TE OGH 1987/4/28 5Ob519/87

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Veröffentlicht am 28.04.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Klinger und Dr. Kodek als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Ing. Peter F***, Architekt, Regau 61, vertreten durch Dr. Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei S*** R***, Rohrbach, Bahnhofstraße 7, vertreten

durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wegen 2,277.703 S samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 5. November 1986, GZ 2 R 154/86-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30. Jänner 1986, GZ 11 Cg 436/84-9, abgeändert wurde, inenichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 20.280,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.843,65 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der klagende Architekt begehrte vom beklagten S***

ein Honorar von 2,277.703 S samt Anhang für die Erstellung von Entwürfen samt Kostenberechnungen für Altenheime in Rohrbach und Haslach. Den Auftrag hiezu habe er vom Bezirkshauptmann von Rohrbach in dessen Eigenschaft als Obmann des beklagten Verbandes erhalten. Es hätten zahlreiche Besprechungen mit dem Bezirkshauptmann stattgefunden, der ihm die Grundstücke gezeigt habe, auf welchen die Projekte zu errichten wären, wobei er ihm auch die bezughabenden Planungsunterlagen wie Lagepläne, Situationsskizzen und dgl. zur Verfügung gestellt habe. Seine Leistungen habe der Kläger unter Berücksichtigung der Anordnungen und Empfehlungen des Bezirkshauptmanns erbracht. Nach Übergabe der Entwürfe habe der Bezirkshauptmann erklärt, er werde diese Unterlagen dem Verbandsausschuß vorlegen. Erst als der Kläger eine Teilrechnung gelegt habe, sei vom Bezirkshauptmann die Bezahlung eines Honorars abgelehnt worden. Eine allfällige Vollmachtsüberschreitung seitens des Bezirkshauptmannes gehe zu Lasten der beklagten Partei. Der beklagte Verband beantragte Klageabweisung. Er stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit (AS 47) und wendete ein, er habe dem Kläger keine Aufträge erteilt. Der Kläger habe unter Berufung auf Empfehlungen beim Bezirkshauptmann von Rohrbach vorgesprochen. Bei dieser Gelegenheit sei ihm eröffnet worden, daß zu jenem Zeitpunkt im Bezirk Rohrbach kein öffentliches Bauvorhaben aktuell sei, zu dessen Projektierung er herangezogen werden könnte. Es sei ihm lediglich mitgeteilt worden, daß der beklagte Verband in absehbarer Zeit mit der Projektierung eines Altenwohnheimes beginnen könnte, und es sei seiner eigenen Entscheidung anheimgestellt worden, vorweg Überlegungen anzustellen, um zum gegebenen Zeitpunkt einen gewissen Vorsprung vor anderen Mitbewerbern zu haben. Die Funktionen der Organe der S*** seien im § 27 oö Sozialhilfegesetz taxativ aufgezählt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines rechtskräftig abgewiesenen Zinsenmehrbegehrens statt. Es traf die auf den Seiten 9 bis 21 seiner Urteilsausfertigung enthaltenen Feststellungen, von denen folgende hervorzuheben sind:

Im November 1981 sprach der Kläger unter Hinweis auf Empfehlungen beim damaligen Bezirkshauptmann von Rohrbach, Hofrat Dr. H***, vor und erkundigte sich nach Bauvorhaben der öffentlichen Hand. Mit Schreiben vom 12. Februar 1982 teilte Dr. H*** dem Kläger mit, daß der beklagte Verband "wahrscheinlich noch heuer mit der Projektierung eines Altenwohnheimes beginnt und unter Umständen sogar noch im Herbst ein Baubeginn möglich sein könnte". Dr. H*** versicherte dem Kläger in diesem Schreiben, daß er zu den Planungen frühzeitig genug eingeladen werde. Der Kläger sprach daraufhin am 23. Februar 1982 bei Dr. H*** vor. Er machte den Bezirkshauptmann darauf aufmerksam, daß mit der Planung sofort begonnen werden müsse, falls der Altenheimbau noch im selben Jahr begonnen werden solle. Bei dieser und bei nachfolgenden Besprechungen erfuhr der Kläger, daß der beklagte Verband bezüglich der Errichtung von Altenheimen in Rohrbach und Haslach noch keinen Grundsatzbeschluß gefaßt hatte und noch keine konkreten Vorstellungen über diese Altenwohnheime bestanden. Der Kläger bot Dr. H*** an, Varianten für Rohrbach und Haslach zu planen. Dr. H*** übergab dem Kläger über dessen Wunsch verschiedene Detailinformationen. Er zeigte ihm das für die Variante Rohrbach vorgesehene Grundstück und verwies ihn auch auf ein damals gerade im Bau befindliches Altenheim in Ebensee. Der Kläger strebte eine Beauftragung mit den gesamten Architektenleistungen bezüglich der erörterten Altenheimbauten an, welche ihm von Dr. H*** auch in Aussicht gestellt wurde. Der Kläger erfuhr im Gespräch mit Dr. H***, daß die Entscheidungen der beklagten Partei in den Verbandsgremien getroffen werden. Schließlich kam es zwischen Dr. H*** und dem Kläger zu einer Einigung darüber, daß der Kläger Altenheime für Rohrbach und Haslach in je zwei festgelegten Varianten planen und die entsprechenden Kostenberechnungen vornehmen soll. Dies sollte eine Entscheidungshilfe für den zuständigen Verbandsausschuß sein. Dr. H*** klärte den Kläger nicht über seine fehlende Befugnis auf, für den beklagten Verband eine solche Vereinbarung zu treffen.

Der Kläger erstellte im Frühjahr 1982 Vorentwürfe und Entwürfe sowie Kostenberechnungen einschließlich Massenberechnungen über Altenheime in Rohrbach und Haslach in je zwei Varianten. Er übergab diese Unterlagen sodann Dr. H***, der sie übernahm, ohne dabei zu erwähnen, sie seien nicht bestellt gewesen. Dr. H*** ließ sich vom Kläger noch verschiedene Details erklären. Er teilte dem Kläger mit, er werde die erbrachten Leistungen dem Verbandsausschuß vorlegen, in dem darüber informell werde geredet werden, was auch geschehen ist. Mit Schreiben vom 11.Juli 1983 übermittelte der Kläger Dr. H*** eine Teilrechnung über 1,264.050,36 S für den Vorentwurf der beiden Altenheime. Nach Intervention des Klägers bei Landeshauptmann Dr. R*** lehnte Dr. H*** mit Schreiben vom 7.September 1983 eine Honorierung ab, weil in beiden Fällen von einer Auftragserteilung nicht die Rede sein könne. Für eine reguläre Auftragserteilung wäre die Befassung der zuständigen Gremien unabdingbar gewesen. Gleichzeitig stellte Dr. H*** die vom Kläger verfaßten Pläne wieder zurück. Im Schreiben vom 17.November 1983 kündigte der Kläger an, er werde sein Gesamthonorar von 1,994.307,48 S noch in Rechnung stellen, wenn er "mit keinem der beiden Altenheime beauftragt werde".

Die Errichtung eines Altenheimes in Rohrbach wurde vom beklagten Verband aus finanziellen Gründen auf Jahre zurückgestellt. In Haslach entschloß sich die beklagte Partei vorläufig nur zu einer Renovierung des bestehenden Objektes unter Heranziehung eines anderen Architekten.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht den Standpunkt, § 867 ABGB sei auch auf Verträge zwischen dem Kläger und dem beklagten Verband anzuwenden, was bedeute, daß die Gültigkeit eines derartigen Vertrages davon abhänge, ob dieser durch das oö Sozialhilfegesetz gedeckt sei. Gesetzesunkenntnis schütze den Kläger nicht (§ 2 ABGB). Gemäß § 27 Abs 3 oö Sozialhilfegesetz obliege dem Obmann des Verbandsausschusses die Vertretung des Verbandes nach außen, während die Vergabe von Aufträgen wie dem verfahrensgegenständlichen in die Zuständigkeit des Verbandsausschusses falle. Im vorliegenden Fall sei der Obmann des Verbandsausschusses - das sei kraft Gesetzes der jeweilige Bezirkshauptmann - bei Abschluß des Vertrages mit dem Kläger nicht durch eine entsprechende Beschlußfassung des Verbandsausschusses gedeckt gewesen. Er habe seine Vertretungsbefugnis überschritten, sodaß ein Vertragsabschluß zwischen den Streitteilen nicht wirksam zustandegekommen sei. Es seien aber die Leistungen des Klägers an den Verbandsausschuß weitergeleitet worden, der darüber auch beraten und diese als Entscheidungshilfe für die beklagte Partei gedachten Planungen und Kostenberechnungen des Klägers (und auch wohl jene anderer Architekten) seinen Entscheidungen zugrunde gelegt habe. Darin - auch der Verbandsausschuß der beklagten Partei habe die Leistungen des Klägers keineswegs zurückgewiesen, sondern vielmehr in Anspruch genommen - sei eine Genehmigung der Vollmachtsüberschreitung durch Dr. H*** im Sinne des § 1016 ABGB zu sehen, weshalb das Klagebegehren begründet sei. In diese Richtung zeige auch der Umstand, daß die vom Kläger übernommenen Unterlagen erst nach mehr als einem Jahr zurückgestellt worden seien. Der Höhe nach sei der Klageanspruch außer Streit gestellt worden. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung auch der als aktenwidrig und wegen unrichtiger Beweiswürdigung bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes in Erledigung der erhobenen Rechtsrüge ab. Es führte aus:

Es sei im vorliegenden Fall zu prüfen, ob ein für den beklagten Verband verbindlicher Vertrag zustande gekommen sei. Für die Beurteilung der Gültigkeit der von einem oberösterreichischen S*** abgeschlossenen Verträge seien nach § 867 ABGB die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere jene des oö Sozialhilfegsetzes LGBl. 1973/66, von Bedeutung. Wer mit einem S*** einen Vertrag schließe, müsse daher zufolge der insoweit zutreffenden Rechtsansicht des Erstgerichtes die für seine Willensbildung geltenden öffentich-rechtlichen Beschränkungen beachten und diese im Hinblick auf § 2 ABGB auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt habe (JBl 1981, 33). Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes seien die in Organisationsvorschriften von juristischen Personen des öffentlichen Rechtes enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe auch im Außenverhältnis wirksam, zumal solche Beschränkungen nicht zuletzt auch die Interessen der juristischen Person selbst schützen sollten (JBl 1986, 375 mwH; SZ 54/111). Wenn § 27 Abs 3 Z 1 oö Sozialhilfegesetz vorsehe, daß der Obmann des Verbandsausschusses den S*** nach außen vertrete, so könne dem nicht die Bedeutung beigemessen werden, daß der Obmann allein aufgrund dieser Bestimmung befugt wäre, für den S*** in allen Angelegenheiten rechtsgültig zu handeln. Die Vertretungsbefugnis stehe ihm vielmehr nur so weit zu, als der Abschluß eines Rechtsgeschäftes nicht in den Zuständigkeitsbereich anderer Organe des S*** falle. Nach § 27 Abs 2 Z 2

oö Sozialhilfegesetz obliege aber dem Verbandsausschuß die Besorgung aller dem S*** zukommenden Aufgaben, und zwar

insbesondere die Beschlußfassung über Kauf und Verkauf, Darlehensaufnahmen und Investitionen nach Maßgabe des Haushaltsplanes, wozu als deren vorbereitende Handlungen auch Verträge mit einem Architekten zur Verfassung von Vorentwürfen oder Entwürfen sowie Kostenberechnungsgrundlagen für ein Projekt zu zählen seien. Es wäre ein Widerspruch, annehmen zu wollen, daß der Obmann auch jene Rechtsgeschäfte abzuschließen befugt sei, deren Abschluß nach dem Gesetz in den Wirkungsbereich des Verbandsausschusses falle, daß es also letztlich in das Belieben des Obmannes gestellt wäre, selbst ohne Befassung des Verbandsausschusses verbindlich tätig zu werden. Auch wenn die Feststellung des Erstgerichtes, der Bezirkshauptmann von Rohrbach habe dem Kläger einen Planungsauftrag erteilt, aufgrund der Aktenlage bedenklich erscheine, ergebe sich aufgrund dieser Überlegungen, daß ein allenfalls vom Obmann des Verbandsausschusses geschlossener Vertrag den S*** nicht zu verpflichten vermöge, weil nach der Aktenlage ein Beschluß des Verbandsausschusses zu diesen Auftragsvergaben an den Kläger nicht vorgelegen, ja seitens des Klägers gar nicht behauptet worden sei. Eine juristische Person des öffentlichen Rechtes könne ihren Willen auch durch schlüssiges Verhalten im Sinne des § 863 ABGB erklären. Das Verhalten, aufgrund dessen ein bestimmter Erklärungswert erschlossen werde, müsse aber von den zur Vertretung der öffentlich-rechtlichen juristischen Person berufenen Organen, hier also vom Verbandsausschuß, gesetzt worden sein (JBl 1981, 148; SZ 54/111; SZ 49/142; SZ 44/146). Behauptungen in der Richtung, der Verbandsausschuß habe einer allfälligen Beauftragung des Klägers mit der Erstellung eines Vorentwurfes und eines Entwurfes samt einer Kostenberechnungsgrundlage nachträglich zugestimmt und die vom Kläger erbrachten Leistungen genehmigt oder deren Vorteil sich zugewendet, seien vom Kläger aber nicht aufgestellt worden. Es sei insbesondere nicht einmal behauptet worden, daß der Verbandsausschuß der beklagten Partei über die vom Kläger erbrachten Leistungen beraten, sie als Entscheidungsgrundlage herangezogen und sohin nachträglich genehmigt habe. Das Gericht habe sich aber auf den aus dem Parteienvorbringen sich ergebenden Streitgegenstand zu beschränken (RZ 1979/16). Es sei an die vom Kläger vorgenommene rechtliche Qualifikation nicht gebunden, habe jedoch den erhobenen Anspruch nur insofern nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, als ein entsprechendes Sachvorbringen vorhanden sei (Fasching, Kommentar IV 323; ZVR 1985/171). Andererseits dürften alle festgestellten Tatsachen zur Beurteilung herangezogen werden, weil nach Lehre (Fasching, Kommentar II 847, III 228; Holzhammer, Zivilprozeß 2 , 128) und Rechtsprechung (JBl 1964, 208) Beweisergebnisse, die über das Parteienvorbringen hinausgingen, aufgrund der im § 178 ZPO normierten Vollständigkeitspflicht zu beachten seien. Das Erstgericht habe erst im Rahmen der rechtlichen Beurteilung die Feststellung getroffen, die von Dr. H*** an den Verbandsausschuß weitergeleiteten Leistungen des Klägers seien dort auch beraten und als Entscheidungsgrundlage den weiteren Dispositionen zugrunde gelegt worden. Damit seien beide Parteien mit einer von ihnen nicht beachteten und mit ihnen nicht erörterten Rechtsansicht überrascht worden. Es hätte das Erstgericht diese Frage einer nachträglichen Genehmigung oder Vorteilszuwendung durch den Verbandsausschuß im Sinne des § 1016 ABGB mit den Parteien erörtern müssen. Es könne angenommen werden, daß im Falle einer solchen Erörterung weitere Beweisanträge gestellt worden wären, insbesondere Anträge auf Vernehmung von Mitgliedern des Verbandsausschusses. Es brauche aber nicht mit einer Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung vorgegangen werden, weil selbst aus diesen vom Erstgericht getroffenen und vom beklagten Verband als aktenwidrig bekämpften Feststellungen eine Genehmigung der Leistungen des Klägers nicht abzuleiten sei. Die Genehmigung eines in Vollmachtsüberschreitung abgeschlossenen Geschäftes könne ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Aus den getroffenen Feststellungen sei höchstens abzuleiten, daß im Verbandsausschuß über die Entwürfe des Klägers gesprochen worden sei, aber nicht, daß eine allfällige Auftragsvergabe durch den Obmann an den Kläger gutgeheißen, also genehmigt worden sei. Aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich auch nicht, daß der Verbandsausschuß diese Entwürfe verwertet oder verarbeitet hätte, also eine Vorteilszuwendung im Sinne des § 1016 ABGB erfolgt sei. Die vom Kläger überreichten Entwürfe hätten vielmehr schon deshalb nicht verwertet werden können, weil das Projekt Rohrbach überhaupt fallen gelassen worden sei und in Haslach ein von einem anderen Architekten ausgearbeiteter Entwurf zum Tragen gekommen sei. Eine nachträgliche Zustimmung setze voraus, daß der Vertretene von dem Geschäft wenigstens wisse und er es auch wolle (JBl 1978, 32). Der Umstand, daß die vom Kläger erbrachten Leistungen erst nach mehr als einem Jahr an ihn wieder zurückgestellt worden seien, könne ebenfalls nicht der Untermauerung einer nachträglichen Zustimmung zu einer allfälligen Auftragsvergabe durch den Obmann an den Kläger dienen, weil die bloße Untätigkeit des Vertretenen regelmäßig nicht als Genehmigung zu deuten sei (Strasser in Rummel, ABGB, Rz 12 zu §§ 1016, 1017 mwH). Bei der Beurteilung eines schlüssigen Verhaltens komme es nicht darauf an, was der sich in einer bestimmten Weise Verhaltende allenfalls wolle, sondern vielmehr darauf, welche Schlüsse der Partner, daraus nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt sei (HS 9247). Im vorliegenden Fall habe jedoch für den Verbandsausschuß der beklagten Partei gar keine Verpflichtung bestanden, eine Äußerung abzugeben, weil er sogar nach den Feststellungen des Erstgerichtes mit einer allfälligen Bauftragung des klagenden Architekten durch den Bezirkshauptmann im Vorhinein überhaupt nicht befaßt gewesen sei. Dies habe auch der Kläger gewußt, der offenbar voll und ganz auf die Funktion des Bezirkshauptmannes als Obmannes des Verbandsausschusses gesetzt habe, darauf aber weder aufgrund der oben dargestellten Rechtslage (Sozialhilfegesetz, § 2 ABGB) noch aufgrund der von ihm selbst dargelegten Erfahrung mit Bauvorhaben der öffentlichen Hand vertrauen hätte dürfen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Revisionsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Mit der Rechtsrüge wendet sich der Kläger zunächst gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß ein allenfalls von Dr. H*** als Obmann des Verbandsausschusses dem Kläger erteilter Auftrag den beklagten S*** nicht zu verpflichten vermocht habe, weil diese Auftragserteilung nicht durch einen entsprechenden Beschluß des Verbandsausschusses gedeckt gewesen sei. Er ist der Ansicht, daß die beklagte Partei durch die Auftragserteilung an ihn seitens des Obmannes des Verbandsausschusses, also ihres nach außen hin vertretungsbefugten Organs, verpflichtet worden sei, auch wenn die interne Zustimmung des Verbandsausschusses oder der Verbandsversammlung gefehlt habe; dem Dritten gegenüber schade das Fehlen einer solchen internen Zustimmung nur nach den Regeln des Vollmachtsmißbrauches, wobei jedoch grundsätzlich von der Vertrauenstheorie auszugehen sei. Aber selbst dann, wenn man dieser Ansicht nicht folgen wollte, wäre im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, daß einer klaren Kompetenzregelung hinsichtlich der Vertretung nach außen eine mit dem relativ unklaren Begriff "Besorgung aller dem S*** zukommenden Aufgaben"

umschriebene Generalkompetenz des Verbandsausschusses gegenüberstehe, wozu noch komme, daß ein Vorbereitungsgeschäft nicht nichtig sein könne, wenn es der ordnungsgemäßen Aufgabenbesorgung bestimmter Organe diene, auch wenn der entsprechende Auftrag von einem nicht beschlußfähigen, aber nach außen hin vertretungsbefugten Organ erteilt werde. Dem ist zu erwidern:

Die Aufgaben der Organe der beklagten Partei werden im § 27 oö Sozialhilfegesetz (in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. 1973/66) wie folgt festgelegt:

"(1) Der Verbandsversammlung obliegt

.........

2. die Beschlußfassung über den jährlichen Haushaltsplan und die

Prüfung der Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben des

Verbandes;

.........

4. die Beschlußfassung über die Errichtung und den Betrieb von

Heimen der Sozialhilfe (§ 37) einschließlich der Festsetzung der

Pflegegebühren;

.........

(2) Dem Verbandsausschuß obliegt die Besorgung aller dem

S*** zukommenden Aufgaben, soweit hiefür nicht die

Verbandsversammlung oder der Obmann des Verbandsausschusses

zuständig ist, und zwar insbesondere

1. die Beschlußfassung über die Einrichtung sozialer Dienste

(§ 35 Abs 1 Z 3) und deren Überwachung;

2. die Beschlußfassung über Kauf und Verkauf, Darlehensaufnahmen

und Investitionen nach Maßgabe des Haushaltsplanes;

.........

(3) Dem Obmann des Verbandsausschusses obliegt

1.

die Vertretung des S*** nach außen;

2.

die Einberufung und Leitung der Sitzungen der Verbandsversammlung (§ 25 Abs 6) und des Verbandsausschusses (§ 26 Abs 6);

              3.              die Durchführung der Beschlüsse der Verbandsversammlung und des Verbandsausschusses, und zwar insbesondere die laufende Geschäftsführung aufgrund genereller Beschlüsse."

Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, sind die in Organisationsvorschriften für juristische Personen des öffentlichen Rechts enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe nach nunmehr ständiger Rechtsprechung (SZ 54/111 und JBl 1986, 375 je mwN; vgl. ferner JBl 1987, 169) auch im Außenverhältnis wirksam. Der Oberste Gerichtshof sieht sich durch die Ausführungen des Klägers nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Legt man aber die erwähnte Rechtsprechung und die hier anzuwendenden Vorschriften über den Aufgabenbereich der Organe der beklagten Partei der Entscheidung zugrunde, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß die prozeßgegenständliche Auftragserteilung an den Kläger von der Vertretungsmacht des Dr. H*** als Obmannes des Verbandsausschusses der beklagten Partei nicht umfaßt war. Mangels Vorliegens entsprechender Beschlüsse der Verbandsversammlung und des Verbandsausschusses kommt ein Handeln des Dr. H*** in Durchführung derartiger Beschlüsse nicht in Betracht. Von einer laufenden Geschäftsführung aufgrund genereller Beschlüsse kann nach den Verfahrensergebnissen gleichfalls keine Rede sein. § 27 oö Sozialhilfegesetz bietet auch für die Annahme keinen Anhaltspunkt, daß die Vertretungsmacht des Obmannes des Verbandsausschusses ungeachtet dessen den Abschluß eines Vorbereitungsgeschäftes zu einem in den Aufgabenbereich eines anderen Verbandsorgans fallenden Hauptgeschäftes umfassen würde. Sodann bekämpft der Kläger die Meinung des Berufungsgerichtes, die beklagte Partei habe selbst aufgrund der erstgerichtlichen Feststellungen weder die (durch den Obmann ihres Verbandsausschusses in Überschreitung von dessen Vertretungsmacht erfolgte) Auftragserteilung an ihn genehmigt noch sich den aus dieser entstandenen Vorteil zugewendet. Eine schlüssige Genehmigung der Auftragserteilung im Sinne des § 1016 ABGB sei darin zu erblicken, daß der Verbandsausschuß, obwohl er dazu wegen des vorangegangenen positiven Tuns eines Organs der beklagten Partei (offenbar gemeint: des Obmanns des Verbandsausschusses) verpflichtet gewesen wäre, nicht sofort den Kläger darauf aufmerksam gemacht habe, daß eine ordnungsgemäße Auftragserteilung durch ihn nicht vorliege, und ihm die Pläne und sonstigen Unterlagen zurückgeschickt habe. Eine Vorteilszuwendung im Sinne des § 1016 ABGB habe dadurch stattgefunden, daß der Verbandsausschuß die vom Kläger erstellten Pläne und sonstigen Unterlagen als Entscheidungshilfe bei der Beschlußfassung benützt habe, den Bau des Altenheims Rohrbach zurückzustellen und in Haslach vorläufig nur Renovierungsarbeiten durchzuführen. Dem ist zu entgegnen:

Schon das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß bloßes Stillschweigen bzw. Untätigbleiben des Scheingeschäftsherrn regelmäßig nicht als Genehmigung im Sinn des § 1016 ABGB zu deuten ist und Treu und Glauben im Geschäftsverkehr nur dann einen Widerspruch verlangen, wenn dem unwirksam Vertretenen dem Dritten gegenüber eine besondere, z.B. auf einem vorvertraglichen Schuldverhältnis beruhende, Antwortpflicht obliegt (Strasser in Rummel, ABGB, Rz 12 zu §§ 1016, 1017; Koziol-Welser 7 I 160). Das Berufungsgericht hat ferner richtig erkannt, daß eine Vorteilszuwendung im Sinne des § 1016 ABGB nur dann anzunehmen ist, wenn dem unwirksam Vertretenen bekannt war, daß der Vertreter vollmachtslos oder in Vollmachtsüberschreitung in seinem Namen abgeschlossen hat und daß der Vorteil aus diesem Geschäft stammt, und wenn der Vertretene die Vorteilszuwendung will (Strasser aaO RZ 14 zu §§ 1016, 1017; Welser in JBl 1972, 339 f; Peter Bydlinski in JBl 1983, 100; 1 Ob 693/84 ua).

Im vorliegenden Fall fehlt es an einem Sachvorbringen des Klägers in erster Instanz und an erstgerichtlichen Feststellungen, aus denen sich ergeben würde, daß die Auftragserteilung an den Kläger nachträglich im Sinne des § 1016 ABGB für die beklagte Partei verbindlich geworden wäre. Vor allem wurde weder vorgebracht noch festgestellt, daß die Verbandsversammlung der beklagten Partei, in deren Aufgabenbereich die Auftragserteilung an den Kläger fiele (§ 27 Abs 1 Z 2 und 4 oö Sozialhilfegesetz), von der Auftragserteilung durch Dr. H*** namens der beklagten Partei (oder zumindest von dem Sachverhalt, der rechtlich als solche zu beurteilen ist) Kenntnis erlangt habe; daß der Verbandsausschuß die vom Kläger angefertigten Pläne und sonstigen Unterlagen durch Dr. H*** übermittelt bekam, bedeutet noch nicht die Erlangung der Kenntnis der Verbandsversammlung von der Auftragserteilung. Steht aber die Kenntnis der Verbandsversammlung von der Auftragserteilung nicht fest, dann bestand auch nicht die zuvor erwähnte besondere Antwortpflicht der beklagten Partei und lagen die zuvor genannten Voraussetzungen einer Vorteilszuwendung im Sinne des § 1016 ABGB gleichfalls nicht vor.

Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E10957

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00519.87.0428.000

Dokumentnummer

JJT_19870428_OGH0002_0050OB00519_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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