TE OGH 1987/4/28 2Ob562/87

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Veröffentlicht am 28.04.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Christoph W***, geboren am 12. Juli 1971, und Dominik W***, geboren am 11. März 1974, infolge Revisionsrekurses des ehelichen Vaters Gebhard W***, Lehrer, 6844 Altach, Emme 6 d, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 23. März 1987, GZ 1 a R 111/87-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 5. März 1987, GZ P 141/85-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Vater verpflichtete sich in einem anläßlich der Ehescheidung geschlossenen, pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vergleich, jedem der beiden Kinder einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.500,-- zu bezahlen. Der Vater war früher Volkschullehrer in Vorarlberg und war zur Zeit des Vergleichsabschlusses als Lehrer in der Schweiz tätig. Die aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen den Eltern und Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten stehen der Mutter zu.

Am 27. Jänner 1987 btantragte der Vater die Herabsetzung der Unterhaltsbeträge auf monatlich S 2.500,-- je Kind. Er habe das Arbeitsverhältnis in der Schweiz wegen untragbarer Arbeitsbedingungen aufgekündigt, sei beim Arbeitsamt Feldkirch als arbeitssuchend gemeldet und erhalte eine monatliche Arbeitslosenunterstützung von rund S 11.400,--. Am 9. Februar 1987 erklärte er sich bereit, für den mj. Christoph S 3.500,-- und den mj. Dominik S 3.000,-- monatlich zu bezahlen.

Die Mutter sprach sich gegen die Herabsetzung der Unterhaltsbeträge aus. Der Vater habe seine Arbeitsstelle in der Schweiz nur aufgegeben, um seine Unterhaltsverpflichtung herabzudrücken. Er sei auf Grund seines Vermögens auch weiterhin in der Lage, die geforderten Unterhaltsbeiträge zu leisten. Das Erstgericht setzte die vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeträge ab 1. Februar 1987 mit S 3.500,-- für den mj. Christoph und mit S 3.000,-- für den mj. Dominik fest. Der Vater könne als österreichischer Staatsbürger nicht verpflichtet werden, im Ausland zu arbeiten. Beim festgestellten Arbeitslosengeld seien höhere Unterhaltsleistungen für ihn nicht tragbar.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der Mutter und des Vaters Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung auf. Es stehe nicht fest, welches Einkommen der Vater zur Zeit des Vergleichsabschlusses bezogen habe und aus welchen Gründen er das Dienstverhältnis in der Scheiz aufgelöst habe. Es lasse sich auch nicht abschließend sagen, welche Anstrengungen er unternommen habe, um eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen. Seine sonstigen Lebensumstände, insbesondere die finanziellen und vermögensrechtlichen Verhältnisse, stünden ebenfalls nicht fest. Zu prüfen werde sein, ob auf den Vater die Anspannungstheorie Anwendung finde. Er könne selbstverständlich nicht gezwungen werden, eine Arbeitsstelle im Ausland nur deshalb anzunehmen, um höhere Unterhaltsbeiträge für seine Kinder leisten zu können. Allerdings sei darauf hinzuweisen, daß die Eltern seinerzeit die Unterhaltsvereinbarung bezüglich der Kinder unter Zugrundelegung der damaligen konkreten Einkommensverhältnisse des Vaters getroffen hätten. Wenn der Vater ohne ersichtlichen Grund die gutbezahlte Stelle aufgegeben haben sollte, so wäre nicht einzusehen, warum nur deshalb die Anspannungstheorie nicht zur Anwendung kommen sollte, weil dieser Arbeitsplatz in der Schweiz gelegen sei und nicht in Österreich. Es sei dem Vater verwehrt, eine gutbezahlte Stellung im Ausland nur deshalb aufzugeben, um damit Unterhaltsansprüche, die er vergleichsweise auf sich genommen habe, herabdrücken zu können. Es bestehe kein Anlaß, im Fall einer freiwilligen Aufgabe einer gutbezahlten Stelle im Ausland von der Anwendung der Anspannungstheorie Abstand zu nehmen. Zu überlegen wäre in einem derartigen Fall, ob die Anspannungstheorie in die Richtung modifiziert werden könnte, als ein Unterhaltspflichtiger in einem solchen Fall auf die Einkommensverhältnisse in der betreffenden Berufsbranche im Inland "anzuspannen" wäre. Die Meldung als Arbeitssuchender beim Arbeitsamt sei kein ziehlführender Versuch, im Beruf als Lehrer in Österreich wieder Fuß zu fassen. Zu prüfen sei, ob der Vater mittlerweile einen Antrag auf Aufnahme in den Schuldienst in Vorarlberg gestellt habe bzw. aus welchen Gründen er derartige Anstrengungen unterlassen habe. Zu prüfen sei weiters, welche Anstrengungen er unternommen habe, in einem artverwandten, ihm zumutbaren Arbeitsgebiet eine Stelle zu finden. Insbesondere sei aber zunächst zu klären, warum er seine Arbeitsstelle in der Schweiz aufgegeben habe. Darüber hinaus sei auch bedeutsam, daß der Vater sich zu Unterhaltszahlungen von monatlich S 3.500,-- für den mj. Christoph und von S 3.000,-- für den mj. Dominik bereit erklärt habe. Das Erstgericht habe diesen Rahmen nicht überschritten, doch behaupte der Vater im Rekurs, er sei seinerzeit bei Abfassung des Protokolls vom zuständigen Rechtspfleger bezüglich der Bedarfssätze falsch informiert worden. All diese Umstände seien aufzuklären. Der Vater bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs, der jedoch nicht zulässig ist.

Der Vater führt in seinem Rechtsmittel aus, er könne als österreichischer Staatsbürger nicht angehalten werden, im Ausland eine Berufstätigkeit auszuüben, er habe für den Fall, daß ihm im Inland eine Arbeit nicht angeboten werden könne, das Recht, die Sozialleistungen in Österreich in Anspruch zu nehmen und auf dieser Basis sei die Unterhaltsleistung festzusetzen. Das Rechtsmittel sei zulässig, da die Rechtsgrundlage der Bemessung bekämpft werde. Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung betrifft die Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit nach der sogenannten Anspannungstheorie die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und gehört daher zu Unterhaltsbemessung (EFSlg. 44.580, 47.148, 49.872 uva). Auch wenn zu entscheiden ist, ob die Anspannungstheorie anzuwenden ist, weil der Unterhaltspflichtige eine gutbezahlte Arbeitsstelle im Ausland grundlos aufgegeben hat, handelt es sich um die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit und somit um eine Frage der Unterhaltsbemessung. Gesetzliche Grundsätze des Unterhaltsrechtes hat das Rekursgericht nicht verletzt, es ist auch nicht richtig, daß die Rechtsgrundlage der Bemessung bekämpft wird. Daher ist der Hinweis auf die Entscheidungen SZ 45/87 und ÖAV 1981, 47 nicht zielführend.

Daß die Ausführungen des Rekursgerichtes über die Notwendigkeit der Aufklärung weiterer Umstände, wie der finanziellen und vermögensrechtlichen Verhältnisse und der vom Vater unternommenen Anstrengungen, in Österreich eine Beschäftigung zu finden, die Unterhaltsbemssung betreffen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Der Revisionsrekurs ist daher gemäß § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig, weshalb er zurückgewiesen werden mußte.

Anmerkung

E10475

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00562.87.0428.000

Dokumentnummer

JJT_19870428_OGH0002_0020OB00562_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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