Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtsofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Schlosser und Mag.Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Julius W***, Pensionist, Wien 19.,Gustav Tschermak-Gasse 29, und
2.) Herbert W***, Angestellter, Wien 19.,Gustav
Tschermak-Gasse 29, beide vertreten durch Dr.Konrad Faulhaber, Rechtsanwalt in Baden, wider die beklagte Partei Dr.Josef B***, Rechtsanwalt, Wien 1.,Eßlinggasse 17/2, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 15. Oktober 1986, GZ 41 R 495/86-16, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11.März 1986, GZ 48 C 300/85-10, bestätigt wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 1.994,08 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 181,28 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Seit 1971 ist der erste Kläger zu einem Hälfteanteil und der zweite Kläger zu einem Viertelanteil Miteigentümer einer innerstädtischen Liegenschaft mit einem Althaus. Den in diesem Haus gelegenen, nunmehr aufgekündigten Mietgegenstand benützte der Beklagte, der als Rechtsanwalt mit der Witwe eines Berufskollegen hierüber eine Vereinbarung getroffen hatte. Mit Wirkung ab Jahresbeginn 1975 wurde das Benützungsrecht des Beklagten auf eine unmittelbare mietvertragliche Grundlage mit dem Erstkläger gestellt. Dieser vertrat und vertritt die übrigen Miteigentümer in der Hausverwaltung, die im Jahre 1975 einem Verwandten übertragen gewesen war. Nach dem Inhalt der mit 21.Februar 1975 datierten, unter Verwendung eines Vertragsvordruckes vom Beklagten abgefaßten Vertragsurkunde vermietete der erste Kläger dem Beklagten die aus vier Zimmern, zwei Kabinetten, Vorzimmer und weiteren Nebenräumen bestehende Wohnung ab 1.Januar 1975 auf unbestimmte Zeit zu Wohn- und Geschäftszwecken gegen einen frei vereinbarten, einer Wertsicherung unterworfenen, vierteljährlichen Hauptmietzins von 6.000 S zuzüglich 8,8 % Betriebskostenanteil und Umsatzsteuer. In dem für die Vereinbarung von Kündigungsgründen vorgesehenen Raum des Vertragsvordruckes wurde lediglich der Hinweis "gem. § 19 MG" angebracht. Die gedruckten Regelungen des Vertragsformulars zur Untervermietung oder sonstigen Überlassung wurden durchgestrichen. An ihrer Stelle wurde unter dem Schlagwort "Sonstiges" wörtlich festgehalten:
"Untervermietung sowie Verpachtung, Verkauf und Einbringung der Kanzlei in eine Gesellschaft ist gestattet."
Der Beklagte bot die nun aufgekündigte Wohnung einer Handelsgesellschaft, die bereits mehrere Bestandgegenstände im selben Haus innehatte, zur Untermiete an. Ein Gesellschafter der an der Untermiete interessierten Gesellschaft wandte sich deshalb unmittelbar an den ersten Kläger. Dieser und sein anwaltlicher Berater waren zwar der Ansicht, das dem Beklagten vertraglich eingeräumte Recht zur Weitergabe sei auf Fälle einer Verwertung der Kanzlei beschränkt, der erste Kläger drückte aber seinem Rechtsfreund die für den Gesellschafter der an der Untermiete interessierten Gesellschaft gehegte Sympathie mit den Worten aus "macht, was legal ist, ich mag den Klein". Der erste Kläger erklärte seinem Rechtsfreund, die Liegenschaftseigentümer wären mit einer Untervermietung (durch den Beklagten an die Handelsgesellschaft) einverstanden, wenn ihnen dafür ein jährlicher Anerkennungszins von 10.000 S zukäme. Am 24.Oktober 1978 fand eine Besprechung zwischen dem anwaltlichen Berater des ersten Klägers, dem Beklagten, dem vom ersten Kläger erwähnten Gesellschafter der an der Untermiete interessierten Gesellschaft und einem weiteren Vertreter dieser Gesellschaft statt. Nach dem Inhalt der vom Rechtsanwalt über diese Besprechung aufgenommenen Information unterbreitete der Gesellschafter der an der Untermiete interessierten Gesellschaft, die als "Firma" bezeichnet wurde, folgenden Vorschlag:
"Die Firma übernimmt durch privates Rechtsgeschäft mit...." (dem Beklagten) "(wie immer Namen habend) dessen Räume. Die Firma ... bezahlt für die Zeit, in welcher sie von..." (dem Beklagten) "dessen Räume tatsächlich benützt, einen zusätzlichen Mietzins von 10.000 S (Hauptmietzinsbestandteil)..."
Über ein etwa ins Auge gefaßtes Limit für das von der Gesellschaft an den Beklagten zu entrichtende Entgelt wurde nichts besprochen.
Zu der nach einzelnen Aussagen verschieden dargestellten Tatfrage, ob die Höhe des in Aussicht genommenen Unterbestandzinses vom Beklagten erwähnt, von den Teilnehmern der Besprechung erörtert oder gar vereinbart worden sei, traf das Erstgericht aus rechtlichen Erwägungen ausdrücklich keine Feststellung.
Der Beklagte und die Handelsgesellschaft einigten sich hierauf, den in Aussicht gewesenen monatlichen Untermietzins von 14.000 S auf 13.000 S herabzusetzen.
Die Liegenschaftseigentümer trafen mit der Unterbestandnehmerin des Beklagten eine am 29.November 1978 schriftlich festgehaltene Vereinbarung über eine zusätzliche, wertgesicherte, vierteljährliche Zinszahlung von 2.500 S bis zum "Ende jenes Zinsquartals, in welchem die Benützungsrechte der Firma... an der Wohnung ... aus dem mit ..." (dem Beklagten) "geschlossenen Untermietvertrag enden."
Im Spätsommer 1981 vereinbarte die Handelsgesellschaft mit den Liegenschaftseigentümern für die Zeit ab 1.Januar 1982 einen erhöhten Gesamtmietzins für alle ihre Mietgegenstände, in dem der bis dahin im Sinne des Vertrages vom 29.November 1979 gesondert ausgewiesene Betrag von 10.000 S "inkludiert" sein sollte. Das Untermietverhältnis, das der Beklagte mit der Handelsgesellschaft unter Vereinbarung eines wertgesicherten Monatszinses von 13.000 S zuzüglich Hausbetriebskosten und Umsatzsteuer eingegangen war, ist aufrecht. Der wertgesicherte monatliche Hauptmietzins des Beklagten ist seit 1975 mit 2.000 S (neben Betriebskostenanteil und Umsatzsteuer) vereinbart. Die Kläger kündigten dem Beklagten die Miete der oben näher beschriebenen Wohnung zum 30.September 1985 unter Anführung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 12 MRG mit dem Vorbringen auf, er erhalte von seinem Untermieter einen Untermietzins in Höhe eines Mehrfachen des von ihm selbst entrichteten Zinses.
Die Vorinstanzen haben das Kündigungsvorbringen entgegen der offensichtlich unzutreffenden Subsumtion in der Kündigung dem zweiten Fall des § 30 Abs 2 Z 4 MRG unterstellt.
Die Kläger gestanden zu, dem Beklagten die konkrete Untervermietung gestattet zu haben, machten aber geltend, daß sich ihre Zustimmung nicht auf eine Verwertung des Hauptmietgegenstandes zu einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung erstreckt habe und auch nicht zu beziehen sei. Die Kläger behaupteten, die Höhe des Untermietzinses erst kurz vor ihrer Aufkündigung erfahren zu haben. Der über die Aufkündigung ergangene Gerichtsbeschluß wurde dem Beklagten am 4.Juni 1985 zugestellt.
Der Beklagte wendete vor allem sowohl einen vorweg als auch einen im nachhinein erklärten schlüssigen Kündigungsverzicht ein. Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Der erstrichterlichen Entscheidung lag die Beurteilung zugrunde, daß die Vermieter durch ihre entgeltliche Gestattung der Untervermietung an einen bestimmten Untermieter mangels Vorbehaltes bezüglich des höchstzulässigen Untermietzinses schlüssig auch auf den Kündigungsgrund nach dem zweiten Fall des § 19 Abs 2 Z 10 MG = § 30 Abs 2 Z 4 MRG verzichtet hätten.
Das Berufungsgericht trat im Ergebnis dieser erstrichterlichen Beurteilung bei. Es folgerte aus dem Hauptmietvertrag, daß dem Beklagten das Recht zur Untervermietung zugestanden sei, er die entgeltliche Zustimmung der Kläger zum konkreten Fall der Untervermietung an die Mieterin anderer Bestandgegenstände desselben Hauses als eine seine vertragliche Untervermietungsbefugnis erweiternde Rechtseinräumung hätte auffassen dürfen, die aber objektiv nach der Sachlage nur in einer Befreiung vom gesetzlichen Verbot einer Verwertung der Hauptmietrechte zu einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung hätte gelegen sein können. Ob die Untermieterin gemäß § 26 MRG eine Ermäßigung des vereinbarten Untermietzinses wegen unangemessener Höhe begehren könnte, berühre die Rechtsstellung der Vermieter gegenüber dem Hauptmieter nicht. Den Klägern, die sich aus der Untervermietung einen zusätzlichen Vermögensvorteil ausbedungen hätten, stünde es nicht zu, sich als Wahrer der wirtschaftlichen Interessen der Untermieterin gegen eine Ausbeutung durch den Hauptmieter aufzuspielen. Als Vermieter hätten sie vielmehr für sich gegenüber dem Beklagten als ihrem Vertragspartner auf Rechtsfolgen aus der Ausbeutung der sondergesetzlich geschützten Vermieterstellung des Hauptmieters wirksam verzichten können.
Die Kläger fechten das bestätigende Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit einem auf Wirksamerklärung der Aufkündigung zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Der Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der zur Entscheidung vorliegende Rechtsfall ist dadurch gekennzeichnet, daß die Vermieter - obwohl sie die vertragliche Befugnis des Hauptmieters zur Untervermietung in einem eingeschränkten, den konkret in Aussicht genommenen Untermietfall nicht deckenden Sinn verstanden wissen wollten - die vom Hauptmieter beabsichtigte Untervermietung an eine bestimmte Untermieterin befördern, gleichzeitig dafür aber auch ein von ihnen beziffertes zusätzliches Entgelt erzielen wollten und dabei keinerlei Fragen nach der Höhe des zwischen Hauptmieter und Untermieter vorgesehenen oder etwa bereits vereinbarten Untermietzinses stellten. Die unter den festgestellten Umständen entgeltlich erteilte Zustimmung der Vermieter zur Untervermietung an eine bestimmte, mit den Vermietern durch mehrere Mietverträge über Bestandgegenstände im selben Haus bereits verbundene Interessentin durfte der Beklagte mangels einer auch nur andeutungsweisen Einschränkung als von der Höhe des Untermietzinses unabhängig erteilt auffassen. Der Beklagte durfte aufgrund der Forderung nach einem Anerkennungszins in bestimmter Höhe davon ausgehen, daß ihm seitens der Vermieter die Erzielung eines Untermietzinses im Rahmen des freien Spiels der wirtschaftlichen Kräfte überlassen werde. Er mußte nach der konkreten Sachlage nicht von sich aus den mit der Untermieterin bereits besprochenen Untermietzins gegenüber den Vermietern offenlegen. Die Unterlassung einer derartigen Offenlegung wäre im vorliegenden Fall keinesfalls als List zu werten, die Erteilung der Zustimmung zur Untervermietung daher auch sechseinhalb Jahre später keinesfalls mehr wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes oder wegen Irrtums anfechtbar.
Im übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt, daß § 26 MRG keine Schutzbestimmung zur Wahrung der Interessen des Vermieters darstellt und eine Zustimmung der Vermieter zu einer bestmöglichen Verwertung der Mietrechte durch den sondergesetzlich geschützten Mieter gegen keine gesetzliche Regelung verstieße, stünde es doch im freien wirtschaftlichen Belieben der Vermieter, die Nutzungsrechte an Bestandteilen ihres Hauses unentgeltlich oder auch nur gegen ein geringes Entgelt einem Dritten zu überlassen. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend erkannt, daß es nicht entscheidend ist, ob den Vermietern vor Erteilung der Zustimmung zur Untervermietung der in Aussicht genommene Untermietzins bekannt gewesen sei und wann sie die Höhe dieses Untermietzinses tatsächlich in Erfahrung brachten. Der Beklagte durfte vielmehr die entgeltlich erteilte Zustimmung zur Untervermietung auch auf die tatsächlich erfolgte Untermiete zu einem im Vergleich zum Hauptmietzins übermäßig hohen Untermietzins beziehen. Eine solche rechtsgeschäftliche Erklärung der Vermieter schließt aber eine spätere Kündigung aus dem Grund des § 30 Abs 2 Z 4, zweiter Fall MRG aus.
Der Revision war ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E10745European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00537.87.0326.000Dokumentnummer
JJT_19870326_OGH0002_0060OB00537_8700000_000