TE OGH 1987/4/8 9Os49/87

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Veröffentlicht am 08.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.April 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner R*** und andere Angeklagte wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und 2 Z 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Werner R*** und Siegfried R*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 29.Jänner 1987, GZ 27 Vr 1147/86-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Siegfried und Werner R*** sowie die Berufung des Werner R*** werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Siegfried R*** werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Werner und Siegfried R*** auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurden der 22jährige Siegfried R*** und der 18jährige Rolf P*** (zu 1) des Vergehens der leichten Körperverletzung (nach § 83 Abs. 1 StGB) sowie die beiden Genannten und der 20jährige Werner R*** (zu 2) des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und 2, Z 2 StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie am 16. März 1986 in Innsbruck, und zwar (1.) Siegfried R*** und Rudolf P*** in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) durch Versetzen von Faustschlägen Rainer H*** und Alfred T*** vorsätzlich am Körper verletzt, wobei Rainer H*** durch (langanhaltende mit Erbrechen verbundene) Magenschmerzen (sowie eine Schwellung im Gesicht; S 138) und Alfred T*** durch Nasenbluten leichte Verletzungen erlitten und (2.) Werner R***, Siegfried R*** und Rolf P*** in verabredeter Verbindung Hermann B*** durch Versetzen von Schlägen und Treten am Körper verletzt, wobei die Tat eine an sich schwere Verletzung, nämlich einen Jochbeinbruch, Hautabschürfungen und den Abbruch eines Zahnes zur Folge hatte.

Während der Angeklagte P*** das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ, meldeten Werner und Siegfried R*** nach Urteilsverkündung die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Zur Ausführung gelangte bloß jenes des Angeklagten Siegried R***. Seine allein aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde entbehrt jedoch zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Rechtliche Beurteilung

Ob die Zeugen T*** und H*** von zwei oder von drei

Personen - konkret: also auch von Werner R*** - geschlagen wurden, ist für die Frage, inwieweit dem Beschwerdeführer Mittäterschaft an diesem Faktum anzulasten und der von allen gewollt herbeigeführte Erfolg auch von ihm zu verantworten ist (ÖJZ-LSK 1976/244), evidentermaßen belanglos.

Die Behauptung, Werner R*** habe anläßlich seiner ersten Einvernahme vor der Polizei "erwiesenermaßen die Unwahrheit" gesagt, wird in der Beschwerde nicht weiter substantiiert. Sie ist demnach einer argumentativen Erörterung nicht zugänglich und muß damit auf sich beruhen. Nur der Vollständigkeit halber sei dem beigefügt, daß im Urteil allein die von Werner R*** vor der Polizei abgegebene Erklärung, sein Bruder Siegfried habe am Tag der Tat ein leichtes gelbes Sommerhemd getragen (S 48), als "durchaus glaubwürdig" bezeichnet wird (US 7) und in diesem Punkt Widersprüche in den polizeilichen Depositionen (S 47 ff) nicht zu entnehmen sind. Den weiteren Ausführungen in der Mängelrüge ist in Ansehung der Relevanz der einzelnen Beschwerdepunkte zum einen entgegenzuhalten, daß das Urteil - unbekämpftermaßen - im ersten Faktum Mittäterschaft des Beschwerdeführers und Rolf P*** (US 8) und im zweiten eine verabredete Verbindung der Brüder R*** und Rolf P*** annahm. Daraus folgt, daß im ersten Punkt jeder der Mittäter für den gesamten, durch das gemeinsame Zusammenwirken der Täter eingetretenen Erfolg, unbeschadet der Art seiner Beteiligung, haftet, wogegen eine Strafbarkeit im zweiten Fall nicht einmal erfordert, daß jeder der Verabredeten an den Angegriffenen Hand anlegte oder sonst an der Tatausführung unmittelbar aktiv mitwirkte (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB 2 § 12 Nr. 10 und § 84 Nr. 29). Daß der anläßlich der ersten tätlichen Auseinandersetzung verletzte Zeuge T*** bei der Gegenüberstellung mit dem Beschwerdeführer erklärt hatte, ihn vorher noch nicht gesehen zu haben (ON 4), betrifft nach dem oben Gesagten keine entscheidende Tatsache, zumal der Angeklagte Siegfried R*** - was die Beschwerde übergeht - selbst zugestanden hatte, bei dieser Gelegenheit einem der Gegner eine Ohrfeige versetzt zu haben (vgl. S 52, 74 und 150) und der bei dem gegenständlichen Vorfall ebenfalls zu körperlichen Schäden gekommene Zeuge H*** - dem das Urteil Glauben schenkte; vgl. US 7 - bekundet hatte, jedenfalls er selbst sei von einem Burschen mit einem "weißen oder gelblichen" Blouson - also dem Beschwerdeführer - geschlagen worden (S 31). Bei der eingangs geschilderten Sach- und Rechtslage könnte es auf sich beruhen, ob der - unbekämpftermaßen im Rahmen der genannten verabredeten Verbindung am Tatort anwesende - Beschwerdeführer an Johann B*** Hand anlegte. Abgesehen davon läßt die Beschwerde aber mit ihrer Behauptung, das Urteil lasse unberücksichtigt, daß Johann B*** erklärt habe, er könne nicht sagen, ob der Beschwerdeführer gegen ihn tätlich vorgegangen sei (ON 8) in verfälschender Verkürzung außer Betracht, daß Johann B*** bei derselben Einvernahme deponiert hatte, er glaube, daß zuletzt, als er schon am Boden lag, alle drei Angeklagten mit den Füßen gegen ihn gestoßen hätten (S 80) und daß er namentlich in jener Aussage vor dem Untersuchungsrichter, auf die das Erstgericht sich stützte (vgl. US 9) ausdrücklich bekundet hatte, alle drei hätten mit den Füßen gegen ihn getreten (S 132). Mit der Behauptung schließlich, das Urteil übergehe die Aussage des Zeugen Hans-Jörg B***, wonach der Beschwerdeführer ihm und seinem Onkel (Robert W***) nachlief, während die beiden anderen Angeklagten Johann B*** niederschlugen, wird neglegiert, daß Hans-Jörg B*** zusätzlich deponierte (vgl. S 134), die drei Angeklagten seien "hübsch gleichzeitig" über die Straße gekommen und der Beschwerdeführer habe ihn und seinen Onkel "in Schach gehalten", während die beiden anderen Angeklagten seinen Vater (Johann B***) mit Füßen traten und schlugen.

Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Gleichermaßen war mit der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung des Angeklagten Werner R*** zu verfahren, weil dieser weder bei der Rechtsmittelanmeldung noch später Nichtigkeitsgründe bzw. jene Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert findet, deutlich und bestimmt bezeichnet hatte (§ 285 a Z 2, 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO).

Über die Berufung des Angeklagten Siegfried R*** wird der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben (§ 285 d Abs. 6 StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E10617

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0090OS00049.87.0408.000

Dokumentnummer

JJT_19870408_OGH0002_0090OS00049_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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