TE OGH 1987/4/16 7Ob521/87

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Veröffentlicht am 16.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Maier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*** S***, vertreten durch Dr. Benno Oberdanner, Rechtsanwalt in Salzburg, Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei S*** Verwaltungsgesellschaft, Salzburg, Alpenstraße 122, vertreten durch Dr. Peter Raits, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Hans F*** sen., Bäckermeister, Salzburg, Getreidegasse 11, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 10. September 1986, GZ 32 R 149/86-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 30. Jänner 1986, GZ 15 C 542/85-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten

hat:

Die Kündigung ist rechtswirksam.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die auf dem Grundstück Nr. 2876 der EZ 139 der KG Stadt Salzburg, Abteilung Riedenburg, Salzburg, Neutorgasse 21, und zwar auf dem äußersten westseitigen Rand des Grundstückes befindliche Doppelgarage binnen 14 Tagen geräumt zu übergeben.

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 26.679,92 bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (darin enthalten S 2.450,-- Barauslagen und S 2.202,72 Umsatzsteuer) und der Nebenintervenientin die mit S 13.596,-- bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin enthalten S 1.236,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei kaufte im Jahre 1982 die Liegenschaft EZ 139 KG Stadt Salzburg von der S*** Verwaltungsgesellschaft, einer im Jahre 1965 gegründeten offenen Handelsgesellschaft mit der früheren Firmenbezeichnung Oskar S*** OHG Automobile. Unstrittig ist, daß der Beklagte Mieter einer auf der Liegenschaft errichteten Doppelgarage ist. Die klagende Partei kündigt dem Beklagten die Garage zum 30. Juni 1985 auf und begehrt die Räumung. Nach ihrem Standpunkt unterliege das Mietverhältnis nicht den Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes, weil die Garage für private Zwecke gemietet worden sei. Der Beklagte habe sich überdies verpflichtet, die Garage im Bedarfsfalle zu räumen. Der Beklagte behauptet, daß er die Garage auf Lebenszeit und für geschäftliche Zwecke gemietet habe.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Nach seinen Feststellungen hatte ursprünglich Oskar S*** sen., als er noch Einzelunternehmer war, dem Beklagten zwei hintereinander liegende Garagenplätze zur Verfügung gestellt. Im Zuge von Umbauten im Jahre 1962 einigten sich Oskar S*** sen. und der Beklagte darauf, daß diese Garagenplätze aufgelassen und dem Beklagten das von Oskar S*** sen. am Grundstücksende abgesondert neu errichtete und gesondert zugängliche Garagengebäude überlassen wird. Der Beklagte bezahlte das Entgelt für die Benützung der Garage zunächst an Oskar S*** sen., der im Jahre 1977 starb, später an Oskar S*** jun. Sowohl in der ursprünglichen Garage als auch in dem neuen Garagengebäude hatte der Beklagte jeweils seine Betriebsfahrzeuge eingestellt. Im Laufe der Zeit wurden aber auch Privatfahrzeuge eingestellt. Der Beklagte war Inhaber des seit 1953 unter der Firma Hans F***, Wiener Bäckerei, protokollierten Einzelunternehmens, das mit 12. Juni 1984 gelöscht wurde. Mit 13. Juni 1984 wurde die Hans F***, Wiener Bäckerei GesmbH im Handelsregister eingetragen, deren Gesellschafter der Beklagte und Roland F*** sind. Geschäftszweck dieser Gesellschaft ist der Betrieb einer Kommanditgesellschaft zur Fortführung der Wiener Bäckerei. Diese Kommanditgesellschaft wurde am 14. Juni 1984 unter der Firma Hans F***, Wiener Bäckerei Gesellschaft mbH & Co KG im Handelsregister eingetragen. Kommanditisten sind der Beklagte, Roland und Wolfgang F***. Nunmehr werden in der Garage der Lieferwagen der Kommanditgesellschaft und die Fahrzeuge des Beklagten und des Roland F*** eingestellt. Der Beklagte setzt sein Fahrzeug sowohl für private als auch für berufliche Zwecke ein. Nicht festgestellt werden konnte, daß der Beklagte Rechte in die Gesellschaft einbrachte.

Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes unterliege der Mietvertrag aufgrund der ursprünglich vereinbarten und auch der weiteren geschäftlichen Nutzung der Garage den Kündigungsbestimmungen des Mietrechtsgesetzes. Die klagende Partei habe ausgehend von ihrem gegenteiligen Standpunkt ursprünglich keinen Kündigungsgrund geltend gemacht. Die später aufgestellte Behauptung, daß ein Kaufinteressent darauf bestehe, daß die Garage freigemacht werde, stelle keinen unter die Generalklausel des § 30 Abs. 1 MRG fallenden Grund zur Aufkündigung dar. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- nicht jedoch S 300.000,-- übersteigt, und erklärte die Revision für zulässig. Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß das Mietrechtsgesetz (ebenso wie das MG) nicht die selbständige Miete einer Garage erfaßt, es sei denn, die Vermietung erfolgte zu geschäftlichen Zwecken (Würth-Zingher MRG 2 Anm. 6 zu § 1; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 1 MRG; 4 Ob 517/85). Ob letzteres der Fall ist, hängt davon ab, ob der Mietgegenstand nach der Parteienabsicht bei Abschluß des Mietvertrages zu geschäftlichen Zwecken in Bestand gegeben und in Bestand genommen wurde oder ob dieser Zweck später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht wurde (MietSlg. 25.191 ua; vgl. auch JBl. 1986, 255). Grundsätzlich ohne Bedeutung ist es, zu welchen Zwecken das Bestandobjekt benützt wird (MietSlg. 32.260). Der beabsichtigte Verwendungszweck kann sich aus der ausdrücklichen Willenserklärung der Parteien oder aus den Umständen ergeben (§ 863 Abs. 1 ABGB). Auch eine vom Vertragszweck abweichende Verwendung kann infolge Duldung zu einer konkludenten Genehmigung führen, doch ist dies mit großer Vorsicht zu beurteilen (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 14 MRG mwN). Die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß die Vermietung einer Garage zu geschäftlichen Zwecken erfolgte, obliegt demjenigen, der sich auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes beruft (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 1 MRG; 4 Ob 517/85), im vorliegenden Fall demnach dem Beklagten. Dieser hat auch behauptet, daß ihm die Einstellplätze zu geschäftlichen Zwecken überlassen worden seien (AS 30, ON 9). Ein näheres Vorbringen wurde jedoch in dieser Richtung nicht erstattet. Aufgrund der für die obgenannte Behauptung angebotenen Beweise stellten die Vorinstanzen lediglich fest, daß der Beklagte auf den ihm überlassenen Garagenplätzen jeweils auch seine Betriebsfahrzeuge eingestellt hatte. Zu welchem Zweck das Bestandobjekt benützt wird, ist jedoch nach den obigen Darlegungen grundsätzlich nicht von entscheidender Bedeutung. Aus einer bestimmten Verwendung kann daher allein noch nicht auf eine Vermietung für geschäftliche Zwecke geschlossen werden. Insoweit das Berufungsgericht davon ausging, daß die Einstellung der Betriebsfahrzeuge dem Vermieter bekannt war, liegt eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, weil eine solche Feststellung von den Vorinstanzen nicht getroffen wurde. Die Frage ob dem Vermieter und der Nebenintervenientin die Verwendung der Garage für geschäftliche Zwecke bekannt war, ist auch nicht ergänzend zu prüfen, weil der Beklagte für diese Behauptung keine Beweise angeboten hat (AS 32, ON 9) und die Parteien schließlich überhaupt auf die Aufnahme weiterer Beweise verzichteten (AS 98, ON 15). Auf der Basis der getroffenen Feststellungen kann aber nicht gesagt werden, daß die Vermietung zu geschäftlichen Zwecken erfolgte.

Keine rechtliche Bedeutung kommt der Behauptung zu, die Garage sei dem Beklagten auf Lebenszeit vermietet worden. In diesem Fall läge zwar ein Bestandverhältnis auf bestimmte Zeit vor. Eine ordentliche Kündigung des Vermieters zu einem früheren Zeitpunkt wäre daher ausgeschlossen (MietSlg. 20.176; Würth a.a.O. Rdz 1 zu § 1113). Das Bestandobjekt wurde jedoch vom Vermieter veräußert und die Kündigung erfolgte vom Erwerber des Bestandobjektes. Nach ständiger Rechtsprechung verwandelt sich bei der Singularsukzession das Bestandverhältnis ohne Rücksicht auf abweichende Vertragsbestimmungen in ein Bestandverhältnis auf unbestimmte Zeit mit gesetzlicher Kündigungsfrist (MietSlg. 24.182 uva). Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10994

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00521.87.0416.000

Dokumentnummer

JJT_19870416_OGH0002_0070OB00521_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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