Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 1.April 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr.Michael B*** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 18.Dezember 1985, GZ U 1017/85-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Privatanklägers Hugo S*** und seines Vertreters sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 18. Dezember 1985, GZ U 1017/85-21, mit welchem Dr.Michael B*** von der wider ihn erhobenen Privatanklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde, verletzt insoweit, als es keinen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers enthält, das Gesetz in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO.
Gemäß §§ 288 Abs. 2 Z 3, 292 StPO werden
1. das bezeichnete Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See, das im übrigen unberührt bleibt, dahin ergänzt, daß dem Privatankläger Hugo S*** gemäß § 390 Abs. 1 StPO der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten aufgetragen wird;
2. das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 30.April 1986, AZ 29 Bl 24/86, das im übrigen ebenfalls unberührt bleibt, durch den Ausspruch ergänzt, daß dem Privatankläger Hugo S*** gemäß § 390 a StPO auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen;
3. der Beschluß des Bezirksgerichtes Zell am See vom 11. Juni 1986, GZ U 1017/85-30, sowie der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg (als Beschwerdegericht) vom 23.Juli 1986, AZ 29 Bl 87/86, aufgehoben und dem Bezirksgericht Zell am See die neuerliche Entscheidung über den Kostenbestimmungsantrag des freigesprochenen Beschuldigten Dr.Michael B*** vom 13.Mai 1986 (ON 29) aufgetragen.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 18. Dezember 1985, GZ U 1017/85-21, wurde Dr.Michael B*** von der vom Privatankläger Hugo S*** gegen ihn erhobenen Privatanklage wegen Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Dieses Urteil enthält - entgegen der Vorschrift des § 390 Abs. 1 zweiter Satz StPO - keinen Kostenausspruch. Der Privatankläger Hugo S*** erhob gegen den Freispruch Berufung; hiezu erstattete der Beschuldigte eine Gegenausführung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil zu bestätigen und den Privatankläger zum Ersatz der gesamten Verfahrenskosten zu verpflichten (ON 23). Mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 30.April 1986, AZ 29 Bl 24/86, wurde die Berufung als unbegründet zurückgewiesen, wobei in den Urteilsgründen darauf verwiesen wurde, daß eine Kostenentscheidung (§ 390 a Abs. 1 StPO) entfallen mußte, weil vom Erstgericht eine Kostenentscheidung unterblieben ist und dies nicht bekämpft wurde (ON 27/S 113).
Am 13.Mai 1986 beantragte der freigesprochene Beschuldigte Dr.B*** (im Sinn des § 395 Abs. 1 StPO) die Bestimmung der ihm (vom Privatankläger) zu ersetzenden Kosten in der Höhe von 11.243,30 S (ON 29). Diesen Antrag wies das Bezirksgericht Zell am See mit Beschluß vom 11.Juni 1986 mit der Begründung ab, daß im erstinstanzlichen Urteil ein Kostenausspruch nicht enthalten ist und dessen Unterbleiben nicht bekämpft wurde (ON 30). Der dagegen vom Beschuldigten erhobenen Beschwerde gab das Landesgericht Salzburg mit Beschluß vom 23.Juli 1986, AZ 29 Bl 87/86, nicht Folge (ON 33).
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend rügt, steht das eingangs bezeichnete Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang, als darin ein Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers unterblieben ist. Denn gemäß § 390 Abs. 1 zweiter Satz StPO ist unter anderem im Falle der Beendigung eines auf Begehren eines Privatanklägers eingeleiteten Strafverfahrens auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis dem Privatankläger der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen. Da in der erstinstanzlichen Entscheidung ein derartiger Kostenausspruch unterblieben ist und dies nicht mit Beschwerde bekämpft wurde, war der Berufungsinstanz - wie diese zutreffend ausgeführt hat - eine Kostenentscheidung verwehrt. Denn § 390 a StPO setzt eine im Urteil erster Instanz gefällte grundsätzliche Kostenentscheidung nach § 389 oder § 390 StPO voraus (vgl. ÖJZ-LSK 1980/114).
Die unterlaufene Gesetzesverletzung wirkt sich zum Nachteil des rechtskräftig freigesprochenen Beschuldigten aus, für dessen Kostenbestimmungsantrag (§ 395 Abs. 1 StPO) die rechtliche Grundlage fehlt. Daher war nicht bloß die Gesetzesverletzung festzustellen, sondern darüber hinaus der Entscheidung im Sinn des § 292 letzter Sstz StPO konkrete Wirkung zuzuerkennen (vgl. idS Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 170, 171 zu § 292; weiters 12 Os 118/84 ua).
Anmerkung
E10605European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0090OS00033.87.0401.000Dokumentnummer
JJT_19870401_OGH0002_0090OS00033_8700000_000