TE OGH 1987/3/26 7Ob8/87

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Veröffentlicht am 26.03.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Hule, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** E*** Versicherungs-AG, Wien 1., Kärntnerring 12, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte G*** C*** KG, Internationale Fachspedition, Wien 12., Altmannsdorfer Straße 78, vertreten durch Dr. Manfred Melzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 725.678,64 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2. Oktober 1986, GZ 15 R 161/86-41, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14. März 1986, GZ 38 Cg 711/84-34 teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Die eingeklagte Forderung besteht mit S 725.678,64 zu Recht. Die Gegenforderung der beklagten Partei besteht nicht zu Recht. Die beklagte Partei ist daher schuldig, der klagenden Partei S 725.678,64 samt 4 % Zinsen seit 15. Mai 1976 binnen 14 Tagen zu bezahlen und die mit S 159.779,29 bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin S 13.319,03 an Umsatzsteuer und S 13.270,-- an Barauslagen) sowie die mit S 37.294,62 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 3.136,07 an Umsatzsteuer und S 2.798,-- an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.033,21 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.493,93 an Umsatzsteuer und S 3.600,-- an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte die Zahlung von S 725.678,64 s.A. und zunächst auch die Feststellung, die beklagte Partei sei schuldig, ihr alle Aufwendungen zu ersetzen, die ihr "im Zusammenhang mit der Sattelzugmaschine Magirus Deutz 310 D 22 FS, Polizeikennzeichen W 749.820, für das Unfallereignis vom 3. Oktober 1974 erwachsen". Mit Schriftsatz vom 2. Jänner 1984, ON 21, wurde das Feststellungsbegehren auf Kosten eingeschränkt. Nach dem Klagsvorbringen habe Pauline S***, Kommanditistin der Johann S*** & CO KG, die auf ihren Namen zugelassene Sattelzugmaschine bei der klagenden Partei gegen das Risiko "LKW zum gewerblichen Gütertransport" haftpflicht- und kaskoversichert gehabt. Die Johann S*** & CO KG habe ohne Wissen der klagenden Partei dieses Fahrzeug der beklagten Partei ihm Rahmen eines Beschäftigungsvertrages zur Verfügung gestellt. Die beklagte Partei habe die Zugmaschine zum Schleppen ihres Sattelaufliegers mit Tankaufbau Crane Frühauf TDP verwendet und damit auch gefährliche, leicht entzündliche Flüssigkeiten transportiert, obwohl die Zugmaschine nicht die hiefür erforderliche Ausstattung besessen und der Zug auch keine Genehmigung im Sinne der Bestimmungen des Europäischen Abkommens über den Internationalen Straßentransport gefährlicher Güter (ADR-Abkommen) gehabt habe. Am 3. Oktober 1974 habe der genannte Lastzug über Auftrag der beklagten Partei Heidelberg mit einer Ladung von 23.530 kg Aethylacetat, einer außerordentlich leicht entzündlichen Flüssigkeit, verlassen. Die vorgeschriebene Maximalnutzlast von 22.670 kg sei dabei um fast 1.000 kg überschritten worden. Vermutlich infolge zu hoher Geschwindigkeit sei der von Adolf R*** gelenkte Lastzug beim Befahren des "Heidelberger Kreisels" der Autobahn umgestürzt. Die feuergefährliche Ladung habe sich sofort entzündet, der Lastzug sei zur Gänze ausgebrannt. Die klagende Partei sei vom Versicherungsvertrag gemäß den §§ 16, 17 VersVG zurückgetreten, weil die Versicherungsnehmerin bei Vertragsabschluß die Verwendung des Fahrzeuges zum Transport chemischer und leicht entzündlicher Flüssigkeiten verschwiegen habe. Hiebei handle es sich um ein wesentlich höheres Risiko, für das eine höhere Prämie vorgeschrieben worden wäre. Zur Unfallszeit sei außerdem nicht einmal die Erstprämie bezahlt gewesen. Pauline S*** habe die klagende Partei zu 14 Cg 222/75 des Handelsgerichtes Wien auf Feststellung des bestehenden Versicherungsschutzes geklagt. Ihr Begehren sei abgewiesen worden. Zur Abwendung von Schäden am Wasserhaushalt des Unfallsbereiches durch das ausgeflossene Ladegut seien größere Aufwendungen der deutschen Dienststellen erforderlich gewesen. Pauline S***, die Johann S*** & CO KG, Adolf R*** und die beklagte Partei seien vor dem Landgericht Heidelberg auf Zahlung von mehr als DM 200.000 Schadenersatz geklagt worden. Die klagende Partei sei als Versicherer des ausgegebenen Kennzeichens der Zugmaschine unbeschadet ihres Vertragsrücktritts und ihrer Leistungsfreiheit zur Erbringung der vorgesehenen Mindestleistung von DM 100.000 verpflichtet gewesen. Diese an die deutschen Geschädigten - durch den von der klagenden Partei beauftragten Gerling-Konzern - gleistete Zahlung habe sich für die beklagte Partei schuldbefreiend ausgewirkt. Der Anspruch werde daher primär auf § 1358 ABGB, aber auch auf alle anderen in Betracht kommenden Rechtsgründe gestützt. Es werde auch der Rechtsgrund des Schadenersatzes herangezogen. Die beklagte Partei habe den Transport mit Fahrzeugen durchgeführt, die weder die Eignung, noch die erforderliche Zulassung für den Transport gefährlicher, leicht entzündlichen Flüssigkeiten besessen hätten. Sie habe damit schuldhaft gegen jene Bestimmungen verstoßen, die erlassen worden seien, um derartigen Gefahren vorzubeugen. Weitere als die bereits geltend gemachten Bearbeitungsspesen seien vor Beendigung des (bei Klageeinbringung noch anhängigen) Rechtsstreites 14 Cg 222/75 des Handelsgerichtes Wien nicht auszuschließen gewesen, sodaß ein Interesse an der begehrten Feststellung bestanden habe. Auch für den Sattelauflieger der beklagten Partei existiere kein ADR-Zertifikat, sondern nur eine unmaßgebliche Bestätigung einer englischen Versicherung, sodaß ein Gut wie das gegenständliche mit dem Anhänger nicht hätte transportiert werden dürfen. Der beklagten Partei sei die Notwendigkeit einer solchen Genehmigung bekannt gewesen. Sie wäre verpflichtet gewesen, sich auch um die Beschaffenheit und Eignung des Zugfahrzeuges zu kümmern. Die Johann S*** & CO KG habe sich schon im "Beschäftigungsvertrag" verpflichtet, eine Zugmaschine ausschließlich zum Schleppen des Aufliegers der beklagten Partei zur Verfügung zu stellen. Es habe ausschließlich die beklagte Partei über den Einsatz des Lastzuges disponiert. Der Prokurist der beklagten Partei, N***, habe den Kraftfahrern der Johann S*** & CO KG auch direkte Aufträge erteilt. Dies bedeute eine Verfügungsmacht der beklagten Partei über den gesamten Lastzug. Die beklagte Partei sei daher auch als Mithalterin des Lastzuges zu betrachten. In dem Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg sei die beklagte Partei schuldig erkannt worden, an die Bundesrepublik Deutschland einen (weiteren) Betrag von DM 130.683,54 s.A. zu zahlen. Dabei sei der von der klagenden Partei geleistete Betrag von DM 100.000 bereits berücksichtigt worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, sie habe über die Zugmaschine der Johann S*** & CO KG (im folgenden kurz Kommanditgesellschaft) keine Verfügungsmacht gehabt. Die beklagte Partei betreibe das Speditionsgewerbe, insbesondere im großen Umfang hinsichtlich chemischer Flüssigkeiten. Um den entsprechenden Laderaum zur Verfügung zu haben, habe sie 1974 in England erzeugte Sattelauflieger erworben, die alle technischen Voraussetzungen, wie sie das ADR-Abkommen vorsehe, erfüllt hätten. Sie habe die Auflieger verschiedenen österreichischen Frächtern überlassen, die sich verpflichtet hätten, mit eigenen Zugmaschinen Transportaufträge der beklagten Partei unter Verwendung dieser Auflieger durchzuführen. Die beklagte Partei habe die Frächter darauf hingewiesen, daß die Zugmaschinen den technischen Bestimmungen der ADR zu entsprechen hätten. Die Kommanditgesellschaft habe die Transporte für die beklagte Partei in eigener Verantwortung als Frachtführer mit ihren eigenen Fahrern, jedoch unter Verwendung des von der beklagten Partei zur Verfügung gestellten Sattelaufliegers - der für die Kommanditgesellschaft polizeilich zugelassen worden sei - durchzuführen gehabt. Der Einsatzplan sei der Kommanditgesellschaft jeweils wochenweise bekanntgegeben worden, doch sei die beklagte Partei berechtigt gewesen, auch den Fahrern Direktaufträge zu erteilen. Der Kommanditgesellschaft sei bekannt gewesen, daß häufig leicht brennbare, explosive und giftige Flüssigkeiten transportiert würden. Die Kommanditgesellschaft habe ohne Wissen der beklagten Partei eine Zugmaschine verwendet, die den technischen Erfordernissen nach dem ADR-Abkommen nicht entsprochen und nur gegen ein wesentlich geringeres Risiko, nämlich zum gewerblichen Gütertransport unter Ausschluß brennbarer Gegenstände, haftpflichtversichert gewesen sei. Im Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg sei die beklagte Partei als "Inhaberin der Anlage, aus der die schädigenden Stoffe stammen", nach dem deutschen Wasserhaushaltsgesetz in Anspruch genommen worden. Der beklagten Partei komme aber hinsichtlich des Aufliegers keine Haltereigenschaft zu. Die Wartungs- und Verwahrungspflicht habe die Kommanditgesellschaft getroffen. Das Feststellungsbegehren sei unberechtigt, solange nicht feststehe, ob (in dem Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg) "jemand" zur Zahlung verpflichtet werde. Der Rücktritt der klagenden Partei aus dem Versicherungsvertrag habe keine Wirkung ex tunc für Dritte. Zur Leistung von DM 100.000 sei die klagende Partei auf Grund ihrer eigenen Verbindlichkeit aus der Grüner Karte und dem Versicherungsvertrag verpflichtet gewesen, sodaß kein Forderungsübergang von § 1358 ABGB eintrete. Von den DM 100.000 seien lediglich DM 42.434,36 zur Verminderung der Leistungspflicht der beklagten Partei gemäß dem Wasserhaushaltsgesetz der Bundesrepublik Deutschland herangezogen worden. Sollte ein Verschulden der beklagten Partei gegeben sein, könne dies nur eine Mithaftung mit Pauline und Johann S*** begründen, sodaß allfällige Schadenersatzansprüche der klagenden Partei zwischen diesen Personen gemäß den Verschuldensquoten zu teilen wären. Die mangelnde ADR-Ausrüstung sei nicht unfallskausal gewesen. Sollte der geltend gemachte Anspruch auf das Versicherungsvertragsgesetz gestützt werden, wende die beklagte Partei eine Zahlung von DM 130.688,54 s.A., die sie laut Urteil des Oberlandesgerichtes Karlsruhe vom 3. Februar 1982 habe leisten müssen, aufrechnungsweise ein, weil Pauline S*** als Halterin der Zugmaschine für den Unfall haftbar sei.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei S 303.044,98 s.A. (DM 42.434,36) zu zahlen; das Mehrbegehren wies es ab. Es traf folgende Feststellungen:

Pauline S*** besaß eine Gewerbeberechtigung für den Güterverkehr als Frachtführerin. Sie legte die Berechtigung zugunsten der 1970 gegründeten Johann S*** & CO KG, deren einzige Kommanditistin sie war, zurück. Komplementär der Gesellschaft war Johann S***, der Mann Pauline S***. Pauline S*** war Zulassungsbesitzerin der am Unfall beteiligten Zugmaschine und Versicherungsnehmerin der klagenden Partei hinsichtlich Haftpflicht- und Kaskoversicherung weil die Übertragung der Gewerbeberechtigung auf die Kommanditgesellschaft zum Zeitpunkt des Kaufes noch nicht vollzogen war. Das Fahrzeug wurde aber - bereits in der Absicht, es im Rahmen des Beschäftigungsvertrages mit der beklagten Partei zu verwenden - aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft angeschafft und gehörte zum Firmenvermögen. Die beklagte Partei befaßt sich mit der Spedition vorwiegend chemischer Flüssigkeiten und leicht entzündlicher Transportgüter. Um den von ihr beschäftigten Frachtführern entsprechende Transportgeräte zur Verfügung stellen zu können, erwarb sie Ende 1973 in England zehn neue Sattelanhänger mit Tankaufbau, darunter auch den am Unfall beteiligten. In der Dokumentenbox der Auflieger befanden sich unter anderem auch Zertifikate einer autorisierten englischen Versicherungsgesellschaft über die Zulassung zur Beförderung von Gütern der Klasse III a Z 1 bis 5 - mit Ausnahme von Nitromethan - (nach dem ADR-Abkommen). Die Einzelgenehmigung des Aufliegers, der im Vorbehaltseigentum eines den Kauf finanzierenden Bankunternehmens stand, wurde der beklagten Partei erteilt. Polizeilich zugelassen wurde er auf die Kommanditgesellschaft. In der Einzelgenehmigung des Amtes der Wiener Landesregierung vom 30. Juli 1974 wird ausgeführt, daß die höchstzulässige Nutzlast 22.670 kg betrage und daß nur solche Flüssigkeiten befördert werden dürfen, "die nicht der Tankfahrzeugverordnung 1967, BGBl. Nr. 400, und nur solche Güter, die nicht dem § 92 KFG 1967 unterliegen". In einem Gutachten vom 19. Februar 1975 bescheinigt allerdings der staatlich befugte und beeidete Ingenieurkonsulent für Maschinenbau,

DDipl. Ing. Dr. techn. Ernst Z***, daß der Auflieger die Bedingungen erfülle, die das ADR für die Zulassung zur Beförderung der Klasse III a Z 1 bis 5 mit der Ausnahme von Nitromethan vorsehe. Voraussetzung sei allerdings, daß das Sattelzugfahrzeug für den Sattelanhänger geeignet und zur Beförderung der genannten gefährlichen Flüssigkeiten zugelassen sei.

Alfred N***, der 1974 Prokurist der beklagten Partei war, gab den als Vertragspartnern der beklagten Partei vorgesehenen Frächtern bei einer Besprechung im Frühjahr 1974, an der auch Johann S*** teilnahm, die Bedingungen für die Zusammenarbeit bekannt. Er wies darauf hin, daß mit den beigestellten Aufliegern gefährliche Güter im Sinne der ADR zu befördern seien und teilte mit, daß die Auflieger der beklagten Partei - für die die beklagte Partei eine Haftpflicht- und Kaskoversicherung mit der höchstmöglichen Deckung abgeschlossen habe - die ADR-Voraussetzungen erfüllten. N*** empfahl den Frächtern, auch für die von ihnen beizustellenden Zugmaschinen die höchstmögliche Versicherung abzuschließen, und wies sie darauf hin, daß sie sich bemühen müßten, für die von ihnen verwendeten Zugmaschinen ADR-Genehmigungen zu erlangen.

N*** kontrollierte bei Einsatzbeginn der Auflieger nicht, ob die Frächter die ADR-Genehmigungen für ihre Zugmaschinen erhalten hatten. Er vergewisserte sich auch nicht, welche Versicherungsverträge sie abgeschlossen hatten, ob sie also Spezialversicherungen für den Transport entzündlicher Flüssigkeiten eingegangen waren.

In dem mit der Johann S*** & CO KG am 22. Jänner 1974 abgeschlossenen Beschäftigungsvertrag heißt es unter anderem, die Kommanditgesellschaft verpflichte sich, ab Mai 1974 die Zugmaschine .... (nicht ausgefüllt) zum Schleppen des von der beklagten Partei zur Verfügung gestellten Aufliegers für die Speditionsgeschäfte der beklagten Partei ausschließlich zur Verfügung zu stellen. Die Kommanditgesellschaft sei verpflichtet, den Tankauflieger in einem optisch und technisch einwandfreien Zustand zu erhalten und sämtliche Reparaturen frühzeitig anzuzeigen. Die Reparaturen gingen zu Lasten der beklagten Partei, ebenso die Reinigungskosten der Tanks, die Erneuerung der Reifen dagegen zu Lasten der Kommanditgesellschaft. Die beklagte Partei zahle für jeden gefahrenen Kilometer ein Entgelt von S 8,-- und garantiere, daß die Zugmaschine im Monat zumindest auf 10.000 Kilometern eingesetzt werde. Mit dem Tanksattelauflieger dürften nur Transporte mit Wissen der beklagten Partei durchgeführt werden.

Der am Unfall beteiligte Lastzug besaß (in Österreich) keine behördliche ADR-Genehmigung, und zwar besaß sie weder die Zugmaschine, noch der Sattelanhänger. Die Ausrüstung der Zugmaschine entsprach dem ADR nur teilweise. Beim Auflieger ist mit großer Sicherheit anzunehmen, daß er dem ADR entsprechend ausgerüstet war. Zugmaschine, Sattelanhänger und Fahrer bildeten bei der Kommanditgesellschaft eine Einheit, die ohne zwingenden Grund nicht getrennt wurde. Die Fahrer waren Beschäftigte der Kommanditgesellschaft und wurden von ihr auch entlohnt. Die Verfügungsmacht über die einzelnen Einsatzfahrten übte die beklagte Partei durch ihren Prokuristen N*** aus. Dieser gab den Frächtern schriftliche Anweisungen für das Programm der folgenden Woche oder gab derartige Anordnungen auch direkt (telefonisch) den Fahrern. Die Fahrer hatten sich während der Transportdurchführung telefonisch bei N*** zu melden, damit dieser Dispositionen für die Weiterfahrt treffen konnte. Meldete ein Lenker dem Prokuristen, er habe ein Gut nicht bekommen, weil eine ADR-Genehmigung fehle, gab N*** den Auftrag zur Beförderung eines nicht genehmigungspflichtigen Gutes, erteilte aber bei nächster Gelegenheit wieder einen Transportauftrag für ein ADR-Gut.

Auch der Auftrag zu jener Fahrt, bei der sich der Unfall ereignete, wurde von N*** dem Fahrer des Zuges, Adolf R***, direkt (telefonisch) erteilt. Es waren in Heidelberg 22 Tonnen Aethylacetat zu übernehmen. Das Gut sollte nach Laibach transportiert werden. Aethylacetat ist eine leicht entzündliche chemische Flüssigkeit und ADR-pflichtig. Beim Abfüllen wurden über Weisung R*** die vordere und hintere Kammer des Tanks - der insgesamt drei durch lotrechte, querverlaufende Wände getrennte Kammern besitzt - voll, die mittlere nur zum Teil gefüllt. Tatsächlich war der Anhänger beim Unfall mit

23.530 kg beladen und daher um 860 kg (3,8 %) überladen. Eine derartige Überladung hat normalerweise keinen Einfluß auf die Verkehrssicherheit eines Zuges.

Bei der Autobahnauffahrt des sogenannten Heidelberger Kreisels näherte sich Adolf R*** mit dem Lastzug einer verhältnismäßig engen Rechtskurve mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h. Als er vom 4. auf den 3. Gang zurückschalten wollte und deshalb die Fußbremse betätigte, bemerkte er, daß sich die Zugmaschine nach rechts zu drehen begann. Er gab hierauf Gas, um den Spurverlust auszugleichen. Nun aber stürzte der Sattelanhänger nach links um und riß die Zugmaschine im Sturz mit. Metallteile schlitterten über die Fahrbahnoberfläche und erzeugten dadurch Funken. Daran entzündete sich das gleichzeitig aus einem entstandenen Leck des Tanks aus diesem ausfließende Ladegut. Der Zug brannte bis zum Wrack aus. Vom Ladegut verbrannte ein Teil. Die Feuerwehr der Stadt Heidelberg löschte den Brand und pumpte den im Tank verbliebenen Teil des Ladegutes um, der Rest sickerte in das Erdreich neben der Unfallsstelle. Unfallsursache war ein zu schnelles Einfahren in die enge Kurve. Ein unrichtiges Bremsmanöver verschlechterte die Situation wesentlich. Die leichte Überladung des Tanks hat das Umstürzen begünstigt.

Durch den Treibstoff der Zugmaschine allein wäre der Zug nicht in Brand geraten. Wäre die Zugmaschine nach den ADR-Bestimmungen ausgerüstet gewesen, so wären Unfall und Brand auch nicht vermieden worden.

Johann S*** hatte am 18. Februar 1974 (im Auftrag und mit Vollmacht von Pauline S***) für die Sattelzugmaschine den Abschluß einer Kasko- und einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung bei der klagenden Partei beantragt und dabei als zu versicherndes Risiko "LKW zum gewerblichen Gütertransport" angegeben. Die Frage des Versicherungskaufmanns Helmut S***, ob das Fahrzeug auch brennbare und explosive Güter befördern werde, hatte Johann S*** - vor Unterfertigung des Versicherungsantrages - ausdrücklich verneint. Die von der klagenden Partei vorgeschriebene Prämie umfaßt nur das beantragte Risiko. Die Polizze vom 14. Juni 1974 wurde am 23. Juni 1974 an Pauline S*** versendet. Die erste Prämie wurde trotz Mahnungen nicht bezahlt.

In dem der klagenden Partei vom Fahrzeuglenker erstatteten Unfallbericht und in den Schadenberichten der Kommanditgesellschaft wurde die Art des Ladegutes nicht angegeben. Als die klagende Partei Kenntnis davon erhielt, erklärte sie die Ablehnung des Versicherungsschutzes und den Rücktritt vom Versicherungsvertrag, Pauline S*** klagte die klagende Partei auf Feststellung der Haftung für den Schadensfall (14 Cg 222/75, später 14 Cg 37/78 des Handelsgerichtes Wien). Ihr Begehren wurde abgewiesen, da Leistungsfreiheit wegen Gefahrenerhöhung und Rücktrittsberechtigung wegen Erstprämienverzuges bestehe; Leistungsfreiheit sei überdies auch gegeben, weil das erhöhte Risiko nicht versichert gewesen sei. Der Gerling-Konzern, die ständige Korrespondenzgesellschaft der klagenden Partei in der Bundesrepublik Deutschland, wurde vom deutschen Haftpflicht-Unfall- und Kaskoverband in Hamburg beauftragt, sich mit der Schadensregulierung in Deutschland zu befassen. Auf Grund des Abkommens über die Grünen Karten wurde wegen des österreichischen Kennzeichens der Zugmaschine eine Mindesthaftpflichtsumme von DM 100.000 als gegeben angenommen, dies ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit des internen Versicherungsverhältnisses der klagenden Partei. Der Gerling-Konzern ermittelte, daß der tatsächliche Schaden weit über DM 100.000 lag. Er zahlte deshalb den Betrag von DM 100.000 an die Geschädigten aus und stellte diesen sowie seine Bearbeitungsspesen der klagenden Partei, deren Versicherungsbestätigung die Grundlage der Erteilung des Kennzeichens in Österreich gewesen war, in Rechnung. Zur Zeit der Einbringung der vorliegenden Klage hatte der Gerling-Konzern noch keine Endabrechnung vorgenommen. Überdies waren die betriebsinternen Kosten der klagenden Partei selbst aus dem Schadensfall noch nicht abschätzbar. Bei Verlust des Deckungsprozesses befürchtete die klagende Partei Leistungspflicht bis zur Höhe der Versicherungssumme. Die Sachschadensumme der Haftpflichtversicherung betrug S 1,200.000,--.

In einem Zivilverfahren vor dem Landgericht Heidelberg verlangte die Bundesrepublik Deutschland von den Beklagten 1. Adolf R***,

2. Johann S*** & CO KG, 3. Pauline S*** und 4. G*** C*** (hier beklagte Partei) den Ersatz der durch den Unfall entstandenen Aufwendungen für die Feuerwehr, die Ausbesserung der Autobahnanlagen, die Ersetzung des durchtränkten Erdreiches und der wassertechnischen Untersuchungen. Unter Berücksichtigung der von der klagenden Partei geleisteten Zahlung von DM 100.000 wurden noch DM 132.950,04 s.A. geltend gemacht. Der Erstbeklagte wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Karlsruhe vom 3. Februar 1982 schuldig erkannt, diesen Betrag an die Klägerin zu bezahlen, davon DM 130.688,54 s.A. als Gesamtschuldner mit der Viertbeklagten. Die Klage gegen die Drittbeklagte wurde abgewiesen. Eine Entscheidung über die Klage gegen die Zweitbeklagte wurde noch nicht gefällt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Bundesrepublik Deutschland wurde als Eigentümerin des Bundesautobahngeländes mit dem dazugehörigen Grundwasser als legitimiert angesehen, den Ersatz der Kosten für die Rettungsmaßnahmen zu verlangen, die zur Verhinderung der sicher bevorstehenden Wasserverunreinigung erforderlich gewesen seien. Die Viertbeklagte hafte als Inhaberin der Anlage, die zur Beförderung der schädigenden Stoffe bestimmt gewesen sei. Die Bundesrepublik Deutschland habe aber Ansprüche gegen die Viertbeklagte nur, soweit sie nicht durch die Leistung des Gerling-Konzerns erfüllt seien. Unter Berücksichtigung der Kosten für die Feuerwehr und die Autobahnanlagen verblieben von der Leistung des Gerling-Konzerns DM 42.434,36. Nur dieser Betrag sei auf die Forderung der Bundesrepublik Deutschland für Rettungsmaßnahmen von DM 173.122,90 anzurechnen. Die Viertbeklagte hafte nicht nach dem Wasserhaushaltsgesetz für die Instandsetzung der Autobahnanlagen. Die Kosten der Feuerwehr (DM 1.701) seien nicht ersatzfähig.

Zur Unfallszeit galt auf Grund des vereinbarten Garantiesystems der Grünen Internationalen Versicherungskarte für den Kraftfahrverkehr in der Bundesrepublik Deutschland für andere Fahrzeugkategorien als PKW und Motorräder eine Mindestversicherungssumme von DM 100.000.

In seiner eingehenden rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, ein Betrag von DM 42.434,36 sei aus dem Vermögen der klagenden Partei ohne Geschäftsführung zum Nutzen der beklagten Partei verwendet worden. Dieser Betrag sei nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Karlsruhe ausdrücklich auf die Verbindlichkeit der beklagten Partei gegenüber der Bundesrepublik Deutschland angerechnet und ihre Schuld dadurch vermindert worden. Die Verurteilung der beklagten Partei gemeinsam mit einem Streitgenossen sei zur ungeteilten Hand erfolgt, sodaß die beklagte Partei zur Gänze in Anspruch genommen werden könne. Hinsichtlich des über DM 42.434,36 hinausgehenden Betrages sei keine Rechtsgrundlage für einen Zuspruch an die klagende Partei vorhanden. § 1358 ABGB sei nicht anwendbar. Ein Kondiktions- oder Schadenersatzanspruch sei nicht gegeben, ebenso auch nicht Geschäftsführung ohne Auftrag; die beklagte Partei sei auch nicht Halterin des Lastzuges gewesen. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, die beklagte Partei sei eine dem Rückgriff nach § 158 f VersVG ausgesetzte Mithalterin des Tanklastzuges gewesen, der auch die Regulierungskosten als solche der Geschäftsführung ohne Auftrag angelastet werden könnten. Die beklagte Partei habe allein über den Einsatz des Tankaufliegers zu bestimmen gehabt und zum überwiegenden Teil den Nutzen und das wirtschaftliche Risiko getragen. Da der Tankauflieger ausschließlich für ihre Speditionsgeschäfte eingesetzt worden sei, habe sie den sich daraus ergebenden Gewinn gezogen und einen etwaigen Verlust tragen müssen. Diese Erwägungen träfen im wesentlichen auch für die Zugmaschine zu, die durchwegs und mit Wissen der beklagten Partei regelmäßig als Einheit mit dem Auflieger eingesetzt worden sei. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 63 Abs. 5 KFG - wonach der Versicherer die gemäß § 158 f VersVG auf ihn übergegangene Forderung des Dritten nur gegen einen Versicherten geltend machen kann, der durch sein Verhalten die Freiheit des Versicherers von der Verfplichtung zur Leistung herbeigeführt oder an der Herbeiführung mitgewirkt hat - könne ein Regreß gemäß § 158 f VersVG gegen die beklagte Partei nur auf Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Gefahrerhöhung gemäß den §§ 23 ff. VersVG gestützt werden, weil die beklagte Partei nur in diesem Fall durch ihr Verhalten die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung herbeigeführt haben könne. Die beklagte Partei habe nämlich weder am Abschluß des Versicherungsvertrages noch bei der Bezahlung der Prämie in irgendeiner Weise mitgewirkt. Die laufende Inbetriebnahme in einem vorschriftswidrigen Zustand und die wiederholte Überladung seien geeignet, eine Gefahrerhöhung nach den §§ 23 ff. VersVG und dementsprechend Leistungsfreiheit des Versicherers zu begründen. Ob der Versicherungsnehmer die Gefahrenerhöhung selbst vornehme oder nur deren Vornahme durch einen Dritten gestatte, sei gemäß § 23 Abs. 1 VersVG bedeutungslos. Obliegenheiten, wie zum Beispiel die Unterlassung einer Gefahrerhöhung, seien keine Verpflichtungen, sondern nur Voraussetzungen für die Erhaltung des Anspruches aus dem Versicherungsvertrag. Damit komme eine Haftung für Dritte nur in Frage, wenn die Hilfsperson als Erfüllungsgehilfe anzusehen sei. Der Prokurist N*** der beklagten Partei sei jedoch als untüchtig im Sinne des § 1315 ABGB anzusehen, da er, wenn auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen, immer wieder die Schutzvorschriften der ADR mißachtet habe. Eine Haftung der beklagten Partei komme daher grundsätzlich in Betracht. Allerdings müsse zwischen der Untüchtigkeit und der Schädigung ein Zusammenhang bestehen, da die Schädigung sonst außerhalb des Schutzzwecks der Norm liege. Bei nachgewiesener Gefahrerhöhung müsse der Versicherte beweisen, daß zwischen der Gefahrerhöhung und dem Schadensfall kein Zusammenhang bestehe. Das Erstgericht habe festgestellt, daß durch den Treibstoff der Zugmaschine allein der Zug nicht in Brand geraten wäre und Unfall und Brand auch nicht vermieden worden wären, wäre die Zugmaschine nach den ADR-Bestimmungen ausgerüstet gewesen. Mache die klagende Partei dementsprechend geltend, es hätte ohne die Verletzung der Vorschriften über den Transport leicht entzündlichen Ladegutes überhaupt nicht zu Brand kommen können, berücksichtige sie nicht, daß der Verstoß nicht der - an sich erlaubte - Transport von leicht entzündlichem Ladegut sei, sondern die Nichteinholung der Genehmigung und die dementsprechende Umrüstung des Fahrzeuges. Wären aber diese Schutzgesetze eingehalten worden und wäre es dessenungeachtet zum selben Schaden gekommen, so dringe der Schädiger bzw. der Versicherte mit der Einwendung des rechtmäßigen Alternativverhaltens durch. Die klagende Partei könne daher mit ihrer auf § 158 f VersVG gestützten Berufung nicht durchdringen. Diese Regreßvorschrift aber schließe andere (§ 67 VersVG, § 1358 ABGB) aus. Da die Leistung der klagenden Partei in Erfüllung des Versicherungsvertrages und des Grüne Karte-Abkommens erfolgt sei, komme eine Geschäftsführung ohne Auftrag nicht in Betracht. Die Vermögensverschiebung finde zunächst in diesen Rechtsverhältnissen Deckung; ein Bereicherungsanspruch könne daher nicht vorliegen. Die klagende Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision zurückzuweisen, da sie nicht gesetzmäßig ausgeführt worden sei, jedenfalls aber ihr nicht Folge zu geben.

Als nicht gesetzmäßig ausgeführt sieht die beklagte Partei die Revision deshalb an, weil sie nicht die bestimmte Erklärung enthalte, inwieweit das Urteil der zweiten Instanz angefochten werde, und ebenso auch keine Bezeichnung des Revisionsgrundes (§ 506 Abs. 1 Z 2 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Ganz abgesehen davon jedoch, daß das Erstgericht gemäß § 84 ZPO die Verbesserung des geltend gemachten Mangels veranlaßt hat (vgl. auch Fasching, Lehrbuch, Rdz 512, 513, sowie 1 Ob 623/86), hätte es einer Verbesserung gar nicht bedurft. Gemäß § 84 Abs. 3 ZPO gilt die Entscheidung, wenn der Rechtsmittelschrift nicht eindeutig zu entnehmen ist, daß die Entscheidung nur zum Teil oder inwieweit sie angefochten wird, als zur Gänze angefochten. Gemäß § 84 Abs. 2 ZPO ist die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels, eines Rechtsbehelfs oder von Gründen unerheblich, wenn das Begehren deutlich erkennbar ist. Zwar hat die klagende Partei den geltend gemachten Revisionsgrund zunächst nicht ausdrücklich als solchen bezeichnet. Es kann jedoch über ihn nach den Revisionsausführungen kein Zweifel bestehen. Der Hinweis der beklagten Partei (in der Stellungnahme ON 46) auf die Ausführungen von Fasching, Lehrbuch, Rdz 1928, und Fasching, Kommentar IV, Anm. 10 zu § 471 ZPO, ist verfehlt. Als wesentlich wird auch von Fasching lediglich bezeichnet, daß (kurz) die Gründe angegeben werden, weshalb das Berufungsgericht die Sache rechtlich unrichtig beurteilt habe. Dies aber hat die Revisionswerberin getan. Der Vorwurf der fehlenden gesetzmäßigen Ausführung der Revision ist daher unbegründet. Die Revision ist berechtigt.

Der Sachverhalt wurde vom Berufungsgericht zutreffend nach österreichischem Recht beurteilt. Dies wird in den im Revisionsverfahren erstatteten Rechtsmittelschriften auch nicht in Zweifel gezogen. Nach Art. 25 Abs. 1 der AKHB bezieht sich die Versicherung auf Schadenereignisse, die in Europa eintreten. Für Schadenereignisse, die auf dem europäischen Territorium außerhalb Österreichs eintreten, ... erstreckt sich die Haftung aus der bestehenden Haftpflichtversicherung dem geschädigten Dritten gegenüber, dem Versicherungsnehmer gegenüber jedoch nur auf Grund einer besonderen Vereinbarung auf den in dem betreffenden Staat für Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen vorgeschriebenen Umfang. Wenn der Versicherer nach dem Recht des besuchten Staates unter Berücksichtigung der zwischen Versicherern und Verbänden von Versicherern bestehenden Verträge zur Leistung verpflichtet, nach dem Versicherungsvertrag aber gegenüber dem Versicherungsnehmer oder mitversicherten Personen von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, so ist er berechtigt, unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 63 Abs. 5 letzter Satz des KFG 1967 Ersatz für seine sich aus dieser Verpflichtung ergebenden Aufwendungen zu fordern. Hiezu ist unbestritten, daß die Leistungen der klagenden Partei im Rahmen des Systems der grünen Karte erbracht wurden und angemessen sind.

Nach § 63 Abs. 5 letzter Satz des KFG 1967 kann der Versicherer die gemäß § 158 f VersVG auf ihn übergegangene Forderung des Dritten nur gegen einen Versicherten geltend machen, der durch sein Verhalten die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung herbeigeführt oder an der Herbeiführung mitgewirkt hat. Die beklagte Partei vertritt in der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung die Ansicht, ein Regreßanspruch nach § 158 f VersVG komme gegen sie nicht in Betracht, weil sie nicht Mithalterin des Lastzuges und damit auch nicht Mitversicherte gewesen sei. Zwar sei der Tankauflieger ausschließlich für Speditionsgeschäfte der beklagten Partei eingesetzt worden. Die beklagte Partei sei jedoch nicht auch Halterin der Zugmaschine gewesen. Die Johann S*** & CO KG habe die Zugmaschine auf eigene Rechnung betrieben und die Kosten der Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung und Betriebsmittel getragen. Die beklagte Partei habe auf den Einsatz der Zugmaschine keinen Einfluß gehabt, es sei ihr auch gleichgültig gewesen, welche Zugmaschine eingesetzt werde. Mit Recht hat jedoch das Berufungsgericht die beklagte Partei als Mithalterin und damit als Mitversicherte hinsichtlich der am Unfall beteiligten Sattelzugmaschine angesehen. Gemäß § 158 f VersVG geht die Forderung eines Dritten gegen den Versicherungsnehmer auf den Versicherer über, soweit dieser den Dritten nach § 158 c VersVG befriedigt. Der Regreßanspruch nach § 158 f VersVG kann auch gegen mitversicherte Personen erhoben werden (SZ 31/134, 7 Ob 55/79 u.a.). Mitversicherte Personen sind gemäß Art. 1 Abs. 2 AKHB der Eigentümer, der Halter und diejenigen Personen, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeuges tätig sind. Die beklagte Partei ist demnach dann als mitversichert anzusehen, wenn sie (Mit-)Halterin des Lastzuges (iS des § 5 EKHG) war. Die Haltereigenschaft ist primär ein wirtschaftliches und tatsächliches Verhältnis. Es sind vor allem die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug und der Gebrauch des Fahrzeuges auf eigene Rechnung maßgebend (SZ 48/17). Die Verfügungsgewalt, die als eines der wesentlichsten Kriterien der Haltereigenschaft angesehen wird, besteht in der Möglichkeit, darüber zu bestimmen, wie, wann und wo das Fahrzeug zu verwenden ist (SZ 51/84). Ein Fahrzeug wird für Rechnung dessen betrieben, der die Nutzungen daraus zieht und die Kosten der Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung sowie der Betriebsmittel trägt (SZ 43/109); doch muß der Halter nicht alle Kosten bestreiten (ZVR 1971/127). Es können auch mehrere Personen gleichzeitig Halter eines Fahrzeuges sein, wenn bei Würdigung der wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen zum Betrieb des Fahrzeuges die Merkmale, die für die Haltereigenschaft wesentlich sind, bei mehreren Personen in so großer Zahl und so sehr gegeben sind, daß die Belastung mit der Haftung für Betriebsunfälle dem Wesen der gesetzlichen Haftpflicht des Halters entspricht (SZ 43/109, ZVR 1982/197 u.a.). Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Partei allein über den Einsatz des Tankaufliegers zu bestimmen und zum überwiegenden Teil das wirtschaftliche Risiko und die Kosten getragen. Hatte sie aber über den Einsatz des Aufliegers zu bestimmen, war dies gleichzeitig mitbestimmend auch für die Zugmaschine, die - mit Wissen der beklagten Partei - stets als Einheit mit dem Auflieger eingesetzt wurde. Die beklagte Partei war daher Mithalterin des Lastzuges und damit mitversichert. Die Forderung der Bundesrepublik Deutschland gegen die beklagte Partei ist daher durch die Leistung der klagenden Partei gemäß § 158 f VersVG auf die klagende Partei übergegangen. Nach § 23 Abs. 1 VersVG darf der Versicherungsnehmer nach Abschluß des Vertrages ohne Einwilligung des Versicherers weder eine Erhöhung der Gefahr vornehmen, noch ihre Vornahme durch einen Dritten gestatten. Nach § 25 Abs. 1 VersVG ist der Versicherer im Fall einer Verletzung dieser Vorschrift von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall nach der Erhöhung der Gefahr eintritt. Nach § 25 Abs. 3 VersVG bleibt die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen, wenn die Erhöhung der Gefahr keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalles und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat.

Das Berufungsgericht meint, der Transport von leicht entzündlichem Ladegut sei an sich erlaubt gewesen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes wären aber der Unfall und der Brand auch nicht vermieden worden, wenn die Zugmaschine nach den ADR-Bestimmungen ausgerüstet gewesen wäre. Wären die Schutzgesetze eingehalten und die erforderlichen Umbauten am Fahrzeug vorgenommen worden, wäre es daher zum selben Schaden gekommen.

Nun ist es zwar richtig, daß nach den getroffenen Feststellungen derselbe Schaden auch dann entstanden wäre, wenn die Zugmaschine entsprechend den Erfordernissen des Transports gefährlicher Güter umgebaut gewesen wäre. Es kann aber doch kein Zweifel darüber bestehen, daß die Schadensfolgen ganz andere gewesen wären, wären nicht - wie es tatsächlich geschehen ist - gefährliche Güter befördert worden. Es wäre insbesondere jener Schaden unterblieben, der durch das Abheben von Erdreich zur Verhinderung einer Wasserverunreinigung erforderlich war. Die Zugmaschine des Lastzuges ist von Pauline S*** bei der klagenden Partei lediglich gegen das Risiko "LKW zum gewerblichen Gütertransport" haftpflichtversichert worden. Ein Versicherungsschutz nach Maßgabe des § 16 GGSt - hiefür wäre ein Prämienzuschlag zu entrichten gewesen - bestand nicht. Dies war auch - wie festgestellt wurde (AS 211) - der beklagten Partei bzw. deren Prokuristen Alfred N*** bekannt. Vom Fehlen eines derartigen Versicherungsschutzes mußte die beklagte Partei darüber hinaus dadurch Kenntnis haben, daß sie - auch - von der fehlenden ADR-Ausrüstung des Zugfahrzeuges wußte (Feststellung AS 210). Denn die Zulassung eines Kraftfahrzeuges nach dem Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße vom 23. Februar 1979, BGBl. Nr. 209 (GGSt) darf nur erteilt werden, wenn eine Versicherungsbestätigung über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung gemäß § 16 GGSt nachgewiesen wird (§ 17 Abs. 2 Z 4 GGSt). War aber die Zugmaschine nicht entsprechend umgerüstet worden, konnte sie auch nicht iS des § 16 GGSt haftpflichtversichert werden.

Da der Lastzug von der beklagten Partei - ihrem Prokuristen Alfred N*** - dennoch und in Kenntnis der eben dargelegten Umstände (fast) ausschließlich zur Beförderung derartiger Güter eingesetzt wurde, ist die Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 VersVG evident. Von einem mangelnden Verschulden der beklagten Partei

(§ 25 Abs. 2 VersVG), weil diese von der Gefahränderung (gegenüber dem bestehenden Versicherungsvertrag) keine Kenntnis gehabt hätte (Prölss/Martin VersVG23 Anm. 4 zu § 23), kann keine Rede sein. Der Prokurist der beklagten Partei, Alfred N***, der die bestehenden Schutzvorschriften für die von ihm für die beklagte Partei angeordneten gefährlichen Transporte immer wieder bewußt mißachtet hat, wurde vom Berufungsgericht mit Recht als untüchtiger Besorgungsgehilfe angesehen, für den die beklagte Partei zu haften hat (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1315).

Die beklagte Partei kann sich aber auch nicht auf die Bestimmungen des § 25 Abs. 3 VersVG berufen. Hat auch die Erhöhung der Gefahr durch die Beförderung gefährlicher Güter nach den getroffenen Feststellungen keinen Einfluß auf den Eintritt des Unfalles gehabt, so hatte sie diesen doch in einem ausschlaggebenden Ausmaß auf den Umfang der Leistungen des Versicherers. Der Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens kommt entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes keinerlei entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

Die klagende Partei ist daher der beklagten Partei gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei. Die klagende Partei kann die auf sie gemäß § 158 f VersVG übergegangene Forderung der geschädigten Dritten gegen die beklagte Partei geltend machen, weil diese durch ihr Verhalten die Freiheit der klagenden Partei von der Verpflichtung zur Leistung herbeigeführt, jedenfalls aber an der Herbeiführung mitgewirkt hat (§ 63 Abs. 5 KFG).

Ist aber die klagende Partei leistungsfrei, ist sie berechtigt, hinsichtlich des gesamten von ihr gemäß § 158 c VersVG geleisteten Betrages Rückgriff zu nehmen. Hinsichtlich der darüber hinaus aufgewendeten Beträge (Regulierungskosten) gilt § 158 f VersVG zwar nicht; doch ist die klagende Partei berechtigt, diese als Geschäftsführerin ohne Auftrag geltend zu machen (Prölss/Martin aaO, Anm. 2 zu § 158 f).

Der eingeklagte Anspruch besteht aus den dargelegten Gründen zu Recht. Zu Recht bestand auch das zunächst geltend gemachte Feststellungsbegehren, da die Erhebung weiterer Ansprüche gegen die klagende Partei zu jenem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden konnte.

Nicht berechtigt ist die behauptete Gegenforderung der beklagten Partei. Da die klagende Partei - sowohl gegenüber der beklagten Partei, als auch gegenüber Pauline S*** - leistungsfrei ist, vermag ihr die beklagte Partei jene Beträge, die sie auf Grund des Urteils des Oberlandesgerichtes Karlsruhe an die Bundesrepublik Deutschland zu zahlen verpflichtet ist, nicht entgegenzuhalten. Es war deshalb der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E11205

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00008.87.0326.000

Dokumentnummer

JJT_19870326_OGH0002_0070OB00008_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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