TE OGH 1987/4/15 9Os28/87

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Veröffentlicht am 15.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.April 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz K*** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1, 148 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz K*** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Franz und Robert Johann K*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 11. September 1986, GZ 10 c Vr 570/85-642, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz K*** wird zurückgewiesen.

Über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Franz K*** wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Franz K*** auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurden Franz K*** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148, zweiter Fall, StGB und des Vergehens nach § 45 Abs. 1 lit. a und b WeinG 1961 sowie sein Sohn Robert K*** des Vergehens nach § 45 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 WeinG schuldig erkannt. Danach hat Franz K*** in der Zeit von 1979 bis 24. Juli 1985 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, eine Vielzahl von Abnehmern seiner Weine durch Täuschung über die Tatsache, daß es sich hiebei nicht um echte Weine sondern um ein Gemisch aus echtem und Kunstwein handelte, welches darüber hinaus mit Diäthylenglykol versetzt und daher verkehrsunfähig und wertlos war, zu Handlungen, nämlich zum Ankauf von mindestens 14,2 Millionen Liter nachgemachten Weines verleitet, wodurch entweder die Händler oder die Letztverbraucher an ihrem Vermögen geschädigt wurden und der Schaden mindestens 142 Millionen Schilling betrug, wobei er gewerbsmäßig vorging (Punkt 1 des Urteilssatzes). Ferner haben Franz K*** in der Zeit von 1985 bis 24.Juli 1985 und Robert K*** in der Zeit vom 25. Juli 1985 bis 16.August 1985 2,507.506 Liter Wein, der für den Verkehr bestimmt war und von Franz K*** durch Zusatz von Diythylenglykol verfälscht worden war, zum Verkauf bereit gehalten und überdies Robert K*** 20.500 Liter dieses Weines auch verkauft, wobei Franz K*** vorsätzlich und Robert K*** fahrlässig handelte (Punkt 2).

Rechtliche Beurteilung

Die von Franz K*** der Sache nach allein gegen die Betrugsverurteilung aus den Z 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde ist zum Teil offenbar unbegründet, zum Teil entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Daß die in der Mängelrüge (Z 5) einleitend angeführten, das Schicksal der Familie des Angeklagten betreffenden Umstände lediglich die Straffrage und sonach keine nach § 270 Abs. 2 Z 5 StPO entscheidende Tatsache betreffen, wird im Rechtsmittel selbst ausdrücklich zugestanden. Es kann mithin deren Nichterörterung auf sich beruhen. Gleiches gilt in Ansehung des "Widerspruchs", der nach Meinung des Beschwerdeführers darin bestehen soll, daß ihm vom Erstgericht - kommentarlos - eine Vorverurteilung aus dem Jahre 1976 wegen Vergehens nach dem Weingesetz als erschwerend zugerechnet wurde, der ein Verhalten zugrundelag - Erzeugung von Kunstwein durch Vergären von Geläger -, das ihm nunmehr als Betrug angelastet wurde. Irrelevant ist es auch, ob der Angeklagte schon vor dem gegenständlichen Tatzeitraum Chemikalien der Firma N***'S Enkel erwarb (wie im Urteil illustrativ - US 56 - festgestellt wird). Abgesehen davon findet diese Konstatierung in den Bekundungen des Zeugen F*** (vgl. S 69 des HV-Protokolls vom 8.September 1986) volle Deckung und kann daher - der Beschwerde zuwider - von einer Aktenwidrigkeit nicht gesprochen werden. Hat doch F*** kurz nach dem Einleitungssatz, die Firma K*** als Geschäftspartner sicher seit 6 oder 7 Jahren zu kennen, deponiert, er habe 1977 oder 1978 bei K*** Geld für Chemikalien geholt und dieses sei ihm von einem "kleinen Kind" ("ein Bub glaube ich") übergeben worden. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behauptet, er hätte damals keinen Sohn im Volksschulalter besessen, und auch daraus könne man ersehen, wie unglaubwürdig F*** sei, genügt es ihm zu erwidern, daß der Zeuge im Zuge seiner weiteren Befragung ausdrücklich die Möglichkeit, daß es sich vielleicht um ein Mädchen gehandelt habe, offen ließ (S 72 des HV-Protokolls) und die beiden Töchter des Angeklagten nach der Aktenlage in den Jahren 1966 (67) und 1972 geboren sind (Bd I ON 11 und ON 36).

Zentrale Bedeutung kommt im gegenständlichen Verfahren der Frage zu, welche Mengen an Chemikalien der Angeklagte insgesamt erwarb, weil die Gutachten der Sachverständigen und das Urteil die Menge des nachgemachten Weines daraus errechneten. Soweit sich die Mängelrüge darauf bezieht, kann ihr mithin Relevanz nicht abgesprochen werden. Der Sache nach gehen aber die Beschwerdebehauptungen, im Urteil würden den Beschwerdeführer in diesem Punkt entlastende Beweismittel und erhebliche Passagen insbesondere in der Aussage des Zeugen F*** unerörtert gelassen, ins Leere. Sie neglegieren nämlich ihrerseits den Umstand, daß die Tatrichter ihren Quantitätskonstatierungen namentlich die beim Akt befindlichen Paragons der Firma N***'S Enkel zugrundelegten (vgl. US 77 in Verbindung mit Band IX S 149 ff), wobei die Zuordnungskriterien - auf den Paragons erkennbare sonst unübliche Preisnachlässe - durchaus denkrichtig und lebensnah ausgewählt sind (vgl. abermals US 77). Hält man ferner hinzu - was die Beschwerde gleichfalls übergeht -, daß der Zeuge F*** in der Hauptverhandlung nicht bloß erklärte, diese Paragons seien (im Vorverfahren) den Firmen K*** und G*** "mit Fehlerquellen" zugeordnet zu haben, sondern allfällige Fehlleistungen erläuternd hinzusetzte, "es könnte sein, daß Unterlagen von K*** bei G*** dabei waren" (vgl. S 72 unten des HV-Protokolls vom 8. September 1986 = Bd XVIII/74) und daß F*** bei seiner Einvernahme vor der Gendermarie (siehe Band IX S 115) ferner erklärte, vielleicht nicht alle Paragons von K*** gefunden zu haben, dann konnte - der Beschwerde zuwider - sanktionslos unerörtert bleiben, daß der Zeuge F*** den Angeklagten als "sporadischen Kunden" bezeichnete, der auch längere Perioden hindurch überhaupt nichts bestellte und daß bei der Zuordnung der Paragons "Fehlerquellen drinnen sind, diese aber nicht 50 Prozent sein können", weil, um es zu wiederholen, diese aus dem Zusammenhang gerissenen Erklärungen im Kontext der übrigen, von der Beschwerde verschwiegenen Prämissen gelesen, insgesamt mit völliger Klarheit erkennen lassen, daß die Irrtümer nur zu Gunsten des Angeklagten erfolgt sein konnten, der Zeuge F*** also möglicherweise nicht alle Paragons, die den Angeklagten betrafen, gefunden hatte. Entgegen den Rechtsmittelausführungen mußte auch die Aussage des Zeugen V***, wonach versucht wurde, "diese (bei seiner Firma erworbenen Glykol-) Mengen zuzuordnen, es aber Schätzungen mit Fehlerquellen seien, und er nicht sagen könne, ob diese Fehlerquellen 50 Prozent betrügen", nicht näher erörtert werden. Hat doch dieser Zeuge - was die Beschwerde abermals

neglegiert - hinzugefügt, daß vorwiegend sein Mitarbeiter T*** dem Angeklagten Glykol verkaufte, und daß auch die von der Gendarmerie aufgenommenen Mengenangaben von T*** stammen müßten (vgl. S 78 des HV-Protokolls = Bd XVIII/80). T*** hatte aber bei der Gendarmerie angegeben (Band IX S 213 ff), daß der Angeklagte ca. 2 Tonnen Diäthylenglykol bei seiner Firma erwarb und ferner pro Jahr zwischen 500 und 1.000 kg Pottasche kaufte. Schon deswegen, aber auch mit Rücksicht auf den Umstand, daß V*** bei seiner Vernehmung als Zeuge bemerkte, in seinem Geschäft falle 1 Tonne im Jahr nicht so ins Gewicht, mußte dessen Beisatz, er habe an den Angeklagten "eigentlich nicht viel verkauft" nicht speziell gewürdigt werden. Wenn der Angeklagte aber im Zusammenhang mit den erworbenen Glykolmengen auf seine Verantwortung verweist, wonach zu seinen Lasten Paragons zugeordnet wurden, die ihn nicht betrafen, genügt es ihn darauf zu verweisen, daß das Erstgericht ihm in Ansehung der Glykolzugaben mit zureichender Begründung generell die Glaubwürdigkeit versagte (vgl. US 76 Mitte) und folglich auf Einzelheiten seiner Angaben nicht weiter einzugehen war. Um welchen Preis der Angeklagte den von ihm nachgemachten Wein verkaufte, betrifft, weil die Gesamtsumme selbst bei Zugrundelegung der vom Angeklagten behaupteten Literpreise die strafbestimmende 100.000 S-Grenze bei weitem übersteigt, keine entscheidende Tatsache und kann damit auf sich beruhen.

Die Ausführungen der Mängelrüge in Ansehung der vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Gesamtmenge nachgemachten Weins bringen insgesamt keinen formalen Begründungsmangel zur Darstellung. Insbesondere gehen sie auf die Einzelheiten der tatrichterlichen Berechnungen (vgl. US 78 ff) nicht ein, und lassen bei ihrem Hinweis auf die Erklärung des Sachverständigen Dr.S***, ein genauer Prozentsatz werde kaum feststellbar sein, und es müsse daher dem Gericht anheimgestellt werden, welcher Prozentsatz dem Angeklagten anzulasten sei, unerwähnt, daß das Gericht ohnehin zu Gunsten des Angeklagten von einem Verhältnis von 1 : 3 (Kunstwein zu Normalwein) ausgegangen ist, daß es insoweit dem ursprünglichen Gutachten von Dr. B***, der mit einem Schlüssel von 1 : 4 auf 20 Millionen Liter nachgemachten Weines kam, nicht folgte und daß Dr. S*** am Schluß der Verhandlung deponierte, er habe die von ihm ermittelten 14 bis 16 Millionen Liter nachgemachten Weines nur auf die Jahre 1981 bis 1984 bezogen (siehe S 129 des HV-Protokolls). Daß er eine Seite vorher von 10 bis 15 Millionen Liter Wein gesprochen hatte, mußte nicht speziell erörtert werden, weil auch in dieser als Rahmen zu verstehenden geringeren Mengenangabe die vom Erstgericht als erwiesen angenommene Deckung findet und es im übrigen der Beweiswürdigung des Gerichtes oblag, aus den von den Sachverständigen vorgelegten Prämissen würdigend die entsprechenden Tatsachenschlüsse zu ziehen.

Soweit sich die Mängelrüge mit umfangreichen Darlegungen um den Nachweis bemüht, der Angeklagte sei von anderen Personen (F*** und Dipl.Ing. N***) zu seinem Tun verleitet worden, erübrigt es sich, darauf argumentativ einzugehen, weil es sich hiebei um keine für die Beurteilung der Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz relevante Tatsache handelt.

Nicht nachvollziehbar erscheint die Beschwerdebehauptung, aus den - ungewürdigt gebliebenen - Angaben der Zeugen Emma R*** und Josef V*** ergebe sich, daß dem Angeklagten der Nachweis gelang, nicht alle von ihm angekauften Zuckermengen im eigenen Betrieb verwendet sondern an andere Hauer abverkauft zu haben. Hat doch die Zeugin R*** lediglich erklärt, es sei vorgekommen, daß das Lagerhaus zur Zeit der Weinlese keinen Zucker lagernd hatte und daß sie sich nicht erinnern könne, ob der Angeklagte sie bezüglich Zuckerverkaufsmöglichkeiten angerufen habe (S 95 f des HV-Protokolls) und hat Josef V*** deponiert, er persönlich wisse nicht ob andere H*** beim Angeklagten Zucker gekauft hätten, es sei geredet worden, aber er könne nicht sagen, daß es so war (vgl. S 101 des HV-Protokolls). Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang aber moniert, das Erstgericht habe zu Unrecht den Inhalt der Berufungsschrift des Steuerberaters im Finanzverfahren unerörtert gelassen, läßt sie unberücksichtigt, daß das Urteil mit schlüssiger Begründung umfangreiche Schwarzkäufe von Zucker als erwiesen annahm (vgl. US 56 f) und daß es aus diesem Grunde die Ausführungen in der Berufungsschrift des Dipl.Kfm. Gerhard N*** nicht für geeignet erachtete, für verläßliche Feststellungen herangezogen zu werden (vgl. US 84).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a und 10) des Angeklagten scheitert daran, daß sie die tatrichterlichen Konstatierungen zu den wesentlichen Punkten außer Acht läßt und damit die relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt.

Im einzelnen ist dazu folgendes zu bemerken:

Wenn der Angeklagte unter Verweisung auf seine Verantwortung behauptet, niemand hätte sich im Tatzeitraum um die an ihn bezahlten Preise einwandfreie Ware verschaffen können, weshalb bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise "eine Schädigungsabsicht als Tatbestandsvoraussetzung zu verneinen sei", neglegiert er die Urteilsannahmen, wonach ihm klar war, daß Weininteressenten um den gleichen Preis in der näheren Umgebung von Lengenfeld bzw. Langenlois auch einwandfreie Wein erhalten hätten (vgl. US 68). So gesehen erweist sich diese Rüge - ganz abgesehen davon, daß es bei nachgemachtem Wein auf die herausgestellte Frage gar nicht ankommt - als eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung. Demgemäß gehen auch die Beschwerdehinweise auf SSt 33/71 und JBl. 1981 S 217 völlig ins Leere. Insbesondere der aus der letztangeführten Entscheidung gezogene Satz, der Annahme, verfälschter Wein im Hinblick auf seine gemäß 44 Abs. 1 lit. e WeinG (alt) gegebene relative Verkehrsunfähigkeit sei völlig wertlos, könne in dieser verallgemeinernden Form nicht gefolgt werden, ist auf den gegenständlichen Fall grundsätzlich und von vornherein deshalb nicht anzuwenden, weil hier der Verkauf von nachgemachtem, also von Nicht-Wein im Sinne von § 44 Abs. 1 lit. f WeinG (alt) in Rede steht. Davon ausgehend, daß gegenständlich durchwegs ein bloß weinähnliches Getränk und kein "verfälschter Wein" in den Handel gebracht wurde, lassen die - weitgehend

unsubstantiierten - Beschwerdeausführungen im Dunkeln, weshalb dann, wenn man der Rechtsmeinung des Erstgerichtes folgte, § 45 Abs. 1 lit. b WeinG als überflüssig bezeichnet werden müßte und weshalb nur ein "überholter juristischer Vermögensbegriff" zur Annahme der völligen Wertlosigkeit der fraglichen Flüssigkeit führen könnte. Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Franz K*** wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung abgesprochen werden.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E10811

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0090OS00028.87.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19870415_OGH0002_0090OS00028_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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