TE OGH 1987/4/1 9Ns3/87

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Veröffentlicht am 01.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.April 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteeamtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführer in der Strafsache gegen Ing.Hans Peter S*** wegen des Verbrechens des Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen (hier: wegen Ersatzanspruches nach § 2 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 StEG), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die im § 2 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 StEG bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen liegen in Ansehung derevon Ing.Hans Peter S*** in der Zeit vom 24.Juli 1981, 14,30 Uhr, bis 2.Oktober 1981, 13,00 Uhr, erlittenen strafgerichtlichen Anhaltung nicht vor.

Text

Gründe:

Auf Grund eines vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 23. Juli 1981 erlassenen Haftbefehls (ON 32), wurde der am 1. November 1942 geborene Ing.Hans Peter S*** am 24.Juli 1981 um 14,30 Uhr festgenommen (ON 41) und mit Beschluß des genannten Gerichtshofs vom 29.Juli 1981, GZ 23 d Vr 1872/81 50, aus den Gründen der Z 2 und 3 des § 180 Abs. 2 StPO über ihn die Untersuchungshaft verhängt. Nachdem die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am 7.August 1981, ON 67, die Enthaftung des Angeklagten verfügt hatte, gab das Oberlandesgericht Wien mit Entscheidung vom 27.August 1981 der von der Staatsanwaltschaft dagegen erhobenen Beschwerde Folge und erkannte es dahin, daß die Untersuchungshaft aus den Hauptgründen der Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr fortzusetzen sei (26 Bs 337/81; ON 77 des Vr-Aktes). Am 23.September 1981 sprach der genannte Gerichtshof zweiter Instanz unter 24 Ns 746/81 schließlich aus, daß die über Ing.S*** verhängte Untersuchungshaft, soweit sie sich auf den Hauptgrund der Verdunkelungsgefahr stütze, bis zu drei Monaten dauern dürfe (ON 82). Am 2.Oktober 1981, 13,00 Uhr, wurde Ing.S*** auf freien Fuß gesetzt (ON 88) und mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. September 1986 (ON 113) von der wegen Betruges gegen ihn erhobenen Anklage (ON 100) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Mit Anträgen vom 14.Oktober 1986 und vom 28.November 1986 (ON 121 und 125) begehrte Ing.S*** die beschlußmäßige Feststellung, d! die im § 2 Abs. 1 lit. b (der Sache nach auch: lit. a) StEG bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen zur Geltendmachung einer Entschädigung nach dem strafrechtlichen Entschädigungsgesetz gegeben seien und keiner der im § 3 StEG bezeichneten Ausschlußgründe vorliege.

Da vorliegend das Oberlandesgericht Wien (siehe oben) die über Ing.S*** bestehende Haft verlängerte, ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung der Frage, ob die im § 2 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, sachlich zuständig (§ 6 Abs. 1 Strafrechtl. EntschG; siehe auch 11 Os 112/86 = ÖJZ-LSK 1987/26).

Dem Antrag des Ing.S*** zuwider kann aber im gegebenen Fall nicht konstatiert werden, daß seine gerichtliche Anhaltung gesetzwidrig angeordnet oder verlängert worden ist. In Ansehung des für jede strafgerichtliche Anhaltung unumgänglichen dringenden Tatverdachtes genügt es darauf zu verweisen (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 , § 180 Nr. 8 b), daß die Annahme, Ing.S*** habe im Jänner 1976 als Bauleiter des Projektes I*** B*** den Geschäftsführer der Firma P*** & Söhne, Heinrich P***, durch die Drohung erpreßt, er werde eine andere Firma mit der Fassadenverkleidung des Neubaues des I*** B*** beauftragen, wenn er nicht an ihn (Ing.S***) einen Betrag von 115.000,-- S bezahle (siehe den Pkt. 1 des Haftbefehles vom 23. Juli 1981 und den Einleitungssatz der Begründung des Beschlusses des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.7.1981, ON 50), in den Bekundungen des Heinrich P*** vor der Polizei am 26.Mai 1981 (Band II S 475) volle Deckung fand. Im Zuge seiner gerichtlichen Einvernahme am 7.August 1981 (vgl. Band IV S 433 ff.) schwächte der Zeuge P*** zwar seine (ursprünglich) in Richtung Erpressung zielenden Angaben etwas ab, erweckte aber andererseits durch seine Erklärung, Ing.S*** habe von ihm (ohne Drohung) 115.000,-- S unter dem Titel "Planungskosten" gefordert, den (nach der damals gegebenen Beweissituation begründeten) Verdacht, Ing.S*** habe dadurch und weil er den genannten Geldbetrag nicht seiner Firma (D*** & W*** GesmbH) abführte, den Tatbestand der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB erfüllt. Daß die Anklagebehörde in der Folge (und nachdem sich die als Zeugen im Rechtshilfeweg befragten Mitarbeiter der Firma D*** & W*** zu den

wesentlichen Punkten der Aussage entschlagen hatten; vgl. ON 89 ff.) auch den Verdacht der Untreue fallen ließ und in Ansehung des fraglichen Faktums Betrugsanklage erhob, von welcher dann ein Freispruch erfolgte, ist - entgegen der im Antrag vertretenen Ansicht - nicht entscheidend; denn es kommt allein darauf an, daß während der Haft gegen Ing.S*** ein dringender Tatverdacht bestand.

Rechtliche Beurteilung

Der Meinung des Ing.S*** zuwider kann aber auch nicht gesagt werden, daß das Landesgericht für Strafsachen Wien bzw. das Oberlandesgericht Wien die Haft ohne gesetzliche Grundlage verhängt oder aufrecht erhalten hätten.

Vielmehr rechtfertigen die im Haftverhängungsbeschluß (ON 50) und in der die Fortsetzung der Haft verfügenden Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien (ON 77) angeführten

Tatsachen - Kontaktaufnahme mit einem wesentlichen Tatzeugen (Ing. F***); Verdacht der Begehung zahlreicher geschickt vorgeplanter und durch Gründung von Scheinfirmen faktisch vorbereiteter Tathandlungen im Zusammenhalt damit, daß diese Rahmenbedingungen im Zeitpunkt der Beschlußfassungen noch bestanden - durchaus die Annahme der Haftgründe nach § 180 Abs. 2 Z 2 und 3 StPO. Nachträglich hervorgekommene, gegen eine Verabredungs- oder Wiederholungsgefahr sprechende Umstände, wie sie teilweise im Antrag vom 28.November 1986 (ON 125) enthalten sind, müssen auch in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben, weil auf den Erhebungsstand im Zeitpunkt der Beschlußfassungen abzustellen ist.

Mangels Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit. a StEG war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E10620

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0090NS00003.87.0401.000

Dokumentnummer

JJT_19870401_OGH0002_0090NS00003_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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