TE OGH 1987/4/7 2Ob541/87

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Veröffentlicht am 07.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr. Alexandra H***, Angestellte, Graz, R.H. Bartschstraße 22, vertreten durch Dr. Walter Riedl und Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Komm. Rat Friedrich H***, Geschäftsführer, Wien 6., Nelkengasse 6, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen einstweiligen Unterhaltes, infolge Revisionsrekurses des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 29. September 1986, GZ 43 R 2050/86-108, womit der Punkt 3. des Beschlusses des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. Februar 1986, GZ 4 C 33/85-88, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind verheiratet. Im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Leistung des gesetzlichen Unterhaltes bestimmte das Erstgericht der Klägerin und gefährdeten Partei (im folgenden nur Klägerin) ab 1. Februar 1984 für die Dauer dieses Verfahrens einen einstweiligen Unterhalt von monatlich S 9.850,-- (ON 12). Zur Hereinbringung dieser Forderung wurde der Klägerin am 16. Mai 1984 die Gehaltsexekution bewilligt (ON 26).

Mit Antrag vom 28. Oktober 1985 (ON 74) begehrte der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden nur Beklagter) die Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit der Begründung, daß die Klägerin nunmehr über hinreichendes eigenes Einkommen und Vermögen verfüge.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Das Rekursgericht wies aus Anlaß des vom Beklagten gegen die Entscheidung des Erstgerichtes erhobenen Rekurses den Antrag zurück. Nach Auffassung des Rekursgerichtes könne nach bereits eingeleiteter Exekution das Erlöschen des Anspruches auf Unterhaltsleistung nicht im Wege eines Antrages nach § 399 EO, sondern nur im Wege einer Klage nach § 35 EO geltend gemacht werden.

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmung eines vorläufigen Unterhaltes nach § 382 Z 8 lit. a EO ist begrifflich keine einstweilige Verfügung im Sinne der Exekutionsordnung, weil dadurch nicht ein Leistungsanspruch gesichert werden soll, sondern dem Berechtigten bereits ein Unterhalt zugesprochen wird. Der Unterhaltsanspruch, der auch mit der Unterhaltsklage geltend gemacht wird, wird, der besonderen Rechtsnatur des Beschlusses nach § 382 Z 8 lit. a EO entsprechend, schon in einem Provisorialverfahren zum Inhalt eines Exekutionstitels, der als Grundlage für ein einzuleitendes Exekutionsverfahren dienen kann (3 Ob 176/82; Heller-Berger-Stix, Kommentar 4 III 2761). Die Rechtslage ist daher insoweit nicht anders, als wenn der Unterhalt durch Urteil oder durch einen Beschluß des Außerstreitrichters festgesetzt wurde. Für diese Fälle gilt nach herrschender Ansicht, daß bei wesentlicher Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse der Unterhaltspflichtige die Änderung festgesetzter Unterhaltsleistungen vor Einleitung einer Exekution durch Klage (negative Feststellungsklage) oder durch einen Antrag beim Außerstreitrichter begehren kann. Nach Einleitung einer Exekution kann der Verpflichtete seine Einwendungen, daß der Unterhaltsanspruch aus dem Exekutionstitel ganz oder teilweise erloschen ist, durch Klage nach § 35 EO geltend machen (Heller-Berger-Stix aaO I 379; SZ 53/30; RZ 1977/18; SZ 38/159; EvBl. 1965/370; SZ 24/75; vgl. auch Fasching LB Rdz 1532). Ein Unterschied zwischen beiden Möglichkeiten besteht lediglich hinsichtlich der Wirkung für den Zeitraum vor der Antragstellung bzw. Klagserhebung. Mittels Oppositionsklage können auch Unterhaltsansprüche bekämpft werden, die für die Zeit vor Einbringung der Oppositionsklage geschuldet werden (EFSlg. 44.165), eine Klage oder ein Antrag auf Herabsetzung wirkt nur für die Zukunft (SZ 26/1). Der Unterhaltspflichtige, dem ein Unterhalt mittels einstweiliger Verfügung nach § 382 Z 8 lit. a EO auferlegt wurde, könnte daher mit seinen Einwendungen, daß infolge wesentlicher Änderung der Verhältnisse der Unterhaltsanspruch ganz oder teilweise erloschen ist, nach Einleitung einer Exekution nur dann ausschließlich auf die Klage nach § 35 EO verwiesen werden (so die SZ 13/176), wenn sich dies aus den maßgeblichen Verfahrensbestimmungen ergäbe. Unbeschadet des Umstandes, daß es sich bei einer einstweiligen Unterhaltsbestimmung begrifflich um keine einstweilige Verfügung im Sinne der Exekutionsordnung handelt, gelten für sie die Verfahrensbestimmungen der Exekutionsordnung (EFSlg. 49.637, 46.923, 44.355). Nun ist es zwar richtig, daß nach herrschender Ansicht eine einstweilige Verfügung nach § 382 Z 8 lit. a EO nicht nach § 399 Abs. 1 Z 4 EO aufgehoben werden kann (EFSlg. 46.931; EvBl. 1970/11; EvBl. 1962/459; Heller-Berger-Stix aaO III 2885). In den Fällen des § 399 Abs. 1 Z 1 bis 3 kann aber mit Aufhebungsantrag vorgegangen werden (Heller-Berger-Stix aaO). Nach herrschender Ansicht ist auch die Aufzählung der Gründe im § 399 Abs. 1 EO, aus denen eine einstweilige Verfügung aufgehoben werden kann, keine taxative (EFSlg. 46.931; SZ 25/43; Heller-Berger-Stix aaO 2889; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2 311). Nach § 399 Abs. 1 Z 2 EO kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung beantragt werden, wenn sich inzwischen die Verhältnisse, in Anbetracht deren die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, derart geändert haben, daß es des Fortbestandes dieser Verfügung zur Sicherung der Partei, auf deren Antrag sie bewilligt wurde, nicht mehr bedarf. Dies ist etwa der Fall, wenn die gefährdete Partei ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht oder eine sonstige Sicherstellung für ihre Forderung erlangt hat oder wenn sich die Vermögensverhältnisse ihres Gegners wesentlich geändert haben (Heller-Berger-Stix aaO 2886; Holzhammer aaO 312). Auch im Falle einer Ehefrau, für die ein einstweiliger Unterhalt bestimmt wurde, die aber in der Folge über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt, kommt der Sicherungsgedanke nicht mehr zum Tragen. Daran ändert nichts der Umstand, daß die Entscheidung über die Auswirkung eines eigenen Einkommens auf den Unterhalt den Anspruch selbst betrifft. Aus den Bestimmungen des § 399 Abs. 1 EO kann daher nicht abgeleitet werden, daß der unterhaltspflichtige Ehemann die Tatsache, daß die Ehefrau, der ein einstweiliger Unterhalt nach § 382 Z 8 lit. a EO zuerkannt wurde, nunmehr über hinreichendes eigenes Einkommen verfügt, nach Einleitung der Exekution nur mittels Klage nach § 35 EO geltend machen kann. Mangels taxativer Aufzählung der Aufhebungsgründe im § 399 Abs. 1 EO und wegen der Ähnlichkeit mit den Tatbeständen nach Z 2 leg.cit. kann vielmehr auch nach Einleitung der Exekution eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 399 Abs. 1 EO mit der Behauptung begehrt werden, daß die Ehefrau nunmehr über hinreichendes eigenes Einkommen verfügt. Der in der SZ 13/176 (bei behaupteter Arbeitslosigkeit des Unterhaltspflichtigen) ausgesprochenen gegenteiligen Meinung, daß dem Unterhaltspflichtigen nur die Klage nach § 35 EO zustehe, wird daher vom erkennenden Senat nicht geteilt.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 402 und 78 EO und auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E10699

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00541.87.0407.000

Dokumentnummer

JJT_19870407_OGH0002_0020OB00541_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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