Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** P***-F***, reg.Genossenschaft m.b.H., 4891 Pöndorf, vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei P*** Spedition und Transportgesellschaft m.b.H., 4890 Frankenmarkt, Salzburgerstraße 4, vertreten durch Dr. Wilfried Würl, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 1,000.000,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14.April 1986, GZ 1 R 228/85-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 10.Juni 1985, GZ 3 Cg 173/84-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.312,15 (darin S 1.200,- Barauslagen und S 1.555,65 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Außer Streit steht, daß die Klägerin Karl-Heinz P*** d.Ä., Transportunternehmer in 4890 Frankenmarkt, Salzburger Straße 4, unter anderem zu Konto-Nr.233007 einen Betriebsmittelkredit einräumte. Der Sollsaldo betrug per 4.Juli 1983 S 9,125.154,68, wobei der Rahmen von S 7,640.000,-- zu diesem Zeitpunkt somit überzogen war. Mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 28.Oktober 1983, 3 Cg 288/83-7, wurde Karl-Heinz P*** zur Zahlung von S 1,485.154,68 samt 11 % Zinsen und 12 % Überziehungszinsen je ab 4.Juli 1983 sowie von S 44.675,51 an Verfahrenskosten an die Klägerin verurteilt. Auf diesen Betrag wurde bisher keine Zahlung geleistet.
Die nunmehrige Beklagte "P*** Spedition und Transportgesellschaft m.b.H." wurde mit am 11.November 1980 zwischen Karl-Heinz P*** d.Ä. und dessen Ehegattin Wanda P*** abgeschlossenem Gesellschaftsvertrag gegründet und am 5.Dezember 1980 zu HRB 1993 des Kreis- als Handelsgerichtes Wels registriert. Gemäß Punkt 8. des Gesellschaftsvertrages wurde Karl-Heinz P*** d. Ä. zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Der Sitz der Beklagten befindet sich in Frankenmarkt, Salzburger Straße 4. Gegenstand des Unternehmens sind die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, das Speditionsgewerbe, das Mietwagengewerbe, die Durchführung von Baggerungen und Planierungen ausschließlich jeder in den Berechtigungsumfang des konzessionierten Baugewerbes fallenden Tätigkeit, die Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne die Beistellung eines Lenkers und der Handel mit Waren aller Art sowie die Beteiligung an ähnlichen Unternehmungen.
Die Klägerin forderte die Bezahlung von S 1,000.000,-- s.A. und brachte vor, Karl-Heinz P*** d.Ä. sei Vollkaufmann gewesen und habe der Beklagten sein gesamtes Vermögen und sein Unternehmen, insbesondere den Fuhrpark und 38 "rote Karten", die einen Wert von je S 100.000,-- repräsentierten, im Gesamtwert von über S 5,000.000,-- übertragen und die Konzession zugunsten der Beklagten zurückgelegt. Insbesondere auf Grund der Bestimmungen des § 25 HGB und des § 1409 ABGB hafte die Beklagte für die Schulden des Einzelunternehmens, wovon vorerst S 1,000.000,-- s.N. begehrt würden. Die Klägerin stützte das Klagebegehren weiters auf die Bestimmungen der Anfechtungsordnung, weil Karl-Heinz P*** d.Ä. sie durch die Rechtshandlungen absichtlich benachteiligt habe und den Gesellschaftern der Beklagten diese Absicht bekannt gewesen sei. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wandte ein, Karl-Heinz P*** d.Ä. habe weder sein Unternehmen noch sein Vermögen an sie übertragen. Der Fuhrpark sei von den Gläubigern Karl-Heinz P*** d.Ä. zur Einbringung ihrer Forderungen verwertet, Personal nicht übernommen und ein Kundenstock oder Geschäftsfälle seien nicht übertragen worden. Die "roten Karten" entzögen sich einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung. Die Einzelfirma sei infolge Zahlungsunfähigkeit liquidiert worden. In der Rücklegung und Erteilung der Konzession sei kein Rechtsgeschäft zu erblicken. Außerdem sei der Unternehmensgegenstand der Beklagten nicht völlig, wenn auch weitgehend identisch mit dem von Karl-Heinz P*** d.Ä. betriebenen Gewerbe.
Das Erstgericht gab der Klage statt, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:
Karl-Heinz P*** d.Ä. war seit 6.August 1971 Inhaber einer Konzession zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (§ 3 Güterbeförderungsgesetz BGBl. Nr.63/1952), beschränkt auf die Verwendung von vier LKW mit Standort Frankenmarkt, Salzburgerstraße 4, und seit 10.Mai 1976 Inhaber einer weiteren Konzession zur Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen, beschränkt auf die Verwendung von zwei LKW mit Gewerbestandort Lenzing, Bahnweg 10. Unter der Firma "Karl-Heinz P***, Internationale Transporte" betrieb er ein Transportunternehmen mit dem Hauptsitz in Frankenmarkt, Salzburgerstraße 4, und mit Zweigbetrieben in Lenzing, Salzburg und Wien. Gegenstand des Unternehmens waren Güter-, Auto- und Schwertransporte sowie der Handel mit Waren aller Art, wobei das Unternehmen auf PKW- und LKW-Transporte spezialisiert war und über eine nicht feststellbare Anzahl von Spezialfahrzeugen zur Durchführung von Autotransporten verfügte. Autotransporte fanden hauptsächlich in den Nahen Osten im Auftrag von S***-D***-P*** statt. Der Umsatz des Einzelunternehmens Karl-Heinz P*** d.Ä. betrug 1979 rund S 22,000.000,--, 1980 rund S 26,000.000,--, 1981 rund S 37,000.000,-- und 1982 S 20,828.868,--. Per 31.Dezember 1982 betrug der Stand an Transportfahrzeugen rund 50 Fahrzeuge, wobei etwa 20 LKW-Zugmaschinen, darunter Spezialfahrzeuge für LKW und Autotransporter, sowie rund 25 Anhänger oder Sattelanhänger vorhanden waren. An reinen Spezialfahrzeugen für Autotransporte gab es Ende 1982 vier LKW-Züge. Die Betriebsstätte befand sich in Frankenmarkt, Salzburgerstraße 4, auf welchem Objekt sich ein 1939 errichtetes Wohnhaus des Karl-Heinz P*** d.Ä. und ein gleichzeitig errichtetes Nebengebäude mit einem Büro und drei Garagen im Erdgeschoß sowie mit einem 1978 gleichzeitig mit der Werkshalle errichteten Obergeschoß befinden, welches ebenfalls Büroräumlichkeiten aufweist. Der Bürozubau umfaßt 70 m 2 , die Werkshalle 360 m 2 , der Vorplatz rund 4.000 m 2 Fläche. Die Klägerin betreibt zu E 4010/84 BG Frankenmarkt ob dieser im Eigentum Karl-Heinz P*** d.Ä. stehenden Liegenschaften ein Zwangsversteigerungsverfahren. Die monatlich erzielbare Miete für den Bürotrakt beträgt S 3.000,--, für die Garagen S 900,--, für die Werkshalle samt Freigelände S 14.400,--. Das Geschäftsjahr 1982 schloß Karl-Heinz P*** d.Ä. mit einem (steuermäßigen) Verlust von S 3,474.423,74. Zu diesem Zeitpunkt haftete der Kontokorrentkredit (Konto 233.007) bei der Klägerin mit S 8,105.338,92 unberichtigt aus, daneben bestanden langfristige Verbindlichkeiten bei Kreditunternehmungen in Höhe von S 6,433.357,--. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten betrugen S 3,809.779,--. Gesamtverbindlichkeiten von S 20,828.000,-- standen die mit S 6,679.388,-- zu Buche stehenden Sachanlagen, S 228.869,-- an Bankguthaben, etwa S 105.000,-- an Vorräten sowie Kundenforderungen von S 2,106.821,-- gegenüber. Verbindlichkeiten bestanden bei zumindest drei verschiedenen Kreditinstituten, die Lieferantenverbindlichkeiten von ungefähr S 2,800.000,-- bei 60 bis 70 verschiedenen Lieferanten. Dem standen Kundenforderungen des Einzelunternehmens gegenüber etwa 25 Auftraggebern, darunter die Firmen L***, L***, LKW-W*** und S***-D***-P*** gegenüber. Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt Anfang 1983 trat ein Verlust von Fahrzeugen bei einem Schiffsuntergang auf. Ein erwarteter Großauftrag der S***-D***-P*** blieb aus. Infolge Nichteinhaltung von Rückzahlungsverpflichtungen wurden von der AVA-Bank fünf bis sechs geleaste Fahrzeuge, darunter Autotransporter und Zugmaschinen, eingezogen. Von der RZK wurden am 12.Juli 1983 vier Fahrzeuge, darunter zwei LKW-Transporter und Zugmaschinen für Autotransporte eingezogen. Um im Falle eines Konkurses der Einzelfirma Karl-Heinz P*** den Verlust der Konzessionen und von vorhandenen 38 BRD-Einzeltransportgenehmigungen zu verhindern, beabsichtigte Karl-Heinz P*** d.Ä., die Konzessionen und die Einzelgenehmigungen auf die Beklagte zu übertragen. Am 22.März 1983 legte er seine Gewerbeberechtigung zur Güterbeförderung mit vier LKW am Standort Frankenmarkt, Salzburgerstraße 4, sowie seine Güterbeförderungskonzession, beschränkt auf zwei LKW für den Standort Lenzing, Bahnweg 10, gemäß § 85 GewO unter der Bedingung zurück, daß eine Konzession zur Güterbeförderung im gleichen Umfang der beklagten GmbH erteilt werde. Die Konzessionserteilung für die Beklagte fand am 25.April 1983 für den Standort Frankenmarkt und am 27. April 1983 für den Standort Lenzing statt und es wurde mit gleichen Daten Karl-Heinz P*** d.Ä. zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der Beklagten bestellt. In beiden Fällen wurde bei der Prüfung des Übertragungsansuchens der GmbH der örtliche Bedarf mit der Begründung als gegeben angesehen, daß die Interessen örtlicher Transportunternehmer nicht berührt würden, da lediglich die Betriebsform des Unternehmens geändert werde. Auch die Fachgruppe für das Güterbeförderungsgewerbe für Oberösterreich ging in ihrer Stellungnahme davon aus, daß der Bedarf im Hinblick auf die Übernahme der Konzession durch die Beklagte gegeben sei. Der Befähigungsnachweis galt durch die langjährige selbständige Ausübung der Güterbeförderungskonzession durch Karl-Heinz P*** d.Ä. als erbracht. Die Güterbeförderungskonzession für den Standort Wien legte Karl-Heinz P*** d.Ä. unter gleichzeitiger Veräußerung eines LKW im Wert von S 150.000,-- bei Vereinbarung eines Ablösbetrages von insgesamt S 500.000,-- zurück. Das Einzelunternehmen "Karl-Heinz P***, Internationale Transporte" wies zuletzt 20 bis 22 Beschäftigte auf. Die Geschäftsführung erledigte Karl-Heinz P*** d.Ä. Karl-Heinz P*** d.J. war seit 1981 im Betrieb tätig. Am 20.Mai 1983 trat Karl-Heinz P*** d.Ä. seinen Geschäftsanteil von S 90.000,-- an der Beklagten "P*** Spedition und Transportgesellschaft m.b.H." je zur Hälfte an die beiden Söhne Karl-Heinz P*** d.J. und Markus P*** ab. Wanda P*** trat am 24. Mai 1983 von ihrem Geschäftsanteil in Höhe von S 10.000,-- wiederum je S 4.000,-- an Karl-Heinz P*** d.J. und Markus P*** ab. Mit Gesellschafterbeschluß vom 20.Mai 1983 wurde Karl-Heinz P*** d.Ä. von Wanda P***, Karl-Heinz P*** d.J. und Markus P*** einstimmig zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Karl-Heinz P*** d.J. schied im Juni 1983 als Dienstnehmer des Einzelunternehmens aus und wurde zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt von der Beklagten eingestellt. Er trat im Zuge eines gerichtlichen Verkaufes als Ersteher der gesamten Geschäftseinrichtung auf und stellte diese der Beklagten zur Verfügung. Den betrieblichen Anteil am Gebäude, die Büroräumlichkeiten, die Halle sowie den Bürovorplatz nahm die GmbH. für S 5.000,-- monatlich von Karl-Heinz P*** d.Ä. in Bestand. Die Buchhaltung für die Beklagte wurde von Wanda P*** geführt, zwei beim Einzelunternehmen beschäftigte Fahrer wurden von der GmbH übernommen. Im Mai 1983 nahm die Beklagte (in geringerem Umfang) den Geschäftsbetrieb auf. Nach Zurücklegung der Konzession zu Gunsten der GmbH nahm Karl-Heinz P*** d.Ä. persönlich keine Transportaufträge mehr entgegen, sämtliche Aufträge wurden zu Gunsten der Beklagten entgegengenommen. Das Einzelunternehmen führte auch keine Transporte mehr aus. Zu diesem Zeitpunkt standen Karl-Heinz P*** d.Ä. 38 "rote Karten" gemäß § 7 Abs 1 Güterbeförderungsgesetz zur Verfügung, welche mit Genehmigung des Amtes der OÖ.Landesregierung in der Folge auf die Beklagte übertragen wurden. Die Geschäftsausstattung blieb unverändert, die Büroeinrichtung gleich. Die GmbH nahm den Geschäftsbetrieb mit drei LKW auf, Autotransporte wurden nicht mehr durchgeführt, sondern Stückguttransporte. Von früheren Kunden blieben zumindest die Firmen L***, LKW-W*** und L*** gleich. Die Übertragung von Geschäftsfällen auf die Beklagte konnte nicht festgestellt werden. Die 38 BRD-Einzelbewilligungen ("rote Karten") wurden für die Beklagte weiter verwendet. Am 26.Mai 1983 erwarb die Beklagte von Karl-Heinz P*** d.Ä. um S 35.000,-- eine Sattelzugmaschine Skania, am 1.Juli 1983 einen Sattelaufleger Kässbohrer um S 70.000,-- sowie am 7.November 1983 eine Telefonanlage Siemens um S 30.000,--. Für die Beklagte wurde ein Geschäftskonto bei einem anderen Kreditinstitut errichtet. Die Telefon- und Telexverbindung blieb bis zumindest August 1983 unverändert. Auf dem Geschäftskonto Nr.233007 der Einzelfirma Karl-Heinz P*** gingen von Jänner 1983 bis August 1983 noch insgesamt S 8,241.497,-- ein, wobei sich die Zahlungseingänge von ca. S 2,200.000,-- im Jänner 1983 über S 1,300.000,-- im Mai 1983 auf ca. S 157.000,-- im August 1983 reduzierten. Der Wert der 38 BRD-Genehmigungen sowie der zurückgelegten Güterbeförderungskonzessionen konnte nicht festgestellt werden. Der Schätzwert der Liegenschaft EZ 670 und 571 je KG Frankenmarkt beträgt beiläufig S 9,000.000,--. Der Umsatz der Beklagten betrug ab Aufnahme der Geschäftstätigkeit bis 31.Dezember 1983 S 5,426.123,--, davon auf Auslandstransporte entfallend S 5,413.160,--. Im Jänner 1984 schloß Karl-Heinz P*** d.Ä. mit mehreren Gläubigern, nicht aber mit der Klägerin einen außergerichtlichen Ausgleich. Am 9.Jänner 1984 veräußerte er unter der Bedingung der nachfolgenden Konzessionserteilung für die Verwendung von zwei LKW an die Firma K*** & Co. GmbH zwei Sattelfahrzeuge und einen Sattelaufleger sowie
20 BRD-Einzelgenehmigungen, wobei ein Preis von S 1,100.000,-- vereinbart wurde. Zu diesem Zeitpunkt war er persönlich Eigentümer eines LKWs, eines Anhängers und eines Sattelanhängers, die beklagte GmbH verfügte über zumindest fünf Sattelzugfahrzeuge und fünf Sattelanhänger. Infolge Nichtübertragung der Konzession auf die Käuferin gelangte die Vereinbarung nicht zur Ausführung. In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht eine Haftung der Beklagten gemäß § 25 HGB. Karl-Heinz P*** d.Ä. sei auf Grund des Umfanges des von ihm betriebenen Handelsgewerbes Vollkaufmann gewesen. Dieses Handelsgewerbe habe die Beklagte übernommen, weil die Geschäftsausstattung, die Betriebsliegenschaft mit den zum Betrieb gehörigen Einrichtungen und die öffentlich-rechtlichen zum Betrieb erforderlichen Befugnisse von Karl-Heinz P*** d.Ä. bzw. d. J. zur Verfügung gestellt worden seien. Daß mehrere Übertragungsakte gesetzt worden seien, stehe insgesamt der Übertragung des Unternehmens nicht entgegen, weil die Übertragung der einzelnen Werte und Berechtigungen eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Es liege auch eine Fortführung der Firma vor, weil das Hinzufügen eines Gesellschaftszusatzes insoweit bedeutungslos sei. Entscheidend sei, daß für das fortgeführte Unternehmen keine deutlich abweichende Firma angenommen worden sei. Die Beklagte hafte daher für die unbestrittenermaßen im Geschäftsbetrieb des Karl-Heinz P*** d.Ä. begründete Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin. Eine Haftung nach § 1409 ABGB scheide aus, weil eine solche eine rechtsgeschäftliche Übertragung eines Unternehmens voraussetze. Ein Veräußerungsgeschäft habe aber nicht festgestellt werden können. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos; das Berufungsgericht traf nach Beweiswiederholung folgende ergänzenden Feststellungen:
Die im Anlagenverzeichnis der Beklagten (Beilage I) angeführten Fahrzeuge bzw. Anhänger wurden sämtliche aus dem Fuhrpark des Einzelunternehmens übernommen. Soweit diese Fahrzeuge, mit denen die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit aufnahm, nicht gekauft worden waren, wurden die Mietrechte vom Einzelunternehmen an die Beklagte übertragen. Die Betriebsliegenschaft der Einzelunternehmer samt den Büroräumlichkeiten und der Halle wurde von der Beklagten um S 5.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer gemietet. Die Transportgenehmigungen für die Bundesrepublik Deutschland ("rote Karten") und die Konzession zur Ausübung des Transportgewerbes wurden der Beklagten von der Einzelfirma bzw. Karl-Heinz P*** d. Ä. unentgentlich überlassen; im übrigen übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin vertritt die Auffassung, entscheidend für die Haftung nach § 25 HGB sei, ob die Revisionswerberin im Firmenkern eine andere sei und sich darin vom Einzelunternehmen "Karl-Heinz P***, Internationale Transporte" unterscheide. Da die Firmenbezeichnung der Revisionswerberin "P*** Spedition und Transportgesellschaft mbH" laute, sei dies sowohl optisch als auch inhaltlich der Fall. Sachlicher und räumlich-geographischer Bereich der Firmentätigkeit seien geradezu diametral verschieden. Dort, wo früher Autotransporte nach dem Nahen Osten die Firmentätigkeit des Einzelunternehmens beherrschten, liefere heute die Revisionswerberin Stückgut (unter anderem Wein und Mandeln) auf den europäischen Verbrauchermarkt. Damit werde deutlich, daß nebst Änderung im Firmenkern auch Firmentätigkeit und Wirkungsfeld sich grundlegend gewandelt haben. Dies, ganz abgesehen davon, daß sich die Revisionswerberin an einen ganz anderen Kundenstock wende als die frühere Einzelfirma und daß schließlich die Einzelfirma zufolge Zahlungsunfähigkeit gar nicht in der Lage gewesen wäre, der Revisionswerberin Vermögen zu übertragen. Schließlich komme auch dem Fehlen eines Vornamens in der Firmenbezeichnung der Revisionswerberin wesentliche Bedeutung zu. Eine Fortführung der seinerzeitigen Einzelfirma liege daher nicht vor.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 25 Abs 1 HGB haftet, wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, für alle im Betrieb des Geschäftes begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Die Anwendung des § 25 HGB kann nur in Betracht kommen, wenn das Handelsgeschäft als Ganzes übernommen worden ist. Dazu ist notwendig, aber auch ausreichend, daß der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche Kern des Unternehmens übernommen wurde und daß es sich um ein bestehendes Handelsgeschäft handelte (Schlegelberger HGB 5 I 237; SZ 56/6 = JBl 1984, 436). Ein Handelsgeschäft wird fortgeführt, wenn der Kern des Untenehmens mit den zur Betriebsfähigkeit notwendigen Zubehörstücken und sachlichen Ausstattungen auf den Erwerber übergeht und die Fortführung des Betriebes nach allgemeiner Verkehrsauffassung möglich ist (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 3 I 183; SZ 56/6). Das erworbene Handelsgeschäft muß ein vollkaufmännisches, wenn auch nicht notwendig eingetragenes Unternehmen sein (SZ 56/6 u.a.). Werden diese Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, ist zunächst davon auszugehen, daß das von Karl-Heinz P*** d.Ä. als Einzelfirma betriebene Unternehmen als Vollhandelsgewerbe zu beurteilen ist, was sich zweifelsfrei aus den Feststellungen über den Umfang und die kaufmännische Einrichtung des Unternehmens ergibt und in der Revision auch gar nicht bestritten wird.
Der Revision kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die Firmenbezeichnung des Einzelunternehmens "Karl-Heinz P***, Internationale Transporte", sich wesentlich von jener der Beklagten unterscheide. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist unter Fortführung der dauernde Gebrauch der Firma nach außen zu verstehen. Eine Fortführung der Firma liegt stets dann vor, wenn für das fortgeführte Unternehmen keine deutlich abweichende neue Firma angenommen und tatsächlich geführt wird (SZ 56/6 u.a.). Für die Frage, ob eine Firma fortgeführt wird, ist die Verkehrsauffassung maßgebend, nach der der Rechtsgrund der Haftung die an die Öffentlichkeit gerichtete Erklärung des Erwerbers ist, für die bisherigen Geschäftsschulden haften zu wollen. Aus der Sicht der Öffentlichkeit kommt es demgemäß nicht auf wort- und buchstabengetreue Gleichheit, sondern auf den Kern der alten und der neuen Firma an (Schlegelberger HGB 5 I 239 f; BGH vom 16.September 1981 in NJW 1982, 577).
Im vorliegenden Fall war der Familienname des Inhabers der Einzelfirma, P***, der Kern der Firmenbezeichnung; der Zusatz "Internationale Transporte" wies auf den Gegenstand des Unternehmens hin. Auch in der Firma der Beklagten scheint aber der Familienname P*** ebenso auf wie der auf den Gegenstand des Unternehmens hinweisende Zusatz "Spedition und Transportgesellschaft." Daß der Vorname des früheren Inhabers des Einzelunternehmens nicht mehr in der Firma der Beklagten aufscheint, ist, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, nicht von entscheidender Bedeutung; ebenso ist die Beifügung eines Gesellschaftszusatzes bedeutungslos (SZ 56/6 u.a.). Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht daher eine Fortführung der Firma des Einzelunternehmens durch die Beklagte angenommen. Den Revisionsausführungen, daß sich der sachliche und räumlich-geographische Bereich der Firmentätigkeit des Einzelunternehmens wesentlich von jenem der Beklagten unterscheide, sind insbesondere auch die ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichtes entgegenzuhalten, nach welchen sämtliche im Anlagenverzeichnis der Beklagten angeführte Fahrzeuge bzw. Anhänger aus dem Fuhrpark des Einzelunternehmens übernommen wurden. Die Betriebsliegenschaft des Einzelunternehmens samt den Büroräumlichkeiten und der Halle wurde von der Beklagten um S 5.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer gemietet. Die Transportgenehmigungen für die Bundesrepublik Deutschland ("rote Karten") und die Konzession zur Ausübung des Transportgewerbes wurden der Beklagten von der Einzelfirma bzw. Karl-Heinz P*** d. Ä. unentgeltlich überlassen. Nicht festgestellt werden konnte, daß der Kundenkreis der Beklagten ein völlig anderer wäre als jener des Einzelunternehmens. Die Firmen LKW-W*** und L***, die bereits Auftraggeber des Einzelunternehmens gewesen waren, sind auch Kunden der Beklagten. Daß auch das Einzelunternehmen nicht nur im Nah-Ost-Geschäft, sondern auch im Europa-Geschäft tätig war, ergibt sich aus den 38 Transportgenehmigungen für die Bundesrepublik Deutschland, die vom Einzelunternehmen auf die Beklagte übertragen wurden. In der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß seitens des Einzelunternehmens im wesentlichen alles zum Betrieb der Beklagten Erforderliche auf diese übertragen wurde und somit ein Erwerb des Unternehmens der Einzelfirma durch die Beklagte im Sinne des § 25 Abs 1 HGB vorliegt, kann somit keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden. Zutreffend hat das Berufungsgericht daher auch erkannt, daß die Beklagte, die weder einen Haftungsausschluß nach § 25 Abs 2 HGB eingewendet noch vorgebracht hat, daß die von der Klägerin geltend gemachte Verbindlichkeit nicht im Geschäftsbetrieb des Einzelunternehmens begründet worden sei, gemäß § 25 Abs 1 HGB der Klägerin für die durch rechtskräftiges Urteil festgestellte Verbindlichkeit des Einzelunternehmens zu haften hat.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E10689European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00641.86.0428.000Dokumentnummer
JJT_19870428_OGH0002_0020OB00641_8600000_000