderen Miterben zum Anerben. Zur Begründung brachten sie vor, daß sich der Gesundheitszustand des Anerben seit der Zuweisung des Erbhofes im Jahre 1979 dramatisch verschlechtert habe und der Anerbe nicht mehr imstande sei, einen Erbhof zu leiten. Mit Beschluß vom 1.April 1986, ON 247, wies das Erstgericht diesen Antrag zurück, wobei es die Auffassung vertrat, daß der von den Miterben begehrten Entscheidung die materielle Rechtskraft des Beschlusses vom 18.10.1979, ON 102, entgegenstehe.
Mit Beschluß vom 1.April 1986, ON 246, hat das Verlassenschaftsgericht
1. die ergänzte und zusammengefaßte Inventur mit festgestellten Aktiven von S 2,491.661,98 (davon auf das erbhofgebundene Vermögen entfallend S 2,100.000 und auf das erbhoffreie Vermögen entfallend
S 391.666,98 - richtig S 391.661,98 siehe III.Band Seite 8 - ) und ausgewiesenen Passiven von S 15.220,57 (davon auf das erbhofgebundene Vermögen entfallend S 2.603,02 und auf das erbhoffreie Vermögen S 12.617,55), somit mit einem Reinnachlaß von
S 2,476.441,41 und
2. den Erbteilungsausweis mit einer auf den Anerben entfallenden Zuteilung von S 819.855,43, auf Maria S***, Josefa S***, Franz W*** entfallenden Zuteilung von je S 273.285,14 und auf Franziska H***, Franz M***, Hubert M*** und Dipl.Ing. Dr. Johann M*** entfallenden Zuteilung von je S 204.963,86 der Abhandlung zugrundegelegt und
3. neben weiteren Verfügungen das Abhandlungsverfahren mit der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde für beendet erklärt. Mit Beschluß vom 1.April 1986, ON 237, hat schließlich das Verlassenschaftsgericht den Nachlaß des Verstorbenen den Erben eingeantwortet und in Ansehung der zum Nachlaß gehörigen Liegenschaften die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Anerben Josef M*** angeordnet.
Das Rekursgericht gab den Rekursen der Miterben Dipl.Ing. Dr. Johann M***, Franz W***, Hubert M*** und Franz M***, soweit sie gegen den Beschluß ON 247 gerichtet waren, nicht Folge, wohl aber, soweit sie gegen die Beschlüsse ON 237 und ON 246 gerichtet waren, Folge, hob diese Beschlüsse auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht vertrat zum Beschluß ON 247 die Auffassung, nach erfolgter Zuweisung des Erbhofes an den Erben hindere ein allenfalls auftretender Ausschließungsgrund die Einantwortung nicht, da gemäß § 10 Abs 1 AnerbenG mit der Zuweisung der Erbhof aus der Verlassenschaft ausscheide und mit dem Ausscheiden die Übernahme des Erbhofes im Sinne des § 4 AnerbenG vollzogen sei. Auf die von den Miterben behaupteten geänderten Umstände sei daher nicht Bedacht zu nehmen.
Hingegen seien die Rekurse begründet, soweit sie sich dagegen wendeten, daß die Erträge des Erbhofes und die Aufwendungen darauf in der Zeit zwischen dem Todestag des Erblassers und der Zuweisung des Erbhofes nicht als erbhoffreies Vermögen bewertet worden seien. Gemäß § 167 AußStrG sei bei der Berechnung der reinen Erbschaft zum Zwecke der Erbteilung zuerst das Verlassenschaftsvermögen nach dem Inventarium, mithin nach dem Zustand, in welchem es sich beim Tode des Erblassers befunden habe, anzusetzen, sodann die später erfolgte Vermehrung oder Verminderung desselben und der Betrag der Schulden und Lasten auszuweisen. Es sei also grundsätzlich auf die Veränderungen des Verlassenschaftsvermögens bei der Erbteilung Bedacht zu nehmen. Anhaltspunkte dafür, daß es im Anerbenrecht anders sein sollte, fänden sich im Anerbengesetz zumindest bis zum Zeitpunkt der Zuweisung des Erbhofes an den Anerben nicht. Ab dem Zeitpunkt der Zuweisung scheide nach § 10 Abs 1 letzter Halbsatz AnerbenG der Erbhof aus der Verlassenschaft aus, weshalb danach erfolgte Vermehrungen oder Verminderungen des erbhofgebundenen Verlassenschaftsvermögens bei der Erbteilung nicht mehr zu berücksichtigen seien. Hingegen seien Veränderungen des Verlassenschaftsvermögens bis zur Zuweisung des Erbhofes (insbesondere Erträgnisse) als erbhoffreies Vermögen bei der Erbteilung zu berücksichtigen. Aus dem Inhaltes des Aktes ergebe sich, daß der Erbhof (auch) zwischen Erbanfall und Zuweisung des Erbhofes verpachtet gewesen sei. Die diesbezüglichen Erträge seien daher - ebenso wie allfällige Aufwendungen - im Inventar als erbhoffreies Vermögen anzusetzen und bei der Erbteilung entsprechend zu berücksichtigen. Das Verlassenschaftsgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren die entsprechende Ergänzung des Inventars zu veranlassen und sodann einen neuerlichen Beschluß zu fassen haben. Demnach seien auch die Rekurse gegen den Beschluß ON 237 (Einantwortungsurkunde) berechtigt, weil gemäß § 10 Abs 1 AnerbenG vor der Einantwortung von Amts wegen eine Erbteilung vorzunehmen sei. Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richten sich die Revisionsrekurse des Franz W***, Hubert M***, Franz M***, Dipl.Ing. Dr. Johann M*** und Josef M***.
Franz W***, Hubert M***, Franz M*** und Dipl.Ing. Dr. Johann M*** bekämpfen den Beschluß insoweit, als damit der Beschluß des Erstgerichtes, ON 247, bestätigt wurde. Dipl.Ing. Dr. Johann M*** beantragt, den angefochtenen Beschluß, soweit dieser den erstgerichtlichen Beschluß ON 247 betrifft, aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen, während Franz W***, Hubert M*** und Franz M*** beantragen, den Beschluß des Rekursgerichtes in diesem Punkt aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über ihren Rekurs aufzutragen.
Josef M*** bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes, soweit dieses die erstgerichtlichen Beschlüsse ON 237 und ON 246 aufgehoben hat und beantragt, den Beschluß des Rekursgerichtes in diesem Punkt dahin abzuändern, daß den gegen die Beschlüsse des Erstgerichtes erhobenen Rekursen nicht Folge gegeben wird.
Zu den Revisionsrekursen des Dipl.Ing. Dr. Johann M***, Franz W***, Hubert M*** und Franz M***:
Die Zulässigkeit dieser Revisionsrekurse ist entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber nicht nach § 14 Abs 1 AußStrG, sondern nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilen.
Der zweite Rechtssatz des Judikates 56 neu = SZ 24/335, ein bloß teilweise bestätigendes Urteil habe nicht als bestätigendes Urteil im Sinne des § 502 Abs 3 aF ZPO zu gelten, fand seit der Entscheidung SZ 26/254 in ständiger Rechtsprechung auch im Verfahren außer Streitsachen Anwendung. Der Gesetzgeber der Zivilverfahrens-Novelle 1983 hat für den Bereich der Zivilprozeßordnung durch die Neufassung der Bestimmungen der §§ 502 Abs 3 und 528 Abs 1 Z 1 ZPO das ausdrücklich erklärte Ziel verfolgt, die Anfechtbarkeit teilweise bestätigender Entscheidungen abweichend von den Rechtssätzen des Judikates 56 neu zu regeln. Danach ist auch ein Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil einer zweitinstanzlichen Rekursentscheidung immer unzulässig (Petrasch,
Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht ÖJZ 1983, 175, 203). Die durch die Zivilverfahrens-Novelle neu gefaßten Bestimmungen der §§ 502 Abs 3 und 528 Abs 1 Z 1 ZPO müssen zu einer Änderung der Rechtslage überall dort führen, wo das Judikat 56 neu bloß aufgrund einer Analogie angewendet wurde. Beseitigte der Gesetzgeber bewußt den Bestand des Judikates 56 neu für den Bereich der Zivilprozeßordnung, so kann auch eine Auslegung der Bestimmungen der §§ 14 und 16 AußStrG, die ausschließlich auf die analoge Anwendung der Rechtssätze dieses Judikates gestützt wurde, keinen weiteren Bestand haben. Das Außerstreitgesetz enthält für den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof sowohl für den Fall der Abänderung einer Entscheidung durch das Rekursgericht als auch den der Bestätigung gesonderte Bestimmungen. Schon aus dem Aufbau des Gesetzes ergibt sich, daß die Grenzlinie zwischen bestätigender Entscheidung und Abänderung dort zu ziehen ist, wo dem Rekurs einer Partei in trennbarer Weise auch nur teilweise nicht Folge gegeben wurde (SZ 57/119 = EFSlg. 46.980/3 ua.).
Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber besteht zwischen den Beschlüssen ON 247 einerseits und ON 237 und 246 andererseits kein so enger Zusammenhang, daß eine Trennung nicht möglich wäre. Wohl würde ein Erfolg des Revisionsrekurses gegen den Beschluß ON 247 auch zu einer Aufhebung der Beschlüsse ON 237 und 246 führen, weil Voraussetzung des Erbteilungsausweises und der Einantwortung die endgültige Feststellung des Anerben ist. Hingegen beruhte die Aufhebung der Beschlüsse ON 237 bis 246 durch das Rekursgericht ausschließlich darauf, daß das erbhoffreie und erbhofgebundene Vermögen nach Ansicht des Rekursgerichtes unrichtig berechnet wurden. Diese Frage steht aber in keinem Zusammenhang mit jener, die Grundlage des Beschlusses ON 247 war. Die Entscheidung über den Revisionsrekurs des Anerben gegen die Aufhebung der Beschlüsse ON 237 und 246 berührt daher die Entscheidung über die Revisionsrekurse gegen die Bestätigung des Beschlusses ON 247 nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse gegen die Bestätigung des Beschlusses ON 247 sind daher gemäß § 16 AußStrG zu beurteilen.
Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG findet gegen einen bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statt.
Eine Nichtigkeit erblicken die Rechtsmittelwerber Franz W***, Hubert M*** und Franz M*** darin, daß das Rekursgericht mit Beschluß vom 4.12.1985 zwar dem Ablehnungsantrag gegen den Erstrichter Dr. Alfons B*** stattgegeben, die vor diesem Zeitpunkt gelegene Verfahrensführung durch diesen Richter, insbesonders den Beschluß ON 102 vom 18.10.1979 über die Zuweisung des Erbhofes an Josef M*** aber nicht aufgehoben habe. Die behauptete Nichtigkeit liegt nicht vor.
Die nunmehr angefochtenen Beschlüsse wurden nicht vom seinerzeit mit Erfolg abgelehnten Richter Dr. Alfons B***, sondern von Richter Dr. Martin R*** gefaßt. Was aber den seinerzeit von Richter Dr. Alfons B*** gefaßten Beschluß vom 18.10.1979, ON 102, anlangt, so ergibt sich aus dem vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Akt Jv 476/85 des Bezirksgerichtes Mank, daß Richter Dr. Alfons B*** mit Eingabe des Franz W***, der Anna F***, des Hubert M*** und des Franz M*** vom 12.November 1985 abgelehnt wurde. Diesem Ablehnungsantrag gegen den Vorsteher des Bezirksgerichtes Mank gab das Kreisgericht St. Pölten mit Beschluß vom 4.12.1985, 7 Nc 54/85-3, Folge, sprach jedoch nicht aus, daß bisherige Prozeßhandlungen des abgelehnten Richters nichtig seien. Gemäß § 25 letzter Satz JN sind im Falle der Stattgebung der Ablehnung die vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen nichtig und, soweit erforderlich, aufzuheben. Über die Nichtigkeit der vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen ist im Ablehnungsbeschluß zu entscheiden. Sein Inhalt ist daher für die Beurteilung maßgebend, inwieweit das vom abgelehnten Richter geführte Verfahren nichtig ist. Im vorliegenden Fall wurde dem Ablehnungsantrag zwar Folge gegeben, es unterblieb aber ein Ausspruch über die Nichtigerklärung von Prozeßhandlungen des abgelehnten Richters. Insoweit wäre ein Rekurs gegen den Beschluß des Kreisgerichtes St. Pölten als Ablehnungsgerichtes ungeachtet der Bestimmung des § 24 Abs 2 JN zulässig gewesen (3 Ob 51/82 ua.). Die Ablehnungswerber ließen diesen Beschluß unangefochten. An den in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Ablehnungsgerichtes ist aber auch das Rechtsmittelgericht gebunden (Amtsvormund 1986, 109; 2 Ob 212/65). Es hat daher seiner Entscheidung zugrundezulegen, daß Richter Dr. Alfons B*** zwar in Hinkunft von jeder Tätigkeit im Verfahren ausgeschlossen war, daß aber die von ihm bis zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag gesetzten Verfahrenshandlungen unberührt geblieben sind. Soweit Fasching I 214 die Rechtsansicht vertritt, daß die vom Ablehnungsgericht unterlassene Nichtigerklärung vom Rechtsmittelgericht (bei Rüge als Nichtigkeitsgrund) wahrzunehmen sei, kann dieser Rechtsansicht, die die Rechtskraft der im Ablehnungsverfahren ergangenen Entscheidung verkennt, nicht gefolgt werden (Amtsvormund 186, 109).
Die Rechtsmittelwerber wenden sich unter Hinweis auf Edelbacher (Anerbenrechtliche Miszellen NZ 1983, 99 ff) gegen die Ansicht der Vorinstanzen, nach Zuweisung des Erbhofes an den Anerben könnten Ausschließungsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Dies sei offenbar gesetzwidrig.
Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 39/103 uva.) liegt eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Es bildet daher auch nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung eine offenbare Gesetzwidrigkeit. Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt Ausschließungsgründe gemäß § 5 AnerbenG geltend gemacht werden können, und vor allem, ob dies auch noch nach dem Zeitpunkt der Zuweisung des Erbhofes an den Anerben geschehen kann, ist jedoch im Gesetz nicht geregelt. Die Beschlüsse der Vorinstanzen können daher nicht offenbar gesetzwidrig sein.
Soweit Dipl.Ing. Dr. Johann M*** aber meint, die angefochtene Entscheidung sei, wenn man davon ausgehe, daß bis zur Einantwortung Ausschließungsgründe zu beachten seien, auch aktenwidrig, verkennt er das Wesen der Aktenwidrigkeit. Die von ihm behauptete unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache durch das Rekursgericht kann niemals eine Aktenwidrigkeit bilden. Ob aber Josef M*** derzeit aus gesundheitlichen Gründen als Anerbe ausgeschlossen wäre, war nach der Rechtsansicht des Rekursgerichtes nicht mehr zu prüfen. Die Revisionsrekurse waren daher zurückzuweisen.
Zum Revisionsreurs des Josef M***:
Mit Recht wendet sich der Anerbe gegen die Ansicht des Rekursgerichtes, die Erträgnisse des Erbhofes und die Aufwendungen auf diesen in der Zeit zwischen dem Tode des Erblassers und der Zuweisung des Erbhofes an den Anerben seien als erbhoffreies Vermögen zu behandeln. Wem diese Erträgnisse zufallen, ist im Gesetz nicht näher geregelt. Eine Regelung besteht nur insoweit, als im § 2 AnerbenG bestimmt wird, was zum Erbhof gehört. Es muß jedoch beachtet werden, daß einerseits in der Zuweisung des Erbhofes an den Anerben ein besonderer Rechtstitel für den Eigentumserwerb durch den Anerben liegt (SZ 55/150), andererseits aber - wie bereits zum Tiroler Höfegesetz ausgesprochen wurde (RZ 1972, 89) - der Anerbe den Hof samt Zubehör als Gesamtnachfolger des Erblassers erwirbt, auch wenn der Nachlaß nach dem Verhältnis der Erbquoten eingeantwortet wird. Soweit daher Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes zum Erbhof gehört, bildet es eine Sondermasse mit einem eigenen rechtlichen Schicksal, nämlich der seinerzeitigen Zuweisung an den Anerben. Diesem gebühren daher auch alle Erträge dieser Sondermasse seit dem Tode des Erblassers wie ihn andererseits auch alle für den Erbhof in dieser Zeit getätigten Aufwendungen treffen. Jede andere Auslegung würde einerseits die Bewirtschaftung des Erbhofes in dieser Zeit und die Abrechnung außerordentlich erschweren und je nach der Dauer des Verfahrens auch einen wesentlichen Einfluß auf die Höhe des erbhoffreien Vermögens haben. Es darf auch nicht übersehen werden, daß dann für die Erhaltung und Bewirtschaftung des Erbhofes in dieser Zeit auflaufende unerwartet hohe Aufwendungen (durch Elementarereignisse, Mißernten etc.) auch zu Lasten des im Zeitpunkt des Todes des Erblassers vorhandenen erbhoffreien Vermögens gehen müßten.
Da in den Rekursen des Dipl.Ing. Dr. Johann M***, Franz W***, Hubert M*** und Franz M*** gegen den erstgerichtlichen Beschluß ON 246 gar nicht bestritten wurde, daß dieser unter der Voraussetzung richtig ist, daß die Erträgnisse und Aufwendungen des erbhofgebundenen Vermögens ab dem Todestag des Erblassers dem Anerben zuzurechnen sind (vgl. ON 248 und 249), waren in Stattgebung des Revisionsrekurses des Josef M*** der Beschluß des Erstgerichtes, ON 246, ebenso wie die Einantwortungsurkunde wieder herzustellen.
Anmerkung
E10400European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00015.86.0326.000Dokumentnummer
JJT_19870326_OGH0002_0060OB00015_8600000_000