TE OGH 1987/4/28 10Os51/87

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Veröffentlicht am 28.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.April 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lindner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann S*** und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130, letzter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Johann S*** und Harald S*** sowie die Berufung des Angeklagten Helmut K*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Jänner 1987, GZ 4 c Vr 12155/85-170, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten S*** und S*** auch die durch die Nichtigkeitsbeschwerden verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil, das auch Schuldsprüche mehrerer weiterer am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligter Angeklagten sowie mehrere Freisprüche enthält, wurde der Angeklagte Johann S*** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 letzter Fall sowie 15 StGB, der Angeklagte Helmut K*** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 129 Z 1 StGB und der Angeklagte Harald S*** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen - teils auch räuberischen - Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 letzter Fall, 131 erster Fall sowie 15 StGB (im erstgerichtlichen Urteil wird entgegen § 29 StGB eine Aufspaltung zwischen räuberischem Diebstahl und dem sonst qualifizierten Diebstahl vorgenommen) schuldig erkannt. Dem Angeklagten S*** liegen elf diebische Angriffe zur Last (Urteilsfakten A I 1 und 2, II 1 bis 8 und IV), dem Angeklagten K*** zwei (Urteilsfakten A I 1 und 2) und dem Angeklagten S*** 14 (Urteilsfakten A III, V 1 bis 8, VII 1 bis 4 und B), darunter ein am 11.April 1986 verübter Diebstahl eines T-Shirts, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat dadurch, daß er die Filialleiterin Christine M*** zu Boden stieß, Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich die weggenommene Sache zu erhalten (Urteilsfaktum B).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte S*** bekämpft mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich die Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung. Der Angeklagte S*** ficht mit seiner auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gleichfalls die Annahme der Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung sowie überdies zum Urteilsfaktum B die Annahme der Qualifikation als räuberischer Diebstahl an. Diese beiden Angeklagten sowie der Angeklagte K*** haben überdies gegen das Urteil Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe erhoben. Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***:

Die Ausführungen des Beschwerdeführers stellen sich insgesamt nicht als Rechtsrüge (Z 10) dar, sondern, soweit nicht überhaupt in unzulässiger Weise versucht wird, die erstgerichtliche Beweiswürdigung zu bekämpfen, als Mängelrüge (Z 5). Es werden nämlich keine Feststellungsmängel dargetan oder auch nur behauptet, die der rechtlichen Beurteilung der Taten des Beschwerdeführers als gewerbsmäßig verübt entgegenstehen, sondern ausschließlich Schlußfolgerungen des Erstgerichtes bekämpft, mithin - wenn überhaupt - Begründungsmängel (Z 5) behauptet.

Solche Mängel liegen aber in Wahrheit nicht vor.

Der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, daß die von ihm zu verantwortenden diebischen Angriffe innerhalb eines Zeitraums von 20 Tagen verübt wurden, steht in keinem logischen Gegensatz zur Feststellung des Erstgerichtes, daß die Tendenz des Beschwerdeführers dahin ging, sich die zum Leben und zur Kreditbegleichung notwendigen finanziellen Mittel durch die fortlaufende Begehung von Einbruchsdiebstählen zu finanzieren, und zwar mit der Zielsetzung, für die weitere Zukunft eine fortlaufende Einnahme zu erzielen (US 17), könnte doch diese Tendenz bereits auch bei Verübung eines einzigen Diebstahls gegeben sein. Die Argumentation, daß die Beute aus den dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Diebstählen wegen der kurzen Zeitspanne, in der sie verübt wurden, nur zur Begleichung einer einzigen Kreditrate, nämlich jener für Oktober 1985, gedient haben könnte, übergeht den Umstand, daß er am 27.Oktober 1985 verhaftet wurde (vgl. S 7/I). Die Konstatierung, daß der Beschwerdeführer bei Verübung der Diebstähle in der Absicht handelte, sich auch in bezug auf zu bezahlende Kreditraten durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ist demnach keineswegs denkgesetzwidrig und auch sonst mit keinem Mangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO behaftet.

Gleiches gilt in bezug auf den Einwand, die genannte Beute habe nur rund 20.000 S betragen. Angesichts der alsbald erfolgenden Verhaftung ist die Urteilskonstatierung, der Beschwerdeführer habe beim nächsten Einbruchsdiebstahl auf größere Beute gehofft (US 30), weder denkgesetzwidrig noch mit sonst einem Begründungsmangel behaftet.

Die in diesem Zusammenhang in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer sei wegen eines anderen Deliktes (erst) am 29.September 1986 verhaftet worden, ist aktenwidrig. Er wurde am 27.Oktober 1985 wegen des Verdachtes des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs l, 143 StGB in Haft genommen (S 7/I; vgl. auch das deshalb geführte Strafverfahren vor dem Geschwornengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien AZ 20 qu Vr 8037/86 = 10 Os 182/86, in welchem eine Vorhaft ab 27. Oktober 1985 angerechnet wurde).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***:

Die zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit erhobene Mängelrüge (Z 5) dieses Angeklagten ist ebensowenig berechtigt wie seine Rechtsrüge hiezu (Z 10), die sich überwiegend inhaltlich wieder nur als Mängelrüge darstellt.

Einen Alkohol- und Tablettenkonsum des Beschwerdeführers stellte das Erstgericht ohnedies fest (US 18). Daß er aber deshalb leicht zu Aufpasserdiensten für den Mitangeklagten B*** zu überreden war, betrifft weder einen die Strafbarkeit an sich, noch den anzuwendenden Strafsatz berührenden Umstand, somit keine entscheidende Tatsache im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO. Daß der Beschwerdeführer von Angehörigen verköstigt wurde, stellte das Schöffengericht ebenfalls fest (US 31). Ob diese Verköstigung nicht nur von den Eltern - wie das Erstgericht konstatierte - stattfand, sondern daß er - nach seiner Behauptung (S 431/II) - auch "bei" seiner Großmutter zu essen bekam - was für sich noch nicht zwingend impliziert, daß die Großmutter dafür aufkam -, stellt gleichfalls keine entscheidende Tatsache im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO dar, stellte doch das Schöffengericht fest, daß die finanzielle Situation des Beschwerdeführers durch seinen unkontrollierten Alkoholmißbrauch und den Tablettenmißbrauch "pekuniär" geworden war, er deshalb ein "ständiges Zusatzeinkommen" zu der von ihm bezogenen Sozialrente zu erzielen bestrebt war und aus diesem Motiv bei Verübung der Diebstähle gewerbsmäßig handelte (US 18 und 31).

Gleiches gilt bezüglich der gerügten Unterlassung einer Konstatierung, daß der Beschwerdeführer für niemanden sorgepflichtig ist.

Es bedurfte auch nicht einer Erörterung des Umstandes, daß über einen Zeitraum von rund vier Monaten keine Diebstähle des Beschwerdeführers zu verzeichnen sind, denn dies steht keineswegs mit der Annahme im Widerspruch, daß er in einer Periode besonders angespannter finanzieller Lage gewerbsmäßig handelnd Diebstähle beging.

Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers liegt kein innerer Widerspruch zwischen der Urteilsfeststellung, daß er zu Beginn des deliktischen Verhaltens Sozialhilfeempfänger war (US 18) und daß er "damals" (während des gesamten Deliktszeitraums) Sozialhilfeempfänger war (US 31). Der behauptete Widerspruch entstünde lediglich, wenn - wie es der Beschwerdeführer macht - der erstbezeichneten Urteilsfeststellung willkürlich das Wort "nur" beigesetzt wird.

Inwiefern ein innerer Widerspruch des Urteils darin gelegen sein sollte, daß ein Wert der Diebsbeute von rund 85.000 S als nahe an der Grenze von 100.000 S gelegen bezeichnet wird, bleibt unerfindlich; er liegt tatsächlich im obersten Bereich zwischen den Wertgrenzen von 5.000 S einerseits und 100.000 S andererseits. Abgesehen davon übergeht der Beschwerdeführer, daß nur ein Teil - wenngleich sicherlich der größte - der von ihm gestohlenen Sachen mit mehr als 86.000 S auch bewertet, hinsichtlich weiterer gestohlener Sachen aber eine Bewertung nicht vorgenommen wurde (Fakten V 1, 5 und 7).

Kein Begründungsmangel liegt in der Annahme des Erstgerichtes, daß ein unkontrollierter Alkoholmißbrauch (neben dem Tablettenmißbrauch) die pekuniäre Lage des Beschwerdeführers sehr beträchtlich ins Wanken brachte (US 31). Durchaus zutreffend konnte sich das Schöffengericht in diesem Zusammenhang auf die Tatsache beziehen, daß der Beschwerdeführer im Deliktszeitraum Empfänger einer Sozialhilfe war, die nach seiner eigenen Verantwortung nur 3.500 S monatlich betrug (S 431/II). Selbst unter Beachtung der Verabreichung von Verpflegung durch Angehörige kann bei der in Rede stehenden Konstatierung des Erstgerichtes ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht ersehen werden. Wie schon ausgeführt, ist der Schluß, aus unkontrolliertem Alkoholmißbrauch ergebe sich eine durch die bezogene Sozialhilfe nicht zu deckende pekuniäre Situation, die zum Entschluß des Angeklagten geführt habe, sich durch wiederkehrende Diebstähle eine fließende Einnahmequelle zu erschließen, keineswegs denkgesetzwidrig oder mit Begründungsmängeln behaftet. Der Wiederholung dieses Einwandes in dem verfehlt als Rechtsrüge bezeichneten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde kann mit dem Hinweis auf das bereits hiezu Gesagte begegnet werden.

Der weitere Einwand, "der Erstrichter" (gemeint: das Erstgericht) "habe darüber hinaus Feststellungen zu treffen gehabt, wieso er das Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit annimmt", behauptet schon in seinem Ansatz keinen Feststellungsmangel, sondern Begründungsmängel (arg. "wieso") und bleibt darüber hinaus völlig unsubstantiiert (§ 285 a Z 2 StPO), sodaß er sich einer sachbezogenen Antwort entzieht; dies ganz abgesehen davon, daß das Erstgericht ohnedies seiner Begründungspflicht zur Annahme gewerbsmäßigen Handelns nachgekommen ist.

Zum Urteilsfaktum B (räuberischer Diebstahl) bezieht sich der Beschwerdeführer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO, macht aber in Wahrheit allein Gründe der Z 5 dieser Gesetzesstelle geltend. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers übersah das Schöffengericht seine Aussage in der Hauptverhandlung keineswegs. Es gedachte dieser Verantwortung ohnedies (US 29), hielt jedoch unter Berufung auf die Aussage der Zeuginnen K*** und M***, von denen es insbesondere die letztere als überzeugend ansah, den von diesen geschilderten Sachverhalt als erwiesen (US 29).

Davon, daß ein Stoß gegen die Zeugin M*** im Hinauslaufen mit "logischen Denkgesetzen" in Widerspruch stünde, kann keine Rede sein.

Unzutreffend ist der Einwand, das Erstgericht habe den Inhalt der Aussage der Zeugin M*** (wonach sie den Angeklagten gehalten hatte, um ihn zu hindern, daß er mit dem T-Shirt verschwinde und er sie weggestoßen habe) unrichtig wiedergegeben. Tatsächlich berichtete die Zeugin, daß sie den Angeklagten - wenn auch erst vor der Tür - "bei der Jacke gepackt" habe, um ihn zurückzuhalten, er sie jedoch mit der Hand weggestoßen habe (S 408/III). Ob der Beschwerdeführer das erbeutete T-Shirt "fleißig getragen" hat, mit anderen Worten, ob er die Diebsbeute auch nutzte, betrifft keinen für die Entscheidung über die Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz bedeutsamen Umstand. Ein Nichtigkeitsgrund kann in diesem Zusammenhang somit nicht dargetan werden. Daß das Schöffengericht darin (in der Nutzung der Beute) etwa tatbestandsmäßiges Handeln im Sinne eines räuberischen Diebstahls als gegeben angesehen hätte, ist dem Urteil in keiner Weise zu entnehmen.

In den unter Z 10 eingereihten Ausführungen zum Urteilsfaktum B wird keine Rechtsrüge dargetan, sondern nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht zulässigen Schuldberufung die Behauptung in den Raum gestellt, ein Stoß gegen die Zeugin M*** sei nur unter Stehenbleiben oder Umdrehen möglich. Damit wird - abgesehen davon, daß die aufgestellte These mit forensischen Erfahrungen nicht in Einklang zu bringen ist - kein Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten S*** und S*** waren daher sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zum Teil als offenbar unbegründet, zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO). Über die Berufungen wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E10825

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00051.87.0428.000

Dokumentnummer

JJT_19870428_OGH0002_0100OS00051_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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