Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Streller als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef K*** wegen des Vergehens nach § 216 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 24.Oktober 1986, GZ. 21 Vr 1007/86-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Strasser, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Stanonik zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie der Erledigung im Gerichtstag vorbehalten war, verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Josef K*** wurde nachstehender Straftaten für schuldig erkannt:
1, 2: Vergehen der Zuhälterei nach § 216 StGB. a.F. sowie § 216 Abs 2 und 4 StGB. n.F., 3: Verbrechen der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs 1 Z. 1 und 3 sowie 15 StGB. und schließlich 4: Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde mit Ausnahme des materielle Nichtigkeitsgründe (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a und 10 StPO.) geltend machenden Teils bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen. Dieser Entscheidung können auch die Tatsachen, durch welche die bezeichneten strafbaren Handlungen für begründet angenommen wurden, ersehen werden. Über die Rechtsrüge und die Berufung des Angeklagten war im Gerichtstag zu entscheiden. Entgegen den Beschwerdeausführungen (Z. 9 lit a) sind den Schuldsprüchen wegen Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB. a.F. sowie nach § 216 Abs 2 und 4 StGB. n.F. ausreichende Feststellungen zur inneren Tatseite unterlegt. Der Ausbeutungswille des Angeklagten und dessen auf die Gewinnung seines Unterhalts bzw. auf die Verschaffung fortlaufender Einnahmen aus der Gewerbsunzucht gerichteter Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB.) ergeben sich unmißverständlich aus den Urteilsannahmen, wonach Jasminka H*** dem Angeklagten bei dessen fast täglichen Besuchen ihre Einnahmen aus der in seinem Auftrag ausgeübten Prostitution abliefern mußte. Solcherart bezog der Beschwerdeführer von Anfang an fortlaufende Einnahmen von monatlich mindestens 30.000 S für seinen Unterhalt, während er der H*** für ihren persönlichen Bedarf bloß 15.000 S beließ. "Diese Ausbeutung verstärkte" er schließlich noch dadurch, daß er Jasminka H*** ab 1982 schlug und sie ab dem Frühjahr 1984 durch Einschüchterung sowie Drohungen zur weiteren Ausübung der Prostitution nötigte (S. 186 ff.). An der Ausbeutung - in objektiver und subjektiver Hinsicht - vermag es nichts zu ändern, daß der Angeklagte erst ab etwa 1982 sein Opfer mißhandelt und zur Prostitution in einem bestimmten Straßenabschnitt aufgefordert hat. Genug daran, daß ein rücksichtsloses, gegen vitale Interessen der Prostituierten verstoßendes Ausnützen derselben jedenfalls schon darin gelegen war, daß der Nichtigkeitswerber ihr von Beginn an (1980) etwa zwei Drittel ihrer monatlichen Einkünfte (mindestens 30.000 S) abgenommen hat (§ 216 StGB. a.F.).
Soweit das Ersturteil im Schuldspruch 1 den Beginn des Tatzeitraums mit dem Jahr 1980 benennt, genügt dies nicht nur dem der Individualisierung dienenden Kennzeichnungsgebot des § 260 Abs 1 Z. 1 StPO. (s. auch die Erledigung der Mängelrüge). Infolge der eine Einheit mit dem Urteilsspruch bildenden Entscheidungsgründe, denenzufolge der Angeklagte die H*** im Oktober 1980 kennengelernt und sie sodann für ihn die Prostitution ausgeübt hat, ist auch klargestellt, daß der Deliktszeitraum erst gegen Ende des Jahrs 1980 begonnen hat. Eines Teilfreispruchs bezüglich des davor gelegenen Teils des Jahrs 1980 hat es nicht bedurft.
Letztlich versagt die Rechtsrüge (sachlich Z. 9 lit a) auch insofern, als eintätiges Zusammentreffen der schweren Zuhälterei durch Einschüchterung nach § 216 Abs 2, zweiter Fall, StGB. n.F. einerseits (2) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z. 1 und 3 StGB. andrerseits bestritten wird. Der Unrechtsgehalt einer schweren Nötigung zur gewerbsmäßigen Prostitution (§ 106 StGB.) wäre nämlich durch eine Unterstellung bloß unter § 216 Abs 2 (wie auch Abs 4) StGB. n.F. keineswegs abgegolten, zumal schwere Zuhälterei mit Freiheitsstrafen von höchstens einem Jahr (§ 216 Abs 2 StGB. n.F.) bzw. von höchstens zwei Jahren (§ 216 Abs 4 StGB. n.F.) bedroht, für schwere Nötigung nach § 106 StGB. aber eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorgesehen ist. Insoweit liegt daher echte Idealkonkurrenz und keine Konsumtion vor (Leukauf-Steininger 2 , ErgH. 1985, RN. 26 a, 27 a zu § 216 StGB.).
Da das Erstgericht die vom Schuldspruch 3 erfaßten, teils vollendeten, teils versuchten Nötigungshandlungen mithin auch zu Recht dem Tatbestand der (teils versuchten) schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z. 1 und 3 (§ 15) StGB. unterstellt hat, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Josef K*** wurde nach § 106 Abs 1 (§ 28) StGB. zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Als erschwerend fielen ins Gewicht: das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und die Begehung der Zuhälterei über einen langen Zeitraum; mildernd waren demgegenüber:
das (geringe) Teilgeständnis sowie die Tatsache, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist.
Der Angeklagte beruft gegen das Strafmaß, weil alle Taten auf einen gemeinsamen deliktischen Entschluß zurückgehen, im wesentlichen gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet seien und damit in einem Zusammenhang stünden. Tatsächlich war Opfer aller Straftaten des Angeklagten eine einzige Person, die aber der Angeklagte mit Gewalt und teilweise sogar mit Todesdrohung über viele Jahre hinweg gequält und zur (weiteren) Ausübung der Prostitution gezwungen hat. Dies zeigt ein unmenschliches und rücksichtsloses Verhalten (s. § 32 Abs 3 StGB.), welches angesichts der Person des Angeklagten (zahlreiche Vorstrafen) einen entsprechenden Strafvollzug fordert, dessen vom Erstgericht gefundenes Maß nicht überhöht ist.
Anmerkung
E10661European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00027.87.0409.000Dokumentnummer
JJT_19870409_OGH0002_0130OS00027_8700000_000