TE OGH 1987/3/31 10Os139/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.03.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.März 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef R*** und Alois J*** wegen Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 8.Juli 1986, GZ 10 Vr 1037/86-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Gehart, der Angeklagten und der Verteidiger Dr. Gadzinski und Dr. Piffl-Percevic zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird Folge gegeben und es werden die Freiheitsstrafen unter Anwendung des § 41 StGB wie folgt herabgesetzt:

Bei R*** auf 5 (fünf) Monate und

bei J*** auf 4 (vier) Monate.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Beamten der Heeresverwaltung Vizeleutnant Josef R*** und Vizeleutnant Alois J*** des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach liegt ihnen zur Last, mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinem Recht auf ausschließliche Verwendung von Wehrpflichtigen und Heereskraftfahrzeugen für die Zwecke des Bundesheeres zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht zu haben, indem sie ihne unterstellte Soldaten und ihnen zur Verfügung stehende Heereskraftfahrzeuge zu privaten Verlade- und Transportarbeiten für den abgesondert Verfolgten Dr.Franz R*** einsetzten, und zwar

Josef R*** und Alois J*** im einverständlichen

Zusammenwirken am 22. und 23.Jänner 1986 mehrere Wehrmänner und zwei LKWs zur Verlagerung von Fahrnissen für Dr.Franz R*** aus Großstübing nach St.Michael in der Obersteiermark (Urteilsfakten 1/a, d, e und f, 2/a und b),

Josef R*** außerdem zur Beförderung solcher Fahrnisse am 6. Februar 1986 fünf Wehrmänner und einen LKW für eine Fahrt von St.Michael nach Rein und am 13.Februar 1986 einen LKW für eine Fahrt von Graz nach Rein (Urteilsfakten 1/b und c).

Die Angeklagten R*** und J*** bekämpfen diesen Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerden, beide aus Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO, J*** überdies auch aus jenen der Z 4 und 9 lit b der genannten Gesetzesstelle.

Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu. In seiner Verfahrensrüge (Z 4) behauptet der Angeklagte J*** eine Verletzung von Verteidigungsrechten, die darin gelegen sein soll, daß der Vorsitzende des Schöffengerichtes in der Hauptverhandlung am 10.Juni 1986 (welche sodann nach Vertagung innerhalb Monatsfrist fortgesetzt und beendet wurde) an den Mitangeklagten R*** die nach Meinung des Beschwerdeführers aus dem Akteninhalt nicht gerechtfertigte Frage gestellt habe, warum er einen von ihm vorgebrachten Entlastungsumstand nicht schon bei seiner Einvernahme durch die militärische Dienststelle erwähnt habe, in welchem Zusammenhang der dagegen widersprechende Verteidiger des Beschwerdeführers gemäß § 236 a StPO abgemahnt worden sei; dieser Vorgang habe die Schöffen falsch informiert.

Der Verfahrensrüge kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil nicht einmal behauptet wird, daß der Beschwerdeführer erfolglos ein Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes beantragt habe; nur unter dieser formellen Voraussetzung könnte er den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO überhaupt geltend machen (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 6, 7 zu § 281 Abs. 1 Z 4). Im übrigen war die Frage des Vorsitzenden an den Angeklagten R***, warum er seine Verantwortung ändere (S 91 f), sehr wohl gerechtfertigt, ja geradezu geboten (§ 245 Abs. 1 dritter Satz StPO). Denn der Angeklagte R*** erklärte bereits eingangs seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung, seine Angaben vor dem Disziplinarvorgesetzten nicht mehr aufrechtzuerhalten (S 88) und rückte davon auch inhaltlich ab, indem er behauptete, sein Bruder Dr.R*** habe nicht nur Holz, sondern sein gesamtes persönlichens Eigentum dem Bundesheer geschenkt und es sei keine Rede davon gewesen, daß dieses Gut nur vorübergehend auf der Pix-Hube gelagert werden sollte (S 88), was im Gegensatz zu seinen Angaben über eine bloß vorübergehende Lagerung und der Äußerung, daß das Holz "sicherlich beim Bundesheer verwendet werden könne" (S 39), stand. Abgemahnt wurde der Verteidiger des Angeklagten J*** in diesem Zusammenhang nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls, dessen Berichtigung nicht begehrt wurde, deshalb, weil er "durch ständiges Zwischenrufen die Befragung des Angeklagten (Josef R***) durch den Vorsitzenden unterbrochen" hatte (S 92).

Rechtliche Beurteilung

Auch die Mängelrügen (Z 5) beider Angeklagten sind nicht berechtigt.

Den Urteilsgründen ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, welche entscheidenden Tatsachen das Erstgericht zur objektiven und subjektiven Tatseite als erwiesen annahm und aus welchen Gründen dies geschah. Das Gericht lehnte nämlich die Verantwortung beider Beschwerdeführer, sie seien der Meinung gewesen, im Interesse und zum Vorteil des Bundesheeres zu handeln, weil Dr.Franz R*** die zu verlagernden Sachen erklärtermaßen dem Bundesheer schenken wollte, als widerlegt ab, wobei auf den wegen der Übereinstimmung mit dem Inhalt eines Schreibens an den Zeugen A*** für glaubwürdig befundenen Teil der Aussage des Zeugen Dr.R*** hingewiesen wurde, wonach dieser dem Bundesheer die entstandenen Unkosten erst im nachhinein ersetzen wollte, und auf das bei redlicher Gesinnung nicht erforderliche Schweigegebot an den Zeugen E*** Bedacht genommen wurde (S 125 f).

Soweit der Angeklagte R*** einwendet, die Annahme sei "völlig unlogisch", daß er das Holz nicht auf seine Privatliegenschaft sondern auf die entferntere Heeresliegenschaft (in St.Michael) verbracht haben sollte, wenn es nicht tatsächlich dem Bundesheer geschenkt worden wäre, bekämpft er bloß die im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbare Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, es habe zudem die Möglichkeit bestanden, das Holz bei seinem Schwiegervater in der Umgebung von Graz zu lagern, ist als unzulässige Neuerung zudem unbeachtlich. Daß sich der Angeklagte R*** in seiner Verantwortung unter anderem darauf berief, im Jahr 1979 für den Abtransport von Schotter, den sein Bruder Dr.Franz R*** damals dem Bundesheer unentgeltlich überlassen hatte, mit Heereskraftfahrzeugen nachträglich die Genehmigung seines Vorgesetzten erhalten zu haben, wird im Urteil berücksichtigt (S 125). Mit dem Hinweis darauf wird in der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten R*** ein formeller Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht dargetan.

Die in der Mängelrüge des Angeklagten J*** monierte Unterlassung der Berücksichtigung seiner Dienstbeschreibung, die ihm unter anderem Selbständigkeit und Entscheidungsfähigkeit attestiert (S 19), liegt in Wahrheit nicht vor. Das Erstgericht konstatierte ohnedies, daß er von seiner vorgesetzten Dienststelle sehr gut beschrieben wird (S 120). Ein näheres Eingehen darauf war jedoch nicht erforderlich, handelt es sich doch bei den inkriminierten Handlungen keineswegs um eine innerhalb eines Ermessensbereichs getroffene Entscheidung, sondern um die jenseits jeder Ermessensgrenze gelegene Heranziehung von Soldaten und Heeresfahrzeugen für private Zwecke, die in keiner Beziehung zum militärischen Dienst standen.

Angesichts der in den wesentlichen Punkten gleichgerichteten Verteidigungslinie der Angeklagten vor Gericht ist in der Urteilspassage, sie hätten ihre Verantwortung aufeinander "abgestimmt" (S 125), keine Aktenwidrigkeit in der Bedeutung einer unrichtigen Wiedergabe des Inhalts ihrer Aussagen zu erkennen; eine darin allenfalls anklingende Wertung dieser Aussagen fiele in den Bereich der nicht anfechtbaren tatrichterlichen Beweiswürdigung. Die als übergangen reklamierten Aussagen der Zeugen Oberstleutnant R*** und Divisionär A*** bezogen sich auf die ohnehin im Urteil insgesamt einer Würdigung unterzogenen Rechtfertigungen der Angeklagten ihren Dienstvorgesetzten gegenüber. Es bedurfte daher keiner besonderen Erörterungen dieser Zeugenaussagen.

Die vom Zeugen E*** geäußerte Mutmaßung, das vom

Angeklagten J*** an drei ihm unterstellte, am 23.Jänner 1986 zu Verlade- und Transportarbeiten eingesetzte Wehrmänner gezahlte Trinkgeld könne "für ein warmes Abendessen" gedacht gewesen sein (S 115), bedurfte gleichfalls keiner Erörterung, denn das Schöffengericht zog daraus an sich keine Schlüsse zum Nachteil der Angeklagten, sondern wertete nur die Aufforderung des Angeklagten J*** an E*** Stillschweigen zu bewahren, somit "die Aktion geheimzuhalten", als Indiz für den Vorsatz der beiden Angeklagten (S 126 f). Andererseits vermag der Beschwerdeführer auch keinen Grund dafür aufzuzeigen, daß aus der Bezahlung des Trinkgeldes an die Wehrmänner entscheidende Schlußfolgerungen zu seinen Gunsten hätten gezogen werden können und daß darum dieser Umstand erörterungsbedürftig gewesen wäre.

Soweit der Angeklagte J*** eine Aktenwidrigkeit darin erblickt, daß die Aussage des Zeugen Dr.R*** im Urteil (S 126) unrichtig (gemeint: unvollständig) wiedergegeben worden sei, weil ein anderer Teil (S 108 Mitte) dieser Aussage, der es seiner Ansicht nach ermöglicht haben würde, sie insgesamt in einem für ihn günstigeren Sinn zu deuten, nicht erwähnt wird, übersieht der Beschwerdeführer, daß das Erstgericht ausdrücklich nur den von ihm (an sich richtig) zitierten Teil der Aussage des Zeugen Dr.R*** für glaubwürdig angesehen hat, weil dadurch der Inhalt dessen Schreibens an Divisionär A*** vom 20.Februar 1986 erklärt wird (S 126), damit aber deutlich genug zum Ausdruck gebracht hat, daß es jenem anderen, vom Beschwerdeführer bezogenen Teil der "widersprüchlichen" Aussagen des Zeugen Dr.R*** nicht gefolgt ist. Von einer unvollständigen, geschweige denn von einer aktenwidrigen Wiedergabe des Inhalts der Aussage dieses Zeugen kann daher keine Rede sein.

Eines Eingehens darauf, daß die Strafanzeigen des Militärkommandos Steiermark als Delikt "Verdacht auf Mißbrauch der Dienststellung" (S 3 und 35) und nicht auf "Mißbrauch der Amtsgewalt" lauteten, bedurfte es nicht, denn damit ist die Eignung der diesen Anzeigen zugrundegelegenen Ermittlungen des Militärkommandos, im vorliegenden Strafverfahren als Beweismittel und Feststellungsgrundlage zu dienen, in keiner Weise in Frage gestellt.

Da das Schöffengericht die Behauptung, Dr.Franz R*** habe von vornherein den Willen geäußert, die zum Abtransport aus Großstübing bestimmten Sachen dem Bundesheer zu schenken, als widerlegt erachtete, hatte es - den Beschwerdeausführungen des Angeklagten J*** zuwider - auch keinen Anlaß zu Erörterungen über den Wert dieser Sachen.

Zu den Rechtsrügen der beiden Angeklagten ist auszuführen:

Der Angeklagte R*** negiert darin einen wissentlichen Befugnismißbrauch und einen Schädigungsvorsatz und behauptet, der Meinung gewesen zu sein, es läge eine Schenkung seines Bruders an das Bundesheer vor, angesichts derer für ihn keinerlei Zweifel an einer nachträglichen Transportgenehmigung seiner Vorgesetzten bestanden habe.

Mit diesem Vorbringen verläßt der Beschwerdeführer aber den Boden des vom erkennenden Gericht angenommenen Sachverhaltes und führt deshalb die Rechtsrüge, die ein Festhalten an dem vom Schöffengericht festgestellten Sachverhalt zur Voraussetzung hätte, nicht dem Gesetz gemäß aus.

Der Angeklagte J*** bringt gleichfalls einen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, soweit er dem Erstgericht vorwirft, Feststellungen über die innere Tatseite unterlassen zu haben, weil er solcherart die ausdrücklich über die Wissentlichkeit seines Befugnismißbrauches und über seinen Schädigungsvorsatz getroffenen Feststellungen übergeht. Gleiches gilt für jenen Teil des auf die Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Beschwerdevorbringens dieses Angeklagten, der sich auf die irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes (§ 8 StGB) bezieht, obwohl dafür nach den Urteilsfeststellungen kein Raum bleibt.

Die Geltendmachung entschuldigenden Notstandes (§ 10 StGB) durch den Angeklagten J*** (Z 9 lit b) hingegen scheitert daran, daß aus dem festgestellten Sachverhalt - einem dem Zeugen Dr.R*** von seinen Ordensoberen aufgetragenen Abtransport persönlicher Habe aus einer Ordensliegenschaft - ein dem Angeklagten J*** oder einem anderen (etwa Dr.R***) unmittelbar drohender bedeutender Nachteil, der durch die inkriminierte Tat hätte abgewendet werden sollen, nicht abzuleiten ist; die Frage, ob in der Lage des Angeklagten von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen ein anderes Verhalten zu erwarten gewesen wäre, kann deshalb auf sich beruhen.

Der zwar in die Mängelrüge eingereihte, der Sache nach jedoch die rechtliche Beurteilung (Z 9 lit a) betreffende Einwand des Angeklagten J***, aus dem Urteil sei nicht ersichtlich, welchen (Dienst-)Vorschriften er zuwider gehandelt habe, schlägt gleichfalls nicht durch. Dem ist zunächst mit dem Hinweis auf § 6 Abs. 1 erster Satz iVm § 2 Z 2 der Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV) zu begegnen: Darnach darf der Vorgesetzte nur solche Befehle erteilen, die im Zusammenhang mit dem Dienst, dh mit solchen Verrichtungen stehen, die der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Bundesheeres dienen oder die notwendigen Voraussetzungen für diese Aufgabenerfüllung bilden. Des weiteren liegt auf der Hand, daß Soldaten und Heereskraftfahrzeuge nicht für private Zwecke verwendet werden dürfen und daß, falls dies dennoch geschieht, konkrete Rechte des Staates geschädigt werden. Wenn daher militärische Vorgesetzte in der Dienststellung der Angeklagten ihre Befehlsgewalt dazu ausnützen, um ihnen untergebene Soldaten während der Dienstzeit sowie Heereskraftfahrzeuge zu dienstfremden Verrichtungen einzusetzen, mißbrauchen sie ihre Befugnis zur Verrichtung von Amtsgeschäften als Organe des Bundes im Rahmen der Gesetzesvollziehung im Sinn des § 302 Abs. 1 StGB (ÖJZ-LSK 1977/63; Mayerhofer/Rieder, StGB 2 , E 24, 69, 72 zu § 302; SSt 49/46 [am Ende]).

Den Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten war aus den angeführten Gründen ein Erfolg zu versagen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten nach § 302 Abs. 1 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je acht Monaten, die es jeweils gemäß § 43 Abs.1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete es beim Angeklagten R*** die siebenfache Tatwiederholung, beim Angeklagten J*** die zweifache Tatwiederholung als erschwerend, dagegen die Unbescholtenheit beider, ihre zur Aufklärung des Sachverhaltes dienlichen Angaben sowie jeweils eine Verleitung durch Dr.Franz R*** als mildernd. Beide Angeklagten streben mit ihren Berufungen jeweils eine Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe an.

Die Berufungen sind berechtigt.

Entgegen der Auffassung beider Berufungswerber ist eine Tatwiederholung - mag auch ein einheitliches Motiv dafür zugrundeliegen - sehr wohl erschwerend (§ 33 Z 1 StGB). Allerdings kann bei J*** nicht von einer Wiederholung gesprochen werden, denn bei dem im Spruch des erstgerichtlichen Urteils bloß hinsichtlich der Deliktsobjekte in zwei Punkte aufgespalteten Vorgang handelte es sich um einen einheitlichen Vorgang. Desgleichen war es verfehlt, bei R*** eine siebenfache Wiederholung anzunehmen; in Wahrheit waren es drei deliktische Angriffe.

Das von beiden Angeklagten ins Treffen geführte Naheverhältnis zu Dr.R*** und die daraus erfließenden "achtenswerten Beweggründe" wurden vom Erstgericht der Sache nach ohnedies als mildernd erfaßt, denn es ging davon aus, daß sie von Dr.R*** verleitet wurden, ihm beim Transport von Sachen Hilfe zu leisten. Entgegen der Meinung des Angeklagten R*** wurde keineswegs ein ordentlicher Lebenswandel und die Tatsache, daß die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, übersehen, denn das Erstgericht hielt ihm gerade diese Umstände unter der Kurzbezeichnung "Unbescholtenheit" zugute. Zutreffend verweist allerdings der Angeklagte J*** darauf, daß er Schadensgutmachung leistete, ein Umstand, der ihm gleichermaßen wie dem dies nicht reklamierenden Angeklagten R*** als zusätzlicher Milderungsgrund zugutekommt (S 92, 96, 112). Die dem Angeklagten R*** weiterhin - wenn auch gegenüber den Annahmen des Schöffengerichtes in eingeschränktem Umfang - zur Last fallende Tatwiederholung ist im Hinblick darauf, daß es sich bei den am 6. und 13.Februar 1986 verübten Tathandlungen um Aktionen handelte, die einer Gutmachung des von Dr.Franz R*** dem Stift Rein zugefügten Schadens dienten, als Erschwerungsumstand von geringerem Gewicht.

Insgesamt überwiegen demnach bei R*** die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, bei J*** sind überhaupt nur Milderungsumstände zu verzeichnen. Angesichts des bisher tadelsfreien Vorlebens der Angeklagten besteht auch begründete Aussicht, daß sie keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werden. Es sind damit die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung des § 41 StGB gegeben. In Stattgebung der Berufungen der Angeklagten war somit das Ausmaß der über sie verhängten Freiheitsstrafen herabzusetzen, und zwar bei R*** auf fünf Monate und bei J*** auf vier Monate. Mit dieser Differenzierung ist zugleich dem bei R*** verbleibenden Erschwerungsumstand der Tatwiederholung Rechnung getragen.

In den Berufungen war die Verhängung von Geldstrafen nicht beantragt worden, erst beim Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung wurde dies vom Angeklagten R*** begehrt. Aber auch bei einer angesichts der Herabsetzung der Freiheitsstrafen jedenfalls von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 37 StGB vorliegen (ÖJZ-LSK 1976/20 uvam), gelangte der Oberste Gerichtshof zur Ansicht, daß generalpräventive Erwägungen gerade dann, wenn - wie vorliegend - einem Beamten weitgehende selbständige Dispositionsmöglichkeiten eingeräumt sind und diese mißbraucht werden, eine Sanktion in Gestalt einer Freiheitsstrafe erfordern, um dem Ziel der Sauberkeit staatlicher Verwaltung zum Durchbruch zu verhelfen.

Anmerkung

E10439

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00139.86.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19870331_OGH0002_0100OS00139_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten