TE OGH 1987/4/27 1Ob597/87

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Veröffentlicht am 27.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertraud M***, Realitätenvermittlerin, Wien 22.,Hirschstettnerstraße 19-21, vertreten durch Dr.Herbert Grass, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Fritz H***, kaufmännischer Angestellter, Wien 12.,Eichenstraße 8, vertreten durch Dr.Rudolf Lischka, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 30.090,-- s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. September 1986, GZ. 14 R 160/86-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17.März 1986, GZ. 28 Cg 22/85-7, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt in der Klage u.a. den Betrag von S 33.276,-- s.A. und brachte vor, der Beklagte habe sie Anfang 1982 beauftragt, für den Fußballklub Austria-Memphis eine Wohnung zu suchen, die für den nach Wien berufenen Trainer Wenzel H*** bestimmt gewesen sei. Durch ihre verdienstliche Tätigkeit sei es zum Abschluß eines Mietvertrages über eine Wohnung im Hause Wien 19.,Langackergasse 11b, mit dem Fußballklub Austria-Memphis zu einem monatlichen Bestandzins von S 9.400,-- gekommen. Der Beklagte schulde die branchenübliche Provision im Ausmaß von drei Monatsmieten inklusive 18 % Umsatzsteuer, somit S 33.276,--. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 30.090,-- s.A. statt. Das Mehrbegehren wies es rechtskräftig ab.

Es stellte fest:

Dem Beklagten, einem Anhänger des Fußballklubs Austria-Memphis, sei im Frühjahr 1981 bekannt geworden, daß Wenzel H***, der neue Trainer des Fußballklubs, in Wien eine Wohnung suche. Der Beklagte habe dies gesprächsweise einem Kellner der Diskothek "Empire" in Wien 4 mitgeteilt. Bei einer Firmenfeier haber er in der Diskothek Maria V***, eine freie Mitarbeiterin der Klägerin, kennengelernt. Kurze Zeit später habe der Kellner der Diskothek Maria V*** angerufen und sie gefragt, ob sie sich noch mit der Vermittlung von Wohnungen beschäftige. Einige Tage darauf habe der Beklagte Maria V*** im Büro der Klägerin angerufen und erklärt, er sei Anhänger des Fußballklubs Austria-Memphis, betätige sich sportlich und wolle dem neuen Trainer des Fußballklubs Wenzel H*** bei der Wohnungssuche behilflich sein; er suche deshalb dringend eine Wohnung für ihn. Dem Beklagten sei bei diesem Gespräch bewußt gewesen, in welcher Funktion Maria V*** tätig werde. Der Beklagte habe das Büro der Klägerin mit der Wohnungssuche für Wenzel H*** beauftragt, einen Besichtigungstermin vereinbart und mit Wenzel H*** im Beisein der Maria V***, die er Wenzel H*** als "Dame" vom Realitätenbüro vorgestellt habe, die von ihr namhaft gemachte Wohnung in Wien 19.,Langackergasse 11b, besichtigt. Wenzel H*** habe Maria V*** erklärt, daß der Abschluß des Mietvertrages vom Fußballklub Austria-Memphis abhänge. Im Zuge dieses Gespräches habe Maria V*** zum Beklagten erklärt, "auf mich vergessen Sie aber nicht", was ein Hinweis auf die ihr gebührende Vermittlungsprovision sein sollte. Ein schriftlicher Vermittlungsauftrag sei nicht aufgenommen worden, obwohl Maria V*** das Auftragsformular mitgehabt habe. Der Beklagte habe gemeint, daß es in diesem Falle nicht notwendig sei. Der Beklagte sei Wenzel H*** nicht nur bei der Wohnungssuche behilflich, sondern auch Auftraggeber gegenüber der Klägerin gewesen. Der Mietvertrag mit dem Fußballklub Austria-Memphis sei zu einem monatlichen Mietzins von S 8.500,-- zustandegekommen. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, der Anspruch auf Maklerlohn bestehe auch dann, wenn die Tätigkeit des Maklers schlüssig in Anspruch genommen werde. Wenn auch der Mietvertrag in der Folge mit dem Fußballklub Austria-Memphis abgeschlossen wurde, habe doch der Beklagte die provisionspflichtige Tätigkeit der Klägerin "provoziert" und in Anspruch genommen.

Das Berufungsgericht gab der gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Teil der Entscheidung des Erstrichters erhobenen Berufung des Beklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Ob der Beklagte der Klägerin einen Vermittlungsauftrag erteilt habe, sei eine Frage der rechtlichen Beurteilung, eine Tatsachenfeststellung liege in diesem Punkte nicht vor. Im übrigen seien die Sachverhaltsfeststellungen des Erstrichters vom Beklagten nicht bekämpft worden. Zwischen dem Beklagten und dem Vermieter der Wohnung sei kein Bestandvertrag zustandegekommen, so daß von einer erfolgreichen Vermittlung nicht gesprochen werden könne. Der Beklagte habe die Klägerin nicht mit der Vermittlung oder dem Abschluß eines Rechtsgeschäftes in seinem Namen beauftragt. Dem österreichischen Recht sei auch ein vertretungsweises Handeln für einen noch unbestimmten Personenkreis grundsätzlich fremd. Schon nach dem Vorbringen der Streitteile sei demnach der Beklagte zur Bezahlung einer Provision nicht verpflichtet.

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen außerordentlichen Revision der Klägerin kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für das Entstehen eines Provisionsanspruchs eines Immobilienmaklers nach den §§ 6, 29 HVG ist ein Vermittlungsauftrag, der ausdrücklich oder schlüssig erteilt werden kann (MietSlg.36.700; HS 11.689, 11.688, 9769, 9765, 9764/7; SZ 42/59; SZ 40/161). Eine Provisionspflicht besteht auch für denjenigen, der die Vermittlungstätigkeit duldet oder sich der Tätigkeit eines Vermittlers nutzbringend bedient, um den gewünschten Erfolg herbeizuführen, sofern für ihn erkennbar ist, daß er die provisionspflichtige Tätigkeit eines Vermittlers in Anspruch nimmt (RdW 1986,43; MietSlg.36.700, 35.704,; HS 11.689, 11.688, 9769, 8577 f; EvBl.1967/368). Bei ordnungsgemäßer Ausübung des Immobilienmaklergewerbes übernimmt der Makler Aufträge nur schriftlich (§ 4 Abs.1 Z 3 ImmV), so daß eine bloß stillschweigende Auftragserteilung nicht in Betracht kommen sollte. Es wird jedoch anerkannt, daß allein die Unterlassung der schriftlichen Auftragsbestätigung und der Belehrung über die Provisionspflicht (§ 4 Abs.1 Z 3 ImmV) den Provisionsanspruch für eine verdienstliche Tätigkeit noch nicht nimmt (RdW 1986,43; SZ 56/15; MietSlg.35.714). Es gehen dann aber Zweifel darüber, ob eine schlüssige Auftragserteilung erteilt wurde, zu Lasten des Maklers, der für das Zustandekommen eines Vermittlungsauftrages beweispflichtig ist (vgl. Soergel-Mormann, BGB 11 Rz 1 zu § 653; BGH LM, BGB § 652 Nr.5,6, § 653 Nr.1).

Nach den vom Erstrichter getroffenen Feststellungen erklärte der Beklagte Maria V*** nicht nur, daß er Wenzel H*** bei der Wohnungssuche behilflich sein wolle, er hat vielmehr "das Büro der klagenden Partei mit der Wohnungssuche für Wenzel H*** beauftragt" (ON 7, S 7, Zeile 6 bis 8). Er wiederholte und verdeutlichte dies noch (ON 7, S.8, Zeilen 10 bis 14). Das nachfolgende Verhalten des Beklagten, der der Erklärung der Maria V***, "auf mich vergessen Sie aber nicht", was dem ganzen Zusammenhang nach nur als Provisionsforderung verstanden werden konnte, nicht entgegentrat und seine weitere Erklärung, daß "in diesem Fall" eine schriftliche Fixierung des Vermittlungsauftrages "nicht notwendig" sei, wäre dann als Bekräftigung dieses Auftrages zu verstehen. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, daß es sich bei den Ausführungen des Erstgerichts über die Auftragserteilung nicht um eine Feststellung, sondern um die rechtliche Beurteilung der Sache handle. Richtig ist, daß Rechtsbegriffe als Bestandteile von Rechtssätzen kein Gegenstand des Beweises sind. Gewisse einfache Rechtsbegriffe sind aber in den allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens übergegangen und werden hier vereinfachend für typische, immer wiederkehrende Tatsachenabläufe verwendet, zB Kauf, Miete, Dienst- und Lehrvertrag (EvBl.1964/165; Fasching, Lehr- und Handbuch, Rz 832). Auch die Erteilung eines Vermittlungsauftrages an einen Zivilmäkler ist ein solcher feststellungsfähiger Begriff. Wenngleich der Erstrichter aus der von ihm getroffenen Feststellung keine rechtlichen Folgerungen zog, weil er den Anspruch der Klägerin nur auf eine schlüssige Auftragserteilung gründete, ändert dies nichts daran, daß der Erstrichter über die Auftragserteilung eine Tatsachenfeststellung getroffen hat, von der das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung nicht abgehen durfte.

Der mit einem Vermittlungsauftrag angestrebte Geschäftserfolg kann auch im Geschäftsabschluß mit einer vom Auftraggeber verschiedenen dritten Person liegen, in deren Interesse der Auftrag erteilt wird (Reichel, Die Mäklerprovision 103). Entscheidend ist nur, daß ein Vertrag, wie er dem dem Vermittler erteilten Auftrag entspricht, zustandegekommen ist (vgl. Mietslg.31.604). Sofern das Berufungsgericht die vom Erstrichter getroffene und vom Beklagten bekämpfte Tatsachenfeststellung über die Auftragserteilung übernimmt, bestünde der Provisionsanspruch zu Recht. Daß der Beklagte schon nach dem Klagsvorbringen nicht als Auftraggeber angesehen werden könne, trifft nicht zu, behauptet doch die Klägerin (ON 1 S 2), der Beklagte habe sie Anfang 1982 "beauftragt", für den Fußballklub Austria-Memphis eine Wohnung zu suchen. Lag ein derartiger Auftrag vor, war es nicht Sache der Klägerin zu prüfen, warum nicht der Fußballklub Austria-Memphis, sondern der Beklagte den Auftrag erteilte; es ist keineswegs ausgeschlossen, daß ein fördernder Dritter solche Zahlungspflichten übernimmt. Daß der Beklagte in Vertretung des Fußballklubs Austria-Memphis tätig geworden wäre, wurde von den Streitteilen nicht behauptet. Wäre die Erteilung eines Vermittlungsauftrages nicht als erwiesen anzunehmen, würde das Verhalten des Beklagten in seiner Gesamtheit die Annahme einer schlüssigen Auftragserteilung nicht rechtfertigen. Im Hinblick auf die vom Beklagten bei der ersten Kontaktnahme mit Maria V*** erfolgte Klarstellung, er wolle Wenzel H*** bei der Wohnungssuche behilflich sein, könnte dann auch sein nachfolgendes Verhalten bei Überlegung aller Umstände und Bedachtnahme darauf, daß schriftliche Auftragsbestätigungen den Standespflichten entsprechen, nicht zweifelsfrei (§ 863 ABGB) im Sinne einer schlüssigen Auftragserteilung verstanden werden. Daß jeder Zweifel darüber, ob eine schlüssige Auftragserteilung vorliegt, zu Lasten des Mäklers geht, wurde bereits dargetan. Die abschließende rechtliche Beurteilung der Sache wird erst nach Erledigung der in der Berufung des Beklagten erhobenen Beweisrüge möglich sein. Demzufolge ist der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E10888

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00597.87.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19870427_OGH0002_0010OB00597_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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