TE OGH 1987/4/2 6Ob546/87

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Veröffentlicht am 02.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rudolf W***, Rechtsanwalt, 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 55, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Johann S***, Weinhändler, 7122 Gols, Am Berg 18, (S 16/85 des Landesgerichtes Eisenstadt), wider die beklagte Partei Z*** UND

K*** W***, 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 13, vertreten durch Dr. Walter Langer und Dr. Peter Hajek, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen Anfechtung (Wert des Streitgegenstandes: 5,200.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11. Dezember 1986, GZ 3 R 203/86-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 4. Juli 1986, GZ 4 Cg 43/86-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 27.259,65 S (darin enthalten 2.478,15 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei erklärte sich in einem an Johann S*** gerichteten Schreiben vom 12.Oktober 1982 bereit, ihm bis 30. September 1987 einen Kontokorrentkredit bis 4,000.000 S zur Verfügung zu stellen. Als Sicherstellung sollte die Hinterlegung einer jederzeit einverleibungsfähigen Pfandbestellungsurkunde über 5,200.000 S für die Liegenschaften EZ 1211 (als Haupteinlage), 220, 1113, 1554, 2487, 4641, 4906, 4919, 5049 und 5080 je KG Gols, EZ 1444 KG Zurndorf und EZ 4436 KG Neusiedl am See dienen, die zum Teil nur Johann S***, aber auch Emilie, Maria und Johann S*** sen. gehörten. Dieses Kreditanbot wurde von Johann S*** und Emilie S***, die für alle Verbindlichkeiten aus dem Kreditverhältnis zur ungeteilten Hand mithaften sollte, am 20. Oktober 1982 angenommen.

Mit einer von ihnen am 20.Oktober 1982 notariell beglaubigt unterschriebenen Pfandbestellungsurkunde bestellten die genannten Personen die oben aufgezählten Liegenschaften zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrag von 5,200.000 S, die der beklagten Partei als Kreditgeber gegen Johann und Emilie S*** aus eingeräumten... Geld-, Haftungs- und Garantiekrediten bereits erwachsen sind oder in Hinkunft erwachsen sollen..., und erteilten hiemit ihre ausdrückliche Einwilligung, daß auf Grund dieser Urkunde ohne ihr ferneres Einvernehmen, auf ihre Kosten das obige Simultanpfandrecht für diese Forderungen auf den angeführten Liegenschaften einverleibt werde.

Am 20.Juli 1985 wurde Johann S*** verhaftet.

Am 23.Juli 1985 wurde die erwähnte Pfandbestellungsurkunde von

der beklagten Partei unterfertigt.

Auf Antrag der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 12.August 1985, TZ 5788/85, auf Grund dieser Pfandbestellungsurkunde ob den darin genannten Liegenschaften (mit Ausnahme der EZ 4436 KG Neusiedl am See) das (Simultan-)Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 5,200.000 S für die beklagte Partei einverleibt. Gleichzeitig wurden Löschungsverpflichtungen hinsichtlich der Vorpfandrechte angemerkt. Am 2.September 1985 wurde über das Vermögen Johann S*** der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Mit der am 24.Februar 1986 eingebrachten Klage focht der Masseverwalter die erwähnten Pfandrechtseinverleibungen und Löschungsverpflichtungsanmerkungen unter Berufung auf die §§ 30 und 31 KO mit der Behauptung an, die beklagte Partei habe die Pfandbestellungsurkunde in Kenntnis der mit der Verhaftung eingetretenen Zahlungsunfähigkeit Johann S*** unterfertigt und verbüchern lassen und dadurch Sicherheiten erlangt, die sie nicht zu beanspruchen gehabt hätte. Dies sei für die anderen Gläubiger nachteilig.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht sprach aus, daß die erwähnten Pfandrechtseinverleibungen gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen Johann S*** unwirksam seien und daß auch die Anmerkungen der Pfandrechtslöschungsverpflichtungen unwirksam seien. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, in die Löschung "des Pfandrechtes" und der Anmerkung der Löschungsverpflichtungen einzuwilligen, wies es ab.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß Johann S*** mit seiner Verhaftung am 20.Juli 1985 zahlungsunfähig geworden sei und die beklagte Partei dies gewußt habe. Es sei möglich, daß nach Befriedigung der Vorpfandgläubiger ein Rest für die beklagte Partei bleibe.

Das Erstgericht wollte sich der Rechtsprechung, nach der es beim Liegenschaftspfand genügt, wenn der Gemeinschuldner seine für den Modus erforderliche Mitwirkung unwiderruflich erfüllt hat, aus Gründen der Rechtssicherheit nicht anschließen und bejahte die in den §§ 30 und 31 KO genannten Voraussetzungen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das angefochtene Urteil durch gänzliche Abweisung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.

Das Berufungsgericht beurteilte die angefochtenen Feststellungen über den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners und die diesbezügliche Kenntnis der beklagten Partei als nicht entscheidungswesentlich und fand die Rechtsrüge im wesentlichen deshalb als berechtigt, weil die Sicherstellung nicht erst nach der Begründung des Kreditverhältnisses vorgenommen worden, sondern die Kreditgewährung von der Sicherstellung durch Hinterlegung einer jederzeit einverleibungsfähigen Pfandbestellungsurkunde als Bedingung abhängig gemacht worden sei. Ein solcher Verpfändungsvertrag verschaffe mangels (bücherlichen) Übergabsaktes zwar weder ein dingliches Recht noch ein Absonderungsrecht, stehe aber sowohl der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung einer nachträglichen Pfandgabe als auch wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit entgegen, wenn die Zusage der Pfandbestellung bereits in dem vor Beginn der kritischen Frist abgeschlossenen Kreditvertrag abgegeben worden sei. Daß die beklagte Partei die vom Gemeinschuldner schon vor dieser Frist unterfertigte Pfandbestellungsurkunde erst während dieser Frist unterfertigt habe, sei für die rechtliche Beurteilung bedeutungslos. Dazu berief sich das Berufungsgericht auf die in SZ 46/57 und SZ 52/147 sowie EvBl.1985/93 veröffentlichte oberstgerichtliche Rechtsprechung. In der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobenen Revision beantragt der Kläger die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Das nach § 502 Abs.4 Z 2 ZPO zulässige Rechtsmittel ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Anfechtung nach § 30 Abs.1 Z 1 KO würde unter anderem voraussetzen, daß die beklagte Partei eine Sicherstellung erlangt hätte, die sie nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hatte (sogenannte inkongruente oder abweichende Deckung).

Davon kann keine Rede sein, weil die beklagte Partei bereits auf Grund der am 20.Oktober 1982, also fast drei Jahre vor der Konkurseröffnung, unter anderem mit dem späteren Gemeinschuldner getroffenen Vereinbarung über einen Kontokorrentkredit von 4,000.000 S und seine hypothekarische Besicherung (Kredit- und Verpfändungsvertrag) einen unwiderruflichen obligatorischen Anspruch auf die Einverleibung des Pfandrechtes für einen Höchstbetrag von 5,200.000 S erworben hat.

Die Anfechtung wegen Begünstigung nach § 30 Abs.1 Z 1 KO erweist sich daher schon wegen kongruenter Deckung als unbegründet (Petrasch in Rummel, ABGB Rz 5 zu § 1368; SZ 46/57, SZ 52/147; EvBl.1985/92). Eine Anfechtung wegen Begünstigung naher Angehöriger nach § 30 Abs.1 Z 2 KO kommt hinsichtlich der beklagten Partei schon begrifflich nicht in Frage.

Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 30 Abs.1 Z 3 KO wurden vom Kläger nicht einmal behauptet.

Von den im § 31 Abs.1 KO genannten Anfechtungsvoraussetzungen scheidet die Z 1 schon deshalb von vornherein aus, weil es sich bei der beklagten Partei um keinen nahen Angehörigen des Gemeinschuldners handelt.

Nach Z 2 dieser Gesetzesstelle sind nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen anfechtbar, durch die ein anderer Konkursgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung erlangt (erster Fall), und alle vom Gemeinschuldner mit anderen Personen eingegangenen, für die Gläubiger nachteiligen Rechtsgeschäfte (zweiter Fall), wenn dem andern Teil die Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnungsantrag bekannt war oder bekannt sein mußte. Nach Abs.4 leg. cit. ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn die anfechtbaren Rechtshandlungen früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden sind.

Der Umstand, daß der Kredit nur gegen Sicherstellung durch Hinterlegung einer jederzeit einverleibungsfähigen Pfandbestellungsurkunde über 5,200.000 S gewährt wurde, führt zur Annahme eines "Zug-um-Zug-Geschäftes" und schließt eine Begünstigung der beklagten Partei vor den anderen Gläubigern und damit eine erfolgreiche Anfechtung nach § 31 Abs.1 Z 2 erster Fall KO ebenso aus, wie einen der beklagten Partei im Zeitpunkt der Eingehung des Pfandvertrages objektiv erkennbaren Nachteil für die Gläubiger und damit eine erfolgreiche Anfechtung nach dem zweiten Fall dieser Gesetzesstelle, die im übrigen auch nach deren Abs.4 ausgeschlossen wäre (EvBl.1985/92 und 93).

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E10738

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00546.87.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19870402_OGH0002_0060OB00546_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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