Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut S***, Angestellter, Birkfelderstraße 25, 8160 Weiz, vertreten durch Dr. Frowin Kaar und Dr. Lore Unterkircher-Kaar, Rechtsanwälte in Weiz, wider die beklagte Partei Dr. Adolf E***, Rechtsanwalt, 8160 Weiz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Helmut S*** Gesellschaft mbH, Birkfelderstraße 25, 8160 Weiz, wegen S 23.137,77 s.A. infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 17. Dezember 1986, GZ 2 R 107/86-18, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5. Mai 1986, GZ 10 Cg 230/85-13, mit Beisetzung des Rechtskraftvorbehaltes aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger macht gegen den Masseverwalter die Richtigkeit der im Konkurs angemeldeten und von diesem bestrittenen Mietzinsforderung von S 23.137,77 geltend, die ihm gegen die Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 26. Februar 1985 der Konkurs eröffnet wurde, für das Jahr 1984 zustehe. Der Kläger habe der Helmut S*** Gesellschaft mbH in seinem Haus in Weiz einen Büroraum mit rund 30 m 2 Nutzfläche am 12. März 1981 zu dem wertgesicherten Mietzins von monatlich S 2.100 und schon im Dezember 1980 die Durchfahrt über sein Grundstück auf den angrenzenden Lagerplatz zu dem wertgesicherten Mietzins von monatlich S 1.000 je zuzüglich der Umsatzsteuer vermietet. Auf die Mietzinsforderung für das Jahr 1984 von S 48.180 (12 Monate zu S 4.015) habe die Mieterin vor der Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen nur S 25.245 bezahlt. Die Mietzinsvereinbarung stehe zu Vorschriften des Mietrechtsgesetzes nicht in Widerspruch, dieses Gesetz finde auf die Vermietung der Fläche zur Durchfahrt keine Anwendung.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses seien unzulässig und unwirksam. Für das Jahr 1984 sei höchstens ein Mietzins von S 17.040 und für die Benützung der Zufahrt auf die Nachbarliegenschaft von S 330 für die Monate Jänner bis März 1985 angemessen. Da der Kläger selbst behaupte, die Gemeinschuldnerin habe ihm S 25.245 bezahlt, bestehe die Forderung nicht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen fest, daß der Kläger im Jahr 1984 noch Eigentümer der Häuser Birkfelderstraße 25 und 25 a in Weiz war und mit der Gesellschaft, deren Gesellschafter-Geschäftsführerin seine Ehefrau war, am 12. März 1981 den Mietvertrag über den Büroraum in seinem Haus geschlossen hat. Der Mietzins wurde mit ursprünglich S 900 und, sollte das Bestandverhältnis dann noch aufrecht sein, ab dem 1. Jänner 1984 mit S 2.100 wertgesichert vereinbart. Der ermäßigte Mietzins für die Zeit vom 1. April 1981 bis 31. Dezember 1983 sollte der Gesellschaft - die 1980 entstanden war - die Anlaufzeit erleichtern. Die Gesellschaft konnte zu einem vom Nachbarn in Bestand genommenen Lagerplatz nur über das Grundstück des Klägers zufahren und vereinbarte mit seinem Hausverwalter, daß sie für die Benützung der Durchfahrt ein monatliches Entgelt von wertgesichert S 1.000 entrichte.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, daß die Vereinbarung der Höhe des Mietzinses für den nicht zu Wohnzwecken dienenden Mietgegenstand nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG in der Angemessenheit die Obergrenze finde, wegen des "familienrechtlichen und wirtschaftlichen Naheverhältnisses" nur ein geringerer Mietzins als sonst angemessen und dieser nach § 273 ZPO mit monatlich S 1.500 für den Büroraum mit 30 m 2 Nutzfläche und mit S 500 monatlich für die Benützung der Zufahrt festzusetzen sei, womit der angemessene Mietzins für das Jahr 1984 von S 24.000 durch die Zahlungen von S 25.245 beglichen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz. Es sprach aus, daß das Erstgericht das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen habe. Es fehlten Feststellungen zur abschließenden rechtlichen Beurteilung der Sache, weil das Erstgericht irrig von der Anwendbarkeit des § 16 Abs 1 Z 1 MRG auf die vor dem 1. Jänner 1982 zustande gekommene Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses angewendet habe. Es sei zu prüfen, ob der Mietgegenstand nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG den Zinsbildungsvorschriften überhaupt nicht unterliege und ob § 16 MG anzuwenden sei. Das Bestandrecht auf Durchfahrt zum benachbarten Lagerplatz unterliege dem Mietrechtsgesetz nicht, eine Angemessenheitsprüfung komme hier überhaupt nicht in Betracht. Es bedürfe daher auch der Aufschlüsselung, mit welchem Teil die Mietzinsforderung auf die Büromiete und mit welchem Teil auf die Miete der Durchfahrt falle. Auch sei nicht klar, wie die Wertsicherung angewendet wurde. Bei den Zinsbildungsvorschriften des MRG unterliegenden Mietgegenständen sei die rückwirkende Einforderung von Beträgen, die sich aus der Wertsicherungsvereinbarung ergeben, ausgeschlossen (§ 16 Abs 6 MRG) und eine Reduktion möglich, wenn die Angemessenheitsgrenze überschritten werde. Die Zulässigkeit des Rechtskraftvorbehaltes nach § 519 Abs 3 ZPO begründete das Berufungsgericht damit, daß der Frage, ob § 16 MRG auf eine Vereinbarung anzuwenden sei, die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossen wurde, aber erst nach dem Inkrafttreten Wirksamkeit erlange, die im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO umschriebene Bedeutung zukomme.
Den Aufhebungsbeschluß bekämpft der beklagte Masseverwalter mit seinem Rekurs. Er zielt in erster Linie auf Wiederherstellung des abweisenden Urteils des Erstgerichtes ab.
Der Kläger hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht zulässig.
Nach § 519 Abs 3 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle BGBl. 1983/135 darf das Rekursgericht einen Rechtskraftvorbehalt nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO nur aussprechen, wenn der Rekurs nicht schon nach § 528 Abs 1 ZPO unstatthaft ist und es die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 ZPO für gegeben erachtet. Da der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, mit S 23.137,77 an Geld S 300.000 nicht übersteigt, kommt nur § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in Betracht. Diese durch den Rechtskraftvorbehalt zu eröffnende Anfechtungsbefugnis liegt nur vor, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Diese Voraussetzung der Rekurszulässigkeit ist nicht erfüllt, weil der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, daß eine Überprüfung der vor dem 1. Jänner 1982 zulässig vereinbarten Höhe des Mietzinses nicht möglich ist. Die Angemessenheitsobergrenze des § 16 Abs 1 MRG gilt für im Bereich des Mietrechtsgesetzes nach dem 31. Dezember 1981 zustande gekommene Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses. Die Zulässigkeit einer vor dem 1. Jänner 1982 geschlossenen Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses für Geschäftsräume ist nach dem zur Zeit des Vertragsabschlusses geltenden Recht zu beurteilen (SZ 56/110 = ImmZ 1984, 47 = MietSlg 35.311; RdW 1986, 13 = MietSlg 37.301 ua). Nur wenn das Verlangen nach Erhöhung auf Grund einer vor dem 1. Jänner 1982 getroffenen Wertsicherungsvereinbarung im zeitlichen Geltungsbereich des MRG wirksam wird, kann geprüft werden, ob der den Ausgangsbetrag der Erhöhung übersteigende Teil des erhöhten Hauptmietzinses die Angemessenheitsgrenze des § 16 Abs 1 MRG überschreitet. Der erhöhte Hauptmietzins ist auch bei Altverträgen erst ab dem Zinstermin zu entrichten, dem das dem Mieter mindestens 14 Tage zuvor zugekommene Erhöhungsbegehren zuvorgegangen ist (MietSlg 35.335 ua). Das Berufungsgericht hat sich an diese Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gehalten. Daß im Mietvertrag vom 12. März 1981 für den als Geschäftsraum in Bestand gegebenen Mietgegenstand ein Monatsmietzins von S 900 für die Zeit vom 1. April 1981 bis 31. Dezember 1983 und von S 2.100 für die Zeit ab dem 1. Jänner 1984 vereinbart wurde, ändert nichts daran, daß auch der für das Jahr 1984 begehrte Mietzins schon vor dem 1. Jänner 1982 (Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes) vereinbart war. Auch die Vereinbarung über die Entrichtung des Entgelts für die Grundstücksbenützung zur Durchfahrt wurde vor dem Inkraftreten des Mietrechtsgesetzes geschlossen und von diesem nicht erfaßt. Es war daher verfehlt, daß der Erstrichter sich in eine Angemessenheitsprüfung nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG einließ. Den übrigen Rechtsfragen, von deren Beantwortung die Entscheidung in diesem Prozeß abhängt, kommt eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zu. Die Voraussetzungen des § 16 a MRG idF der Novelle BGBl. 1985/559 liegen nicht vor, weil die vor dem 1. Jänner 1982 getroffene Vereinbarung im Mietvertrag die Erhöhung des Hauptmietzinses nicht etwa mit einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften verknüpft hat, sondern vorsah, daß zunächst ein wegen der Anlaufschwierigkeiten der neu gegründeten Gesellschaft ermäßigter Mietzins zu entrichten ist, die Höhe des ab dem 1. Jänner 1984 zu entrichtenden Mietzinses aber schon mit S 2.100 vereinbart war. Es wird daher nur davon abhängen, ob die im Dezember 1980 und im März 1981 geschlossenen Verträge nach damals geltendem Recht (MietSlg 36.295) den Monatsmietzins im Zeitraum vom 1. Jänner 1984 bis 31. Dezember 1984 wirksam mit S 2.100 und S 1.000 bestimmt haben, welcher Mietzins in dieser Zeit nach Einrechnung der Betriebskosten und der Umsatzsteuer und eines allfälligen rechtzeitig geforderten Betrages auf Grund der Wertsicherungsvereinbarung fällig wurde und welche Beträge darauf schon beglichen sind. Dieser Beurteilung kommt keine erhebliche Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Rekurses ist der Oberste Gerichtshof nach § 526 Abs 2 ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO nicht gebunden (Fasching ZPR Rz 1822). Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß wird mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen.
Anmerkung
E10736European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00307.87.0407.000Dokumentnummer
JJT_19870407_OGH0002_0050OB00307_8700000_000