TE OGH 1987/4/27 1Ob508/87

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Veröffentlicht am 27.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helene B***-R***, Kauffrau, Wien 22., Eipeldauerstraße 21-25/6/7, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Peter S***, Angestellter, Wien 4., Johann Strauß-Gasse 49/7, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 91.364,60 samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26. September 1986, GZ 13 R 172/86-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5. März 1986, GZ 27 Cg 399/82-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben, die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahren sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte war Eigentümer des LKWs Ford LTD Squire mit der Fahrgestellnummer 6 B 76 S 12 40 14, Motornummer 6 B 12 40 14 mit dem Kennzeichen W 441.804. Am 20. November 1981 verkaufte der Beklagte das Fahrzeug an Josef M*** jun. um den Kaufpreis von S 42.000,--. Er unterfertigte sowohl eine über diesen Kaufvertrag errichtete schriftliche Kaufvereinbarung als auch blanko einen weiteren Kaufvertrag. Diesen und das Fahrzeug übergab er mit der Einzelgenehmigung dem Josef M*** jun. Eine Gasanlage ist in der Einzelgenehmigung nicht vermerkt. Das Fahrzeug wurde von Josef M*** jun. abgemeldet. Josef M*** jun. verkaufte das Fahrzeug zwei Wochen später an Albert P***, dieser wiederum an Michael D***. Michael D*** übergab das Fahrzeug über Josef M*** dem Hans Peter M*** (Autohaus Penzing) zum Verkauf. In Händen Hans Peter M*** befanden sich sowohl der vom Beklagten blanko unterfertigte schriftliche Kaufvertrag als auch die Einzelgenehmigung, in der als letzter Zulassungsbesitzer der Beklagte eingetragen war. Fritz B***-R***, der Gatte der Klägerin, interessierte sich namens der Klägerin für das Fahrzeug. Zwischen ihm und Hans Peter M*** wurde am 25. Mai 1982 ein Kaufpreis von S 85.000,-- vereinbart. Hans Peter M*** stellte in Vertretung des Beklagten der Klägerin eine Rechnung aus. Nach dem Inhalt dieser Rechnung hatte er eine Anzahlung von S 15.000,-- erhalten, der offene Kaufpreisrest betrug S 70.000,--. Die Rechnung enthält den Vermerk: "Dieser Verkauf erfolgt unter Eigentumsvorbehalt. Mit Bezahlung des Kaufpreisrestes durch die AVA-Bank Gesellschaft mbH geht das Eigentumsrecht an diesem Kaufgegenstand auf die AVA-Bank über. Der Käufer erhält hiemit die Weisung, das Kaufobjekt im Namen der AVA-Bank innezuhaben." Die Drittfinanzierung erfolgte über Hans Peter M***, der auch von Fritz B***-R*** einen PKW Marke Ford Mustang zum Eintausch erhielt. An die AVA-Bank wurde der Eigentumsvorbehalt abgetreten. Dies wurde im Einzelgenehmigungsbescheid vermerkt. Hans Peter M*** hatte dem Fritz B***-R*** mitgeteilt, das Fahrzeug sei in Ordnung. Fritz B***-R*** hatte keine Probefahrt unternommen. Fritz B***-R*** parkte das Fahrzeug vor dem Geschäft der Klägerin; als er es wieder in Betrieb nehmen wollte, war die Batterie leer, sodaß eine neue Batterie zum Preis von S 1.549,-- angeschafft werden mußte. Aber auch diese Batterie war sofort leer. In einer Werkstätte wurde festgestellt, daß die im Fahrzeug befindliche Lichtmaschine zu gering dimensioniert war, da sie lediglich 35 Ampere hatte, obwohl eine Lichtmaschine von mindestens 45 Ampere erforderlich war. Bei der im Fahrzeug befindlichen Lichtmaschine handelte es sich nicht um die Originalmaschine. Die Klägerin ließ nunmehr eine neue Lichtmaschine zum Preis von S 4.035,60 einbauen. Etwa ein bis zwei Wochen nach dem Kauf des Fahrzeuges fuhr der Gatte der Klägerin auf der Südautobahn. Es gab plötzlich einen Knall, das Fahrzeug konnte wegen eines Motorschadens nicht wieder in Gang gesetzt werden. Es mußte zu einer Kfz-Werkstätte abgeschleppt werden, wodurch Abschleppkosten in der Höhe von S 180,-- aufliefen. Dort wurde festgestellt, daß ein Kurbelwellenbruch vorlag. Der Motor hatte Totalschaden. Für den Einbau eines Gebrauchmotors wurden S 31.379,41 verrechnet. Dieser Betrag wurde auch bezahlt. Der Wert eines verkehrs- und betriebssicheren Fahrzeuges im fahrbereiten Zustand betrug zum Zeitpunkt des Kaufes durch die Klägerin S 45.000,--. Die Klägerin begehrt den Zuspruch des Betrages von S 91.364,60 samt Anhang Zug um Zug gegen Ausfolgung des LKWs, in eventu den Zuspruch des Betrages von S 77.744,01 samt Anhang. Hans Peter M*** habe erklärt, das Fahrzeug sei voll verkehrstauglich und betriebssicher, es befinde sich in ausgezeichnetem Allgemeinzustand. Nach Auswechslung der Batterie durch die Klägerin habe sich herausgestellt, daß sich im Fahrzeug nur eine unzulängliche Lichtmaschine befunden habe. Die Klägerin habe eine neue Lichtmaschine einbauen lassen müssen. Kurze Zeit darauf habe der Motor des Fahrzeuges ausgesetzt. Der Motorblock sei total beschädigt, das Fahrzeug sei praktisch irreparabel gewesen. Es sei offensichtlich, daß die unmittelbar nach Übergabe aufgetretenen Mängel bereits zum Zeitpunkt des Kaufabschlusses und bei der Übergabe vorgelegen waren. Im Fahrzeug habe sich weiters eine behördlich nicht genehmigte Gasanlage befunden. Die Klägerin sei über die Beschaffenheit, Fahrtauglichkeit und den Wert des Fahrzeuges in Irrtum geführt worden. Bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes hätte die Klägerin das Fahrzeug nicht gekauft. Das Hauptbegehren wurde auf die Titel des Irrtums, der Gewährleistung und der Verkürzung über die Hälfte gestützt. Darüber hinaus sei der Klägerin durch den Kauf einer neuen Batterie, an Abschleppkosten, an Kosten für den Einbau der Lichtmaschine und an pauschalierten Anmeldungsspesen ein Schaden von S 6.364,60 erwachsen. Für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens stützte die Klägerin ihr Eventualbegehren auf Gewährleistung und Geschäftsirrtum. Im Rahmen des Eventualbegehrens machte sie einen Preisminderungs- bzw. Preisanpassungsanspruch von S 40.000,--, die Auslagen für den Ankauf und den Einbau eines Tauschmotors von S 31.379,41 sowie die schon im Hauptbegehren enthaltenen weiteren Auslagen von S 6.364,60 geltend. Der Beklagte wendete ein, er habe das Fahrzeug um S 42.000,-- an Josef M*** jun. verkauft. Auf Ersuchen des Käufers habe er einen Blankokaufvertrag unterschrieben, weil der Käufer noch nicht gewußt habe, ob er das Fahrzeug privat oder als Firmenauto benützen werde. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges an den Käufer sei dieses verkehrstauglich und betriebssicher gewesen. Es hätten keine Mängel bestanden. Alles, was später mit dem Fahrzeug geschehen sei, entziehe sich seiner Kenntnis. Einen Kaufvertrag mit der Klägerin habe er nicht geschlossen, einen Auftrag an Hans Peter M***, das Fahrzeug in seinem Namen an die Klägerin zu verkaufen, habe er nicht erteilt. Nach Stellung des Eventualbegehrens, gegen das sich der Beklagte aussprach, wendete er Ablauf der Gewährleistungsfrist und Verjährung der aus Irrtum abgeleiteten Ansprüche ein. Das Erstgericht erblickte zwar in der Stellung des Eventualbegehrens keine Klagsänderung, wies aber nur das Hauptbegehren ab. Eine spruchmäßige Entscheidung über das Eventualbegehren traf es nicht, da es nur als nähere Ausführung des Vorbringens angesehen wurde. Der Kredit an die AVA-Bank GesmbH sei noch nicht getilgt. Die Streitteile seien Vertragspartner. Das vom Beklagten aus der Hand gegebene Blankett führe dazu, daß die Klägerin aus der Innehabung des Blanketts auf die Vollmacht im Rahmen des Üblichen oder zu Erwartenden habe schließen dürfen. Es läge ein drittfinanzierter Kauf vor. Der Vorbehaltskäufer habe zwar das Recht, den Vertrag anzufechten oder Gewährleistungsansprüche zu stellen, der Anspruch des Käufers auf Rückgewähr des Kaufpreises gegen den Verkäufer sei aber dem Finanzierer herauszugeben. Der Käufer könne bei Rückabwicklung nur Leistung an den Finanzierer begehren, soweit die Kreditsumme noch nicht zurückbezahlt sei. Der Beklagte behaupte nicht einmal selbst, daß seit Abschluß des Kreditvertrages mit der AVA-Bank der Kaufpreisrest zurückbezahlt worden sei, es bleibe somit die Passivlegitimation offen. Die Zahlung an einen Dritten sei kein minus gegenüber der Zahlung an die Partei selbst. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, eine Zustimmung der AVA-Bank zur Klagsführung zur Leistung an die Klägerin und zur Rückstellung des Fahrzeuges an den Beklagten vorzulegen. Darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche seien nicht substantiiert, es stehe nicht fest, welches konkrete Verhalten welcher Person als zumindest fahrlässige Irreführung gerade dem Beklagten zugerechnet werden müßte und warum. Teilweise werde die Kausalität des Mangels von der Klägerin selbst in Zweifel gezogen.

Die Klägerin bekämpfte dieses Urteil "seinem gesamten Inhalt" nach. Zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führte sie zwar aus, selbst wenn das Erstgericht damit argumentiere, daß einem Wandlungsbegehren entgegenstehe, es könnte Leistung nur an den Finanzierer begehrt werden, hätte zumindest ihrem aus dem Titel des Geschäftsirrtums gestellten Begehren für Preisanpassung und weiteren Schäden in der Höhe von S 77.744,01 Folge gegeben werden müssen. Ihr Berufungsantrag lautete aber, das erstrichterliche Urteil dahin abzuändern, daß ihrem Klagebegehren vollinhaltlich Folge gegeben werde, in eventu, das erstrichterliche Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Die Revision erklärte es für zulässig. Die Feststellung, daß der Kredit der Klägerin bei der AVA-Bank noch nicht ausbezahlt sei, wurde als zur rechtlichen Beurteilung irrelevant nicht übernommen. Im Gegensatz zum Erstgericht kam das Berufungsgericht zur Auffassung, die Streitteile stünden in keinem Vertragsverhältnis. Es sei allgemein bekannt, daß im Gebrauchtwagenhandel auch bei vom Händler angekauften, in seinem Eigentum stehenden Fahrzeugen von privaten Veräußerern blanko unterfertigte Kaufverträge zum Abschluß von Umgehungsgeschäften verlangt würden. Bei solchen Geschäften solle der wirtschaftliche Erfolg eines anderen Geschäftes, insbesondere wegen Umgehung der Umsatzsteuerpflicht und Ausschluß der Haftung des Händlers nach den Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes, erreicht werden. Gegenüber dieser weit verbreiteten Praxis träten jene Fälle, in denen Gebrauchtwagenhändler als bloße Vermittler des Auftraggebers gegen Provision tätig würden, in den Hintergrund. In diesen Fällen aber sei es üblich, in den Blankokaufvertrag nicht nur die Bezeichnung des Fahrzeuges und des Verkäufers, sondern insbesondere auch den Preis des Fahrzeuges einzusetzen und nur den Namen des Käufers noch offen zu lassen. Im Hinblick auf diese allgemein bekannten Praktiken im Gebrauchtwagenhandel habe die Klägerin nicht auf eine Bevollmächtigung des Inhabers des Blankettes durch den Beklagten vertrauen dürfen. Der Kaufvertrag sei selbst in seiner endgültigen Fassung weder datiert noch enthalte er einen Kaufpreis oder Gewährleistungsbestimmungen. Er sei also ausschließlich dazu geeignet, die Anmeldung des Kraftfahrzeuges bei der Zulassungsbehörde zu ermöglichen. Dazu komme noch, daß die Klägerin beim Autohaus Penzing einen PKW zum Eintausch gegeben habe, eine Vorgangsweise, zu der sich ein privater Verkäufer eines Gebrauchtwagens, der für sein Fahrzeug einen bestimmten Barerlös erhalten wolle, wohl nicht verstehen würde. Hans Peter M*** habe für die Klägerin auch die Finanzierung des Restkaufpreises durch eine Bank geregelt. Der Vertreter der Klägerin habe daher ohne nähere Erkundigungen über den wahren Eigentümer des Fahrzeuges oder zumindest Kontaktaufnahme mit dem angeblichen Verkäufer zur Abklärung, inwieweit dieser eine Vollmacht erteilt habe, jedenfalls nicht mehr auf eine stillschweigende Bevollmächtigung durch den Beklagten oder auf den durch die Blankounterschrift gesetzten äußeren Tatbestand vertrauen dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, die die Berufungsanträge wiederholt, ist berechtigt.

Der Ansicht des Berufungsgerichtes, es mangle dem Beklagten an der Passivlegitimation, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Der Beklagte gab einen von ihm blanko unterfertigten schriftlichen Kaufvertrag aus der Hand. Wie der erkennende Senat in der Entscheidung SZ 54/161 mwN ausführte, kann sich der Aussteller bei Mißbrauch der Blankettunterschrift gegenüber einem redlichen Dritten nicht darauf berufen, keine entsprechende Willenserklärung abgegeben zu haben. Der Besitz des Blanketts begründet den Rechtsschein der Ausfüllungsbefugnis. Die vervollständigte Urkunde bildet im Rechtsverkehr eine Erklärung dessen, der die Unterschrift geleistet hat. Er muß sich den Erklärungsinhalt kraft der von ihm erteilten Befugnis zur Ausfüllung des Blankettes zurechnen lassen (Thiele in Münchener Kommentar 2 Rz 14 zu § 172 BGB). Das Blankett wird gerade deshalb gegeben, damit der Blankettnehmer es ausfüllt und sich durch seinen Besitz als ermächtigt legitimiert, sodaß der Dritte in der Regel beim Aussteller nicht rückfragen muß. Dieses Vertrauen hat der Aussteller dadurch bewußt hervorgerufen, daß er das Blankett in Verkehr brachte. Der Aussteller trägt daher gegenüber gutgläubigen Dritten grundsätzlich das Ausfüllungsrisiko (Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 871). Richtig ist allerdings, daß bei offener Blankettausfüllung der Blankettinhaber zur Ausfüllung nur im Rahmen des Üblichen berechtigt ist (JBl 1986, 112; SZ 54/161); bei verdeckter, also nicht in Gegenwart des Dritten erfolgter Blankettausfüllung muß der Vertragsabschluß durch eine von einem Dritten überbrachte Erklärung üblich sein. Das Berufungsgericht geht nun selbst davon aus, daß allgemein bekannt sei, daß Gebrauchtwagenhändler vom privaten Veräußerer die Unterschrift auf einem blanko unterfertigten Kaufvertrag verlangen, damit gegenüber dem dritten Käufer nicht sie, sondern der letzte Zulassungsbesitzer als Veräußerer aufscheint. Damit unterstellt das Berufungsgericht aber selbst, daß im Gebrauchtwagenhandel die eingehaltene Vorgangsweise üblich ist. Auf das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes berief sich der Beklagte nicht. Eine Gesetzesumgehung liegt auch bei der nunmehr in Kraft stehenden Konzeption des Umsatzsteuersystems nach dem Umsatzsteuergesetz 1972 mit grundsätzlicher Möglichkeit des Vorsteuerabzuges nicht vor (vgl. Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts 3 I 264). Daß die Klägerin in Wahrheit nicht vom Beklagten, sondern von Hans Peter M*** das Fahrzeug kaufen und dieser es auch selbst verkaufen wollte, wurde nicht festgestellt.

Es kann auch dem Erstgericht nicht gefolgt werden, der Klägerin mangle es an der Aktivlegitimation. Das Recht, den Vertrag wegen unbehebbarer Mängel der Sache aufzuheben, steht nicht dem Vorbehaltseigentümer, sondern dem Käufer zu (SZ 45/115; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 55 a zu § 1063). Dieser Rechtssatz ist auch auf alle anderen Fälle eines vertraglichen Gestaltungsrechtes wie Anfechtung wegen Irrtums oder Geltendmachung der laesio enormis anzuwenden. Das auf Rückabwicklung gerichtete Hauptbegehren wäre also selbst bei aufrechtem Eigentumsvorbehalt des Finanzierers nicht unschlüssig. Abgesehen davon, daß nicht abschließend feststeht, ob zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht ohnedies bereits infolge Rückzahlung der Darlehens- bzw. der Kaufpreisraten das Eigentum auf die Klägerin übergegangen ist, hindert das Vorbehaltseigentum des Drittfinanzierers nicht die angestrebte Urteilsfällung: Sache der erfolgreich anfechtenden Klägerin wäre es, bei der angestrebten Rückabwicklung Zug um Zug dem Beklagten das Eigentum am Fahrzeug zu übertragen und damit allenfalls die Zustimmung des Vorbehaltseigentümers zu erlangen. Das Erstgericht traf aufgrund seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht keine Feststellungen, ob der ein bis zwei Wochen nach dem Kauf und der am selben Tag erfolgten Übergabe eingetretene Kurbelwellenbruch auf einen Mangel zurückzuführen sei, den das Fahrzeug bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der Übergabe aufgewiesen hätte. Gewährleistungsansprüche setzen voraus, daß der Mangel zum Zeitpunkt der Leistung vorlag (Koziol-Welser aaO I 229; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 7 zu §§ 922, 923). Für eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung kommt es auf die Divergenz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit zum Vertragsabschluß an (Koziol-Welser aaO 241). Lägen beide Voraussetzungen nicht vor, könnte die Klägerin einen Wandlungsanspruch nicht stellen und den Vertrag wegen Irrtums nicht anfechten. Die dann verbleibenden Fehler waren teils behebbar (nicht geeignete Lichtmaschine), teils wie die nicht genehmigte Gasanlage nicht wesentlich. Der ordentliche Gebrauch des Fahrzeuges wurde durch diesen Mangel weder gehindert noch erheblich erschwert. Die Klägerin hätte auch, wie das Erstgericht von ihr nicht bekämpft, beurteilte, bei Vorliegen nur dieser Mängel den Vertrag, wenn auch vielleicht zu anderen Bedingungen, abgeschlossen. Damit wäre aber dem Hauptbegehren auf Rückabwicklung aus dem Titel des Irrtums oder der Gewährleistung die Grundlage entzogen. Ob Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes vorlag, wird bei Aufrechterhaltung dieses Rechtsgrundes auch noch zu klären sein.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes handelt es sich bei dem für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens gestellten Begehren auf Zahlung des Betrages von S 77.744,01 samt Anhang um ein echtes, daher spruchmäßig zu erledigendes Eventualbegehren. Das Begehren auf Zahlung eines wenn auch geringeren Betrages stellt keine Einschränkung gegenüber dem Begehren auf Bezahlung eines höheren Betrages Zug um Zug gegen Erbringung einer Gegenleistung dar und wird auch auf einen anderen Rechtsgrund gestützt. Es ist nicht bereits vom Hauptbegehren umfaßt, es liegt vielmehr ein aliud vor. Der Revision ist Folge zu geben; die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben; die Rechtssache ist an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 510 Abs 1 ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E10887

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00508.87.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19870427_OGH0002_0010OB00508_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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